Ladenkasten Mahagoni Restaurierung

Ratsuchend

ww-ahorn
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Hallo zusammen,

ich wende mich gleich an die Restaurierungsprofis.Habe folgendes Objekt ersteigert in ziemlich üblen Zustand. Die Furnierschäden bekomme ich hin, da habe ich schon etwas Erfahrung. Die Trockenrisse bereiten mir aber Sorgen. Die Ursache dürfte klar sein - die Führungen für die Läden sind nicht gegratet, sondern einfach verleimt, Längsholz auf Querholz. Die Seiten sind auch sehr dünn, nur ca. 10 mm. Bei Gratleisten wäre das Vorgehen klar - leisten kürzen, Risse verleimen.

Wie gehe ich bei dieser Konstruktion am besten vor? Ich möchte eine Lösung bei der gewährleistet ist, dass es nicht zu neuen Rissen kommt.

Vielen Dank im Voraus und schöne Grüße aus Wien,

Gerhard

Der Kasten steht bei den Bildern Kopf:
PXL_20251217_183328330.jpg PXL_20251217_183334924.jpg PXL_20251217_183352238.jpg PXL_20251217_183352238.jpg PXL_20251217_183554552.jpg PXL_20251217_183604451.jpg PXL_20251217_183948799.jpg
 

Schreinersein

ww-robinie
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Sieht nach viel Arbeit aus. Wo laufen die Schubkästen denn? Auf der ursprünglichen Laufleiste oder auf der nachträglich angebraten, schrägen Leiste? Das sieht auch nach Baustelle aus.
Das schaut irgendwie so aus, als müsstest Du den auseinder nehmen und halb neu konstruieren. Wenn der schön gemacht wäre, könnte man die Laufleisten raus nehmen zum aufarbeiten. Hatte mal ne Kommode, wo das so gemacht war. Fand ich praktisch.
Bei Deinem Teil fällt mir im zusammengebautem Zustand nicht so viel ein, außer vielleicht eine Feinschneiderorgie am den Laufleisten im hinteren Bereich und Befestigung dann mit Nutzklötzchen o.Ä., damit das dann hinten schieben kann
 

flüsterholz

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Moin
Ein Standardvorgehen gibt es meines Wissens für so einen Fall nicht. Das hängt auch etwas von der Gesamtkonstruktion der Kommode ab. Und da hätte ich erstmal ein paar Fragen.

Für mich sieht es auf den Fotos so aus, als ob nur diese angenagelten, evtl noch verleimten Eichenleisten die Laufleisten wären und die breiten Leisten, die mit den Seitenteilen verleimt sind, die Funktion von Streichleisten haben. Kannst du das so bestätigen?

Der Leim, der an den Seitenwänden runtergelaufen ist, sieht sehr dunkel aus. Evtl wie Knochenleim, der zu lange Kontakt mit Eisen hatte. Hast du schon Tests gemacht, um welchen Leim es sich handeln könnte?

Bei Gratleisten wäre das Vorgehen klar - leisten kürzen, Risse verleimen.
So einfach ist es meistens nicht. Wie sind denn die Verbindungen der Seitenteile zu Boden und Deckel?

Lässt sich die Rückwand einigermaßen schadensfrei entfernen? Ich meine an einer Stelle Holznägel zu sehen?

Das war es erstmal, kommen aber wahrscheinlich noch mehr Fragen. Einfach wird es aber wahrscheinlich nicht. Im Augenblick habe ich auch nur eine sehr unkonventionelle Idee.
Gruß Michael

Edit, doch noch eine Frage. Wie sind denn die Schubladen konstruiert? Sind die Böden schon eingenutet, oder noch von unten genagelt?

Edit2, wie tief ist denn die Kommode?
 
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welaloba

ww-robinie
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Anscheinend sind die Laufleisten nicht gegratet, trotz allem müssen die raus. wenn die Seiten ordentlich verleimt werden sollen. Diese Risse ausspänen wäre erbärmlich. Also Positionen markieren, rausstemmen, Seiten verleimen und neue Laufleisten einbauen. An der Stelle kommts drauf an, ob die Schübe dann noch in der Tiefe passen. Und sowieso: Auf die Schubladen wäre ich auch gespannt. Böden in Nuten wäre meine Vermutung.
 

Ratsuchend

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Danke für die hilfreichen Antworten! Sobald ich daheim bin, Stelle ich noch ein paar Fotos ein.

