Mal wieder Schellack

NebuK

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Hallöchen zusammen,

vor einiger Zeit habe ich beschlossen etwas mehr über Holzbearbeitung zu lernen. Da ich mittlerweile schon einigermaßen annehmbar Furnieren kann und über den Abfallbehälter einer Firma genug "Testmaterial" bekommen kann habe ich gedacht: Mensch, probierste mal ein schönes Oberflächen-Finish und machst dich an Schellack ran. Dass das n haufen Arbeit wird bis ich das halbwegs annehmbar hinbekommen habe ist mir klar - aber hey, auf Reststücken ists ja ok :emoji_stuck_out_tongue:.

Also, kleines 10x10x1.6cm Stück MDF mit unbekanntem aber sehr glatten und feinporigem Furnier überzogen, schon geschliffen bis 220, dann Leinöl-Firnis drauf, 2 Tage an der Luft liegenlassen, nochmal mit 400er mit Leinöl "nass" geschliffen, wieder einige Tage gewartet, währenddessen Baumwollfaden besorgt, zwei Knäule draus gemacht, die alten Baumwoll-Feinripp-Unterhemden ausm Schrank gezogen, in hübsche Quadrate geschnitten und um die Ballen gemacht. Dann Schellack (Brüggmann, relativ dunkler) 40g mit ca. 55ml Alkohol angesetzt, gewartet, gerührt und geschüttelt, gewartet, durch ne sehr feine Socke gefiltert, etwas auf beide Ballen gegeben und alles ab in Marmeladengläser.

Gut, mittlerweile dürfte das bisschen Öl (war beidesmal nicht viel, sollte nur etwas anfeuern) auspolymerisiert sein, also nochmal mit 400er locker geschliffen, entstaubt, feines Bimsmehl , ca. 3-4 Cesserspitzen daraufgegeben, nochmals ca. 1-2 EL Schellack auf den Ballen und mal munter lospoliert ... hui is das Zeuch aber abrasiv - gut, einmal schon "Bezug" gewechselt, nochmal weiterpolieren... langsam wirds klebrig, nochmal versucht alles gleichmäßig zumachen, kay, das wars für den Tag. Nächsten Tag nochmal mit viel weniger Bimsmehl das selbe. Am Tag drauf dann den "frischen" Ballen mit nur Schellack. War relativ trocken (es heißt ja man soll lieber etwas zu trocken als zu feucht polieren), hat irgendwie ziemliche "Schlieren" hinterlassen -> doch zu dickflüssig? Na gut, wieder n Tag drauf nochmal drüber, diesmal noch 1-2 Tropfen Alkohol nach dem EL Schellack auf den Ballen. Hat die Schlieren etwas beseitigt, sieht auch schon aus als wäre da minimal Lackschicht drauf, aber dafür riesen Ansammlungen in den Ecken - woher kommt das? Wie vermeide ich das?

Überhaupt - wie macht man das mit den Kanten? Ich habe ja einfach ein Stück holz mit 4x1.6cm Kanten und einer 10x10cm Fläche ... wenn ich die Fläche mache bekomme ich (auch wenn ichs fix abwische) überstände an den Kanten - wenn ich die Kanten mache auf der Fläche - wie geht das denn jemals in Richtig?

Und überhaupt - gibt es noch etwas "genauere" anweisungen wie der Ballen denn zu führen ist ... so dolle viel Druck geht auf der kleinen Fläche eher nicht, auch habe ich bei egal welcher "Feuchte" das Gefühl das trägt mehr ab als es draufmacht...

Naja, genug Fragen auf einmal :emoji_stuck_out_tongue:. Ich hoffe ich nerv nicht zusehr mit dem Leidigen Thema, aber die "Übliche Literatur" (Howtos vom Radio-Museum-Forum, woodworking.de-Wiki) hat mich bezüglich dieser Fragen wenig weitergebracht.

Danke schonmal fürs Lesen :emoji_stuck_out_tongue:.
Grüße
- Dario
 

christian dufne

ww-pappel
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ich habe die tage mit einem Restaurator darüber gesprochen.
seine erste aussage war. polier nur wenn du gut drauf bist :emoji_wink:
ansonsten wohl mit mäßigem druck über den handballen. und halt übenübenüben.
 

