Guten Abend
als ich den Beitrag von Annimi um 18 Uhr gelesen habe, hat es mir auch in den
Fingern gejuckt. Meine Pudeldame wollte aber lieber Kaninchen hetzen gehen und
so hatte ich genügend Zeit mir Gedanken zu machen, was diese Planerin, uns mit
der etwas provokanten Anmerkung sagen wollte. Ja klar, Ecklösungen sind nicht so
wirklich der Traum einer schönen Gestaltung im Küchenbereich. Nur leider habe ich
in den letzten 4 Dekaden Möbelbau selten eine ideale Einbausituation vorgefunden.
Es waren meistens schwierige bauliche Vorgaben, die uns Tischler erst ins Haus ge-
holt haben, das ist unser Job und sichert unsere Auftragslage ungemein.
Natürlich haben wir alle in den 80ern unsere Massivholzküchen nur zu gerne mit
materialtrennenden Werkstoffen ( Granit, Marmor, Vulkangestein und Schiefer)
in kleinere Werkstückeinheiten selektiert, kam dem Bewegungsraum des Holzes
schon sehr entgegen. Die Industrie hat auch schnell Herd/Waschtischmodule im
Angebot gehabt, die sicherlich sehr sinnvoll, aber auch kostspielig gewesen sind.
Nur Annimi, bei einer Küche im Gegenwert eines Mittelklassefahrzeugs, muss ich
nun wirklich nicht auf die Restekiste meines Natursteinlieferanten zurückgreifen.
Der Fugenanschluss wird dadurch auch nicht so ganz optimal gelöst werden.
600/600 mm Eckplatte in einer 600mm tiefen Arbeitplatte ergibt ja auch keine
wirklich befriedigende Lösung, da steht eine hässliche Ecke gut sichtbar vor. Was
steht den danach auf der Steinplatte rum? Toaster und Kaffeemaschinen?
Liebe in meinem eigenen Umfeld auch modular aufgebaute Küchen, sind für mich
planbarer und auch nachhaltiger bei Ortsveränderungen. Nur in der Zusammen-
arbeit mit Innenarchitekten habe ich in der Zeit immer recht komplexe, fest in
den zuvor definierten Raum installierte Küchen erstellen müssen. Auch das war
durchaus sinnvoll und ansehnlich, erheblich einfacher dem Auftraggeber zu ver-
kaufen und wir waren alle zufrieden mit dem geliefertem Ergebnis und Ertrag.
Ein extremes Beispiel der Gradlinigkeit noch anbei - für einen Kölner Raumaus-
statter wurden die 2 Arbeitplatten seiner privaten Küche aus 3.6 cbm Granit in
Italien herausgemeisselt. Alles aus einem Stück. Die "Platten" hatten das Mass
von ca. 5.00x0.9 mtr. und wir brauchten einen Schwerlastkran und 8 Helfer um
die Trümmer durchs Fenster auf die geschweissten Grundkonstruktionen zu hiefen.
War eine nette Übung, aber die Küche ist dadurch nicht unbedingt besser geworden.
Glaube das alle hier im Forum mitarbeitenden Tischler schon einen hohen Anspruch
an die von ihnen erstellten Werkstücke haben, nur in der Zone zwischen der vom
Auftraggeber gewünschten Ausformung und der zum Bestehen eines Betriebes
nötigen Gewinnsituation liegt ein verantwortungsvolles Handeln. Alle daran beteiligten
Mitarbeiter haben ein Recht auf pünktliche Entlohnung, geregelte Arbeitszeiten im
Rahmen der handwerklichen Gegebenheiten und ihrem Ego geschuldetem Verständnis.
Ansonsten empfinde ich deine kritischen Anmerkungen immer wieder als fruchtbar
und dem Selbstverständnis unserer Berufsgruppe sehr gut anstehend.
Mit freundlichen Grüssen, Harald