Kommode restaurieren

uneven

ww-nussbaum
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Hallo,

ich möchte gerne diese Kommode restaurieren und habe 2 Fragen:

1. Ist es möglich auf Hochglanz zu polieren oder soll ich das erst gar nicht versuchen. Ich habe schon einige Stücke mit Schellack poliert, aber bisher noch nie Esche.

2. Die Lisenen sind sehr eigenartig gestaltet, ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich möchte gerne diese "weiß unterlegten Schnitzereien" entfernen und die Ausschnitte ausfüllen. Was meint ihr dazu?
Soweit ich das beurteilen kann, ist an der Kommode noch nichts restauriert worden, sie befindet sich also im Urzustand.

Liebe Grüße

Eva
 

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Keilzink

ww-robinie
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... das ist ein eigenartiges Stück, solche Lisenen-Verzierungen habe ich auch noch nie gesehen. Bist du sicher, dass die weisse Farbe original ist?

Restaurieren heisst für mich, ein Möbel wieder an den Originalzustand heranzuführen, ohne seine Geschichte zu unterdrücken. Wenn diese Lisenen so original sind, würde ICH sie auch so erhalten.
Zu Schelllack sag ich nichts - mangels Erfahrung.

Viel Erfolg:
Andreas
 

uneven

ww-nussbaum
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Hallo Keilzink!

Danke für deine Antwort. Nun, ich habe diese Möbel wirklich günstigst erstanden. Der Verkäufer erzählte, dass er es auch von einer Dame vor vielen Jahren geschenkt bekommen hätte.
Diese Verzierung ist tatsächlich ungewöhnlich und macht einen recht laienhaften Eindruck. Der weiße Anstrich fühlt sich wie ganz stark verwitterter Lack an, man hat den Eindruck, als könnte man ihn mit den Fingern abreiben, kann man aber nicht.
Ich finde diese Verzierung eher befremdend und für mich ist es auch denkbar, dass sie nicht original ist.

Ansonsten ist die Kommode in wirklich gutem Zustand, es fehlen nur winzige Furnierteile und eine Lade muss etwas gehoben werden, das ist alles.

Nochmals vielen Dank für deine Antwort.

Uneven
 

Keilzink

ww-robinie
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... gerne.
Ich würde als erstes versuchen, das Möbel vom Stil her einzuordnen. Dann suchen, was für Lisenen in den ermittelten Stil üblich waren.
Die Beschläge sind, soweit erkennbar auf den Bildern, aus der Gründerzeit/Historismus. Aber der Baustil passt da überhaupt nicht rein, als ganzes geht das eher Richtung Biedermeier. Dafür spechen die expressiven Furnierbilder auf den Schubfachfronten, wie auch die in 45 Grad angesetzten Lisenen, die im Historismus nicht gerade üblich waren - soweit ich das weiss. Im Biedermeier findet man die eher.
Man hat jetzt verschieden Möglichkeiten der Interpretation: Entweder im Biedermeier gebaut und in Historismus mit entsprechenden Beschlägen versehen - hochwertige Möbel waren früher keine Wegwerfwaren, es ist denkbar, dass da jemand das Möbel weiterverwenden, es aber auch den Zeitstil anpassen wollte. In dieser Vermutung würden dann auch die merkwürdigen Verzierungen erklärbar werden ...
Oder aber, das wurde im Historismus gebaut, mit Rückgriffen auf Biedermeier und zeitgenössischen Beschlägen.
Schau dir mal die Beschläge an, ob die eventuell getauscht wurden, ob es da Spuren gibt.

Was den Ersatz angeht: Du kannst dann als erstes mal bei Google "Bilder zu Biedermeier-Kommode" eingeben, und dir anschauen, was für Lisenen-Verzierungen dort üblich waren - vor allem bei in 45 Grad angesetzten.

BTW: Ich würde in so ein Stück auch jederzeit viel Arbeit stecken - alleine die Furnierbilder sind es wert. Halt uns doch bitte auf dem Laufenden!

