Schreibtisch restaurieren - Schellack?

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
Hallo liebe Fachleute,

ich habe hier unseren alten Schreibtisch vor mir stehen. Das gute Stück ist vermutlich ca. Mitte/Ende 19. Jh. Da der Schreibtisch mittlerweile 8 Umzüge hinter sich hat und wir ihn auch jeden Tag benutzen, hat er naturlich ganz schön gelitten.

Eigentlich wär's ein Fall für den professionellen Restaurator...aber da war noch die Sache mit dem klammen Geldbeutel. Nachdem meine Frau heute mit der Bitte an mich herantrat das Gute Stück aufzuhübschen wird mir etwas Bang, denn für mich sieht es so aus, als wäre das Stück mit Schellack behandelt. Richtig schlimm sieht auch nur die Arbeitsplatte aus und ich habe noch die Hoffnung, dass ich nur diese machen muß...aber wird man dann eine Angleichung an den Rest des Schreibtisch hinbekommen....???

Bevor es jetzt also weitergeht mit Nachdenken über die weiteren Arbeitsschritte, wären meine Fragen:

- Wie erkenne ich ob es Schellack ist?
- Wie erkenne ich ob mattierter Schellack oder nicht?
- und was mache ich um die ramponierte Arbeitsplatte wieder hinzubekommen?
- wenn's tatsächlich Schellack ist, gibts ein Standardwerk für den Anfänger zum Nachlesen? Oder lernt man sowas am besten durch Fehler?
- kann mir irgendwer einen Tipp geben wie ich die schadhaften Furnierstellen möglichst gut wieder hinbekomme?

(Fotos stelle ich gleich im Anschluß ein)
 

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
Bilder zum Schreibtisch

Hier die Bilder vom Schreibtisch. Ich hoffe man kann daraus erkennen welche Lackoberfläche das ist?
 

Anhänge

  • TotalFront1.jpg
    TotalFront1.jpg
    96,6 KB · Aufrufe: 96
  • TotalFrontBlitz.jpg
    TotalFrontBlitz.jpg
    168,8 KB · Aufrufe: 83
  • Furnierschaden1.jpg
    Furnierschaden1.jpg
    161,4 KB · Aufrufe: 68
  • Furnierschaden2.jpg
    Furnierschaden2.jpg
    176,8 KB · Aufrufe: 55
  • Furnierschaden3.jpg
    Furnierschaden3.jpg
    222,4 KB · Aufrufe: 60

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
und noch mehr Bilder...

insbesondere auf den Bildern ohne Blitz sieht der Schreibtisch auf dem Foto genauso aus wie im Original.
 

Anhänge

  • Furnierschaden4.jpg
    Furnierschaden4.jpg
    147,8 KB · Aufrufe: 52
  • Schreibtisch 003.jpg
    Schreibtisch 003.jpg
    267,9 KB · Aufrufe: 55

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
...noch eins zum Schluss...

und hier noch ein ganz ekliger Riss. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie man das wieder hinkriegen soll. Es scheint unter dem Furnier eine Profilleiste an die Tischplatte angeleimt worden zu sein.
 

Anhänge

  • Furnierriss.jpg
    Furnierriss.jpg
    155 KB · Aufrufe: 79

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Mit dem Niederleimen von gelösten Furnieren geht das Restaurieren los. Richtig. Ich fertige gut passende Zulagen von ausreichender Härte an, zB. aus Multiplex. Ich belege diese mit Zulagenpapier, bringe den Fischleim mit feinstem Metallspachtel unter das Furnier, verteile den Leim evtl. mit Bügeleisen und presse. Evtl. sind Strecken mit Kanthölzern zu überbrücken oder Höhen mit 100er Zwingen zu überbrücken. Versuche nicht, Pattex oder Sekundenkleber einzusetzen. Das geht in die Hose. Wenn alle losen Furniere fest sind, kann man die Fehlstellen mit eingepassten / eingeschnitzten Furnierstückchen füllen oder Hartwachs in passenden Farben einbringen und beischnitzen.
Bevor du an die Schreibflächenkante gehst, solltest du schauen, ob du die Stoffeinlage ausbauen kannst. Wenn das nicht geht, ordentlich abkleben.
Ob Schellack drauf ist, brauchst du nicht groß eruieren. Wenn du mit Schellackmattierung weiterarbeitest, machst du keinen Fehler. Die Anwendung der Mattierung ist relativ einfach, wenn man sich nicht fürchtet. Du brauchst fusselfreies Leinen in zwei Lagen und eine Füllung aus gewaschener Schafwolle, zB, ein Stück Pullover. Der Ballen ist wegen der frischen Wolle anfangs etwas weich, also stramm binden. In die Füllung kommt die Mattierung (= Wachshaltiger Schellack, 5 - 8 % enthaltenes Wachs ist das Schmiermittel wie Polieröl in Zellulosemattierung wie zB. Clou 500.) Mit dem Ballen trägst du die Mattierung auf. Genauere Anleitungen findest du im Netz bei richtig eingesetzten Suchbegriffen.
Manche Restaurierer nehmen u.U. vorhandene verblasste Lacke ab um die Schicht neu aufzubauen. Ob du dir das zutraust, kann ich von hier aus nicht sagen. Ansonsten gehört eine verblasste Lackschicht eigentlich auch zu einem gealterten Zustand = Patina. Ebenso wie Schrammen und andere Benutzspuren. Darauf weiter Schellackmattierung auftragen würde ich aufpolieren nennen.
Soviel für diesmal. Gruß Werner
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
und hier noch ein ganz ekliger Riss. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie man das wieder hinkriegen soll. Es scheint unter dem Furnier eine Profilleiste an die Tischplatte angeleimt worden zu sein.
Nachtrag: So ist das. U.U. musst du zuerst mit einer Spritze Leim einbringen, um die gelöste Leiste zu verleimen. Wenn sie denn lose ist. Kann ich so nicht sagen. Ist aber leicht herauszufinden, die bewegt sich dann etwas. Habe auch schon Nägel gesehen. Also erst Leiste, dann Furnier leimen.
Beim Herstellen kommt erst die Leiste ums Blindholz, danach wird die Leiste überfurniert.
Gruß W.
 

