Wie kleinlich seid Ihr bei der Holzbearbeitung?

janisholz

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Ich habe mit dem Heimwerkern angefangen und bastle mir gerade etliche Dinge für die Werkstatt: Absauganlage, French Cleat-Wand für meine häufig benötigten Werkzeuge, Regale, Werkbank, Zubehör für Tischkreissäge und Oberfräse. Das meiste ist bereits fertig.

Ich merke das beim Zusägen mit der Tischkreissäge aber auch mit der Tauchkreissäge trotz genauen berechnens und messens immer wieder zentel Millimeter Differenzen sind, die ich erst beim Zusammenkleben bemerke. Das fällt natürlich bei kistenähnlichen Dingen, die 6 Seiten haben (oder auch 1-2 offene Seiten) deutlich auf.

Bisher ließ sich das alles trotzdem zusammenleimen, aber die zentel Millimeter stehen halt über.
Ich nehme dann Schmirgelpapier und entferne den Überstand per Hand ... das ist ber sehr mühseelig. Für meine Handoberfräse scheinen mir die Flächen aber zu klein.

Bestimmt werde ich im Zuschnitt immer besser, aber ein wenig Überstand wird es immer wieder geben ... denke ich.

Meine Frage: Habt Ihr solche Überstände auch und wie entfernt Ihr sie? Oder seid Ihr da gar nicht so kleinlich bei Zubehör aus Holz für die Werkstatt?
 

Friederich

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Ein Schreiner arbeitet eigentlich immer gleich präzise, weil er garnicht anders kann:emoji_slight_smile:
Wenn man es sich angewöhnt hat, bedeutet es keinen Mehraufwand, im Endeffekt beschleunigt es die Arbeit sogar.
Oft merkt man erst im Nachhinein, wo mangelnde Präzision Probleme ergibt.
Da macht man am besten grundsätzlich von vorneherein, ohne groß Nachzudenken ob es wirklich nötig ist, alles möglichst genau.

Auf absolute Maße kommt es nicht an, aber Maße die identisch sein sollen, schneidet man in einem Durchgang mit einer Maschineneinstellung. Das selbe Maß zweimal einstellen ist grundsätzlich immer fehleranfällig.
 

predatorklein

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Ich merke das beim Zusägen mit der Tischkreissäge aber auch mit der Tauchkreissäge trotz genauen berechnens und messens immer wieder zentel Millimeter Differenzen sind, die ich erst beim Zusammenkleben bemerke. Das fällt natürlich bei kistenähnlichen Dingen, die 6 Seiten haben (oder auch 1-2 offene Seiten) deutlich auf.

Das ist beim Profi auch nicht anders .
Auch wenn viele Profis einem das gerne anders erzählen :rolleyes:
Ein fertiges Werkstück wird " verputzt " , bei Massivholz mit dem Putzhobel .
Oder es wird einfach " verschliffen " .

Und es kommt natürlich auch auf deine Maschinen an .
Eine 20.000 € Martin FKS ist eben deutlich stabiler und massiver als die 5000 € Felder FKS .
Aber auch da spielt das " Können " des Schreiners die größte Rolle .

Unsere altehrwürdigen Vorfahren haben mit recht einfachen Mitteln teilweise so genau gearbeitet , glaubt man heute kaum .
Unser Altgeselle konnte dir mit einer 5 D - Mark Feinsäge nahezu perfekt Gehrungen schneiden .

Einfach weil der jahrelange Übung drin hatte :emoji_slight_smile:
Der hat nach dem Krieg sicherlich 2000 Stiltüren im Laufe der Jahre gebaut .
Bis unser Meister das Teil " aufgerissen " hatte hat der Altgeselle die Friese schon auf der Fräse gehabt um sie zu schlitzen .