Viel Erfolg:
Andreas


PS: Ich würde aber auch sagen: Warte mal auf die echten Experten, die melden sich sicher noch. Ich bin nur ein interessierter Amateur.
 

welaloba

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Hallo,
1. Ist es möglich auf Hochglanz zu polieren oder soll ich das erst gar nicht versuchen. Ich habe schon einige Stücke mit Schellack poliert, aber bisher noch nie Esche.

2. Die Lisenen sind sehr eigenartig gestaltet, ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich möchte gerne diese "weiß unterlegten Schnitzereien" entfernen und die Ausschnitte ausfüllen. Was meint ihr dazu?
Eva

Hallo Eva, es ist grundsätzlich möglich, zu polieren. Das ist allerdings immer abhängig davon, welche Oberfläche du vorfindest. Wenn zB. zuletzt gewachst wurde, muss das Wachs erst runter. Anschließend hält wachshaltige Schellackmattierung auf jeden Fall.
Dichte Hochglanzpolitur auf Esche geht auch: Porenfüllen funktioniert allerdings nur absolut wachsfrei. ich würde mich fragen, ob das Möbel diesen Aufwand rechtfertigte, es sei denn, es wäre dir eine Fingerübung.
Lisenen der Art habe ich wohl schon gesehen, aber nicht mit diesen Einlagen. Das Muster ist barocken Lisenen nachempfunden, siehe zB. Mainzer Schreibmöbel zw. 1710 und 1760.
Einordnen würde ich das Möbel wohl um 1860 - 1870, das Furnier scheint nicht sonderlich stark.
Die Einlagen? Keine Ahnung, müsste ich aus der Nähe sehen bzw. anfassen, um was sagen zu können.
Zu "Ausschnitte auffüllen" sag ich lieber keine Empfehlung, das muss jeder selbst wissen.
Wenn ich das Ding zu einer Fälschung umarbeiten wollte, würde ich wohl die Vertiefungen ordentlich mit Autospachtel füllen, die Lackierung angleichen und beipolieren. Das kann nahtlos gehen.
Gruß Werner
 

uneven

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Hallo Werner, hallo Andreas!

Danke für euer Mitdenken für mich.
Ich bin eben genau in dem Konflikt, an dem Möbel einen doch erheblichen Eingriff vorzunehmen. Auf der anderen Seite bin ich mir nicht sicher, ob diese "Verzierung" tatsächlich von aller Anfang so vorgesehen war, oder ob da jemand nachträglich das Stück verzieren wollte. Alleine die weiße Farbe ist so ungewöhnlich.
Ich werde noch einmal bessere Aufnahmen machen.

Ich werde auf alle Fälle berichten, sobald ich die Fotos habe.

Werner, wenn ich dich richtig verstehe, würdest du das Möbel nur mattieren. Liegt deine Begründung eher am Arbeitsaufwand oder daran, dass es nie geschlossen poliert war?

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße

Eva
 

uneven

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Hallo Werner, hallo Andreas!

Ich habe jetzt meine Kommode in sehr gutem Licht betrachtet. Es gibt schon alte Restaurationen, z.B Kittstellen. Ich habe eine dieser ganz leicht angeschliffen, (220 Körnung) und da kamen diese Stellen ganz deutlich zum Vorschein. Ich habe keine Stellen gefunden, an denen Furnierteile ersetzt wurden, nur Kitt. Die Kittstellen sind zwar sehr hell, aber nicht so weiß, wie sie auf dem Foto erscheinen.
Es ist sicher Schellack drauf und kein Wachs.
Bei sehr hellem Licht wird es immer mehr wahrscheinlich, dass diese Lisenen nachträglich so gestaltet wurden. Meine Vermutung ist, dass auf den Lisenen ziemlich viel Insektenfraß war. Den gibt es übrigens auch auf den Seiten entlang der Stelle, an denen die Bretter verleimt wurden und zwar über die ganze Höhe. Das könnte ein möglicher Grund dafür gewesen sein, sie anders zu gestalten. Ich werde versuchen diese aufgeleimten Teile zu lösen und hoffe schwer, dass kein Weißleim verwendet wurde. Ich habe neue Fotos gemacht, vielleicht wollt ihr euch ein Bild davon machen.
Liebe Grüße
uneven
 

