Guten Abend,
ich gehöre auch der Zunft des DoktorHirnlos an (Mechanik noch beim peitschenschwingenden Istvan Szabo (genialer Ingenieur, nicht Regisseur!) an TUB:rolleyes und kann die Fragestellung des Kollegen sehr gut verstehen.
Aber Achtung, Jetzt wird es langatmig und vielleicht auch zu theoretisch (wobei dieses altgriechische Adverb ja eigentlich "anschaulich" bedeutet, also nix Theorie!).
Für hookesches Verhalten des Systems Längsholz-Leimfuge-Querholz ist die Länge der Leimfuge unerheblich. Wenn der Nachweis erbracht ist, dass bei einem solchen System eine 100mm lange Leimfuge statisch dauerfest ist, dann gilt das auch für eine x-beliebig, z.B. 1000mm, lange Leimfuge. Statische Dauerfestigkeit bedeutet in diesem Falle, dass die Quell- oder Schwindkräfte des Holzes kleiner sind als die aus der Scherfestigkeit der Verleimung resultierende Gegenkraft und die Kraft einen konstanten Betrag besitzt, also keine in der Amplitude veränderliche Kraft (das wäre dann dynamische Dauerfestigkeit).
Es wird in diesem Thread immer wieder mit der Zahl 2% (Epsilon = 100*Delta-Länge/Nominallänge) argumentiert, was offensichtlich die Differenz zwischen Längs- und Querschwindmaß von Holz (Fichte) darstellen soll, und die liegt bei Fichte tatsächlich bei etwa 4% (tangential) -2% (radial) also bei etwa 2% für ein vorausgesetztes absolutes Schwindmaß von 17% gegenüber dem Frischzustand. Diese Argumentationsweise ist aber aus zweierlei Gründen falsch.
Erstens befindet sich weder das Längsholzteil noch das Querholzteil im Frischzustand, und beide Teile haben bei ihrer Verarbeitung einen Ausgleichsfeuchtezustand erreicht, bei dem die absolute Dehnung wesentlich kleiner ist als die erwähnten 2%, (es sei denn, der Schreiner hat frisch geschlagenes Holz eingebaut).
Zweitens darf im Falle der Verleimung von Längs- und Querholzteilen, die die gleiche Ausgleichsfeuchte besitzen, nicht das absolute Schwindmaß angesetzt werden, sondern es muss das differentielle Schwindmaß, z.B. für Fichte im Mittel 0.17%/% (radial) und 0.32%/% (tangential), verwendet werden.
Damit liegt nur noch eine Differenz von 0.32-0.17 gleich 0.15%/% vor. Interpretation des differentiellen Schwindmaßes: Bei einer Holzfeuchteänderung um 1%, beträgt die mögliche Verschiebung zwischen Längs- und Querholzteilen 0.15%, (Hinweis: im Innenausbau beträgt die absolute Holzfeuchte 8 bis 10%).
Man kann mit elementaren Mitteln der Mechanik leicht nachrechnen, dass die aus der Scherfestigkeit üblicher Leime/Kleber, z.B. Epoxidharzkleber Tau = 4 N/mm hoch 2, resultierende Scherkraft wesentlich größer ist als die aus der Schwind-/Quelldehnung einer Längs-/Querholzverbindung resultierende Dehnkraft (Holzquerschnitt * Epsilon * E-Modul von Holz).
Fazit: Falls Scherkraft größer als Dehnkraft, was unter Beachtung der Regeln der Technik meist vorliegt (kein Schreiner würde nicht ausreichend abgelagertes Holz verleimen), wird die Verleimung von Quer- und Längsholzteilen nicht zerstört. Das ein Meter lange Längsholzteil kann also bei angenommenen "2%" nicht links und rechts um 10mm überstehen. Klar ist, falls man die verleimten Bauteile raus in den Regen stellt, wird sich u.U. eine Holzfeuchteänderung einstellen, deren Dehnkräfte die Scherkräfte übersteigen und damit die Leimfuge zerstören würden.
Hinweis: Zu diesem Thema gibt es im Internet wirklich sehr gute Quellen, z.B. GDHolz (Quellverhalten), Physik des Holzes von ETH Zürich (das Beste!). (Es ist vollkommen sinnlos, eine fiktive Zahl wie z.B. "2%" in den Raum zu stellen, wenn man die konkreten physikalischen Randbedingungen außer Acht lässt!).
O.K. Das ist nun eine kleine Abhandlung geworden, aber niemand muss den hier vorgebrachten Argumenten folgen. Der Praktiker liegt immer auf der sicheren Seite, wenn er die konservativen Regeln befolgt und bei statischen Problemen nach den elementaren hookeschen Gesetzen (Dreisatz!) handelt.
