natürlicher, bzw historischer Holzschutz?

Großstadtschreiner

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Hallo zusammen! :emoji_wink:

Ich versuche mich seit geraumer zeit darüber schlau zu machen, wie man Holz im Außenbereich effektiv vor der Verwitterung schützen kann.

Wenn man danach googelt, werdem Gebetsmühlenartig sämtliche Industrieprodukte angeboten die der Markt zu bieten hat, als wäre eine solche Wahl alternativlos. Farbanstrich kommt für mich jedoch nicht in Frage da sie einerseits lächerlich kostspielig sind, andererseits doch nicht so lange halten und nach ökologischen Aspekten fragt ja ohnehin keiner...

Bleibt man hartnäckig, so erfährt man immerhin über die Existenz von konstruktivem Holzschutz, also baulichen Maßnahmen, die den Prozess des Verwitterns erst gar nicht aufkommen lassen. Das ist schon einmal sehr aufschlussreich und lässt den angehenden Handwerker über Fehler seines Schaffens nachdenken, die er wohlmöglich nicht bedacht hat und erst Jahre später feststellt.
Leider helfen diese Richtlinien nur bedingt, wenn man nicht gerade ein Carport konstruiert, sondern eher Ein Hochbeet, oder einen Kompost. Dort können wir die Feuchtigkeit nicht vom Holz fern halten. Also was tun?

Nach langem grübeln musste ich an die Schifffahrt (schreibt man das jetzt mit drei f?) denken und das ich da mal irgend was von Teer gehört habe... Und siehe da, mit den richtigen Suchbegriffen findet man sogar einiges zu dem Thema, auf diversen "Hippie" Seiten. Ich mache es kurz, der Preis konkurriert fröhlich mit den Industriefarben... Na gut, so wird es nicht günstiger, aber zumindest ökologischer. Das ist immerhin ein Anfang.

Aber wenn der mittelalterliche Teer so teuer ist, wie haben die armen Leute des Mittelalters denn dann ihr Holz geschützt? Durch Zufall bin ich auf eine Seite gestoßen, die sich mit so etwas beschäftigt und jemandem der das selbe Problem mit seinem Hochbeet hatte. Die dortige Lösung hieß Oberflächenverkohlung.
Tolle Sache! Kostet nahezu nichts und hält von der Kohle Seite angeblich ewig. Aber Irgendwie ist dies noch nicht des Pudels Kern...
Wenn ich für jedes meiner Hochbete das beschriebene Osterfeuer abbrenne, steigt mir ruck zuck der Kleingartennachbar aufs Dach. Und so richtig warm werde ich mit der Vorstellung auch nicht alle Oberflächen im Garten anzukohlen, das sähe doch sicher schon etwas zu postapokalyptisch aus.

Auf Ölen und Wachsen bin ich erst gar nicht eingegangen, da auch hier der Preis recht hoch ist und offenbar im Wind und Wetter auch nicht von überragender Dauer.

So, jetzt geht es aber zur Sache! :emoji_wink:
Was haltet ihr vom Kalken?
Hierzu finde ich nahezu keine belastbaren Daten. Alles was ich darüber weiß ist,
- dass Kalk zumindest als Farbe an Fachwerken eingesetzt wurde, wenn auch nur selten.
- Kalk hat extrem antibiotische Eigenschaften, wodurch Schimmelbefall nicht möglich ist
- und schützt durch seine Lichtundurchlässigkeit auch vor UV-Strahlung.
- Er ist Atmungsaktiv, wodurch keine Staunässe unter dem anstrich angesammelt werden kann und Oberflächennässe schnell an die Luft abgegeben wird
- Kalk ist des Weiteren ein Opferprodukt wodurch es stets zu erst sein Dasein beendet, bevor das zu schützende Produkt angegriffen wird (Vergleich: Opferkathode, wenn auch anderer Prozess)
- Gärtner benutzen Kalkanstrich an Bäumen um den Aufstieg von Schädlingen zu verhindern. (Allerdings bezweifele ich das hier keiner Kalk verwendet wird und rechne eher mit Konsumprodukten, die noch weitere Zuschläge enthalten)

Ich habe dieses Jahr erste Versuche mit Kalkanstrich unternommen und bin mit den ersten Ergebnissen sehr zufrieden. Es ist zwar ein sehr mühsamer Prozess, was aber hauptsächlich daran liegt, dass augenscheinlich sämtliches Wissen im Umgang mit Kalk verloren gegangen scheint und ich alles selbst austesten muss.

