Restaurierung eines alten Schranks

Olmo

ww-pappel
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Hallo liebe Holzarbeiter,

nun ist es soweit, mein erster Beitrag ist fällig. Ich habe gerade einen alten französichen Dielenschrank (ca. 1820) gekauft und bereits zerlegt. Den würde ich gerne etwas aufwerten, denn außen ist er schön, doch innen leider (noch) nicht. Nun gibt es eine Menge Fragen, aber leider bislang nur wenig Antworten - vielleicht könnt ihr mir da weiterhelfen.

1) Als erstes bin ich mir über die verwendeten Hölzer (übrigens fast alles massiv) unsicher. Ich denke, die Füllungen der Vordertüren ist (französicher?) Nussbaum, und die Rückwand ist Eiche. Dann setzt es aber aus. Woraus könnten die Seiten- und Rahmenteile sein, habt ihr da eine Idee? Teilweise scheint das Rahmenholz mit Wasserbeize behandelt, denn ein feuchter Lappen wird schwarz beim reiben. Ich glaube auch, dass es verschiedene Hölzer sind, gut z.B. am Detail der Vordertüre zu sehen: Nur der linke Teil ist ziemlich wurmstichig.

2) Da die Einlegeböden (130 x 65 cm) fehlen, muss ich die nachkaufen. Ich dachte hier ggf. an Eiche 26mm, auf Nussbaum gebeizt. Ist das eine gute Idee, oder passt hier ein anderes Holz besser? Das übliche Leimholz wird vom Stil nicht passen - bekommt man überhaupt Vollholz in diesen Abmessungen?

3) Wie kann ich denn die triste und stumpfe Rückwand aufarbeiten?

4) Und wie könnten die anderen, eher grauen Rohholz-Innenflächen verschönert werden? Würdet ihr die noch mit Schellack (ohne Hochgalnz) lackieren (lassen, oder ist das unbezahlbar)?

Vielen Dank für eure Antworten!
Olmo
 

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derstraubi

ww-esche
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Hallo!

zu 1.: Die Sichtseiten sind wohl rundum massiver Nußbaum. Teilweise unter Verwendung von Splint oder von stark gemasertem Holz, daher die Farbunterschiede. Rückwand wohl, richtig, Eiche.

zu 2.: Eichenböden sind ok bei der Breite. Beizen auch ok. Wenn das Gewicht kritisch ist kann natürlich Nadelholz eine Alternative sein. Massivholz gibt es so nicht, sondern nur als Leimholz. Da bitte auf die Qualität mit den durchgehenden Lamellen achten, nix Keilgezinktes. Nicht Leimholz nehmen heißt aus Massivholz diese Bretter selbst verleimen und damit doch wieder Leimholz zu haben nebst Aufwand.

zu 3. und 4.: Die Rückwand und auch die ganze Innenseite kannst Du (selber) mit Schellack-Mattierung (z.B. Firma Rosner, fertig, flüssig) ein oder mehrmals einstreichen.

Den ganzen Schrank zuerst mit schwachem Seifenwasser partieweise reinigen und sofort wegwischen. Das schwarze ist keine Beize sondern Dreck. Die Außenseite mit z.B. Renuwell Möbel Schnellpflege behandeln. Fehlstellen mit Aquarellfarben oder wasservermalbaren Buntstiften retuschieren.

Viel Spaß!
 

Olmo

ww-pappel
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Danke für Deine Antwort, Hermann. OK, vermutlich also doch alles Nussbaum. Vielleicht wäre es dann passender, auch Nussbaum-Einlegeböden (Furnier) zu verwenden. Sind 26mm Tischlerplatten für diese Breite denn stabil genug? Da kommen später bestimmt noch 20 kg Gewicht pro Platte drauf. Ich hatte letztens mal Tischlerplatten gekauft, die haben sich bei Belastung total durchgebogen.

Und noch zwei Fragen zur Innenlackierung: Vermutlich sollten die Flächen vorher geschliffen werden? Und wäre es besser, die Teile komplett auseinanderzunehmen? - im Moment sind die Einlagen beweglich.
 

welaloba

ww-robinie
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Furnierte Platten sind eigentlich der absolute Stilbruch. Dann würde ich eher, wenn das Budget nicht mehr hergibt, eher dunkel gebeizte Nadelholzböden verwenden (Fichte/Tanne/Kiefer). Wenn durchgehend nicht sein muss, denke mal an eine mittlere Stellwand und Böden in halber Länge. Innen schleifen vor dem Streichen ist eigentlich unnötig. In der Regel ist die Schrankinnenseite ordentlich gehobelt und kann, wenns denn unbedingt sein muss, gleich mit Schellack gestrichen werden. Verwechsle einen Anstrich der Innenflächen mit Schellack nicht mit einer Schellackpolitur. Da liegen Welten dazwischen.
Und Hermanns Rat über vorsichtiges Reinigen der Aussenflächen solltest du tunlichst befolgen. Wenn du an einen Hochglanzreiniger wie z.B. Nr. 10099 von Zweihorn herankommst, kannst du damit weiterarbeiten. Fehlstellen in der äußeren Politur kann man mit Schellackpolitur zunächst mit feinem Pinselchen vorsichtig ergänzen. Nicht schleifen. Zu Renuwell kann ich mit nicht äußern.
Gruß Werner
PS: Warnung: Zerlegen würde ich diesen Schrank nicht ohne große Not. Wenn Füllungen (Einlagen) beweglich sind, ist das gut, dann reissen diese nicht. So kann man diese, wenn man unbedingt streichen will, vorsichtig hin und her bewegen und kommt so quasi auch in die "Schlitze". Zerlegen mag angesichts der sichtbaren Holznägel simpel erscheinen, allerdings musst du mit ordentlich verleimten Schlitz- undZapfenverbindungen rechnen, die sich deinen Zerlege-Versuchen heftig widersetzen werden.
Und noch eine Bemerkung: Mir scheint, es fehlt eine aufsteckbare Krone zu dem Schrank.
 

