Holzart von altem Schrank bestimmen

Antmum

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Hallo liebe Woodworker,

ich stehe vor einem Umzug und würde gerne den gezeigten Schrank aus dem Keller meiner Eltern holen und in meine Wohnung integrieren.
Er ist von meinen Urgroßeltern und somit auf jeden Fall über 100 Jahre alt.
Kann mir jemand sagen, um welche Holzart es sich vermutlich handelt? Was würdet ihr dazu kombinieren?
Der Schrank wurde schon einmal restauriert, das hatte mein leider schon verstorbener Bruder in Auftrag gegeben, deshalb habe ich dazu keine Informationen.
Auf dem zweiten Bild seht ihr diese grüne Verfärbung, die im Inneren des Schrankes, vor allem auch auf den Schrankböden vorherrscht......was ist das?

Vielen Dank sc hon einmal für Eure Hilfe und liebe Grüße

Petra
 

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odnoh65

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Sieht für mich nach Tanne/Kiefer aus.
Schöner Weichholzschrank, so 100 bis 120 Jahre geschätzt.
Die Grünfärbung sieht wie bei Kesseldruckimprägnierter Fichte aus - was aber bei dem Alter eigentlich nicht sein kann.
 

U.Tho

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Der Schrank war eventuell innen grün gestrichen, wurde nicht vollständig entfernt die Farbe.
 

U.Tho

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Aber mal nebenbei - der Kickerkalender an dem schönen Schrank ....
 

uli2003

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Die Worte "wie bei" sind für dich nicht entzifferbar
Absolut. Jetzt erklär mir bitte den weiterführenden Nebensatz deiner Aussage, welcher deine Anmache sehr relativiert:


was aber bei dem Alter eigentlich nicht sein kann.

?

Bedeutet das, es gab zu der Zeit noch keine Kesseldruckimprägnierung oder keine kesseldruckimprägnierten Schränke?
Oder es war zu der Zeit unüblich?
 

odnoh65

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Das bedeutet die Farbe bzw. Verfärbung - falls es denn eine ist - sieht auch wie bei Kesseldruckimprägniertem Fichtenholz.
Ich meine dass es die Kesseldruckimprägnierung um 1900 noch nicht gegeben hat, dort hat man i.d.R. mit drucklosen Tränkverfahren gearbeitet.
 

uli2003

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KDI gibt‘s etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Grüne Farbe gab es da auch schon.

Aber Schränke wurden da m.W.n. nie druckimprägniert.
 

odnoh65

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Aber Schränke wurden da m.W.n. nie druckimprägniert.
Das hat niemand behauptet. Es geht um die Ähnlichkeit der Farbe!!
Und für Mitte 19. Jahrhundert hätte ich gerne einen Quellennachweis falls du was weißt - hab nämlich selbst vorhin gesucht und nichts gefunden.
 

tropenholz

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Sieht für mich nach Tanne/Kiefer aus.
Schöner Weichholzschrank, so 100 bis 120 Jahre geschätzt.
Die Grünfärbung sieht wie bei Kesseldruckimprägnierter Fichte aus - was aber bei dem Alter eigentlich nicht sein kann.
Mich würde interessieren, was Leute meinen oder was das damals für eine Bedeutung hat, ob Weichholz oder Hartholz? Waren Weichhölzer vor zig Jahren das Premium-Holz? Oder warum wird es oft (höre ich oft bei ca. ü50 Bekannten) zwischen Hart und Weichholz unterschieden statt Kiefer, Fichte, Eiche zu sagen?
 

tropenholz

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Das ist ja auch erstmal eine grobe Unterteilung. Regulär Nadelholz = Weichholz und Laubholz = Hartholz. (Aber nicht generell - Linde ist auch weich)
Was hat das aber für eine Bedeutung außer ihrer Eigenschaften? Waren Weichhölzer beliebter als Harthölzer? Also warum unterteilen die das überhaupt? Preisklasse? Grobe Vorstellung der Optik?
 

schreinerheiri5

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ich kann die Voten von U.Tho und Mathis bestätigen.

Grün war zweifellos ein Innenanstrich.
Auch aussen war das Möbel zweifellos gestrichen, meine Vermutung wäre dunkle Holzimitation.
Dem hat man lange Verachtung entgegengebracht und daher die Möbel abgelaugt. Dabei war das eine richtige Kunst, mit speziellen, breiten Pinseln die Maserung aufzutragen! Ich nutze selber einen riesigen Schrank, der so behandelt ist, und den lauge ich bestimmt nicht ab!