Gruß
 

Harrer

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Wie schon angesprochen immer gleiche Einstellungen ohne verstellen usw. Da wo halt die 10tel mm nicht vermeidbar sind und es dich stört-kauf dir einen Exzenterschleifer! Geht schneller und brauchst du eigentlich immer beim basteln. Muß ja nicht gleich der grösste und teuerste schwarz-grüne sein.
Dammal
 

IngoS

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Hallo,

es gilt ja die Regel: "Arbeite so genau wie nötig", nicht so genau wie möglich.
Ein Holzkomposter verzeiht größere Toleranzen als ein Schmuckkästchen.

Dann gibt es einige Möglichkeiten, Ungenauigkeiten durch konstruktive Maßnahmen zu kaschieren (z.B. dass Eckstöße nicht genau aufeinander stoßen, sondern ein Teil etwas zurück- oder vorspringt.

Auch ist es sinnvoll bei Maschineneinstellungen (z.B.Fräse) erst mal ein Probestück zu machen und dann eventuell nachzujustieren.

Wenn man sich alte handgefertigte Möbel anschaut, stellt man fest, dass dort auch nicht immer mit höchster Präzision gearbeitet wurde.
Nach dem überspitzten Spruch: "Meister, die Arbeit ist fertig, wo ist der Kitteimer?"

Gruß

Ingo
 

HolgerAusM

ww-fichte
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Um noch wenige 1/10 mm schnell und genau abzunehmen, hab ich mit einem kleinen Einhandhobel bei Massivholz sehr gute Erfahrungen gemacht. Keine große Vorbereitung nötig, kein Staub, exakte Fläche. Den beherrscht man auch als Anfänger nach ein paar Übungsbrettern; das Schwierigste ist das Schärfen ab und zu. Oder halt Putzhobel wie oben geschrieben.

Wenn Du noch keinen Exzenterschleifer hast, fände aber auch ich den erstmal wichtiger. Ist halt bei Kanten etwas schwierig, weil man die damit gerne verrundet.
 

derdad

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Moin



Das ist beim Profi auch nicht anders .
Auch wenn viele Profis einem das gerne anders erzählen :rolleyes:
Ein fertiges Werkstück wird " verputzt " , bei Massivholz mit dem Putzhobel .
Oder es wird einfach " verschliffen " .
Gruß

Ein "Profi", der von seiner Arbeit leben muss, wird kaum etwas zusammenbauen und dann verputzen. Einfach aus dem Grund, da er nicht die Zeit dazu hat. Es wird jetzt auch anders gearbeitet als bei unseren Grossvätern. Damals hat man die Korpusse gebaut und dann verputzt. (Hirn)Holzvorstand war bei der Verbindung eingeplant und wurde später plan gemacht.
Heutzutage werden alle Teile zugeschnitten. Verbindungen und andere konstruktiven Arbeiten gemacht. Evtl Profile angearbeitet. Dann wird geschliffen und die Oberfläche komplett hergestellt. Und dann wird zusamengebaut und es hat zu passen. Zumindest habe ich es so gelernt und handhabe es auch so.
Das erfordert natürlich in ALLEN Arbeitsgängen wirklich exaktes Arbeiten. Und natürlich Maschinen und Werkzeug die exaktes und wiederholgenaues Arbeiten ermöglichen.
Evtl spätere Vergrösserungen von Teilen (angeleimte Kanten etc.) oder Verkleinerungen (Abtrag durch schleifen) müssen während des Arbeitsprozesses bereits eingeplant werden. Bei diesen Dingen ist natürlich vielfach die Erfahrung ausschlaggebend.
Ein Heimwerker wird oft einen etwas anderen Arbeitsablauf haben. Passarbeiten sind dabei nichts schlimmes. Ich habe aber vielfach die Erfahrung gemacht, dass Hobbytischler, die aus Metallberufen kommen, einen höheren Genauigkeitsstandard haben wollen, als es vielfach mit dem Werkstoff Holz und den zur Verfügung stehenden Maschinen möglich ist. Einfach weil sie aus ihrem angestammten Beruf andere Vorgaben haben. In der Metallverarbeitung ist meist 0,01mm die Vorgabe. Im professionellen Holzbereich mittlerweile 0,1mm.
LG
gerhard
 

WinfriedM

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Ich schiebe kleine Kästen nach Zusammenbau nochmal über die Kreissäge, um leicht überstehende Teile zu kürzen.