Die Laufleistung gehören raus, ohne Zweifel. Dann muss ich die Seitenteile zusammen pressen und verleimen - möchte nicht ausspanen. Ich stelle mir nur die Frage wie ich die Laufleistung dann einbauen soll. An den Seitenteilen wieder verleimen ist ja nicht die beste Idee ... nur mit nutklötzchen, da habe ich Zweifel was die Stabilität betrifft.

Die schmalen Eiche leisten sind die Laufleisten die breiten aus Weichholz die Streich leisten - korrekt

Die Rückwand ist gar nicht so leicht zu entfernen, sie ist auf allen Seiten in einer Nut. Es gibt noch einen Mittelsteg der mittels Holz dübeln fixiert wurde. Um die Rückwand zu entfernen müsste ich den Oberteil der Kommode abnehmen. Dann die Holz Dübel entfernen um den Mittelsteg abzunehmen.
 

Mathis

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Hallo Gerhard, mein herzliches Beileid zu diesem Kauf! Ich hoffe, du verzeihst meine offenen Worte.
Ich kenne solche wirklich undankbaren Möbel aus eigener Erfahrung allerbestens, in solch ein Teil steckt man -wenn man es wirklich vernünftig machen will- schnell 150 Arbeitsstunden oder mehr rein, inkl. Kürzen aller Schubladen.
Solche Kisten sind ein Holz gewordener Konstruktionsfehler, denn so eingeleimte Laufleisten sind einfach gegen alle Regeln des Möbelbaus. Und wenn ich dann die dünnen Seiten aus auch noch schlecht ausgesuchter Eiche sehe, graust es mich.
Du kannst nur versuchen, den Korpus komplett zu zerlegen, ihn dann nach Entfernen aller die Breite sperrenden Leisten wieder zu verleimen und dann die Laufleisten vorn in den Stollen einzuzapfen und dort zu verleimen, und hinten in Aussparungen in den Beistößen der Seite ohne Verleimung einzubringen, sodass die Seiten arbeiten können.
Oft sind auch noch der Boden und der Deckel nicht mit den Seiten verzapft, sonderndie Seiten mit einer Rahmenkonstruktion verdübelt, was die Sache noch erheblich schlimmer macht. Ich hoffe, dass das hier nicht so ist.
Heute würde ich solche Ruinen selbst für umsonst nicht mehr haben wollen, wo man doch auf jeder Auktion für ein paar hundert Euro sehr gut erhaltene Sekretäre kaufen kann. Der Arbeitsaufwand hie steht in keinem Verhältnis zum Wert und erwartbarem Ergebnis.
 

Ratsuchend

ww-ahorn
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Hallo zusammen,

@Mathis: habe den Kasten online ersteigert ohne ihn in Natura oder das Innenleben gesehen zu haben. Bisher hatte ich meist Glück - Stücke die zwar eine katastrophale Oberfläche hatten, aber konstruktiv sehr gut gebaut waren. Habe mit Gebühren ca. 300 bezahlt - immer noch zu viel für den Zustand, tut aber nicht weg.

Ich bin bei einem Mahagoni furnierten Stück ehrlich gesagt davon ausgegangen, dass es konstruktiv ordentlich sein sollte - Mahagoni war sehr teuer, Arbeitszeit extrem günstig. Aber ist eben so.

Ich mache das als Hobby, ich kaufe die Möbel nicht zur Verwendung, habe eigentlich gar nicht wirklich Platz dafür. Meine Frau ist jedenfalls froh, wenn ich die nächsten Monate beschäftigt bin und nicht gleich mit dem nächsten Möbel antanze.

Ist es wirklich unumgänglich den Kasten komplett zu zerlegen. Habe das schon einmal gemacht und bereut - auseinander nehmen ohne Flurschäden ist fast nicht möglich. Könnte es auch funktionieren nur die Laufleisten zu entfernen, trockenrisse verleimen und dann Laufleisten mit Klötzchen zu befestigen?

Ich will es aber ordentlich machen - Zeit spielt für mich keine Rolle, ist ein Hobby. Wenn ich länger daran arbeite spare ich sogar Geld - dann vergeht mehr Zeit zum nächsten Projekt. Trotzdem fühlt es sich nicht gut an, wenn man sehr viel Zeit für wenig Ergebnis investiert - habe schon Mal eine noch schlimmere Leiche restauriert, sieht jetzt wirklich ordentlich aus - als ich fertig war, habe ich mir vorgenommen nie wieder so etwas in Angriff zu nehmen.