Vor Jahrzehnten habe ich mit meiner Freundin zusammen ein Küchenmöbel wohl um 1900 restauriert. Das haben wir abgelaugt, weil da ein hässlich gealterter und verschrammter Ölfarbenanstrich drauf war. Innen war es blau gestrichen, auf nicht ganz glattgeschliffene Oberfläche. Das hat das Ablaugen entsprechend schwierig gemacht, und wir haben immer wieder darüber diskutiert, wieviel "Restblau" wir tolerieren... :emoji_laughing:


P.S.:
Das wäre unser 'Restblau':
IMG_2944[1].JPG
 
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Mathis

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Auch aussen war das Möbel zweifellos gestrichen, meine Vermutung wäre dunkle Holzimitation.
Dem hat man lange Verachtung entgegengebracht und daher die Möbel abgelaugt. Dabei war das eine richtige Kunst, mit speziellen, breiten Pinseln die Maserung aufzutragen! Ich nutze selber einen riesigen Schrank, der so behandelt ist, und den lauge ich bestimmt nicht ab!
Ja, das ist auch meine Erfahrung: solche einfachen Möbel sollten mit ihrer Maserierungsmalerei teurere furnierte Möbel imitieren, was oft auch sehr gut gelang. Spätere Banausen haben das alles abgebeizt und diese Kunst der Maserierungsmalerei zerstört.
Trotzdem hat solch ein Möbel immer noch einen hohen Gebrauchswert, der gegenüber jeden Spanplattenteil weitere 100 Jahre bestehen wird.
 

Mitglied 30872

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Was hat das aber für eine Bedeutung außer ihrer Eigenschaften? Waren Weichhölzer beliebter als Harthölzer? Also warum unterteilen die das überhaupt? Preisklasse? Grobe Vorstellung der Optik?
Ich gehe davon aus, dass Fichte und Kiefer damals besser verfügbar war. Die typischen Harthölzer Eiche und Buche wurden für andere Dinge genutzt, Hausbau und Köhlerei. Weiterhin ist Fichte und Kiefer leichter zu bearbeiten und wurden ohnehin oberflächendeckend behandelt. Da kam es auf Maserung und Äste nicht in dem Maß an, s. o.
 

hobbybohrer

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Hallo,
ich kenne Möbel aus der Zeit um 1900, die im Korpus in Nadelholz (Fi/Ta/Ki) gearbeitet waren und in der Front in Eiche. Das war dann doch deutlich eine Kostenfrage.
Richard
 

marcus_n

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Nadelholz ist schnellwachsend und damit in großen Mengen verfügbar und billig. Im Gegensatz zu heute ist in vergangenen Zeiten die Arbeitskraft billig, dafür das Material sehr teuer gewesen.
Massivholzmöbel waren selbst für wohlhabende Bürger praktisch nicht bezahlbar. Daher auch die Erfindung des Furnierens. Hier konnte auf Basis eines Nadelholzkorpus ein edles Möbel gefertigt werden. Denn nur die hauchünne Hülle bestand aus teuren und exklusvien Laubhölzern.
Die Einlagen, Intarsien und Marquetterien wurden im Laufe der Zeit immer komplexer und verspielter, weil die Arbeitszeit ja nichts kostete. Einzig die Beschaffung seltener Hölzer aus Asien oder Übersee bedeutete einen enormen finanziellen Aufwand.
Eiche ist im Mittelalter in Europa nur relativ wenig für den Möbelbau verfügbar gewesen. Hier hatte die Kirche und der Adel seine Finger drauf. Das Holz benötigte man für die aufwändigen Dachstühle der Kirchen, Kathedralen, Schlösser und Rathhäuser.
 

Antmum

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Ja, also dann "Danke" erstmal.
Ich hör auf jeden Fall "Nadelholz" raus.... :emoji_wink:
Zu der Farbe ist meiner Mutter über Nacht noch eingefallen, dass der Schrank tatsächlich ursprünglich außen "grau-grün" gestrichen war.
Und ja, den Kicker-Kalender finde ich auch nicht schön. Der Schrank stand Jahrzehnte in der Scheune, nun ist er immerhin in den Keller gewandert mit Radfahrpokalen obendrauf und einem Kicker-Kalender vor der Scheibe (er hat da echt Reiszwecke reingedrückt.. :emoji_cry:), aber ich will ihn ja jetzt von seinem Elend erlösen.
:emoji_wave:
 