Zu guter letzt ist mir noch ein Satz aus meiner Jugend eingefallen, wo ein älterer Herr aus dem Dorf seinen Holzschutzanstrich pries der aus 50% Altöl und 50% etwas anderem bestand. Ich habe heute keine Ahnung mehr was das war und ob so etwas funktioniert und gesund ist, allerdings waren seine Zäune immer tip top... :emoji_wink:

Nun bin ich sehr gespannt darauf was ihr für Methoden zum Holzschutz kennt! :emoji_wink:
 

IngoS

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Hallo,

Es ist oft eine Kosten - Nutzen Abwägung, was für Material in Frage kommt, wie man es schützt und wie lange es hält.
Beim Komposter, den du da erwähnst, habe ich z.B. unbehandelte Paletten verwendet. Die gibt es kostenlos z.B. bei Logistikunternehmen.
Wenn so ein Komposter 4 bis 5 Jahre hält und man dann mal wieder ein paar Paletten zusammenschraubt ist das eine sehr kostengünstige Methode.
Kauft man sich 5 cm dicke Eichenbohlen, hält so ein Komposter sicher deutlich länger, aber die Kosten sind ungleich höher.
Hier der Link zum meinem Komposter Film.

https://www.youtube.com/watch?v=XW4MZyjDYZM

Gruß

Ingo
 

yoghurt

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Hallo,
auch wenn es wohl nicht ganz ernst gemeint war, möchte ich darauf hinweisen, dass die illegale Ensorgung von Altöl aus gutem Grund verboten ist!
 

IngoS

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Hallo,
auch wenn es wohl nicht ganz ernst gemeint war, möchte ich darauf hinweisen, dass die illegale Ensorgung von Altöl aus gutem Grund verboten ist!

Hallo,

leider kenne ich das aus eigener Anschauung, dass auf dem Dorfe Altöl vom Schlepperölwechsel zum Anstreichen des Fachwerks und zur Behandlung von Zaunpfählen (wurden in ein Fass mit Altöl gestellt) Verwendung fand.

Gruß

Ingo
 

seschmi

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Historisch, natürlich und ökologisch sind aber komplett verschiedene Themen, die nichts miteinander zu tun haben. Früher wurde viel weniger auf Ökologie geachtet. Z.B. ist Teer ein Naturprodukt, aber meist krebserregend und schädlich für die Haut und deswegen heute weitgehend verboten. Mit Teer behandeltes Holz, z.B. Eisenbahnschwellen, muss teuer und aufwändig entsorgt werden. Für die meisten Teerarten ist es kompletter Schwachsinn, das als "ökologische" Alternative darzustellen. Früher hatte man halt nichts besseres, oder die Gefahren waren nicht bekannt.

Knollenblätterpilze sind auch natürlich, aber keinesfalls gesundheitlich unbedenklich.

Holz wird v.a. durch Pilze abgebaut. Wenn man die daran hindern will, muss man etwas drantun, was für Pilze giftig ist. Leider sind Menschen von Pilzen einfach biochemisch nicht grundlegend verschieden...

Also entweder konstruktiver Holzschutz, geeignetes Holz, oder regelmäßig neu machen. In der Regel kann man mit einer Mischung aus allem drei so weit kommen, dass man mit vertretbarem Aufwand eine gute Lösung hat.
 

joh.t.

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Hallo,

es gibt für Hochbeete und Holzschutz keine konkreten Maßnahmen. Irgendwann ist Holz in der Natur befallen und dann rottet es weg.

Hochbeet mit Holz außen von innen mit Folie schützen, dann wird das Rotten etwas verzögert.