Also gibt es in euren Augen einen Mittelweg der ohne komplette Demontage funktioniert?
 

flüsterholz

ww-robinie
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Entschuldige, dass ich jetzt erst antworte, aber ich bin gerade erst von der Baustelle zurück. Ich möchte mir das auch erst noch mal morgen in Ruhe auf dem Rechner anschauen. Morgens vor der Arbeit noch schnell auf dem Handy übersieht man schnell etwas. Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, sind die Leisten dein geringstes Problem. Das ist einfach zu lösen. Oder anders ausgedrückt: Worst Case. Aber @Mathis hatte dich ja schon vorbereitet. Ich könnte aber noch ein paar Infos gebrauchen.

Wenn du die Schubladen reinschiebst, ist dann zwischen dem Rahmen, nicht der Füllung, der Rückwand und der Rückseite der Schublade noch etwas Luft?

Kann man die seitliche Kranzleiste entfernen? Evtl ist die nur angenagelt. Da hätte ich dann gerne noch ein Foto.

An der Front hinter der Säule, dort wo die Leisten von innen anschlagen, ist das Furnier dort ausgebeult oder sogar komplett ausgebrochen?

Mit dem Deckel komme ich nicht klar. Das sieht auf dem Handy so aus, als ob da schon mal was in den Riss eingefüllt wurde? Kannst du das bestätigen, bzw sogar erkennen, was das ist?

Soweit ich das erkennen kann, läuft der Riss einmal komplett rum und meistens in der Leimfuge. Korrekt?

So, das war es erstmal wieder. Tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten habe. Schönes Chiffonier. Hat das Furnier der Schubladen ein schönes Bild? Könnte Cuba Mahagoni sein.

Gruß Michael
 

Mathis

ww-robinie
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Hallo Gerhard, tut mir leid für dich: das ist die übelste Kiste seit langem, der ich begegnet bin. Schlimmster Pfusch ab Herstellung, sicher provinziell, die Holzauswahl spricht Bände. Auch ist die schlechte Holzauswahl Teil der Misere, bereits ab Hersteller schwer von Schädlingen geschädigtes und zerfressenes Blindholz. Zudem ist Eiche das schlechteste Blindholz, wenn es wie hier nicht völig trocken und fachgerecht verarbeitet wurde.
Zumal der Typ des Möbels auch noch falsch ausgeführt wurde: eine Kommode dieser Bauart hatte in Frankreich üblicherweise 7 Schübe, nannte sich Semainiére, da für jeden Tag der Woche (Semaine) ein Schubkasten vorhanden war.
6 Schübe waren völlig atypisch. Das Holz ist klar Honduras-Mahagoni, was nach 1850 erst ververwendet wurde, als das gute und dekorative Inselmahagoni kaum mehr zu finden war.
Wenn du dir diese Arbeit dir antun willst, halte ich mich zurück. Ansonsten finde ich, dass dieses ein Möbel ist, das trotz seines Alters eher was für den Ofen ist als für viele Arbeitsstunden und nie ein gutes erhaltenswertes Stück werden wird.
 

welaloba

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Vielleicht geht die Rückwand am Stück raus, dann ists einfacher, an die 12 Schienen zu kommen. Vorne und hinten absägen, evtl. mit Hammerschlag lösen usw. wie schon beschrieben. Deckel: Seitliche Profile abnehmen, Deckel neu verleimen, Profile wieder ansetzen.
Rückwand lösen: evtl. mit Handkreissäge oder Stichsäge, das Möbel in diesem Zustand erträgt so was...Was beim späteren Einbau fehlt, lässt sich mit frischem Holz leicht ergänzen.
Ansonsten bin ich bei Mathis' vorletztem Satz und wünsche viel Spaß
Gruß Werner
 

Ratsuchend

ww-ahorn
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Hallo Michael, Hallo Mathis,

@michael: entschuldigen brauchst du dich wirklich nicht - vielen Dank, dass Du dich meiner annimmst.

Ich habe die Leisten jetzt teilweise abgenommen und gesehen, was eure geschulten Augen gleich erkannt haben. Eigentlich unglaublich, dass man ein Möbelstück so bauen kann ... Arbeit steckt ja trotzdem dahinter, warum so pfuschen. Ich habe beim Dorotheum gekauft, weil deren Gutachten normalerweise passen (zumindest halbwegs). Eine so falsche Beschreibung darf einfach nicht passieren. Dem Gutachter werde ich jedenfalls schreiben - auch wenn ich hier keine rechtliche Handhabe habe, wissen soll er das.

