Hallo
Die Aussage von
@Michel1984 ist pauschal so nicht allgemeingültig. Wenn es um eine reine Möbeltischlerei geht, bin ich auch der Meinung dass es wichtigeres gibt als einen Vierseiter. In jedem anderen Fall holst du damit aber
soviel Zeitersparnis rein wie sonst mit fast keiner anderen Maschine. Und da spreche ich aus Erfahrung, wir haben einen etwas älteren italienischen Vierseiter mit 120 x 220mm Hobelkapazität, der läuft täglich mehrmals... Und wir sind ein Kleinbetrieb mit 5 Schreinern, und machen hauptsächlich Möbel, Türen und Innenausbau.
Wenn die Arbeiten nur schon ein klein wenig in Richtung Innenausbau gehen, sind damit enorme Zeitersparnisse möglich. Simsen, Leisten, Türschwellen, Bekleidungen, etc... Einstellzeit ist (zumindest bei unserem Modell) so gut wie keine, jede Hobeldimension ist in unter 30 Sekunden eingestellt. Für Breiten über 100mm kann man noch die Doppelrollen montieren, das dauert dann ca. 45 Sekunden. Also absolut im erträglichen Rahmen. Mindestlänge für Werkstücke ist bei unserem nur 60cm, das macht die Maschine sehr vielseitig nutzbar...
Haupteinsatzgebiet für so eine Maschine ist natürlich eher Weichholz, da hat man in der Regel auch keine stark verdrehten oder krumme Bretter. Wir hier in der ländlichen Gegend arbeiten im Innenausbau sowieso meist mit Fichte oder Lärche... Aber auch wenn man schönes Laubholz wie Pollmeier hat, ist jede Hobelarbeit (sofern es die Arbeitsbreite erlaubt) mit dem Vierseiter mindestens so präzise wie von Hand (tw. eher sogar noch besser). Zudem hobelt man damit auch ganz easy Latten, Kanthölzer und Bretter bis 5m Länge. Und bei Längen über 3m kann auch auf einer klassischen ADH niemand wirklich abrichten und absolut gerade fügen. Stark verdrehte Teile kommen aber beim Vierseiter meist auch wieder verdreht raus. Aber bei normalen Werkstücken (z.B. Türbekleidungen, Fenstersimsen, Handläufe, o.Ä) hobelt ein gut eingestellter Vierseiter absolut perfekt. Das kriegt man auf der ADH keinesfalls besser hin. Wo es nicht gut funktioniert ist bei dünnen Teile, da drücken die Anpressrollen das Teil während dem hobeln gerade, und später ist es wieder krumm. Aber prinzipiell ist es so, Werkteile, welche die Maschine gerade drücken kann, sind auch sonst sehr flexibel. Die werden auch auf der Abrichte vom Bediener nur gerade gedrückt und bleiben eigentlich krumm.
Aber auch für die Leimholzherstellung im grösseren Umfang ist ein Vierseiter gut brauchbar. Wir haben z.B. letztes Jahr für einen Altersheim-Neubau ca. 100 Bankplatten und Innenleibungen für Fenster in Fichte Leimholz astfrei ausgeführt. Vorgabe war Leimholz aus eigener Produktion, Lamellen mit fallenden Breiten. Das hat dann folgendermassen funktioniert: Die 2200mm langen Lamellen habe ich mit dem Vierseiter auf drei Seiten gehobelt, der "Auf-Breite"-Hobelkopf war dabei ausser Betrieb, dazu einfach auf max. Breite eingestellt. Die Walzen ziehen das Holz trotzdem schön gegen die Fügewelle. So konnten wir die 5 Kubikmeter Fichte innert 2 Stunden dreiseitig aushobeln. Die vierte Seite dann noch an der Fräse gefügt, und schon war das komplette Holz ausgehobelt. Von Hand hätte man mindestens die 5-fache Zeit benötigt, von da her stimmt die Aussage im letzten Beitrag schon überhaupt nicht. Und 100 Stk. Leimholzplatten à 2200x600mm herstellen ist jetzt nichts was so abnormal ist, dass es in einer normalen Schreinerei nie vorkommt. Und von Industrie ist sowas noch weit weg. Zudem hat man die Möglichkeit plötzlich Arbeiten anzubieten, die man vorher nie im eigenen Betrieb gemacht hätte. Einen Kubikmeter 60/60 Latten hat man da in einer Viertelstunde durchgejagt. Sobald die Aufträge etwas Leisten, Latten oder Balkenähnliches enthalten, ist der Vierseiter unverzichtbar.
Aber auch wenn es nur darum geht, bspw. 5 Bretter herrichten 2500x150x35mm. Klassisch braucht man dabei mindestens 5 Minuten zum Abrichten/Fügen, und nochmals 3 Minuten zum Dickenhobeln. Also 8 Minuten. Mit dem Vierseiter geht sowas in 2 Minuten. Eine Minute einstellen und eine Minute Hobeln, fertig. Von "allerseltensten Fällen" würde ich also nicht sprechen... Und solche Arbeiten hat man meist ja mehrmals täglich. so amortisiert sich das in wenigen Jahren. Und bei der hohen Lebensdauer dieser Maschinen (im Handwerk kann man davon ausgehen dass so ein kleiner Vierseiter locker 30 - 40 Jahre überlebt) ist das eine absolut gewinnbringende Maschine.
Gebrauchte Vierseiter bekommt man zudem oft sehr günstig, Stellfläche braucht so ein Ding auch nicht mehr als eine lange Abrichte. Einziges Problem ist in manchen Betrieben der enorme Absaugbedarf und der 63-Ampere Anschluss, den die meisten Maschinen brauchen. Wenn das alles passt, würde ich IMMER einen Vierseiter kaufen. Leider habe ich in meiner zukünftigen, eigenen Firma den Platz dafür nicht. Und ich vermisse die Maschine jetzt schon...
Helfende Grüsse David