Ratsuchend

ww-nussbaum
Registriert
27. Oktober 2012
Beiträge
84
Hallo Holzwerker,

ich habe sehr günstig eine originale Biedermeierkommode aus massiver Kirsche erstanden und möchte diese restaurieren. Bin diesbezüglich auch nicht ganz unerfahren, habe schon Stühle, einen Schrank, einen Tisch u.ä. restauriert.

Auf den Bildern nicht ersichtlich, ist die Kommode bis auf den Riss in einem ganz passablen Zustand, die Laden sind bis auf geringen Holzwurmbefall sehr gut in Schuss, die Beschläge noch original. Leider habe ich die Kommode nicht direkt nach dem Kauf/vor dem Zerlegen fotografiert.

Die Kommode hat sowohl auf der Oberseite, als auf einem Seitenteil diesen massiven Riss, den ich beheben muss.

Vielleicht kann mir jemand Tipps geben wie ich vorgehen soll:

Variante 1: Kommode komplett zerlegen, die Platten miteinander verleimen und alles zusammensetzen. War mein ursprünglicher Plan - aber leider sind die Schwalbenschwänze teilweise verleimt. Ein komplettes Zerlegen erscheint mir ohne gröbere Zerstörungen unmöglich.

Variante 2: Kommode nicht weiter zerlegen und direkt miteinander verleimen. Unmöglich da hier zuviel Spannung ist. Es wird unvermeidlich zu einem neuen Riss kommen.

Variante 3: Riss einfach verkitten. Kitt aus Schleifstaub und Knochenleim. Ist aber unschön.

Variante 4: Riss ausfräsen und ein passendes Stück Kirschbaum einsetzen. Momentan meine präferierte Variante.

Variante 5: Riss irgendwie verkitten und die Seitenteile, sowie das Oberteil komplett neu furnieren. Ich habe ausreichend Sägefurnier, um die gesamte Kommode neu zu furnieren. Der Verkäufer der Kommode (selber Tischler) hatte vor die gesamte Kommode neu zu furnieren und dabei das Furnierbild um 90 Grad zu drehen. Erscheint mir bei einer Massivholzkommode aber irgendwie komisch - Kirschbaumfurnier auf massive Kirsche zu leimen, ist doch nicht notwendig.

Ich würde mich über fachkundige Antworten sehr freuen!

LG
Gerhard
 

Anhänge

  • IMG_20200501_203441641.jpg
    IMG_20200501_203441641.jpg
    171,2 KB · Aufrufe: 96
  • Kommode_gesamt.jpg
    Kommode_gesamt.jpg
    175,6 KB · Aufrufe: 92
  • Kommode_Spalt.jpg
    Kommode_Spalt.jpg
    134,9 KB · Aufrufe: 92
  • Kommode_Spalt2.jpg
    Kommode_Spalt2.jpg
    123,2 KB · Aufrufe: 89

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Seitenflächen reißen meist, weil die Schienen für die Laden vorn und hinten anstoßen;
diese erst kürzen, dann mit Anschlag per Handkreissäge den Riss durchgängig machen und mit passendem Streifen Massivholz füllen.
Dabei Zwingen setzen. Trockenprobe machen. Wenn du nur sägst und verleimst, kann es dir passieren, dass die Laden in der Tiefe nicht mehr passen. Wenn deine Ergänzstreifen gut passen, vor dem Einleimen Oberfläche aufbringen - allerdings sehe ich jetzt im Foto Spalt 2 schwere Schabspuren, also muss hier eh neue Oberfläche drauf.
Ansonsten: Zerlegen bringt Flurschaden, sei froh, dass die Zinken halten.
Die ordentliche Variante zum Abschluss: ohne Sägen einen passenden "Span" herstellen und spannungsfrei einleimen.
Viel Erfolg und ein schönes Wochenende wünscht
Werner
 

Holzsinn

ww-robinie
Registriert
7. Mai 2012
Beiträge
923
Ort
Vaterstetten
Die ordentliche Variante zum Abschluss:emoji_open_mouth:hne Sägen einen passenden "Span" herstellen und spannungsfrei einleimen.

Wie Werner schon sagt, würde ich auch ohne Sägen ausspänen. Es schadet nicht, vorher die Risswände zu säubern von evtl. anhaftenden Splittern. Das mach ich immer so und es funktioniert meist recht gut.

Viel Erfolg!
Melanie
www.holz-sinn.de
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Dazu fällt mir ein, was ich neulich von einem italienischen Instrumentenbauer gesehen habe: Er nahm dünne Späne, wässerte die und .... drehte sie durch eine Spaghettimaschine!
So komprimiert kamen sie mit Knochenleim in den Spalt und füllten ihn am Ende komplett aus.
Vielleicht nicht für diesen Fall geeignet, aber interessant allemal.

Gruß

Michael
 

Ratsuchend

ww-nussbaum
Registriert
27. Oktober 2012
Beiträge
84
Vielen Dank für die Antworten!