Nachtrag: Uli und Jens, Ihr habt vollkommen recht! Hier überschneiden sich einige meiner Entgegnungen mit den Euren.
ich gehöre auch der Zunft des DoktorHirnlos an (Mechanik noch beim peitschenschwingenden Istvan Szabo (genialer Ingenieur, nicht Regisseur!) an TUB:rolleyes und kann die Fragestellung des Kollegen sehr gut verstehen.
Aber Achtung, Jetzt wird es langatmig und vielleicht auch zu theoretisch (wobei dieses altgriechische Adverb ja eigentlich "anschaulich" bedeutet, also nix Theorie!).
Für hookesches Verhalten des Systems Längsholz-Leimfuge-Querholz ist die Länge der Leimfuge unerheblich. Wenn der Nachweis erbracht ist, dass bei einem solchen System eine 100mm lange Leimfuge statisch dauerfest ist, dann gilt das auch für eine x-beliebig, z.B. 1000mm, lange Leimfuge. Statische Dauerfestigkeit bedeutet in diesem Falle, dass die Quell- oder Schwindkräfte des Holzes kleiner sind als die aus der Scherfestigkeit der Verleimung resultierende Gegenkraft und die Kraft einen konstanten Betrag besitzt, also keine in der Amplitude veränderliche Kraft (das wäre dann dynamische Dauerfestigkeit).
Es wird in diesem Thread immer wieder mit der Zahl 2% (Epsilon = 100*Delta-Länge/Nominallänge) argumentiert, was offensichtlich die Differenz zwischen Längs- und Querschwindmaß von Holz (Fichte) darstellen soll, und die liegt bei Fichte tatsächlich bei etwa 4% (tangential) -2% (radial) also bei etwa 2% für ein vorausgesetztes absolutes Schwindmaß von 17% gegenüber dem Frischzustand. Diese Argumentationsweise ist aber aus zweierlei Gründen falsch.
Erstens befindet sich weder das Längsholzteil noch das Querholzteil im Frischzustand, und beide Teile haben bei ihrer Verarbeitung einen Ausgleichsfeuchtezustand erreicht, bei dem die absolute Dehnung wesentlich kleiner ist als die erwähnten 2%, (es sei denn, der Schreiner hat frisch geschlagenes Holz eingebaut).
Zweitens darf im Falle der Verleimung von Längs- und Querholzteilen, die die gleiche Ausgleichsfeuchte besitzen, nicht das absolute Schwindmaß angesetzt werden, sondern es muss das differentielle Schwindmaß, z.B. für Fichte im Mittel 0.17%/% (radial) und 0.32%/% (tangential), verwendet werden.
Damit liegt nur noch eine Differenz von 0.32-0.17 gleich 0.15%/% vor. Interpretation des differentiellen Schwindmaßes: Bei einer Holzfeuchteänderung um 1%, beträgt die mögliche Verschiebung zwischen Längs- und Querholzteilen 0.15%, (Hinweis: im Innenausbau beträgt die absolute Holzfeuchte 8 bis 10%).
Man kann mit elementaren Mitteln der Mechanik leicht nachrechnen, dass die aus der Scherfestigkeit üblicher Leime/Kleber, z.B. Epoxidharzkleber Tau = 4 N/mm hoch 2, resultierende Scherkraft wesentlich größer ist als die aus der Schwind-/Quelldehnung einer Längs-/Querholzverbindung resultierende Dehnkraft (Holzquerschnitt * Epsilon * E-Modul von Holz).
Fazit: Falls Scherkraft größer als Dehnkraft, was unter Beachtung der Regeln der Technik meist vorliegt (kein Schreiner würde nicht ausreichend abgelagertes Holz verleimen), wird die Verleimung von Quer- und Längsholzteilen nicht zerstört. Das ein Meter lange Längsholzteil kann also bei angenommenen "2%" nicht links und rechts um 10mm überstehen. Klar ist, falls man die verleimten Bauteile raus in den Regen stellt, wird sich u.U. eine Holzfeuchteänderung einstellen, deren Dehnkräfte die Scherkräfte übersteigen und damit die Leimfuge zerstören würden.
Hinweis: Zu diesem Thema gibt es im Internet wirklich sehr gute Quellen, z.B. GDHolz (Quellverhalten), Physik des Holzes von ETH Zürich (das Beste!). (Es ist vollkommen sinnlos, eine fiktive Zahl wie z.B. "2%" in den Raum zu stellen, wenn man die konkreten physikalischen Randbedingungen außer Acht lässt!).
O.K. Das ist nun eine kleine Abhandlung geworden, aber niemand muss den hier vorgebrachten Argumenten folgen. Der Praktiker liegt immer auf der sicheren Seite, wenn er die konservativen Regeln befolgt und bei statischen Problemen nach den elementaren hookeschen Gesetzen (Dreisatz!) handelt.
Nachtrag: Uli und Jens, Ihr habt vollkommen recht! Hier überschneiden sich einige meiner Entgegnungen mit den Euren.