welaloba

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Grüß dich, da ist m.E. ziemlich viel schief gelaufen. Meine Methode: Keine Ölgrundierung. Schon garnicht mit Firnis. Wenn, dann höchstens Halböl (= 1/2 Leinöl + 1/2 Terpentin) Ist aber eigentlich nichts für Anfänger. Die Füllung im Ballen ist gewaschene Schafwolle bzw. Lambswoolpullover. Der Überzug für den Ballen ist keinesfalls Baumwolle, schon garnicht aus Feinripp. Nimm für die innere Lage ein durchlässiges Leinenlaken (nicht zu dicht) und für außen ein stabiles für den Anfang und für später ein feines Kopfkissenleinen.
Mein Schellackansatz ist 160 gr. Schellack wachsfrei auf 840 ml Alkohol wasserfrei.
Davon kann man eine erste Schicht mit feinem FlachPinsel auftragen, gut trocknen lassen, feinschleifen ca. 240. Dann mit Ballen auftragen. Der Ballen sollte nur so viel Schellack enthalten, dass er beim Aufdrücken nicht seitlich rausquillt. Wenn du Bimsmehl verwenden willst, mit ganz wenig anfangen, das Bimsmehl zwischen die Stofflagen. Ich beginne den Bimsauftrag nach einem Pinselanstrich und nur Alkohol im Ballen. Bims soll dazu dienen, die Poren zu füllen. Bei feinporigen Hölzern brauchts nur wenig davon. Bimsballen müssen gut auspoliert werden und wir müssen früh genug aufhören, am besten, bevor es klebt. Ballensohle erneuern, bevor sie sich auflöst.
Berichte mal, wie es weitergeht.
Gruß Werner, der jetzt Feierabend macht.

PS: Flächen von 10 x 10 cm sind zum Üben vieel zu klein. Nimm lieber mal ein Stück furnierte Tischlerplatte, am besten Eiche, da kannst du erst mal Porenfüllen üben. Das soll jetzt sicher nicht zynisch sein, aber Übung muss sein.
 

garfilius

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....Mein Schellackansatz ist 160 gr. Schellack wachsfrei auf 840 ml Alkohol wasserfrei. ...

Hallo Werner,

840 ml oder g? 160 g und 840 g könnte man auf der Waage zu einem Kilo zusammen schütten, bei 840 ml werden es insgesamt nur 832 Gramm. Ist irgendwie unrund.

Übrigens: Erinnerst Du Dich noch an Dein Nußbaumfunier? Es kommt leider jetzt erst zum Einsatz. Ich versuche gerade, mit sanftem Druck und feuchte ein Furnierblättchen gerade zu bekommen. Nach zwei Tagen wellt es sich immer noch :emoji_frowning2:
Aber ohne Deine Mithilfe hätte ich weit größere Probleme. Noch einmal Danke.
 

welaloba

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Hallo Werner,

840 ml oder g? 160 g und 840 g könnte man auf der Waage zu einem Kilo zusammen schütten, bei 840 ml werden es insgesamt nur 832 Gramm. Ist irgendwie unrund.

Hallo, das ist kein Vertuer, ich mische immer so. Funktioniert.
Übrigens: Erinnerst Du Dich noch an Dein Nußbaumfunier? Es kommt leider jetzt erst zum Einsatz. Ich versuche gerade, mit sanftem Druck und feuchte ein Furnierblättchen gerade zu bekommen. Nach zwei Tagen wellt es sich immer noch :emoji_frowning2:
Ich nähme statt "sanftem Druck" eher zwei Stücke 22er Spanplatte, genug sauberes Papier zwischen die befeuchteten Furniere und Schraubzwingen.
Und: Gut Ding braucht Weile.
Gruß Werner
 

NebuK

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Hallöchen wieder,

sorry für die späte Rückmeldung.

Danke für die Tipps! Habe alles befolgt, die Schellack-Konzentration geändert, neuer Ballen/Tuch - nur eines nicht, die größere Fläche habe ich nochnicht, ich krebs noch an dem kleinen Ding da rum ... aber das will ich halt poliert haben :emoji_stuck_out_tongue:.

Aaaaaaber, viel wichtiger - ich hatte gerade nochmal auf Youtube etwas rumgesucht und eine kleine Videoserie von einem Gitarrenbauer gefunden, dann nochmal probiert und ein Aha-Erlebnis gehabt. Bisschen Leuten auf die Finger schauen ist doch nicht schlecht, auch wenns nur ein Video ist...

Jetzt habe ich wohl den richtigen Druck, Geschwindigkeits- und Feuchtepunkt raus um eine etwas streifige und rauhe Lackschicht aufzubauen - wenn ich das ganze richtig verstanden habe wird dann ja irgendwann mit sehr feinem (2000er-3000er) Papier grob geglättet und ab dann mit feinerer Ballenauflage und Gleitmittel (ist feines Paraffinöl, wasserfrei, arzneibuchqualität OK?) und nurnoch seeeehr wenig Schellack poliert, oder?