Olmo

ww-pappel
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Hallo Welaloba,

im groben habe ich den Schrank bereits zerlegt, denn anders hätten wir ihn niemals in die Wohnung bekommen (gefühlte 200 kg, Maße 240x140x70). Zudem wollte ich die Wurzelfurnierschäden oben noch ausbessern lassen, und das Monster im ganzen nochmal zu transportieren wäre Horror pur gewesen. Glücklicherweise waren alle Teile nur gesteckt, nichts verleimt, daher ging er gut auseinander. Aber ich denke, die Türen werde ich nicht weiter auseinandernehmen. Stimmt, es gibt auch eine schöne Krone, die hatten wir bereits in der Wohnung, genauso die untere Schublade.

Beim Streichen der Innenflächen bin ich mir auch nicht so sicher, ob das wirklich eine gute Idee ist. Eigentlich geht es mir nicht ums streichen, sondern darum, dass das Holz aussen eine total schöne Färbung ins rotbraune hat, und im Inneren ist es halt grau. Bekomme ich diesen Ton innen überhaupt hin mit schellackieren, oder gibt es da andere Möglichkeiten? Oder würde es Sinn machen, die Nussbaum-Innenseiten noch mit einer Schellackpolitur versehen zu lassen - wie teuer würde das denn etwa werden (Türgröße je 170x70, Seitenteile 200x70)?

Viele Grüße
Olaf
 

gleiter

ww-robinie
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Beim Streichen der Innenflächen bin ich mir auch nicht so sicher, ob das wirklich eine gute Idee ist. Eigentlich geht es mir nicht ums streichen, sondern darum, dass das Holz aussen eine total schöne Färbung ins rotbraune hat, und im Inneren ist es halt grau. Bekomme ich diesen Ton innen überhaupt hin mit schellackieren, oder gibt es da andere Möglichkeiten? Oder würde es Sinn machen, die Nussbaum-Innenseiten noch mit einer Schellackpolitur versehen zu lassen - wie teuer würde das denn etwa werden (Türgröße je 170x70, Seitenteile 200x70)?

Nein.

Innen bekommst Du den Ton nicht hin, zumindest nicht mit dem Streichen von Schellack. Der dient alleine dazu die Oberflächen etwas wischbarer zu machen.

Politur innen ist ein Mega-Aufwand, dafür sind die Oberflächen gar nicht vorgesehen. Unbezahlbar zudem, resp. kann Dir hier niemand seriös einen Preis nennen ohne das Ganze "begriffen" zu haben.

Im Sinne des behutsamen Restaurierens, und auch aus Gründen des Werterhaltes, würde ich den Kasten innen in Ruhe lassen wenn's keine Not tut.

Gruß, André.
 

Olmo

ww-pappel
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Danke an alle für das Schubsen in die richtige Richtung! Also, dann werde ich den Schrank innen nur feucht ausreiben. Die Probestelle sieht eigentlich ganz annehmbar aus. Für außen habe ich mir inzwischen Reiniger und Schellackpolitur samt Zubehör bestellt.

Eine Frage bleibt dann noch: Wo könnte ich denn im Raum Frankfurt brauchbare Nussbaum massiv-Böden bekommen, vielleicht sogar französischen Nussbaum? (Ich hoffe, ich falle beim Preis nicht in Ohnmacht...)
 

gleiter

ww-robinie
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Servus!

Was nun das Besondere an franz. Nuss sein soll weiß ich nicht, für europ. Nuss nimmt mein Großhändler EUR 2.990,- für den m³. Ohne Märchensteuer.

Wird wohl im Raum Frankfurt ähnlich kosten.

Und dann hast Du lediglich ein paar unbesäumte, sägerauhe Stücke Holz in Händen.

Die noch geschnitten, gehobelt, geleimt, gerichtet werden wollen.

Ich habe schon einige alte Schränke aus schönem Holz gesehen, mit Fachböden - aus Fichte. Deutlich billiger, sind ja auch nur Verschleissteile...

(m³ Fichte beim Händler: EUR 720,- excl.)

Gruß, André.

Nachtrag: Preise sind Gewerbe, für privat mag's ein Eck mehr sein.
 
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