Standuhr - nur aus welchem Holz?

Aennie

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Liebes Forum,

nachdem ich in einem Uhren-Forum darauf aufmerksam gemacht wurde, dass keine Schreiner anwesend seien, um meine Fragen zu beantworten, versuche ich es nun hier:

In meinem Wohnzimmer steht eine alte Standuhr, vermutlich um 1900, mit Verzierungen.
Ich vermute, dass es sich bei dem Holz um Kastanie handelt, kann das sein?
Womit wurde es lackiert/behandelt?





Ich bin dankbar für jeden Hinweis!

Liebe Grüße,

Anna
 

Braunesche

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hallo Aennie,

Das sieht eher nach eiche und gebeitztem kiefernholz aus. Die Oberfläche scheint mit Pinsel oder Spritzpistole lackiert zu sein.
 

Unregistriert

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Hallo Ännie,

deine Bilder zeigen ziemlich sicher nur Eiche.

-- veter
 

welaloba

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Hallo, ich sehe da auch Eiche, geschnitzt, massiv und furniert. Lack: Schellack oder Nitrolack (wenn schon mal "überarbeitet")
Gruß Werner
 

edelres

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Standuhr Verzierungen

Hallo Anna,

Die Ornamente, Zierleisten und Saeule sind Eiche, der Korpus (von dem wenig sichtbar ist) ist Weichholz mit Eiche furniert.

Wenn du ein Bild von der ganzen Uhr postest, laesst sich mehr zu dem Alter sagen.

Das Finish ist eine Ballenmattierung, vermutlich auf Nitrozellulosebasis, das war das Standart Finish der Schreiner zwischen 1900 und 1940.

mfg

Ottmar

PS: Meine Eltern liessen 1928 ein Wohnzimmer von einem oertlichen Schreiner einschliesslich Standuhrgehaeuse anfertigen, welches die gleichen aufgesetzten Schnitzereien aufwies, diese und das Uhrwerk bezog der Schreiner von einer Firma aus Schwetzingen.
 

Aennie

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Ich danke euch für die vielen Hinweise!

Hier ein Foto von der ganzen Uhr, vielleicht klappt das mit den Tipps ja wieder so hervorragend =)

 

massa999

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Anhand des Bildes (kleine Auflösung) würde ich meinen so um 1880 herum gemacht.
Der Neobarocke Aufsatz und die Schnecken-Lisenen deuten darauf hin. Aber da fehlen eindeutige Bilder (Innen, Rückwand, Verbindung wo sichtbar, Schrauben o.ä.)

Grüsse, Johann

Schnecken-Lisenen (das ist nicht der korrekte Ausdruck, fällt mir gerade nicht ein):emoji_grin:
 

Aennie

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Hier noch ein paar Bilder, hochgeladen bei einem anderen Anbieter und daher auch etwas größer.

Der Dorf-Uhrmacher um die Ecke sagte mir eben, er würde das Herstellungsjahr auf 1920 schätzen. Allerdings weiß ich nicht, ob er wirklich Ahnung davon hat oder nur freundlich sein wollte =)









 

massa999

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Also die Bilder sind zwar schon grösser, aber ein paar Detailbilder (geschwungener Kopf , Drechselarbeit usw.) wären hilfreich zur besseren Einschätzung. Vielleicht ist das Uhrwerk 1920, da kenne ich mich nicht so aus. Die Holzarbeit, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die 1920 sein sollte.

Grüsse, Johann
 

Aennie

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Hey Massa,

es ist mir etwas peinlich, aber was genau meinst du mit den Detailbildern?
Im ersten Post habe ich schon den Kopf und die Vorderverziehrungen gezeigt, sehr viel mehr bietet die Uhr doch auch nicht, oder?