Auch ein Bandschleifer oder ein Tellerschleifer holt schnell einiges runter. Wesentlich schneller, als ein Exzenter.

Grundsätzlich finde ich es völlig normal, dass nach dem Zusammenleimen von Kästen mit meinen Mitteln Ungenauigkeiten von +-0,5mm entstehen.

Wie kleinlich man bei Teilen für die Werkstatt ist, erscheint mir sehr individuell. Da gibts pragmatische Menschen, die wollen schnell fertig werden und sehen den Nutzen. Und andere wollen sich an exakt gefertigten Sachen erfreuen. Ich bin eher pragmatisch, aber manchmal packt mich dann doch der Ehrgeiz.

Hauptsache, du kannst dich dran erfreuen. :emoji_slight_smile:
 

janisholz

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Danke für Eure vielen ermutigenden Erfahrungen und Tipps.

Werde jetzt erst einmal darauf achten,

  • noch gründlicher zu messen
  • gleich große Teile mit einer Sägeneinstellung zu sägen
  • mir einen Exzenterschleifer und einen Putzhobel zulegen
 

derdad

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Einen schönen Abend.
Um wirklich exakt gleiche Teile zu haben ist schneiden mit Anschlag unerlässlich (und den Anschlag auch unverändert lässt). Wenn man jeden Teil extra anreisst und schneidet wird auch der Beste Handwerker minimale Abweichungen haben.
LG Gerhard
 

flow

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Außerdem sollte man nach Möglichkeit so wenig wie möglich messen. Besser ist es, die benötigten Längen von bereits fertigen Stücken abzunehmen. Als Beispiel: Wenn ich 4 Bretter zu 50 cm benötige, messe ich die 50 cm nur am ersten Stück und schneide es zu. Bei den anderen drei Brettern nehme ich das erste quasi als Schablone.

Wolf
 

WinfriedM

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@Wolf: Wenn ich 4 Bretter a 50cm brauche, jage ich die alle mit der selben Anschlageinstellung durch die Kreissäge. Aber wenn du gezwungen bist, zu verstellen, ist dein Vorschlag sicher eine Möglichkeit, um eine exaktere Kopie zu bekommen.
 

flow

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Hallo Winfried,

@Wolf: Wenn ich 4 Bretter a 50cm brauche, jage ich die alle mit der selben Anschlageinstellung durch die Kreissäge.

Klar, wenn ich einen Anschlag nutzen kann, ist das natürlich ideal. Ich wollte eher darauf hinaus, dass 4* messen und anzeichnen höchstwahrscheinlich vier Bretter mit unterschiedlichen Längen hervorbringt :emoji_slight_smile:

Wolf
 

teluke

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Grundsätzlich und immer sehr kleinlich (außer beim Brennholz).
Wenn man sich das so angewöhnt geht das immer genaue Messen ebenso schnell wie das schlampige Messen auch.
Das dumme, auch bei kleinen, Messfehlern ist dass sie sich meist in die falsche Richtung addieren.
Dem entgeht man mit genereller Genauigkeit.
 

Paffl

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Ich messe leider auch gerne zu viel / zu oft da ich von Natur aus Perfektionist bin und alles so genau wie möglich machen will. Neben der enormen Zeitvergeudung passt am Ende meist dennoch irgendwas nicht. Wohl dem, der da etwas entspannter sein kann :emoji_wink:

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derdad

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Einen schönen Sonntag!
Wenn man schon keine Anschläge verwenden kann, gibt es auch beim Anreissen ein paar kleine Tricks Ungenauigkeiten zu vermeiden.
Wie bereits Wolf erwähnt hat, bereits zugeschnitten Teile als Schablone verwenden. Holzstärken nicht messen, sondern ebenfalls kleine Abschnitte als Schablone verwenden. Wenn ich z.B. einen Schrank mit Mittelhaupt habe, nehme ich die Schrankseiten und halte mir die abzuziehenden Holzstärken am Original hin. Lege das Mittelhaupt dazu und reisse die Länge an. Nur als Beispiel.
Gleiche Teile zusammenspannen und zusammen anreissen.
Auch das "Anreisswerkzeug" hat Einfluss. Ein Riss mit einem Messer wird immer feiner und exakter sein als ein Bleistift. Der dünnste verwendbare Bleistift ist ein 0,3mm. Meist wird wahrscheinlich 0,5mm verwendet. Mit einem Messer bin ich bei 0,1mm. Doch das sind jetzt schon wirklich Haarspaltereien.
Ich glaub, wer ohne die Ausstattung einer Profiwerkstatt in der Lage ist wirklich auf 0,5mm genau zu arbeiten, kann mit seiner Arbeit zufrieden sein.
LG Gerhard
 

kgb007

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Guter Winkel, gutes Lineal mit Anschlagreiter, scharfes Anreissmesser. Daran sollte man nicht sparen. Wichtiger als ein Exenterschleifer sind gute Hobel mit denen man natürlich üben muss. Ich rede hier vom Bau von Möbeln. Beim Kellerregal muss man das nicht übertreiben.
Meine Säge ist eine alte Frommia. Ich habe mir einen AblängAnschlag mit mmRaster angebaut. Das heisst, nach genauem Justieren schneidet die auch genau in mmSchritten.
Zum genauen Passen von Brettern nutze ich eine Stosslade. So genau bekommt man das mit kaum einer Maschine hin. Schau mal ein paar Videos von Paul Seller. Das ist der beste Vermittler aller basics bei der Arbeit mit Handwerkszeugen.
Wenn man die Zeit hat oder sich nehmen will Holz zu verstehen, sollte man mit Handwerkzeugen beginnen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: das macht auch mehr Spass. Zum Geld verdienen ist das aber nicht geeignet.


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Friederich

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Wenn man schon fertige Teile als Abläng-Schablone benutzt, dann darauf achten, daß man den ganzen Bleistiftstrich wegsägen muss.
Anders als beim sonstigen Anreißen, wo die Kante durch die Strichmitte definiert wird. Man also den halben Strich stehen lässt. (Zumindest es versucht.)
 

Keilzink

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... es sei denn, du verdienst dein Geld mit restaurieren - dann arbeitest du mit dem gleichen Werkzeugen, die bei der Herstellung des zu restauriertenden Stückes verwendet wurden. Und eine handgezinkte Schublade oder ein gezinkter Korpus wird immer verputzt werden müssen, vor allem, weil dabei, wie jemand auch schon geschrieben hat, Überstände mit eingeplant sind.

Heute werden, sobald es um Genauigkeit geht, sofort Maschinen ins Spiel gebracht: je größer / teurer desto genauer. Aber mit gutem handwerklichen Können kann man auch mit "billigeren" Maschinen exakt arbeiten. Viel zu oft wird einem dann gesagt: Dazu brauchst du halt eine wirklich exakte FKS ab soundsoviel K aufwärts. Aber genau so oft stimmt das einfach nicht: Schon vor hundert Jahren kamen sehr schöne und exakt gebaute Möbel auf den Markt, die Leute haben das mit den ihnen zu der Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln geschafft. Ein Beispiel: Mir hat mal jemand aus der Branche erzählt, dass exakte Besäumschnitte halt nur mit einer großen FKS möglich wären - mit Besäumschlitten versteht sich. Aber das stimmt so nicht: Früher wurde das so gemacht, dass die Bohle einen Bleistiftstrich bekam und dann freihand über die TKS geschoben wurde. Für den zweiten Schnitt hat man dann den Parallelanschlag entsprechend eingestellt und daran die zweite Seite geschnitten. Dann wurde der Anschlag minimal enger gestellt, und die freihändig geschnittene Seite nochmal nachgeschnitten. Klappt einwandfrei, mit nur einem Schnitt mehr hat man die teure FKS kompensiert. Oder, wie auch schon angesprochen: Mit der Stoßlade kann man die Ungenauigkeiten einer "billigeren" TKS erstklassig kompensieren. Früher war das eine Selbstverständlichkeit, das so zu machen. Heute werden diese Techniken allerdings nur noch von Amateuren und Restauratoren angewendet.
Es kann sich jetzt jeder selber ausrechnen, wo für ihn die größere handwerkliche Leistung zum tragen kommt: An der FKS von Martin oder an der Gestellsäge, an der Hobelmaschine oder am Handhobel. Exaktes Arbeiten ist so oder so möglich. Kommt halt immer drauf an, was einer drauf hat. Und daran arbeite ich jeden Tag, den ich in der Werkstatt stehe. :emoji_slight_smile:
 