Eine Restaurierung ist eigentlich gar nicht möglich, man müsste den gesamten Korpus neu bauen. Verleimte Laufleistung als konstruktives Element ... - sobald ich die entfernt habe fällt das Möbel auseinander.

Von der Datierung gehe ich auch von Historismus aus - ist also bloß eine ganz schlechte Kopie. Bei Seitenteilen, Rückwand fehlen die typischen Handhobel Spuren, die bei einem Stück aus 1820 zu erwarten wären. Furnierdicke ist auch einheitlich bei ziemlich genau 1 mm. Restauriert wurde das Teil noch nie, verstehe auch warum.

Die Laden haben aber durchaus schönes pyramidenfurnier - wenn auch vermutlich Honduras.

Mein neuer Plan: Bruchmöbel. Furnier abnehmen für künftige Restaurierungen. Schlösser und Beschläge runter, kann ich vielleicht auch Mal brauchen. Die Säulen werde ich mir auch aufheben. Die Eiche Bretter der Schubladenfronten dürften auch okay sein. Alles andere in den Ofen.

Ich hatte zwei Ladenkästen im Auge - wollte eigentlich den anderen und habe dann spontan für diesen geboten. Tja, falsche Entscheidung.

Zum Abschluss noch ein paar Bilder des Grauens.
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welaloba

ww-robinie
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Wenn ich jetzt diese Schublade und das zerstörte Schloss sehe: Die verlangen noch mal genau so viel Arbeit wie der Kasten - ist wohl eine gute Entscheidung. Trotz allem: Machbar wäre auch das, wenns Hobby ist.
 

Ratsuchend

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Die meisten Schlösser fehlen komplett und müssten ersetzt werden. Und ja die Schubladen würden auch noch einiges an Arbeit erfordern. Vielleicht müsste ich sie nicht kürzen, ein paar mm Spiel haben sie im Korpus noch, aber die Nuten sind ausgebrochen u.v.m

Reizen würde mich ja eine komplette Neuaufarbeitung, würde sicher einiges dabei lernen. Bin mir auch sicher, dass es am Ende ein optisch sehr ansprechendes Stück werden würde - die Laden haben zumindest eine schöne Maserung.

Ich werde noch eine Nacht drüber schlafen. Zerlegen muss ich es in jedem Fall. Ein paar Ideen wie ich den Kasten konstruktiv stabilisiere, hätte ich schon.

Mich würde aber noch eure Einschätzung der Datierung interessieren. Lt. Mathis definitiv nach 1850. Ich denke auch, dass vieles darauf hindeutet. Könnt ihr das Schloß datieren und woran erkennt man, dass es sich definitiv um Honduras Mahagoni handelt?

Ich danke euch jedenfalls für eure bisherigen Antworten und würde mich über weiteren Input freuen!

Viele Grüße,
Gerhard
 

Mathis

ww-robinie
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Gerhard, eine echte Kiste des Grauens hast du da ersteigert- unglaublich, dass sowas die Kontrollen des Dorotheums passiert hat. Aber da das eine staatliche Bude ist, haben die so wie Beamten wenig Interesse am Erfolg- einfach durchwursteln, ich hab schon so viel Schrott in deren Auktionen gesehen...
Die Kiste (ich mags nicht mal Möbel nennen) ist so ziemlich das Schlimmste stümperhaft zusammengebastelte Teil, das ich je gesehen habe, jetzt wo du noch mehr Fotos hier hast, wird das Bild immer schlimmer.
Allein wenn ich sehe, mit welchem Schrottholz dann noch absolut falsch mit einem Querriegel der Deckel mit der Seite verleimt wurde, wir es einem Tischler doch schlecht...
Querholz.jpg
Diese Kiste wird nie wieder gut werden, da eigentlich alles falsch konstruiert wurde.
Dass das Teil sehr spät ist, wohl nach 1850 siehst du zB an den Schlössern, vor 1850 gab es meist Schlösser, deren Schlüsselhalm durch das Schloss ging, erst Ende des 19 Jhdts. wurde ein Halm mit Bohrung üblich, der auf den Stift passte, der in der Grundplatte des Schlosses vernietet ist, so wie bei dir.
Ein weiteres starkes Indiz ist die Position des Schlosses am oberen Rand des Schubs, bei Möbeln aus dem frühen 19. waren die immer in der Mitte des Schubs.
Da die Rückwand als Rahmen mit zwei Füllungen konstruiert ist, die den gesamten Korpus und die Laufleisten trägt, wird der Ausbau eine einzige Schlacht werden..
Ich würds als Lehrgeld verbuchen, das Teil schlachten und den Rest verfeuern.
 
