Schrank und Kommode um 1920, Niedersachsen

afh

ww-pappel
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Liebe Woorworker,

ich bin blutiger Anfänger und habe von meiner Großmutter einen wunderbaren Wohnzimmerschrank und eine Kommode mit Spiegel bekommen. Nach ihren Angaben müssten die um 1920 von einem Zimmerer in Niedersachsen gefertigt worden sein. Wie seht ihr Experten das? Ich würde gerne mehr darüber erfahren und wäre auch für Literaturtipps dankbar.

Für meine Wohnung möchte ich sie gerne etwas aufarbeiten. Eigentlich sind sie noch ziemlich gut erhalten. Das Glas im oberen Mittelteil (im Foto schon ausgehängt) hat leider einen Sprung komplett durch die Mitte - das muss ich richten lassen. (Versuch 1: Carglass, Versuch 2 Glaser dachte ich. Ist halt schwer weil es so ein tolles dickes geschliffenes Kristallglas ist).
Nun frage ich mich aber, was ich noch tun kann. Das Holz hat keine größeren erkennbaren Macken, ich sehe auch nichts vom Holzwurm. Es wirkt nur ein wenig schal - kann man es wachsen oder polieren?

Abschleifen möchte ich nicht, weil ich mir das mit den wunderbaren Verzierungen nicht zutraue. Nachgedunkelt ist es natürlich auch aber so schlimm ist das m.E. nicht.

Das professionell restaurieren zu lassen wir vermutlich pro Stück lässig über 1000 EUR kosten, oder was meinen die Experten? Deshalb möchte ich es lieber zart selbst versuchen.

Schon mal vielen Dank im Voraus, für Hinweise, die mich weiter bringen.

Adrian
 

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andama

ww-robinie
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Hallo Adrian,

eins vorweg an dem Möbeln keinesfalls irgendetwas schleifen. Laß Dir das von niemanden einreden und warte die Statements der Experten (edelres; welaloba) ab, die sich mit Sicherheit in Kürze melden werden ab.
 

edelres

ww-robinie
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Vorerst mal Nichtstun

Hallo afh,

Die Entstehungszeit dieser Moebel liegt ± dreissiger Jahre. Entsprach einer damaligen Wohnzimmereinrichtung des Mittelstandes. Es handelt sich um ein Buefett und eine Kredenz.

Nahezu die gleichen Moebel gehoerten zur Aussteuer meiner Mutter, Eheschliessung 1928. Was das interessante daran ist, die gleiche Kristallschale Kristallschale Tante emma Schliff.jpg im sogenannten "Tante Emma Schliff", stand auch auf unserem Buefett.

Der Rest des Wohnzimmers bestand aus einem Ausziehtisch zehn einfachen und zwei Armstuehlen, sowie einer Standuhr.

Die Moebel,, meiner Eltern, einschliesslich Standuhrgehaeuse wurden von einem oertlichen Schreiner angefertigt.

Die technische Entwicklung, nach dem ersten Weltkrieg, ermoeglichte dem Schreinerhandwerk, mit den damals eingefuehrten Maschinen und dem hohen Leistungsstand der Meister und Gesellen sich gegen die Moebelindustrie durch handwerkliche Qualitaetsarbeit, zu behaupten.

Wenn man den Zeitgeschmack von Moebeln beiseite laesst, wurden in dieser Zeit die besten Moebel gebaut. Dies ist eine Feststellung meinerseits, welche ich aus dem Zerlegen(*) von solchen Moebeln gewann.

Die Seitenteile, Tueren, Platten wurden vom Schreiner selbst hergestellt, sie bestanden aus einem staebchenverleimten Kern, welcher mit ca 3 mm Furnier beidseitig abgesperrt wurde, mit einem Deck- und Gegenfurnier, wurde die Arbeit abgeschlossen.

Die Bilder sagen sehr wenig ueber den Erhaltungszustand aus. Ich sehe hier keinerlei Beduerfnis fuer eine groessere Restaurierung.

Ich wuerde das gleiche wie im folgenden Link vorschlagen.

https://www.woodworker.de/forum/aufsatzbuffet-vollkommen-ausgeblichen-t2806.html

Ein Moebelschreiner oder Glaser kann die gebrochene Scheibe dem original entsprechend besorgen.

Der Preis geschliffener Scheiben ergibt sich in dem zigfachen Zeitaufwand in der Herstellung, ich wuerde hier nicht knausern.

Ich wuerde die Tueren Schubladen ueberpruefen ob diese leichtgaengig sind, nicht irgendwo streifen, dass die Scharniere fest sind usw. Sollten sich solche Abnutzungserscheinungen zeigen nicht versuchen dies selbst zu aendern, dies fuehrt nur zu Verschlimmbesserungen.

Ich sehe hier keine grossen Kosten auf dich zukommen um dies von einem Fachmann ausfuehren zu lassen.

Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar

(*) Ich loesste in den sechziger/siebziger Jahren beruflich Haushalte auf, leider bestand ausser fuer die Standuhr keinerlei Nachfrage nach solchen Moebeln.
 

welaloba

ww-robinie
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Auch hallo, Andamas Bemerkung hatte ja fast Aufforderungscharakter. :emoji_wink:
Im großen und ganzen ist Ottmars Ausführungen nichts hinzuzufügen. Die Scheibe gibts beim Glaser, keinesfalls bei Carglass, die machen eher Verbundscheiben- evtl muss man ein bisschen rumsuchen, wer denn bereit und in der Lage ist, Facett-Schliff-Scheiben herzustellen. So lange die Scheibe plan ist, also nicht gebogen in irgendeiner Form, sind die Kosten noch einigermaßen überschaubar. Mein Glaser rechnet Facettschliff nach laufenden Zentimetern ab, die meiste Arbeit macht bei ihm eine Schleifmaschine.
Was die Holzoberfläche angeht, würde ich wohl erst mal auch kein Renuwell verwenden.
Die Fotos sind nicht so aussagekräftig - jedenfalls denke ich, dass Möbel dieses Stils nie als glänzend gedacht waren - wenn du das mit "schal" meinst. Der matte Ton der Oberfläche ist nach meiner Erfahrung völlig normal. Wenn du einen Restaurator findest, der dich besucht und das Stück / die Stücke begutachtet, wird er dir sagen, wo evtl. was nachretuschiert werden kann, meist haben die waagerechten Ablageflächen hier und da einen Wasserrand oder ähnliches. Das geht mit entsprechender Erfahrung relativ schnell zu beheben. Und wenn dir das Furnier wirklich zu matt ist, dann kannst du immer noch fragen, ob der Restaurator vor Ort die Flächen mit Schellackmattierung ein klein wenig auffrischen kann. Und wie sagte Ottmar:

Ich sehe hier keine grossen Kosten auf dich zukommen um dies von einem Fachmann ausfuehren zu lassen.

Gruß Werner
 
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