derdad

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... es sei denn, du verdienst dein Geld mit restaurieren - dann arbeitest du mit dem gleichen Werkzeugen, die bei der Herstellung des zu restauriertenden Stückes verwendet wurden. Und eine handgezinkte Schublade oder ein gezinkter Korpus wird immer verputzt werden müssen, vor allem, weil dabei, wie jemand auch schon geschrieben hat, Überstände mit eingeplant sind.

Heute werden, sobald es um Genauigkeit geht, sofort Maschinen ins Spiel gebracht: je größer / teurer desto genauer. Aber mit gutem handwerklichen Können kann man auch mit "billigeren" Maschinen exakt arbeiten. Viel zu oft wird einem dann gesagt: Dazu brauchst du halt eine wirklich exakte FKS ab soundsoviel K aufwärts. Aber genau so oft stimmt das einfach nicht: Schon vor hundert Jahren kamen sehr schöne und exakt gebaute Möbel auf den Markt, die Leute haben das mit den ihnen zu der Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln geschafft. Ein Beispiel: Mir hat mal jemand aus der Branche erzählt, dass exakte Besäumschnitte halt nur mit einer großen FKS möglich wären - mit Besäumschlitten versteht sich. Aber das stimmt so nicht: Früher wurde das so gemacht, dass die Bohle einen Bleistiftstrich bekam und dann freihand über die TKS geschoben wurde. Für den zweiten Schnitt hat man dann den Parallelanschlag entsprechend eingestellt und daran die zweite Seite geschnitten. Dann wurde der Anschlag minimal enger gestellt, und die freihändig geschnittene Seite nochmal nachgeschnitten. Klappt einwandfrei, mit nur einem Schnitt mehr hat man die teure FKS kompensiert. Oder, wie auch schon angesprochen: Mit der Stoßlade kann man die Ungenauigkeiten einer "billigeren" TKS erstklassig kompensieren. Früher war das eine Selbstverständlichkeit, das so zu machen. Heute werden diese Techniken allerdings nur noch von Amateuren und Restauratoren angewendet.
Es kann sich jetzt jeder selber ausrechnen, wo für ihn die größere handwerkliche Leistung zum tragen kommt: An der FKS von Martin oder an der Gestellsäge, an der Hobelmaschine oder am Handhobel. Exaktes Arbeiten ist so oder so möglich. Kommt halt immer drauf an, was einer drauf hat. Und daran arbeite ich jeden Tag, den ich in der Werkstatt stehe. :emoji_slight_smile:

Ich geb dir so weit recht, dass auch früher schöne und gute Möbel gemacht wurden. Doch worum es in diesem Thema geht ist die Genauigkeit der Arbeit. Und da vor allem die Wiederholgenauigkeit.
Bis in die späten 1950er (und noch später) war es sicherlich mehr oder weniger egal ob ein Möbelstück oder auch ein Verbau 5mm Grösser oder kleiner war. Bei Einzelstücken sowieso, und bei Verbauten wurde diese "Spazi" eingeplant. Habe ich selbst oft erlebt, wenn ich in einer Schule alte Möbel umbauen durfte. Als Beispiel: Eine Reihe von 20 Spinden mit je 50cm Breite variierte um beinahe 10mm. Und solche Erlebnisse hatte ich des öfteren.
Heutzutage sind die Vorgaben so, dass ein Abweichen um 1mm vom vorgegebenen Plan schon beinahe eine Katastrophe ist. Und das ist mit deinen angegebenen Methoden wirklich nicht mehr möglich.

