Schöne Ellipsenbögen - frei nach Archimedes

Batucada

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Was haben nun diese Ellipsenbögen mit Archimedes zu tun? So genau weiß ich das auch nicht, selbst die Historiker sind sich da nicht sicher. Aber die Mechanik, mit der man solche Ellipsen "beschreiben" kann, wird auf die Zeit um Archimedes zurückgeführt. In Wikipedia gibt's eine wunderbare Animation zu dieser Maschine. Ja, es ist eine Maschine und eine erste Vorstellung davon bekam ich etwa vor 50..60 Jahren.

Vor gut 3 Jahren sollte es nun ein Bettchen für Enkel Oskar werden. Stokke aus Norwegen hat so ein schönes Teil im Programm, das habe ich nachgebaut. Und weil es ein Nachbau ist, habe ich das Kinderbettchen nie als Projekt veröffentlicht, es ist ja nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, hin und wieder mal ein Foto und das war's dann auch.

Gestern bekam ich wieder einen alten Bekannten zu Gesicht. Und zack, da erinnerte ich mich an die alten Fotos. Für das Kinderbettchen mussten 8 Ellipsenbögen hergestellt werden. Die sollten durch Formverleimung entstehen. Dafür wurde eine elliptische Form benötigt. Da war doch dieser Ellipsenzirkel...

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Meine Vorliebe für Reste von Küchenarbeitsplatten aus dem Baumarkt ist vielleicht bekannt. Für die Herstellung der Form war jetzt so ein Ellipsenzirkel angesagt. Bonfortionös? Nee, muss nicht sein, wie oft wird so ein Zirkel benötigt? Bei war's genau 1 mal vor etwa 3 Jahren. Und vor wenigen Monaten habe ich dieses Teil zerlegt, um die Materialien gelegentlich wieder zu verwenden.

Wenn man sich das Teil in Wikipedia anschaut, kommt man sehr schnell auf den Punkt, worauf es ankommt. Ich habe hier Alu-Rohrprofile verwendet, die gab's seinerzeit bei mir um die Ecke zu einem Spottpreis. Na ja, das Alu-Flachprofil ist auch nicht die Welt. Und das Rundmaterial wurde auch nicht wirklich für diesen Zweck bestellt und geopfert. Und es hat funktioniert. Und das Wichtigste: Der ganze Aufbau hat vielleicht gerade mal 1 Stunde gedauert.

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Ich hab' mal 4 Bilder zusammengeschnitten:
  • Dopplung der Form, die wurde später auf dem Frästisch mit einem Bündigfräser egalisiert.
  • Bohrungen zum Ansetzen der Zwingen
  • ein erster trockener Versuch mit 1 Lamelle
  • Hilfseinrichtungen zur Ausrichtung des Bündels, weil's später schnell gehen soll.

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Noch ein paar trockene Versuche, bei denen ich viel gelernt habe. Vor allem habe ich gelernt, dass man die Kräfte, die man während der Verleimung bewältigen muss, nicht unterschätzen sollte. Aus diesen Erkenntnissen heraus, habe ich die Umgebung der Form entsprechend verändert, um diese Kräfte überhaupt beherrschen zu können. Es wäre vielleicht einfacher, wenn man den Vorgang der Formverleimung zu zweit bewältigen könnte. Trotzdem bleibt die Vorbereitung der aufwendigste Akt. Die beiden letzten Bilder zeigen kaum einen Unterschied - wenn man von den Zwingen absieht. Das ist eben ein Teil einer Lernphase, den man durchlaufen muss. Ich habe die Zwingen präpariert, um die Zwingen später mit dem Akkuschrauber spannen zu können.

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Ein Kabelbinder tut's zur Not auch, wenn man keine dritten oder vierten Hände hat.

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Das ist mal ein "echter" Versuch. Man beachte die zusätzlichen Niederhalter, die sich als absolut notwendig erwiesen haben. Bei den "trockenen" Versuchen ist die Reibung der Lamellen noch so groß, dass eine Verschiebung der Lamellen in der Höhe einfach nicht stattfindet. Diese Reibung gibt es während der Verleimung mit PU praktisch nicht mehr, dann gewinnen die im Holz innenwohnenden Kräfte, die muss man bändigen.

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8 schöne Ellipsenbögen - noch fast im Rohzustand. Gerade mal das Profil des Querschnitts getrimmt, geschliffen und die Kanten leicht gerundet.

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Das ist dann schon der fast endliche Bearbeitungszustand der Ellipsenbögen.

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Ein fertiges Element des Kinderbettchens. Mit 4 solchen Elementen gibt es das Bettchen in der Grundversion, das sich dann später leicht erweitern lässt. Enkel Oskar schläft mittlerweile schon in der maximalen Version, die bis zum Alter von 10..12 Jahren geeignet ist.