Keilzink

ww-robinie
Registriert
27. November 2010
Beiträge
1.840
Ort
Reutlingen
... dem habe ich als Amateur nichts hinzuzufügen.
Nur was zur Datierung: Das ist vom Stil her ziemlich reine Gründerzeit, eher früher als später. Die "Gründerzeit" wird allgemein datiert von 1870 bis 1914 (Deutsch/-Fanzösischer Krieg bis Anfang WK I).
Schönes Stück, ich würde aus meiner Sicht sagen, das Möbel hat ein bisschen Zuwendung verdient. Muss ja nicht von Heute auf Morgen fertig sein ...

Viel Erfolg&Spass:
Andreas
 

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
Schellackmattierung

Ob Schellack drauf ist, brauchst du nicht groß eruieren. Wenn du mit Schellackmattierung weiterarbeitest, machst du keinen Fehler.

Hallo und Danke für die Tips. Eigentlich geht es bezüglich des Schellacks nur um die vordere Schreibplattenkante. Da ist quasi das blanke Holz zu sehen und es sieht wirklich nicht mehr schön aus.

Meine Angst: wenn ich jetzt nur auf der Schreibplatte mit Schellackmattierung arbeite bekomme ich a) eine fleckige Oberfläche und b) wird es einen sichtbaren Unterschied zum Unterbau geben.

Angst berechtigt?
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Hallo und Danke für die Tips. Eigentlich geht es bezüglich des Schellacks nur um die vordere Schreibplattenkante. Da ist quasi das blanke Holz zu sehen und es sieht wirklich nicht mehr schön aus.
Meine Angst: wenn ich jetzt nur auf der Schreibplatte mit Schellackmattierung arbeite bekomme ich a) eine fleckige Oberfläche und b) wird es einen sichtbaren Unterschied zum Unterbau geben.
Angst berechtigt?


Angst musst du sowie so nicht haben, weil Schellackmattierung reversibel ist. Bevor du aufträgst, solltest du sicherstellen, dass kein Wachs, Fingerfett, Essensreste usw. - eben alles, was sich so auf Möbeln ansammelt, nicht mehr da ist, will sagen: ich würde also erst mal mit leichtem Seifenwasser (Kernseife z.B., zur Not auch Spüli) reinigen und gut trockenreiben, trocknen lassen und anschließend noch mal mit Waschbenzin entfetten. Wenn du danach, wenn das auch trocken ist, mit Alkohol befeuchtest, kannst du sehen, ob die Geschichte fleckig wird.
Wenn ich die Aufgabenstellung habe, einen Teil einer Fläche an den Rest anzugleichen, bleibt mir meist nichts anderes übrig, als mit unterschiedlichen Lacken zu arbeiten, also roten (Rubin-) Schellack, oder sehr dunklen (Panther-) Schellack oder eher gelblichen (Knopf-) Schellack - sprich, man arbeitet sich langsam an das Ergebnis ran. Der laie, der keine Regale voller unterschiedlicher Schellacke zur Verfügung hat, dürfte an der Stelle ein Problem haben und sein Möbel mit irgendwelchen Wasser- oder Spritiusbeizen (vielleicht) nachhaltig versauen. Also keine Beize. Ausser, du hast Körnerbeize zur Verfügung, damit kann man auch blasses Mahagoni etwas hintrimmen.
Noch mal einen Schritt zurück: Wenn ich das zu tun hätte, würde ich wahrscheinlich nach dem Reinigen des Streifens vorn an der Platte mit einem relativ hellen Schellack streichen und sehen, wie die Farbe rauskommt. Dann entsprechend weiterarbeiten.
Ach übrigens: Solltest du auf die Idee kommen zu schleifen, wird dir wahrscheinlich folgendes passieren: Die Patina des Streifens ist weg und er wird rot. Also nicht schleifen.
Gruß Werner
PS: Wie du siehst, ich will dich nicht in die Tonne treten, sondern ich denke an deine anfängliche Überlegung mit der Profiwerkstatt und gebe Risiken und so weiter zu bedenken.
 