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HolzandMore

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8. Längengrad
Das Teil stammt aus dem Dorotheum???
Das schockt mich jetzt grad.
Ich kann kaum glauben dass die inzwischen so ein Schrott verkaufen.
OK, 300 Euro sind nicht unbedingt viel Geld - doch zuviel Geld um sich am Holz im Ofen die Hände zu wärmen.
Klar kann man das Restaurieren - aber das ist so aufwendig das es sich eigentlich nicht lohnt.
Gruß Andi
 

Ratsuchend

ww-ahorn
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Danke Mathis für die weiteren Details. Ich werde dem Gutachter jedenfalls schreiben und fragen wie so etwas überhaupt den Weg in eine Auktion finden konnte. Natürlich ist der Preis niedrig, aber ich habe dort schon öfter zu solchen Preisen zugeschlagen. Das waren dann ebenfalls oft ramponierte Stücke - weil sie zu.b. lange in Kellern gelagert waren. Aber die Datierung hat gepasst und die handwerkliche Ausführung war korrekt. Authentische, stimmige Möbel, die lange nicht ordentlich gepflegt wurden und sich schön restaurieren lassen.

Das zu restaurieren wäre jedenfalls eine richtige Herausforderung. Den Korpus müsste man praktisch neu konstruieren. Ich weiß aber dass ich es mit Sicherheit bereuen würde ...
 

flüsterholz

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Ich hab ihn mir jetzt mal auf dem Rechner angesehen. Ganz so unüblich finde ich diese Bauweise nicht. Geht natürlich besser. Nur diese angeleimten Leisten für die Schubladen habe ich noch nicht gesehen, bzw kann mich nicht erinnern, sowas schon mal gesehen zu haben. Auch mit dem Entstehungsjahr nach 1850 tu ich mich etwas schwer, wenn auch das ein oder andere dafür sprechen könnte. Folgende Gedanken.
Wenn die Furnierstärke wirklich unter einem mm ist, wäre das schon ein starkes Indiz für nach 1850. Aber es gab auch vor 1850 schon sehr dünne Furniere. Man findet neben den von Hand gesägten, auch schon auf Gattersägen gesägte Furniere. 1,5mm waren da schon möglich. Und gerade die teuren Furniere, wie Mahagoni wurden schon oft so hergestellt, zumindest in Frankreich. Man muss sich vorstellen, dass ein mit Mahagoni furnierter Schrank etwa doppelt so teuer, wie ein nicht furnierter war. Die 1,5mm sollten dann aber wirklich vorhanden sein, falls die Hochkommode nicht schon mal überarbeitet wurde. Honduras Mahagoni wurde auch schon vor 1850 im Möbelbau genutzt. Ich würde mal schätzen, so ab der 2. Hälfte des 18. Jhd. Um 1800 auf jeden Fall.
Auf den 1.Blick hätte ich die Kommode dem französischen Empire zugordnet. Dazu würden auch die dünnen Stärken des Blindholzes passen. Napoleon führte gerade Krieg mit dem Rest Europas und und Arbeitskräfte und Materialien waren Mangelware. Eiche ist auch typisch als Blindholz in Frankreich und gerade für teure Möbel, wie Mahagoni furnierte, wurde es genutzt. Für "billige" Möbel wurde eher Pappel und Linde genommen. Was aber wirklich eher für die 2. Hälfte des 19. Jhd spricht, sind die glatt gehobelten Flächen. Im Empire findet man das nur sehr selten. Mich würde ja jetzt doch mal die Expertise zu der Kommode interessieren.
Gruß Michael

Edit, was mich die ganze Zeit schon stört, ist die oberste Traverse aus Nadelholz. Oder sehe ich das auf dem Foto falsch? Wäre zumindest ein Indiz, dass an der Kommode doch schon mal rumgedoktert wurde.
 