Es tut mir leid, ich bin blutige Anfängerin =)
 

Aennie

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Entschuldigung für den Doppelpost und Entschuldigung fürs Überlesen der "Schnecken-Lisenen" =)

Hier ein Bild vom Kopf um Draufklicken:

 

yoghurt

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Hallo,
Wobei Braunesche Recht hat: Unten auf dem 2. Bild des Eingangsposts sieht man sehr deutlich gebeizte Kiefer.
Gruß

Heiko
 

massa999

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Hy Aennie

Nee du kannst nix dafür, ich meinte nur etwas detailgenauere Bilder. Das letzte Bild jetzt ist schon ganz gut. Also, wenn ich nicht ganz gaga bin, ist das sicher so um 1870-1880 hergestellt worden. Ist ganz schöner Neo-Barock (so ab Biedermeier bis Jugendstil gabs den sog. Historizismus, da gabs sogar Neo-Gotik, bis rauf zum Pfeiferl-Barock mit den lieben kleinen Putten usw.) Dein Uhrkorpus ist auf der einen Seiten Neu-Barock, mit ein wenig Makart-Stil. Die Schnitzereien deuten auch darauf. In den 1920 Jahren waren ganz andere Dinge EnVogue. Die von mir getauften Schnecken-Lisenen , da ich einfach nimmer weiss wie die Dingens richtig heissen. @DerDad-du weisst das sicher, post mal. Die deuten volle auf Markart-Stil.

Also von den Bildern zeigt sich mir das. Man müsste halt noch so Sachen wie Schrauben usw. sehen.

Nur mit Bildern ist das eher schwierig, aber ganz daneben lieg ich glaub ich nicht.
 

massa999

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Nochmal Hy

Wie Welaloba schrieb. Da ist Eiche (in den Schnitzereien, Lisenen, im Kopf) der Korpus ist ziemlich sicher bloss ne Fichte oder auch ne Föhre. Kiefer denke ich eher nicht, da die früher nicht so gut zu beizen/färben war wie heute (durch das Harz)

Egal, das ist n wunderschönes Teil, wie es scheint komplett und nicht beschädigt.
Gib acht drauf, und vererbe es deinen Enkeln mal.

Grüsse, Johann
 

Frankenholzwurm

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Spalt
oder auch ne Föhre. Kiefer denke ich eher nicht

Mal kurz OT

Bei uns hier in der Ecke werden Kiefern umgangssprachlich Föhren genannt.

Sind also Bezeichnungen für den selben Baum.

Oder liege ich da falsch?

In irgend einem meiner Fachbücher steht auch "Kiefer, früher auch Föhre genannt....."
 

massa999

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Echt ??

Bei uns sind Kiefern eher in den Bergregionen ähnlich den Lärchen gemeint. Schon arg die Unterschiede. Anyway, Kiefer hat einfach mehr Harz und deshalb glaub ich halt nicht an diese. (in dem Uhrkorpus):emoji_wink:

Grüsse, Johann
 

welaloba

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Welche Fragen, welche Antworten??

Hallo Leute, ich habe den Eindruck, dass diese Reihe völlig aus dem Ruder läuft. Ottmar hat erschöpfende und vollständige Antwort und Auskunft gegeben. Ich frage mich, was hier noch zu spekulieren ist über Fichte, Lärche, Tanne, Föhre, 1880 usw. usf.
Was wollte Ännie eigentlich wissen, war das so klar?
Verwirrt; Werner

Liebes Forum,

keine Schreiner anwesend seien, um meine Fragen zu beantworten, versuche ich es nun hier:

In meinem Wohnzimmer steht eine alte Standuhr, vermutlich um 1900, mit Verzierungen.
Ich vermute, dass es sich bei dem Holz um Kastanie handelt, kann das sein?
Womit wurde es lackiert/behandelt?


Ich bin dankbar für jeden Hinweis!

Liebe Grüße,

Anna
 

edelres

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Standuhr

Hallo Anna & Forumsfreunde,

Zum Alter der Uhr, von aussen gesehen sieht die Uhr aus wie ca 1880. Die Innenseite laesst die Uhr mehr um 1920 erscheinen.