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
Schellackmattierung

Ich lese und lese und lese zum Thema Schellack und mir schwirrt der Kopf. Ich weiß schon warum ich bisher so großen Respekt davor hatte, denn es ist ja doch eine kleine Wissenschaft für sich. Bevor ich jetzt also loslege und irgendwas kaufe und viel Geld versenke muß ich also nochmal ein Paar Fragen stellen:

- zum Entfetten vor dem Polieren, ginge da nicht auch Alkohol? Damit hole ich dann zwar die alten Schellackschichten ab, aber dafür müßte es doch später dann auch einen homogenen Farbertrag geben, oder?

- falls ich mich entschließe Schellack selber zu mischen, wo gibts die Zutaten günstig und einfach und vor allem, was für Mengen bräuchte ich wenn ich nur die Tischplatte machen will (das Stoffbezogene Teil ist übrigens einfach herauslösbar)?

- im Moment liebäugele ich mit der Schallack-Mattierung von Clou in blond. Allerdings stört mich dabei die Tatsache dass diese laut Clou mit Verdünnung V1 2:1 verdünnt werden soll...und V1 ist Nitroverdünnung. Mit anderen Worten, ist diese Schellack-Mattierung dann nicht mehr alkohollöslich? Ginge auch Verdünnung mit Alkohol? Oder ist von diesem Produkt ganz abzuraten. Ich wills nicht verkomplizieren aber bei einem Möbel von über 100 Jahren finde ich synthetische Produkte einfach nicht authentisch. Jetzt hat das gute Teil so lange gehalten nun soll es auch richtig gemacht sein.

- wo gibt es gute Stoffe zum beziehen der Unterlage? Bisher finde ich immer nur furchtbar grünen Billardfilz.
 

narrhallamarsch

ww-robinie
Registriert
9. Juni 2011
Beiträge
2.102
Ort
Bad Dürkheim
schellack bekommst du bei feinewerkzeuge.de oder bei mehr-als-werkzeug.de, bei ersterem wird auch ein wenig beschrieben, wie es geht, dictum wünscht sich, dass du ihre dvd noch kaufst:rolleyes::rolleyes:

dann brauchst du noch hochprozentigen alkohol, 98% besser mehr. eine flasche zum ansetzen und etwas zeit, bis sich der schellack gelöst hat. ein filter für farben und lacke wäre auch nicht schlecht, da im schellack immer ein wenig dreck ist.

etwas literatur vorweg gefällig?? dann schau hier :Oberflächenbehandlung von Holz: Klassische Techniken und Rezepte von sam allen. gibt es bei amazon.

ansonsten verhält es sich, wie welaloba schon sagte, schellack ist reversibel, da er sich in alkohol löst.

da mit clou rum zu pfuschen, würde ich nicht empfehlen. das produkt ist nicht schlecht, hat aber auf dem schreibtisch nichts zu suchen.

eines noch, nimm dir zeit, der tisch hat ein wenig liebe verdient. kauf im baumarkt billiges hartholz, vorzugsweise gehobelt, und übe damit. arbeitsplattenreste aus buche finden sich immer in der restekiste:emoji_grin::emoji_grin:
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Ich kaufe Schellack beim Künstlerbedarf über den Thresen. Z.B. "Die Tube" in Düsseldorf. Ist ganz preiswert, 6 Euronen die Tüte.

Gruß

Michael
 

LamelloFräser

ww-kastanie
Registriert
6. Februar 2011
Beiträge
43
Restaurator

Kennt denn jemand im Raum Mainz einen guten und günstigen Restaurator der sich das ggfs. auch mal vor Ort anschaut und eine Hausnummer nennt?

Es ist ja immer die Frage wie klein "kleines Geld" definiert ist. Bevor ich mir natürlich jetzt ewig viel Material kaufe und das Zeug dann hinterher halb unbenutzt rumgammelt wäre evtl. wirklich ein Profi die bessere Wahl...wenn er denn konsequent und ordentlich arbeitet. Mir hilfts nämlich nichts wenn ich selber die Clou-Mattierung nicht in Betracht ziehe und der Profi schmiert sie mir drauf.

Kennt jemand jemanden???
 

narrhallamarsch

ww-robinie
Registriert
9. Juni 2011
Beiträge
2.102
Ort
Bad Dürkheim
Kennt denn jemand im Raum Mainz einen guten und günstigen Restaurator der sich das ggfs. auch mal vor Ort anschaut und eine Hausnummer nennt?

Es ist ja immer die Frage wie klein "kleines Geld" definiert ist. Bevor ich mir natürlich jetzt ewig viel Material kaufe und das Zeug dann hinterher halb unbenutzt rumgammelt wäre evtl. wirklich ein Profi die bessere Wahl...wenn er denn konsequent und ordentlich arbeitet. Mir hilfts nämlich nichts wenn ich selber die Clou-Mattierung nicht in Betracht ziehe und der Profi schmiert sie mir drauf.

Kennt jemand jemanden???


welaloba wäre da meine wahl...:emoji_wink:
 
Oben Unten