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derdad

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Ich bin bei einem Mahagoni furnierten Stück ehrlich gesagt davon ausgegangen, dass es konstruktiv ordentlich sein sollte - Mahagoni war sehr teuer, Arbeitszeit extrem günstig. Aber ist eben so.
Aber in der guten, alten Zeit hat man eben auch nicht immer gearbeitet wie
unglaublich, dass sowas die Kontrollen des Dorotheums passiert hat. Aber da das eine staatliche Bude ist, habe
Seit wann ist das Dorotheum staatlich? Meines Wissens ist es ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen.
LG Gerhard
 

Mathis

ww-robinie
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Im Dorf in 'ner Stadt
Ach so, und Risse in den Seiten sind vollkommen normal...
...wenn der Tischler Stümper so falsch konstruiert hat.
An Möbeln, die so konstruiert wurden, dass das Schwinden von Holzbreiten ermöglicht wird, wird man solche massiven Risse nicht finden.

Und ja, das Dorotheum war mal staatlich, ist es aber heute nicht mehr. Der Muff des ehemaligen Staatsbetriebs steck da aber in meiner Wahrnehmung immer noch drin.
 

welaloba

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Eines der Katastrophenfotos zeigt eine Schublade von unten.
Dazu habe ich folgendes anzumerken:

Schubladen reparieren, wie ich das veranstalte.
Von restaurieren kann an der Stelle keine Rede sein, eher von Wiederherstellen.
Erstens den Boden rausnehmen, dann die unteren Enden der Seiten auf der Kreissäge bis knapp ans Vorderstück so weit absägen, dass ein neuer Streifen, gleich mit Nut für den Boden, angeleimt werden kann. Die Position der Nut ergibt sich aus der Nut im Vorderstück. Für ein Seitenteil brauchts natürlich einen Hilfsanschlag links vom Sägeblatt. Wenn das Vorderstück oben über die Seite hinausragt, was oft der Fall ist, muss ich mit einer oben auf der Seite fixierten Leiste Parallelität herstellen.

PS: Zitat:

Ich werde noch eine Nacht drüber schlafen. Zerlegen muss ich es in jedem Fall. Ein paar Ideen wie ich den Kasten konstruktiv stabilisiere, hätte ich schon.
Die neuen Laufleisten die ich durchaus wieder anleimen würde, stabilisieren nach dem Verleimen (geschraubt habe ich die auch schon mal) die Seitenflächen, da muss nichts zerlegt werden, schon garnicht musst du den Deckel abnehmen.
Ich hatte solche Trümmerkisten schon in der Werkstatt und ließ mich entsprechend bezahlen.
Gruß Werner
 

Ratsuchend

ww-ahorn
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Hallo zusammen,

die Datierung ist wohl wirklich schwierig, ich habe jetzt nochmal die Furnierstärke an mehreren Stellen gemessen - zwischen 1,2 und 1,5 mm. Das Teil wurde auch schon restauriert bzw. besser gesagt schlampig repariert. Ich habe Spuren von Weißleim gefunden bei nachträglich eingebrachten Klötzchen im Innenraum. Auch Kitt an manchen Stellen, eines der Hinterbeine wurde ergänzt. Es ist also wahrscheinlich auch schon Mal geschliffen worden.

Trockenrisse hat man wirklich bei praktisch jedem Möbelstück aus dem Biedermeier oder Klassizismus, das weiß ich. Es wurden damals auch häufig konstruktive Fehler gemacht - aber diese Konstruktion sticht im negativen Sinn heraus.

Glatt gehobelt ist nur die Rückwand der Kommode - diese wurde an den Rändern abgehobelt damit sie in die Nuten passt. Vielleicht hat der Tischler dann die Flächen einfach gleich mitgehobelt. Ich hänge ein paar Nahaufnahmen von den Seitenteilen Innenseite an. Sind das Sägespuren (Hand, Gatter) oder Zahnhobel?

Bezüglich Honduras und Cuba Mahagoni: anhand daran lässt sich nichts datieren. Meines Wissens hat sich schon im frühen 19. Jhr das Angebot von Cuba massiv verknappt und es wurde bald fast vollständig von Honduras abgelöst. Datiert ist das Teil auf ca. 1820 (Biedermeier Österreich), da ist beides genauso gut möglich.

Die schlechte Auswahl des Blindholz ist eher ein Zeichen für eine frühe Datierung. Bis sich Dampf betriebene Gatter Sägen durchgesetzt haben und sich das Angebot dadurch deutlich vergrößert hat, hat man im nicht sichtbaren Bereich so ziemlich alles verarbeitet.

Aber egal wie alt es jetzt wirklich ist, habe ich beschlossen dieses Projekt anzugehen. Die letzten Projekte waren immer nur reinigen, abbeizen, ein paar kleine Furnierstellen ersetzen, politieren. Hier ist Mal wirklich viel zu machen!

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