Der Korpus ist in der fuer die nach dem ersten Weltkrieg aufgekommenen Schreiner-Technik gefertigt. Die auf Rahmen gearbeitete Rueckseite mit einseitig furniertem Holz als Fuellung, ist typisch fuer die 20/30ger Jahre. Ein Zeichen dafuer ist die neben dem Pendel/Gewichten auf der rechten Seite zu sehende senkrechte Woelbung/Riss, sowie der Riss, oben links neben dem Zifferblatt.

Das Uhrwerk bzw was davon zu sehen ist ist typisch fuer die gleiche Zeit. Der Gusseiserne Halter der Gongstaebe, mit einem Feststeller fuer die Staebe und besonders die Zeiger, als auch die gestanzten Aufhaenger der Gewichte deuten auf die Zwanzig/dreissiger Jahre.

Die gefraessten Leisten zum Eeinschieben des Werkes gab in Uhren vor 1900 nicht.

Die vier Schnitzereien um das Zifferblatt, als auch die anderen aufgesetzten Schnitzereien einschliesslich der gewendelten Saeulen sind Teile welche in den 20/30iger Jahren als Fertigprodukte von Schreinerzubehoer Firmen angeboten wurden. Neben bei bemerkt, sind die Schnitzereien in sehr guter Handwerksarbeit gefertigt.

Ich finde die Aussage des Uhrmachers sehr genau, aus meinem Bauchgefuehl ist die Uhr um 1920 -10+20 Jahren entstanden.

Die Ausfuehrung der Uhr zeigt, dass diese zur Zeit der Fertigung zu einer Wohnzimmereinrichtung von Moebeln der Extraklasse gehoerte.

Die Ganggenauigkeit einer solchen Uhr kann ± 1 Minute/Woche justiert werden, vorausgesetzt die Temperaturschwankungen sind nicht zu gross.

Zusammenfassend gratuliere ich dir zu der schoenen und auch von der Substanz her wertvollen Uhr.

Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar
 

Aennie

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Wow,

ich danke euch allen von Herzen! Ihr habt mir wirklich sehr weiter geholfen!

Welaloba, du hast recht, eingangs fragte ich lediglich nach der Holzart. Allerdings bin ich auch über jeden anderen Tipp bezüglich Alter, Herkunft und Wesen dieser Uhr glücklich.

Um das ganze mal aufzuklären: Ich muss für mein Studium (Innenarchitektur) eine Analyse anfertigen. Ich habe mich unter anderem für diese Uhr als Thema entschieden, ohne großartig darüber nachzudenken, ob ich genügend Informationen besitze.
Da die Analyse vor allem zeichnerisch angefertigt werden soll, war das nicht so ein großes Problem, allerdings will ich im Textteil nicht mit Halbwissen glänzen. Außerdem hat diese alte Uhr irgendwie schon mein Interesse geweckt =)

Ist dieser Stilmix denn normal? Ich meine, die Uhr hat diese floralen Schnitzereien des Jugendstils, die gedrehten Säulen der Gründerzeit und dazu die ionischen Säulenkapitelle des antiken Roms?

Und ja, ich werde diese Uhr in Ehren halten, wobei es wahrscheinlich noch ein wenig dauern wird, bis sie bei meinen Enkelkindern im Wohnzimmer stehen kann =)

Danke!
 

massa999

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Hallo Anna & Forumsfreunde,

Zum Alter der Uhr, von aussen gesehen sieht die Uhr aus wie ca 1880. Die Innenseite laesst die Uhr mehr um 1920 erscheinen.

Die vier Schnitzereien um das Zifferblatt, als auch die anderen aufgesetzten Schnitzereien einschliesslich der gewendelten Saeulen sind Teile welche in den 20/30iger Jahren als Fertigprodukte von Schreinerzubehoer Firmen angeboten wurden. Neben bei bemerkt, sind die Schnitzereien in sehr guter Handwerksarbeit gefertigt.