Ich habe , zugegeben sieht es nicht wirklich gut aus, meine Hochbeete aus alten 1000 l Plastetanks gemacht. Boden und Deckel weggeschnitten , unten Kükendraht drunter und wie empfohlen gefüllt. Funktioniert seit mehreren Jahren gut und am Salat sind weniger Schnecken als auf ebenem Boden. Auch muß man sich nicht bücken und die zu beackernde Fläche ist so groß, dass sie einen nicht frustriert.

Holz rottet nicht im Boden und an der luft, sondern am schnellsten an der Kontaktstelle von beiden weg.

Oder damit: https://www.hahnkunststoffe.de/produkte/

Das kratzen die Archäologen in 5000 Jahren noch aus unseren Gärten.

Um zum Thema zurückzukommen: eine Mischung aus Holzasche und Lenöl soll helfen. Du wirst aber bei einer Holzkonstruktion nie nach ein paar Jahren um Reparaturen oder einen Komplettersatz herumkommen, da Holz und Erde in einen direkten Kontakt kommen. Da gibts keinen kontruktiven Holzschutz.

Alles Andere ist Augenwischerei.

VG Johannes
 

WinfriedM

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Was hast du denn für einen Kalkanstrich verwendet? Gibts da fertige Produkte oder hast du den selbst angemischt?

Ich hab bisher beim Thema Holzschutz noch nichts von Kalkanstrich gelesen oder gehört. Scheint ziemlich exotisch. Vielleicht gibts Gründe, warum das nicht langfristig funktioniert.

Kann mir auch nicht vorstellen, das verkokelte Oberflächen besonders viel länger halten. Wenn das so wäre, würde das viel bekannter sein.
 

Friederich

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Historisch, natürlich und ökologisch sind aber komplett verschiedene Themen, die nichts miteinander zu tun haben. Früher wurde viel weniger auf Ökologie geachtet. Z.B. ist Teer ein Naturprodukt, aber meist krebserregend und schädlich für die Haut und deswegen heute weitgehend verboten. Mit Teer behandeltes Holz, z.B. Eisenbahnschwellen, muss teuer und aufwändig entsorgt werden. Für die meisten Teerarten ist es kompletter Schwachsinn, das als "ökologische" Alternative darzustellen.
Wurden Eisenbahnschwellen nicht vor allem mit Karbolineum behandelt? Das ist tatsächlich gesundheitsschädlich.
Bei Holzteer hätte ich keine Bedenken. Den essen wir ja sogar in Räucherwurst.
 

Besserwisser

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Kann mir auch nicht vorstellen, das verkokelte Oberflächen besonders viel länger halten. Wenn das so wäre, würde das viel bekannter sein.

Das sollte eigentlich bekannt sein. Die Wetterseite von Fachwerkhäusern wurde oft abgeflämmt, genau so wie die Erdseite von Zaunpfählen (bevor man diese mit Altöl tränkte).
Kalkanstrich auf Holz kenne ich nur aus alten, feuchten Kellern, um das Holz darin vor "Holzwürmern" zu schützen.
 

Großstadtschreiner

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Hallo zusammen! :emoji_wink:

Es freut mich das hier so angeregt diskutiert wird.

Die von euch verlinkten Webseiten sind mir bereits bekannt, besonders der liebenswert, schrullige Restaurator hat mich an viele traditionelle (und auch überlegene Methoden) herangeführt. Die Verwendung von Kalk im Generellen habe ich übrigens von ihm. Mein Nachbar aus dem selben haus und ich haben unseren "antiken" Keller neu hergerichtet (Verputzt und Estrich). Unter dem Strich hat er dreistellig investiert, dabei auch nicht die billigsten Produkte gekauft, sondern schön convenient und "Qualität". Ich habe es für unter 20€ gemacht und dabei war der Sand noch das teuerste, da ich nur kleine Mengen brauchte. Beide Ergebnisse sehen top aus, allerdings ist sein Keller immernoch feucht und muffig (eher schlimmer als vorher) und bei mir herrscht nahezu Wohnzimmerklima, trotz hohem Grundwasser. Die Spannende Frage ist nun ob ich handwerklich korrekt gearbeitet habe und der Putz den Winter überlebt, oder ob sich in der Kälteperiode ggf unsachgemäße Verarbeitung des Laien offenbart. Im schlimmsten Fall platzt mir der Putz von der Wand und ich darf es noch einmal von vorne machen. Mein Nachbar darf sich in jedem Fall auf Jahre mit dem Mist herumschlagen... Wenn mein Putz den Winter hält haben wir schon überlegt bei ihm wieder alles Runter zu holen und auch Kalk aufzubringen. Langfristig ist es der Plan, wenn die handwerkliche Kompetenz erreicht ist, auch die Wohnräume mit diesem wunderbaren Putz zu versehen.

