Naturfarben unterscheiden
Wie hat man denn als interessierter Laie und Kunde die Möglichkeit, "Gut" und "Böse" besser zu unterscheiden?
Hallo Torsten,
als Laien - und dazu zähle ich mich in Sachen Chemie auch - gibt es schon ein paar Möglichkeiten. Du hast schon zwei genannt:
... zum Beispiel gerne auf technische Datenblätter und Volldeklarationen. Das ist auch immer ein guter Startpunkt, aber wie kommt man von da aus weiter?
Weiter kommt man, in dem man die Sicherheitsdatenblätter, Volldeklarationen und Technische Merkblätter mal aufmerksam vergleicht.
Z.B. wird bei dem o.g. "Einschichtöl" in den technischen Anmerkungen davon gesprochen, dass man absolut staubfrei arbeiten soll, weil sonst die molekulare Verbindung von dem Öl mit dem Staub erfolgt und nicht mit den Zellulosefasern des Holzes. Auf der anderen Seite wird darauf hingewiesen, dass es sich nicht um Sättigung der Holzfaser mit Öl oder Filmbildung auf dem Holz handelt. Im Gegenteil: Durch die molekulare Verbindung mit der Zellulosefaser kann kein überschüssiges Öl mehr aufgenommen werden.
Es handelt sich also um eine chemische Reaktion zwischen Anstrichmittel und Zellulose (angeblich innerhalb von 15 Sekunden). Das geht durchaus ohne Lösungsmittel. Hier wäre eine Volldeklaration interessant. Ein Sicherheitsdatenblatt muss Zuschlagstoffe unter 1% nicht immer nennen. Aber eine chemische Reaktion geht nicht ohne gewisse Zuschläge.
Gleichzeitig wird im Sicherheitsdatenblatt (zumindest in diesem
Link) zwar von 0 g/l VOC geschrieben - direkt darunter werden aber bis zu 10% aliphatische Kohlenwasserstoffe genannt. Im deutschen technischen Merkblatt ist es somit logisch, dass ein Festkörperanteil von größer als 90% angegeben wird.
Diese aliphatischen Kohlenwasserstoffe fallen aber nicht unter die VOC-Verordnung weil sie entsprechend langkettiger gewählt sind. Dennoch werden sie in die Luft abgehen - es braucht halt ein wenig länger.
Ein weiterer Aspekt wäre für mich die Philosophie und die Geschichte des Unternehmens kennen zu lernen. Wenn z.B. ein chemischer Produzent so nebenbei noch eine "grüne Ecke" aus Imagegründen pflegt ist das etwas anderes, als wenn ein Unternehmen ausschließlich daran arbeitet, Naturfarben herzustellen.
Bei dem obigen Öl fällt mir auf, dass es um eine technisch interessante Umsetzung für den Anwender geht. Wenn der Anspruch des Anwenders noch höher liegt, dann wird sofort auf ein 2-K-Öl übergegangen. Stoff A ist dann natur - der Beschleuniger (Typ

ist dann aber mit Gefahrensymbol. Wieder werden im Datenblatt 0 g/l VOC genannt (
Link) - aber direkt darunter steht dann:
Hexamethylene
diisocyanate (CAS : 822-06-0) : < 0.5 % - EC. Mir persönlich scheint hier die technische Möglichkeit wichtiger zu sein, als die Frage nach einer möglichst natürlichen Umsetzung.
Es gibt einen anderen Hersteller, der 100% - VOC-free bei seinen Bodenölen schreibt. Nach der Verordnung ist das richtig. Dennoch findet man dann im Sicherheitsdatenblatt 1-5% Naphta und 40-50% Iso-Alkane - natürlich langkettige.
Und dann das noch:
Dieses Produkt enthält maximal 25 g VOC/L
-> Also doch nicht so ganz 100% und ganz genau eigentlich nur max. 60%.
Verdünner (z.B. Isoaliphate) und natürliche Lösemittel sind sinnvoll in der Herstellung und oft geht es ohne nur mit viel Kompromiss in der Qualität oder in der technischen Umsetzung. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass meine Lieferanten ordentlich deklarieren.
Grüße aus Frangn
Frank von Natural-Farben.de