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Holzsinn

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Hallo Eva,

mich würde vor allem die strahlend weiße Farbe stören, die bestimmt nicht original ist. Eine Möglichkeit wäre auch, die aufgeleimten Verzierungen abzuheben, die weiße Farbe abzukratzen oder abzuschleifen und die Vertiefung in einem Farbton ähnlich der gesamten Kommode einzulassen, z.B. mit Möbellasurlack von Clou oder selbst eingefärbtem Schellack. Dann die Verzierungen wieder aufstiften und das Ganze wird sehr viel natürlicher aussehen.
liebe Grüße,
Melanie
 

uneven

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Hallo Holzsinn!

Danke für deine Antwort. Inzwischen habe ich ziemlich ausführlich recherchiert. Das Möbel kommt aus einem Ort, der mit Leinenweberei zu tun hat. Es gibt da auch auf einen Namen einen Hinweis und es ist möglich, dass diese Verzierungen etwas mit Weben zu tun haben könnte. Es könnt eine Art Öse darstellen, (das Stück hat auch einen Namen, den ich gelesen und wieder vergessen habe) in der die Kette eingefädelt wird. Das ist bei Jacquardgewebe so.
Jetzt überlege ich noch und versuche noch mehr zu erfahren und entscheide dann, was ich mache. Wenn die Verzierung einen Sinn gehabt hat, dann möchte ich es so belassen, weil ich dann die Geschichte nicht verändern will.
Nochmals lieben Dank

uneven
 

Keilzink

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... schon die ganze Zeit denk ich, ich habe dieses Ding auf den Lisenen schon mal wo gesehen. Jetzt, mit dem Verweis aufs Weben, hat es klick gemacht:

Das soll ein Litzauge darstellen, das Teil der Litzen, durch das der Kettfaden läuft. Damit können über Pedale die Kettfäden angehoben werden, und so werden die Fächer für den Schussfaden gebildet.

Andreas
 

uneven

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Kommode ist fertig

Meine Kommode ist jetzt fertig.
Ich habe die schwarze Farbe abgenommen, sie war sicherlich nachträglich angebracht worden.
Wie versprochen zeige ich euch die Bilder.

LG

Uneven
 

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Melanie

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Kommode

Wunderbare Arbeit! Schön, dass Du die Lisenen drauf gelassen hast! insgesamt sieht das ganze Stück jetzt irgendwie rund aus.
schöne Grüße, Melanie
 

miezekater

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Gefällt mir auch sehr gut. Kannst stolz drauf sein. Habe den Thread verfolgt und fand die Kommode ehrlich gesagt im Anfangszustand echt hässlich. Jetzt hast du aber ein wirklich schönes Möbel daraus gemacht.

Gruß, Klaus
 

Keilzink

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... bin sehr beeindruckt, tolle Arbeit. Die Furnierbilder sind wunderschön.
Wie bist du vorgegeangen? Abgeschliffen, gefüllt und dann Schellackfirnis? Poliert oder mattiert?
Hast du die Kittstellen gelassen oder Furnier eingesetzt?

Andreas
 

uneven

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Hallo Klaus, hallo Melanie und Gerhard. Danke für eure Antworten und ich freue mich über eure Rückmeldungen.

Eva

Hallo Andreas!

Ich habe vor allem die schwarze Farbe abgenommen, was sich, so glaube ich hinsichtlich des Gesamteindrucks gelohnt hat. Die Farbe war nicht original, das war auch mein Hauptgrund sie abzunehmen.