Deine Einschätzung in aller Ehren, woher hast du die Quelle für die gewendelten Säulen als Zubehör????? Ich habe dieses noch nicht so gehört/gelesen. Verstehe mich nicht falsch, ich will das gar nicht dementieren, nur so mir nicht bekannt. Habe vor Zeiten sowas restauriert (echt auf Drechselbank) , da wäre mir das schon sehr zupass gewesen. Wenn auch nur als Idee/Skizze/Zeichnung in nem alten Katalog.

Grüsse, Johann
 

Mitglied 30872

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Hallo,
ja, Föhre und Kiefer ist das Gleiche. Das sind eher Regionalbezeichnungen, die das Gleiche meinen.
Grüße
Stefan
 

edelres

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Zubehoer-Kataloge

Hallo Johann,

meine Quellen, waren Kataloge von ca 1880 bis 1940. Schaetzen wende ich bei Daten von Zeitraeumen an, sonst halte ich mich an Fakten
.
Ein Schreiner welcher in dieser Zeitspanne Moebel herstellte war kaum in der Lage solche Verzierungen auszufuehren. Auch die maschinelle Ausruestung einer Schreinerei ca 3 Mannbetrieb war minimal zu den heutigen Verhaeltnissen.

Das Angebot reichte von Stuhl- Tischbeinen, Saeulen in Durchmessern bis ca 20 cm, in kaum zu beschreibenden Formen, Kulissen fuer Ausziehtische, englische Zuege, Geschnitzte Fuellungen, florale, jagdliche oder Motiven aus der Natur. Das gleiche galt fuer die geschnitzten Verzierungen. Zierleisten usw.

Um es kurz zu machen alles was der Schreiner nicht mit Hobel, Saege oder Stecheisen herstellen konnte, wurde als Halbzeug vom Zubehoerhandel angeboten. In den dreissiger Jahren schloss dies auch fertige Moebel im Rohzustand ein.

Ich versuche herauszufinden, wie ein Gegenstand gefertigt wurde, dabei stiess ich zuweilen auf Abbildungen oder Beschreibungen von Maschinen. Serienteile aus Holz und Metall wurden auf nocken gesteuerten Maschinen schon ca 1880 gefertigt. Ich bestaune den Erfindergeist der Maschinenbauer dieser Jahre. Automatische Steuerungen welche dreidimensionale Bearbeitungen ausfuehrten gab es schon vor 1900.

Ich haenge einige Bilder aus Katalogen von den verschiedensten Zeiten an.

Bild1-3.jpg


Bild2-2.jpg
, nicht mein Geschmack

Bild3-2.jpg
, Zwischen 1880 - 1930

Ornament2.jpg
,
Ornament8.jpg
, um 1930

Passigdrehbank-1.jpg
, Maschine fuer Einzelanfertigungen


Maschine2aa.jpg



Maschine1a.jpg





Maschine3a.jpg


Die Abbildung stammt aus einem Lexikon der Jahrhundertwende

Die Patentschriften geben eine genauere Moeglichkeit, das Alter eines Moebels herauszufinden.

Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar

PS: Die meisten Kataloge stammten Von Grosshaendlern in Berlin. Das Buergertum von Berlin, besass zwischen 1870 bis 1914 die Kaufkraft, Moebel mit solchen Verzierungen erwerben zu koennen.

Ueber die Verhaeltnisse in Oesterreich, habe ich geringes Wissen, hauptsaechlich von Wien.
 

massa999

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@edelres

Danke für die Bilder, sowas hätte mir damals sehr geholfen.:rolleyes:

Tja, dann kann ich nur sagen "mea culpa, mea culpa maxima"

Grüsse, Johann
 

edelres

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Gewendelte Saeulen

Hallo Johann,

ich sehe keinen Grund fuer ein mea culpa.

Falls es dich interessiert, ich habe eine Anleitung in english, wie man solche gewendelten Teile herstellt. (haette mir vor 40 Jahren auch sehr geholfen)

Die gewendelt Teile wurden/werden als "Flaemisch" - gewendelt oder gedreht bezeichnet.

Mit freundlichen Gruessen nach felix Austria

Ottmar
 
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