LG Gerhard
 

Keilzink

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... deshalb schreib ich ja, dass diese Methoden im professionellen Bereich eigentlich nur noch von Restauratoren angewendet werden. Aber für Amateure stellen sie eine gangbare Lösung dar - jenseits von hohen Ausgaben für Maschinen. Und der Thread läuft ja im Bereich "Neuling fragt Profi".
Soll heissen: wenn man als Amateur überwiegend Handwerkzeug und einfache Maschinen zum Einsatz bringt, bestimmt letztlich das erlangte Können die erreichbare Genauigkeit.
 

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5mm? Bis in die 1950er??
Das halte ich - gelinde gesagt - für Unfug.
Schaut euch Möbel von Röntgen an. 200 Jahre vorher haben die Möbel mit Mechaniken entworfen und gebaut, da kommt es auf Zentel an!
Bei einer Kirchenbank kann man sich 5mm erlauben. Bei einem Sekretär mit Schüben, Türen und aufwendigen Mechaniken nicht.
 

derdad

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5mm? Bis in die 1950er??
Das halte ich - gelinde gesagt - für Unfug.
Schaut euch Möbel von Röntgen an. 200 Jahre vorher haben die Möbel mit Mechaniken entworfen und gebaut, da kommt es auf Zentel an!
Bei einer Kirchenbank kann man sich 5mm erlauben. Bei einem Sekretär mit Schüben, Türen und aufwendigen Mechaniken nicht.

Guten Morgen!
Rainer, ich geb dir Recht. Mit den vielen Mechaniken die unsere Antiquitäten versteckt haben, musste sehr genau gearbeitet werden. Doch ich geh von der Grundfrage dieses Beitrages aus. Wie genau wird gearbeitet OHNE nacharbeiten zu müssen. Für mich ist es Genauigkeit, wenn Teile passen, ohne lange nachpassen zu müssen.
In der Zeit Roentgens wurde der Korpus gemacht, und dann wurden die Türen, die Schübe, etc, hergestellt und eingepasst. Im Prinzip war es egal ob der Korpus um 1cm grösser oder kleiner war als vorgegeben. Die restlichen Teile wurden angefertigt und eingepasst als der Korpus fertig war.
Bei heutigen Gesellen- und Meisterprüfungen nehmen die Prüfer als erstes die Schubladen und prüfen ob diese auch austauschbar sind. Probier dies bei alten Schränken? Es wird dir kaum gelingen.
Ich arbeite selbst im Restaurierbereich und schätze die Arbeit unserer Vorgänger sehr. Doch ich wehre mich immer wenn es heisst, die früheren Tischler haben ja sooo gut gearbeitet. Ja, für Ihre Zeit sicher.
LG Gerhard
 

derdad

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... deshalb schreib ich ja, dass diese Methoden im professionellen Bereich eigentlich nur noch von Restauratoren angewendet werden. Aber für Amateure stellen sie eine gangbare Lösung dar - jenseits von hohen Ausgaben für Maschinen. Und der Thread läuft ja im Bereich "Neuling fragt Profi".
Soll heissen: wenn man als Amateur überwiegend Handwerkzeug und einfache Maschinen zum Einsatz bringt, bestimmt letztlich das erlangte Können die erreichbare Genauigkeit.

Pardon. Hab da wohl etwas missverstanden
LG Gerhard
 

kgb007

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Wenn der Uhrmachermeister die Mechanik fertig hat muss das passen. Alles zueinander. Und klar: ich passe auch jede Tür und jeden Schub an. Gewehrt habe ich mich nur gegen die 5mm.
Zurück zum Fragesteller: Mach so genau wie möglich, die Ansprüche wachsen dann von allein. Es wird schon ein himmelweiter Unterschied, wenn du mit dem Messer und nicht mit dem Bleistift anreisst.


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