hobbybohrer

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Hallo,
@marcus_n , Du scheinst Dich ja auszukennen. Ab wann wird "Messerfurnier" hergestellt? Ab wann sind exotische Hölzer in Palais und Residenzen nachweisbar?
Fachwerkbau war Nordeuropa (D/NL/F/GB..) sicherlich seit dem Mittelalter verbreitet und solche Häuser wurden auch von Handwerkern, Kaufleuten, etc. geeignet. Und Eichenmöbel hatten sicher auch "Dicke Bauern" und wohlhabende Bürger.
Die Entlohnung der Gesellen und Hilfskräfte war durch die Zunftordnung geregelt und keinesfalls vernachlässigbar, schließlich mussten deren Familien davon leben können.
Unsere Restauratoren hier können sicher Interessantes beitragen.
Richard
 

marcus_n

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Hallo hobbybohrer,
es gibt drei Epochen die den Menschen in Europa in der neueren Zeit kulturell geprägt haben und damit auch für den Holzwerker wichtig sind.

Das ist der Beginn der Neuzeit, die Rennaisance. Die Zeit in der Wissen privatisiert wurde und Menschen auch ausserhalb der Kirche erfinden durften. Die Zeit in der Menschen ausserhalb der Kirche und des Hochachdels reich wurden (italienische Händler). Ab diesem Moment hat man seinen persönlichen Wohlstand in Möbeln ausgedrückt, um bei Empfängen zu repräsentieren. Aber das waren Händler. Großkopferte Bauern sind da bescheidener gewesen. Das war die Zeit, als die Fugger hier in Augsburg durch den Fernhandel zu Geld kamen und hier in der Stadt bei den berühmtesten Ebenisten sich ihre Geld- und Aktenschränke fertigen liessen.

In der Rennaisance begann die Zeit des Welthandels, als die Händler in Asien exotische Dinge für die Reichen Europas einkauften, als man die neue Welt entdeckte und als die Seemachten über die Weltmeere reisten. Seit der Zeit gab es auch ausgefallene Hölzer. Da hat man den Buchdruck auf Papier entdeckt. Wissen in Massen zu verbreiten. Der Hunger nach Holz wuchs. Und damit auch die Fertigkeiten Holz zu be- und verarbeiten. Auch Furniere.
Möbel, so wie wir sie kennen gibt es erst seit dieser Zeit. Davor hatte der gemeine Mensch praktisch kein Möbel. Vielleicht eine Tischplatte, eine Truhe für die ganze Familie, eine Bank. Selbst der Adel war spärlichst möbliert. Ein Blick in Dürers Grafiken zeigt uns das Leben der damaligen Zeit.

Dann gibt es die industrialisierung, in Zentraleuropa ab dem 19. Jhd. Die hat die gesamte Gesellschaft durchgerüttelt. Sie hat Arbeitsplätze geschaffen, maschinelle Fertigung, Großbetriebe, eigenes Einkommen, eigene standartisierte Wohnungen, Bildung. Hier fand erstmals die serielle Fertigung von Holzmöbeln statt. Die kleinen Tischler haben auf dem Land noch gewerkelt. In Berlin aber entstanden die ersten Großbetriebe für Möbel. Ganz Deutschland hatte sich damals mit Möbeln ausgestattet. Die Zeit als die ersten Arbeitersiedlungen entstanden. Die Frankfurter Küche. Der Werkbund.
Das war die Zeit als neue Energiequellen entdeckt wurden. Die Dampfmaschine, die die Fabriken und gleichzeitig auch den Transport mit Lokomotiven ermöglichte.

Und es gab die Zeit nach den beiden großen Kriegen als der Mensch erstmal Urlaub gemacht hat und Freizeit hatte. Da konnte er sich eine Werkstatt einrichten und für sich etwas basteln. Und jetzt leben wir in einer Zeit, in der viele Häuslebauer im Keller Werkstätten besitzen, von denen der Schreiner vor fünfhundert Jahren noch nicht mal hätte träumen können.

Erst gestern hab ich am Tresen zwei Videos über Bauernhofmuseen hochgeladen. Es lohnt sich immer so ein Museum zu besuchen und zu sehen, wie die einfachen Menschen früher gelebt haben. Wie das echte Leben stattfand und nicht das einer kleinen ausgewählten Elite, die dann die Geschichtsbücher später geprägt hat.
Gruß
 
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