Von dem Kinderbett möchte ich eigentlich nicht mehr zeigen, da es nur ein Nachbau ist. Zeigen wollte ich hier zwei Dinge, die sich auf eine Ellipse beziehen: Wie man sie fräsen kann, ohne auf eine aufwendige Konstruktion zurückgreifen zu müssen. Und wie man über eine Formverleimung zu den Bögen kommt.

Batucada
 

damadi

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Habe soetewas selbst noch nie probiert, konnte mich immer mit Alternativen drücken :emoji_slight_smile: Hast du die Leisten zuvor mir Dampf behandelt oder einfach so gebogen? Wieviel stellt sich das denn nach dem Trockenen wieder zurück?

Gruß,

Markus
 

Batucada

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@damadi ,
nein, da wird nichts mit Dampf behandelt. So wie die Leisten aus der Dickte kommen, werden sie verwendet. Wichtig ist, so erschien es mir jedenfalls, dass man die Dicke der Leisten der zu erwartenden Gesamtdicke entsprechend hobelt, ich hab' die Dicke des fertigen Teils nach der Formverleimung NICHT mehr bearbeitet, außer schleifen. Es tritt jedenfalls nur eine kleine Rückstellung auf, bei diesem Projekt waren es in x/y-Richtung jeweil 2..3 mm. Ich hatte das bei meinem Projekt einkalkukiert und die Form dem entsprechend angepasst. Insgesamt sollte man mit einem Fehlversuch rechnen. Den hatte ich eingeplant, weil es auch für mich Neuland war. Wichtig ist, die Vorbereitung in jeglicher Richtung zu betreiben. Den PU-Leim habe ich Lamelle für Lamelle aufgetragen, so dass die Leimseiten nie lange offen gelegen sind, damit die Reaktion ausschließlich über die natürliche Feuchtigkeit des Holzes erfolgt.

Batucada
 

Altersrentner

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Hallo Batucada,
Sehr schönes Projekt.
Saubere Arbeit!
Was hast Du an den Enden Deiner Zwingen für Gewindestäbe?
Mit freundlichen Grüßen
Michael
 

Batucada

ww-robinie
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Sehr schönes Projekt.
Saubere Arbeit!
Danke für die Blumen.
Aber darum ging es eigentlich nicht.

Ich wollte überhaupt den Hinweis darauf geben, dass es auch mit einfachsten Mitteln möglich sein kann, ein formschöne Ellipse zu fräsen. Der von mir gezeigte primitive Zirkel funktioniert sicher und ohne stocken. Wer auch immer dieses Prinzip vor mehr als 2000 Jahren entdeckt und dokumentiert hat, ihm gebührt der Dank. Und man kann den Zirkel mit allen möglichen und unmöglichen Materialien erstellen, ohne dass es einer großen Vorbereitung bedarf - er ist weder kosten- noch materialintensiv.

Die Manipulation meiner Zwingen ergab sich aus dem Antrieb, das Spannen der Zwingen mittels eines Akkuschraubers zu unterstützen. Der Viertelkreis der Ellipse nimmt immerhin die Grundfläche von 415 x 325 mm ein, bei der geringen Grundfläche kommen die Zwingen ziemlich dicht zu sitzen. Und ich habe es bevorzugt, die Ellipse beginnend mit der stärksten Krümmung zu formen, da hier noch der längere Hebelarm vorhanden ist. Die Zwingen auf dem ersten Teilstück der Krümmung müssen besonders sorgfältig angezogen werden. Da ist der benötigte Kraftauwand am höchsten, was auch den meisten Zeitbedarf einnimmt. Das Zeitfenster ist aber endlich und verzeiht zum Schluss keine Überschreitung. Der Kraftaufwand beim auslaufenden Ende der Ellipse ist schon fast vernachlässigbar, wenn man den benötigten Gegendruck gegen das Aufschäumen des PU-Leims nicht doch noch aufbringen müsste.

Batucada
 

ChrisOL

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Jetzt weiß ich was du gemeint hast, als du geschrieben hast du gehst mal Bilder suchen.

Schönes Teil, wobei mit deiner Vorrichtung gehen nur Halb oder Viertelkreise :emoji_wink:
 

Batucada

ww-robinie
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Schönes Teil, wobei mit deiner Vorrichtung gehen nur Halb oder Viertelkreise :emoji_wink:
Zur Formverleimung vielleicht.

Aber zum Fräsen? Nöö, es gibt keine Einschränkungen, das Prinzip gilt für den vollen Umfang eine kompletten Ellipse. Ich hab' es lediglich für nur einen Viertelkreis aufgebaut. Für Deine Tischplatte hättest Du 8 Leisten benötigt, die Du auf der Rückseite der Platte hättest anbringen können - und schon wäre es gegangen. Das faszinierende an dem Zirkel ist, das es ausschaut wie Hexerei, aber frappierend einfach zu bewerkstelligen ist.

Batucada
 
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