An den Fronten habe ich im Wesentlichen den Schmutz entfernt, aber die Platte musste wirklich geschliffen werden, es waren zwei unansehnliche Brandflecken da. Ich habe alle Furnierteile ersetzt, war aber nicht unbedingt die Wahnsinnsmenge. Halt die typischen Stellen an den Rändern.
Was wirklich lästig war, ist, dass loses Furnier schon einmal verleimt wurden aber eben mit Weißleim. Die Teile lösten sich wieder und dann wird es schwierig, da noch einmal was ordentlich hinzukriegen. Das gesamte Furnier abzunehmen habe ich mich nicht getraut.

Die Kittstellen habe ich belassen, was immer da als Kitt verwendet wurde. Es ließ sich aber mit Beize ein bisschen nachdunkeln. Wenn dann die Politur oben ist, erkennt man, dass das Nachdunkeln der Kittstellen noch ein Spürchen dunkler hätte sein können.

Ich habe sie mit Schellack deckend poliert. Wenn schon, denn schon.
Entgegen meiner ersten Annahme ist die Kommode nicht Esche sondern Ulme, was die Porenfüllung zwar gegenüber Esche ein bisschen leichter macht, aber lustig ist es auf keinen Fall. *gg*

Freut mich, dass dir meine Arbeit gefällt.

Liebe Grüße

Eva
 

Keilzink

ww-robinie
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... vielen Dank für die Infos!

Irgendwann muss ich mich auch mal an Schellack rantrauen ... zur Zeit fehlt mir allerdings das Obkekt dazu. Momentan restauriere ich eine Jugendstil-Anrichte aus Nussbaum mit Historismus- Anklängen. Die war ursprünglich gewachst, was irgendeinen Vorgänger aber nicht gehindert hat, Kirschfarbenen Streich-Schellack aufzutragen ... und das Zeug klebt jetzt in den Schnitzereien ...
Ich stell das Teil dann auch mal vor, sobald es sich wieder sehen lassen kann.

Bis dann, gute Zeit!
Andreas
 

uneven

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Hallo Andreas!

Ich liebe diese Restauratoren, die Weißleim für das Beste halten und den auf Knochenleim schmieren, und die Nagler, die so lange Füße annageln, bis das Trägerholz völlig durch ist, ärger als Insektenfraß.
Dann gibt es die ganz die Schlauen, die abbeizen und dem Holz dann ein grünliches Wasserbad angedeihen lassen.
Ja, das sind die wahren Könner.
Eigentlich hat man viel Arbeit mit den Schäden, die bei gut gemeinten Restaurationen entstanden sind. Aber unberührte Stücke sind halt wirklich sehr selten.
Au dem hintern Fuß meiner Kommode war irgend ein Teer oder Teerfarbe oben. Schwarz wars halt. Innerhalb eines Bruchteiles einer Sekunde war das Schleifpapier hin, völlig verklebt.
Viel Spaß mit deinem "Gummibärli" auf deiner Anrichte. Hast hoffentlich viel Ethanol in Vorrat.

LG

Eva
 

Keilzink

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... also im grossen Ganzen hab ich Glück gehabt: Kein Wurmfrass, niemand hat das Teil weiss angepinselt um dann an den Kanten die Farbe wieder runterzukratzen, der Verzug der einzelnen Bauteile hat sich in Grenzen gehalten, Beschläge sind vollständig und bis auf ein Scharnier intakt. Fast 5 Jahre lang stand die Anrichte als Schmuckstück in einem Kaffee - aber die Besitzerin war zum Glück millitante Nichtraucherin!
Allerdings hab ich das Problem mit den Schellack in den Schnitzereien, ich kann daran nur im Freien arbeiten, sonst bin ich nach einer Stunde sturtzbetrunken ...:emoji_slight_smile:
Und: Die Nagler waren auch am Werk: satte 100 Gramm an modernen Nägeln habe ich bisher herausgeholt - auf der Küchenwaage gewogen.

Wie gesagt: In ein, zwei Wochen bin ich soweit, dann stelle ich die Dame mal vor.

Bis dann:
Andreas
 
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