Spätestens seit diesen selbst erlebten Ergebnissen bin ich ein ganz großer Verfechter von tradierten Methoden. Wenn etwas über Jahrhunderte, bzw Jahrtausende bestand hatte, dann kann es so schlecht nicht sein. Hingegen hat bisher alles was wir in den letzten 50 Jahren ersonnen haben mehr Probleme verursacht als nutzen (sogar belegbar, wenn man sich die Mühe machen möchte).

Um die Frage nach dem Werkstoff zu beantworten:
Man benötigt kein spezielles Kalkprodukt! Alles was man benötigt ist Wasser, Sand nach Einsatzzweck und Weissfeinkalk. Der oben erwähnte Restaurator hat gleich mehrere sehr sehenswerte Videos zur Verwendung von Kalk gemacht, die ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann.

Aus meinem Garten kann ich berichten, das sich die mit Kalkmilch behandelten Flächen sehr gut machen! Man braucht etwas Übung in der Anwendung und beim ersten mal ca drei Anstriche. Durch abkratzen lässt sich bereits jetzt erkennen das Der UV Verwitterung sehr gut entgegen gewirkt wird und folgendes Video lässt auch auf einen sehr guten Schimmel Schutz hoffen:
https://www.youtube.com/watch?v=aM4LNmDG4ok

Die Testflächen mit Kalk-Caseinfarbe machen einen noch besseren Eindruck, jedoch gibt es hierzu Gerüchte das sie in feuchtem Milieu stark schimmelanfällig sind, da das Casein einen guten Nährboden darstellen soll. Beurteilen kann ich das frühestens nach dem nächsten Frühling.

Was die Paletten angeht, da bin ich sehr zwiegespalten. Mir gefällt die Idee dahinter, aber zum Einen scheint es mir irgendwie ein USA-Phänomen zu sein. In Deutschland scheint es ungleich schwieriger zu sein als im Rest der Welt an Paletten zu kommen. Himmel, in Baumärkten werden Paletten zum Teil für 60€ / Stk. verkauft. Als Baumaterial! Das ist jenseits jeder Wirtschaftlichkeit. Selbst wenn man sich Paletten für 20€ Pfand / Stk. "leiht" ist das noch zu teuer. Ich habe das Gefühl das es sich hierbei mehr um einen Hype handelt, obwohl ich zugestehen muss das es sehr schöne Anleitungen im Netz gibt nach denen jeder ohne die geringste Sachkenntnis oder Werkzeug ansehnliche Dinge herstellen kann.

Das größte Problem sehe ich aber darin, das Paletten durch die Ganze Welt reisen und viele Länder die Auflagen haben sie immer wieder mit den fiesesten Chemikalien zu tränken um die Verbreitung verschiedenster Schädlinge zu verhindern. Gespräche mit Logistikfirmen haben mir das bestätigt, daher kommen mir diese Dinger nicht in die Wohnung oder in die Beete.

Gegen regelmäßiges erneuern eines Schutzanstrichs ist im Übrigen gar nichts einzuwenden, wartung gehört zu jedem Guten Produkt dazu. Das Problem bei kommerziellen Produkten liegt darin, abgesehen vom unerhörten Preis, dass sie langfristig das Holz nicht schützen, sondern Schädigen. Hierzu hat besagter Restaurator ebenfalls mehrere Videos gemacht.

Plastik funktioniert zwar gut, kommt aber aus ethischen Gründen nicht in Frage und Beton hat einfach kein gutes Feng Shui... :emoji_wink:
 
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