Arbeitsweise und Werkzeuge unserer Vorgänger

kberg10

ww-robinie
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Guten Morgen in die Runde, habe ein Erbstück im Wohnzimmer stehen. Interessieren würde mich diese Technik des Herausstechens um die Buchstaben herum.
Charakteristisch ist der Grund welche mit Löchern übersät sind die auf ein ganz spezielles Werkzeug hindeuten.
Vielleicht kann mir jemand mehr über diese Technik berichten. Anhang anzeigen 200852
 

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kberg10

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Das schaut so aus als müsste man das Werkzeug entweder selber herstellen oder anfertigen lassen. Es ist noch im Sattlerhandwerk gebräuchlich, aber dann wird's schon dünn. Das verwendete Werkzeug im Beitrag schätze ich Alter schon auf 150 bis 200 Jahre. Es war mal länger, das sieht man am ausgeprägten Bart. Der Schrank trägt die Jahreszahl "1892" und ist aus Zirbe, das Alter sieht man ihm nicht an.
 

Tilia

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Ja. Die Schrift an sich und Ornamentik (Zierleisten) ist mit Schnitzmessern gefertigt. Handgeschnitzt also. Der Grund um die Schrift herum eventuell zusätzlich mit einem Grundhobel, oder auch nur mit Schnitzeisen heraus gearbeitet und zurück gesetzt. Und wie David oben schon sagte, die Struktur des Untergrundes ist dann mit einem Punziereisen bearbeitet, also punziert. Abschließend farbig patiniert.

Zu der Zeit war es noch üblich, dass es in den Tischlerwerkstätten auch meistens Jemanden gab (oder auch mehrere), der auch schnitzen konnte.
 

weissbuche

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Diese Werkzeuge werden doch noch gehandelt, sogar mit unterschiedlichen Mustern. Bei den einschlägigen Händler für Schnitzbedarf nachschauen. Ich habe mir so ein Teil selbstgemacht. Dicken Sparrennagel abgesägt, mit einer scharfen Feile in die entstandene Fläche ein Kreuzmuster gefeilt, fertig. Galt bei einigen Schnitzer als Pfusch. Nur wer den Grund nicht sauber ausarbeiten konnte oder wollte hat punziert.
 

derdad

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Zu der Zeit war es noch üblich, dass es in den Tischlerwerkstätten auch meistens Jemanden gab (oder auch mehrere), der auch schnitzen konnte.
Da bin ich mir nicht so sicher.
Werkzeug war damals sehr teuer. Und es gab viel mehr Schnitzer (und auch Drechsler) zu denen man die Sachen bringen konnte.
Obwohl man für so ein einfaches Relief ja mit einem flachen Hohleisen, ein paar Stemmeisen, und einen stumpfen Nagel auskommt.
LG Gerhard
 

flüsterholz

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Die meisten Punziereisen für Leder sind da meiner Meinung nach zu fein. Ein paar grobere mit wenig oder gar keinem Muster könnten aber in weichem Holz funktionieren.
Was vielleicht auch funtionieren könnte, wären, neben Nägeln, Locheisen. Habe es aber noch nicht probiert. Man kann aber auch mit Schnitzeisen solche Hintergründe gestalten. Ich finde auch, das solche gestalteten Hintergründe einer Schnitzerei mehr Tiefe geben, wenn das gewollt ist.
 

kberg10

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Für mich ist sowas Nostalgie. Es versetzt mich einfach in eine andere Zeit. Will aber damit auf keinen Fall sagen dass früher alles besser war.
Nur gibt es Zeugnis über das künstlerische Wesen das uns Menschen prägt. Und das lässt sich bis 50 000 Jahre verfolgen (Höhlenmalerei).
Es zeigt aber auch wie sich Trends in verschieden Zeitepochen widerspiegeln.
 

Tilia

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Werkzeug war damals sehr teuer. ... Obwohl man für so ein einfaches Relief ja mit ... auskommt.
Genau. Und es ist noch nicht mal bildliches Relief. Bei dieser Form der Schnitzerei hier geht es ja im Prinzip "nur" darum, alles was nicht Schrift ist um eine Ebene tiefer abzusetzen. Sozusagen fast schon 2-Dimensional. Sicher kann man auch solch eine Arbeit in die Perfektion treiben, danach sieht es hier in dem Fall aber nicht unbedingt aus.

Unterschiede in der Qualität der Ausführung einer Schnitzerei kann man sehen. Je nach dem kommt man da wie hier auch mit recht wenigen Werkzeugen schon sehr weit. Ein "Geißfuß" (Eisen mit V- förmiger Schneide) zum Abfahren der Konturen der Schrift. Notfalls tut es dafür auch ein kleines Hohleisen (U-Form). Eine Schnitzerklinge für Ecken und Details. Und, wie du schon sagst, ein zwei flache Hohleisen zum ausheben des Grundes. Eventuell auch noch Grundhobel, vielleicht auch Schultermesser, Stechbeitel... aber auch das sind ja eher sogar Tischlerwerkzeuge.

Die Winterabende früher waren lang und dunkel. Da hat sich auch so mancher Tischler im Schnitzen geübt. Klar, und absolut richtig, die wirklich anspruchsvollen oder gar 3-Dimensionalen Sachen hat eh und je der Bildhauer gemacht von denen es zu der Zeit auch viel mehr gab. Aber andererseits, solche eher "einfacheren" Arbeiten, warum sollte man die unbedingt aus der Werkstatt raus und in Auftrag geben, wenn man es auch selbst erledigen kann? Ich sag nicht dass es hier in dem Fall unbedingt und felsenfest so ist. Das kann ich ja gar nicht nachweisen. Ich will nur darauf hinweisen, dass es oft so gehandhabt wurde.

Und, man muss sich auch davon lösen, dass die Qualität und der Umfang an Werkzeugen den wir heute als Normalität gewohnt sind, dort schon der Standard gewesen sei. Wenn man heute nur mal schaut, mit welchen teils primitiven Mitteln Schnitzer im asiatischen Raum, oder in Afrika, arbeiten, und was sie damit für mitunter großartige Ergebnisse hervorbringen, kann man vielleicht auch nochmal einen anderen Blick darauf bekommen.
 
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