Ich werde es mit der ordentlichen Variante probieren! Wird wohl nicht ganz einfach werden, aber sollte es misslingen, kann ich immer noch sägen.
Die Schienen mit den Laden dürften überhaupt zu stramm sitzen - zwei habe ich ohne Probleme entfernen können, die anderen zwei sitzen bombenfest. Werde sie kürzen und die zwei festsitzenden Schienen dann ganz leicht nachhobeln.
Die Oberfläche der Kommode muss man sowieso neu aufbauen, da der Lack (vermutlich alter Schellack + Nitro) schon an einigen Stellen abplatzt, auch ist die Oberfläche teilweise sehr ausgebleicht.

Bezüglich der ordentlichen Variante habe ich aber noch eine Frage. Kann ich das auch mit Furnier machen? Also zuerst ein Stück Furnier passend hobeln und durchgängig einleimen. Den Rest dann mit einem zweiten Furnierstück (auch passend gehobelt) ausfüllen. Mit zwei Stück sollte sich das oben ausgehen. An der Seitenwand eventuell ein drittes.
Mit einem durchgängigen Span bekomme ich diese Risse niemals hin, der Riss dreht und windet sich, wie er will.

LG
Gerhard
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
So komprimiert kamen sie mit Knochenleim in den Spalt und füllten ihn am Ende komplett aus.
Michael
Sehr witzig, lieber Michael!
Wie wäre es mit einem Fleischwolf für Holzpaste? Ich hätte dem Instrumentenbauer auch einen Sack Sägespäne aus der Absauge abzugeben...
Grinsende Grüße -
Werner
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Ich würde auf jeden Fall auf der Sichtseite / außen möglichst ein Stück verarbeiten, wenn mehrere Furniere einen Riss füllen, kann das blöd aussehen. Du kannst immer noch von der Innenseite her Furniere einleimen. (KEIN WEISSLEIM!!!!)
Die Schienen, wenns geht, nicht rausnehmen, die sollen stramm sitzen, absägen geht mit etwas Mühe undeiner kleinen Japansäge auch so.
 

Ratsuchend

ww-nussbaum
Registriert
27. Oktober 2012
Beiträge
84
Vielen Dank für Deine Ratschläge, Werner!

Leider habe ich in meiner Werkstatt gar kein passend langes Stück Kirschbaum gefunden, um diesen Span herzustellen ... Ich besuche normalerweise durchgehend einen Kurs zu Möbelrestauration, wir haben dort einen erfahrenen Tischlermeister, den ich immer um Rat fragen kann, eine Werkstatt mit allen Maschinen und eine große Restekiste mit verschiedensten Hölzern. Seit Corona leider nicht mehr ...
Jetzt bin ich auf meine eigene kleine Kellerwerkstatt angewiesen, nicht schlecht ausgestattet, aber wenig Platz und noch kleinerer Restekiste.

Wäre es ein schlimmer Frevel, wenn ich die Risse einfach auskitte, anschließend mit Fräse und Führungsschiene drüberfahre, 2 mm abnehme, um dann einen Streifen von meinem Sägefurnier einlzueimen (mit Knochenleim). Optisch ist sowas fast nicht zu erkennen habe auch jede Menge Furnier in meiner Werkstatt und kann eines mit passender Maserung raussuchen.

LG
Gerhard
 

Hondo6566

ww-robinie
Registriert
27. April 2017
Beiträge
3.821
Ort
Ortenaukreis
Hallo,
wenn du in deinem Profil angibst aus welche Ecke der Welt du kommst, findet sich vieleicht ein Forenkollege der dir mit etwas Kirschbaum aushelfen könnte. Ich würde das nicht auskitten, das wird nicht gut aussehen. Profis können das, die arbeiten mit speziellen Stiften die z.B. Maserungen nachzeichnen, oder auch passend einfärben so dass man zum Schluss kein Unterschied sieht.
 

kgb007

ww-robinie
Registriert
23. April 2014
Beiträge
747
Alter
64
Ort
Potsdam
Die 6. Variante ist hier anzufügen: den Riss stehen lassen. Kitt sollte vollständig ausfallen, weil er wird nach einigen Perioden des Schwindens und Quellens - Achtung Wortspiel - wieder herausfallen.
Wenn kein Kirschbaum zur Verfügung ist, würde ich warten. Sonst halbwegs genaue Maße nehmen und hier fragen. Vielleicht sägt Dir das jemand gegen einen Obolus zu.
 

Friederich

ww-robinie
Registriert
14. Dezember 2014
Beiträge
7.471
Wenn der Riss durch sperrende Leisten entstanden ist,
sollte man ihn dann nicht einfach ,nach Entfernen dieser Leisten,wieder zusammenzwingen können?
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Das geht in der Tat bei zB durchgehenden Rissen in Seitenwänden.
Auf null laufende Risse sollten eher ausgespänt werden.
Gruß W.
 

kgb007

ww-robinie
Registriert
23. April 2014
Beiträge
747
Alter
64
Ort
Potsdam
Und, wie schon gesagt, ist die Länge der Schübe zu beachten. Die schrumpfen ja nicht.
 
Oben Unten