Auf jeden Fall danke! Yay, freue mich gerade über das Aha Erlebnis :emoji_stuck_out_tongue:
 

NebuK

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Und malwieder Hi,

mittlerweile habe ich das ganze noch einmal abmachen müssen, und hab mir dann doch n größeres Teststück gegönnt. Mittlerweile bin ich soweit vorgedrungen dass ich - bis auf ein paar testregionen wo ich mal was ausprobiert habe - einen ganz ansehnlichen Hochglanz habe. Das Ganze jetzt zum Schluss nach dem letzten Planschliff mit 600,800,1200 (nass + polieröl) mit 5g Schellack auf 50ml Alkohol, einem sauberen Tuch auf dem Ballen und etwas mehr Polieröl (für das sich das Paraffinöl wohl relativ gut geschlagen hat) nurnoch in längsrichtung in langen geraden Strichen abgezogen. Das ganze ein paar Male gemacht hat den Glanz auf ein sehr ordentliches Level gebracht. Nur wenn man ganz genau senkrecht bei viel Licht daraufschaut sieht man noch schlieren vom geraden "Abziehen". Warscheinlich auch nurnoch vom Paraffinöl, ich weiß es nicht. Wie bekomm ich diese (_$!*@ Streifen weg? Ich habe dafür im Internet teilweise relativ abenteuerliche Rezepte mit Kieselgur (das klingt ja noch ok) und Salzsäure oder Sulfat gefunden ... klingt irgendwie Falsch. Petroleum (echtes) oder Testbenzin (ich hatte nur "Feuerzeug- und Waschbenzin" da, ist zwar was anderes, aber ist ja nur n Teststück) ausprobiert - ersteres hat weniger Schlieren gemacht, zweiteres wieder ziemlich matt... also wenndann eher Petroleum, aber auch das scheint nicht ganz richtig.

Wie gehts dann eigentlich weiter? Lange durchhärten lassen ... manche gehen dann wohl noch mit Automobilpolituren- oder Wachsen ran, was ist davon zu halten? Sollts auch ohne gehen? Wenn ja was?

Danke wie immer :emoji_slight_smile: Auch schonmal im Vorraus
 

welaloba

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Moin, gute Polituren gehen auch ohne späten "Planschliff"....
Ich schleife nach dem Porenfüllen noch mal, höchstens aber 320er Papier oder graues Vlies, danach kommen sachte Schichten Schellack. Wenns ohne Öl nicht mehr gehen will, kommt der separate Ölballen, einer mit feinem Leinen als Sohle. Dieser "Ölballen" wird nur für den bimsmehlfreien Auftrag mit Öl verwendet. Das Öl ist "Polieröl" von Zweihorn, wasserklar und rein. Der Mann aus der Schellackfabrik verriet mir mal, dass Mattierung mit Spindelöl aus dem Maschinenbau hergestellt wurde, nix mit Paraffin.
"Abpolieren" mache ich mit Benzoepolitur, das ist ein Ansatz aus 1000 ml Alkohol und ca 15 - 25 Gramm gelöstem Benzoeharz. Es kann keiner so recht sagen, was wirklich passiert, wenn diese Politur auf ausgehärtete Schellackschichten mit hohem Druck und großer Geschwindigkeit "aufgetragen" wird. Es ist eher ein Hauch, hier immer noch mit Polieröl, (bei Paraffinöl habe ich übrigens die Vorstellung, es ist so schlecht abzunehmen wie Schuhcreme von einem schwarzen Flügel (Klavier)) der Ballen beim Benzoepolieren ist wieder ein separater! dieser muss gut auspoliert werden, also bis der Ballen trocken ist und nur noch im Öl läuft...
Dann wieder aushärten lassen, wenigstens über Nacht - und nächsten Tag mit Hochglanzreiniger (Milchige Flüssigkeit von Zweihorn, namens Hochglanzreiniger 10099) das restliche Öl abnehmen.
Gruß Werner
 

dascello

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Hallo Werner,

guter Thread!

bald muss ich mein nächstes Cembalo polieren..........

Hab mal wieder viel gelernt.


Gruß

Michael
 

127.0.0.1

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Moin, gute Polituren gehen auch ohne späten "Planschliff"....


Hallo zusammen,

genau das versuche ich gerade. Ich bekomme mittlerweile einen super Glanz hin, im Licht zeigen sich aber leichte Mulden in der Oberfläche. Ich habe das Gefühl, dass mit dicker werdender Schicht beim Deckpolieren die Unebenheiten zunehmen, was ja irgendwo klar ist. Kann mir jemand einen Tipp geben, was die entscheidende Rolle spielt, wenn's um möglichst planes Polieren geht?

Vielen Dank und Grüße,
Max
 

welaloba

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vielleicht planes Holz?
Sorry für die knappe Nachfrage, aber gibts evtl. Detailfotos?
Gruß Werner
PS: Mit Schellackpolitur kannst du nie - wie mit Nitrofüllgrund - irgendwelche Unebenheiten größer als Poren in z.B. Mahagoni füllen.
 
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