Also ich habe jetzt etwas Zeit in die Verordnung gesteckt und habe das Gefühl, dass ChatGPT nicht besonders schlau diesbezüglich ist.
Jetzt habe ich beschlossen das ganze mal ein bisschen aufzudröseln, vielleicht spart es ja jemandem die Kosten für ein Seminar. Der*die kann mir dann mal nen Bier ausgeben
Ich arbeite mit der veröffentlichten Version der EU Verordnung:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R1115
1. Die ersten 86 Abschnitte geben die generelle Idee, die Genese der Verordnung, Zielsetzung etc. wieder.
2. Dann geht es los Art. 1 (1) sagt erstmal worum es geht, das ganze betrifft nicht nur Holzprodukte sondern eben auch Rindeer, Kakao, Soja, Palmöl und eben auch Holz. Bei der Frage nach dem Papiertieger denke ich für Tischler etc. hier wird das überwiegend irrelevant, ob das Ferrero so entspannt sieht, da wäre ich mir nicht sicher.
3. Es folgt Art 1(2)
"Abgesehen von der Regelung des Artikels 37 Absatz 3 gilt diese Verordnung nicht für die in Anhang I aufgeführ
ten relevanten Erzeugnisse, die vor dem in Artikel 38 Absatz 1 genannten Datum erzeugt wurden."
Es gibt hier also schon die ersten Sonderregeln, ab wann hier was in Kraft tritt. Art 38 (1) enthält das Datum, also alles was vorher erzeugt wurde fällt nicht darunter (offensichtlich).
Bemerkenswert ist aber noch der Art 37 (3) denn da gibt es nochmal eine Frist. Der Artikel 37 befasst sich mit der Aufhebung der alten Verordnung zur Verwendung "illegal geschlagenen Holzes" 995/2010.
In 37(3) geht es nämlich genau um Holzerzeugnisse, die vor Juli/23 erzeugt wurden und nach Dez/2027 in Verkehr gebracht werden. Da müsste man jetzt nochmal die Defintionen von "erzeugt" und "in Verkehr bringen" nachschauen aber ich meiner Ansicht nach geht es genau quasi um den Abverkauf also Dinge hergestellt und jetzt verkauft.
Zusammengefasst: Die Verordnung gilt ab dem Stichtag außer für Erzeugnisse die vorher schon in 995/2010 standen dort gibt es andere Übergangsfristen.
4. Jetzt kommen 3 Seiten Begriffsdefinitionen, damit wir alle vom gleichen reden. Mag ich als Naturwissenschaftler natürlich sehr.
5. Dann folgt das Wichtige in Art 3, was wird eigentlich verboten?
Relevante Rohstoffe (die aus dem Anhang z.B. Rind) und relevante Erzeugnisse (ebenfalls im Anhang z.B. ex 0201 Fleisch von Rindern, frisch oder gekühlt) dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt
oder ausgeführt werden, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) sie sind entwaldungsfrei,
b) sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt und
c) für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
6. Jetzt sind wir schlau und bevor wir uns überlegen, wie wir a)-c) erfüllen schauen wir erstmal, ob es für Kleinunternehmen Ausnahmeregelungen gibt. Viel zitiert wurde hier, dass die Verordnung ab 30.06.2025 auch für kleine Unternehmen gilt.
Das ist richtig und steht so in Art 38. Aber der Art 38 regelt nur die Inkrafttretung. Wenn man hier Ausnahmen einbauen würde, dann wäre das ein "ganz order gar nicht" für Kleinunternehmer. Das fand man vermutlich doof. Man wollte schon, dass auch Kleinunternehmen sich mal mit der Thematik auseinandersetzen aber eben nicht im gleichen Umfang wie die Großen. Also finden sich an unterschiedlichen Stellen der Verordnung Sonderregeln für KMUs.
7. Ein Beispiel findet sich im direkt anschließenden Art 4 (8)
"Abweichend von Absatz 1 sind Marktteilnehmer, bei denen es sich um KMU (im Folgenden „KMU-Marktteilnehmer“) handelt, nicht verpflichtet, bei den relevanten Erzeugnissen, die in relevanten Erzeugnissen enthalten sind oder aus denen relevante Erzeugnisse hergestellt werden, die Sorgfaltspflicht zu erfüllen, wenn diese Erzeugnisse bereits gemäß Absatz 1 der Sorgfaltspflicht unterlagen und für sie bereits gemäß Artikel 33 eine Sorgfaltserklärung übermittelt wurde "
Da tauchen wieder relevante Erzeugnisse auf die in andere relevante Erzeugnisse umgewandelt werden. Schaue ich mir also mal einen Tischler an und lege Anhang 1 daneben. Dort gibt es das relevante Erzeugnis "4407 Holz, in der Längsrichtung gesägt oder gesäumt, gemessert oder geschält, auch gehobelt, geschliffen oder an den Enden verbunden, mit einer Dicke von mehr als 6 mm" (also bürokratisch für Holzbohle) und dann eine ganze Reihe an Holzerzeugnissen z.B. "4419 Holzwaren zur Verwendung bei Tisch oder in der Küche" oder "4421 Andere Waren aus Holz".
Wenn wir die ganzen Schachtelsätze noch etwas strukturieren dann sieht das ungefähr so aus

Einschübe und Ergänzungen in Klammern und der Hauptsatz ohne Einschübe in Fett)
"
Marktteilnehmer (bei denen es um KMU handelt)
sind nicht verpflichtet (für relevante Erzeugnisse [Bohle] die in relevanten Erzeugnissen [Tisch] enthalten sind oder aus denen relevante Erzeugnisse [Tisch] hergestellt werden)
die Sorgfaltspflicht zu erfüllen, wenn diese Erzeugnisse bereits (gemäß Absatz 1)
der Sorgfaltspflicht unterlagen (und für sie bereits gemäß Artikel 33 eine Sorgfaltserklärung übermittelt wurde)"
Wenn ich jetzt also aus einer Bohle (4407) einen Holztisch (4419 oder 4421) herstelle, dann stelle ich aus einem relevanten Erzeugnis ein anderes relevantes Erzeugnis her und damit entfallen für mich die Sorgfaltspflichten. Mein Holzhändler muss die Sorgfaltspflichten erfüllen, der stellt mir sein Formular bereit und das hefte ich falls mal wer nachfragt.
8. Genauso gibt es Ausnahmeregelung für Händler die KMUs sind. Jetzt muss man sich nochmal anschauen, wann man Händler und wann Marktteilnehmer ist und wann man ein KMU ist. So grob dürfte alles unter 50 Mitarbeitern KMU sein. Vielleicht liegt die Grenze auch höher, aber für die meisten hier sollte das vermutlich reichen.
Mir reicht es jetzt aber erstmal. Ich hoffe es zeigt ein bisschen, wie man sich einmal durch so eine Verordnung arbeitet