Klavierhocker restaurieren - Zerlegen, Leimen und Oberflächenbehandlung

Steffffen

ww-birke
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Hallo zusammen,

ich habe mir vorgenommen, einen alten Klavierhocker zu restaurieren. Habe sowas vorher noch nie gemacht. Dieser ist ca. 100 Jahre alt, großteils wahrscheinlich aus Kiefernholz hergestellt und hat mehr einen ideellen, als einen tatsächlichen Wert.

Die Oberfläche ist ziemlich abgenutzt. Die Zwischenplatte, in der die Mutter zur Höhenverstellung befestigt ist, ist zerbrochen und die Beine sind sehr wackelig.

An der Ledersitzfläche werde ich nichts tun, außer eine Lederpflege auftragen. Ich will die zerbrochene Zwischenplatte reparieren, dem Hocker wieder die nötige Stabilität geben und die Holzoberfläche behandeln.

Bis zum sichtbaren Ergebnis konnte ich alles problemlos zerlegen. Jetzt habe ich das Problem, dass ich Füße (unter der Grundplatte) und Beine (über der Grundplatte) nicht voneinander trennen kann. Sie sind beide vermutlich mit einem Dübel miteinander verleimt, lassen sich jedoch gemeinsam in der Grundplatte drehen. Sind also bis auf einen nicht mehr mit der Grundplatte verbunden. Zerlegen will ich die Beine deshalb, weil ich mir dann bei der Oberflächenbehandlung deutlich leichter tue, indem ich sie einfach in die Drehe einspannen kann. Auch die Grundplatte kann ich dann deutlich leichter behandeln, wenn die Füße erstmal weg sind. Überlegung ist, die Dübel mit einem dünnen Laubsägeblatt zu zersägen und anschließend neu zu bohren. Was haltet ihr von der Idee oder habt ihr eine Bessere? Wäre Erwärmen einen Versuch wert?

Wie würdet ihr die zerbrochene Zwischenplatte reparieren? Wäre es eine Schande, hier einfach zwei Dominos zu setzen? Verleimen mit Weißleim oder Knochenleim (hab ich nicht und habe ich auch noch nie verwendet)?

Bei der Oberflächenbehandlung habe ich mich dazu entschlossen, die Oberfläche nur ganz fein von Hand anzuschleifen und dann mit Lignocolor Schellack schwarz zu behandeln. Gibt es hierzu irgendwelche Tips?

Schonmal danke im Voraus und einen Guten Rutsch ins neue Jahr!

Grüße
Steffen
 

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Steffffen

ww-birke
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Bin mir gerade nicht sicher, ob ich das richtige Forum ausgewählt habe, oder ob der Beitrag eher zu Anfänger fragt Profi passt. Könnte den Beitrag gegebenenfalls bitte ein Moderator verschieben. Danke!
 

pedder

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Überlegung ist, die Dübel mit einem dünnen Laubsägeblatt zu zersägen und anschließend neu zu bohren. Was haltet ihr von der Idee oder habt ihr eine Bessere? Wäre Erwärmen einen Versuch wert?

Ich würde versuchen, durch den unteren Fuß zu bohren. Wenn das nicht geht, die unteren Füße absägen (aber mit einer Japansäge mit ganz dünnem Blatt.) und dann von unten die Dübel ausbohren.
 

Steffffen

ww-birke
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Ich würde versuchen, durch den unteren Fuß zu bohren. Wenn das nicht geht, die unteren Füße absägen (aber mit einer Japansäge mit ganz dünnem Blatt.) und dann von unten die Dübel ausbohren.

Gibts nen speziellen Grund, warum du von unten durch den Fuß Bohren würdest? Die Dübel sind als Sacklöcher gebohrt, und so wie das Bein beim Drehen rumeiert auch nicht mittig. Die Gefahr wäre groß, den Dübel nicht mittig zu treffen. Zwischen Grundplatte und Fuß ist bei 3 von 4 Füßen ein Spalt von ca. 1-3mm.

Meint ihr ich habe mit Hitze eine Chance, den Leim zu lösen? Wie heiß müsste ich ihn erhitzen? Heißluftgebläse oder den ganzen Hocker in den Backofen sofern er passt?
 

welaloba

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Hallo,
von unten durch den Fuß bohren erfordert große Präzision. Auch erhitzen ist nicht zielführend. Da können weitere Risse entstehen. Ich würde, wie schon erwähnt, eher die Füße unter der Sockelplatte absägen, die Dübel ausbohren und nach Fertigstellung der Oberfläche neu verdübeln. Trockenprobe ist obligatorisch!
Die gerissene Platte sollte auf jeden Fall spannungsfrei verleimt werden - am sichersten mit Fischleim - eventuell muss Ersatzholz eingepasst werden. Die Gewindeplatte evtl. neu einpassen.
Zur Oberflächenbehandlung: Ich empfehle, vor der Schellackaktion die durchgeriebenen Stellen mit schwarzer Wasserbeize zu behandeln.
Diese Hocker sind üblicherweise aus Birnbaum oder Buche gefertigt.
Noch Fragen?
Gruß Werner
 
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Steffffen

ww-birke
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Ich wollte mal einen aktuellen Zwischenstand geben:
Die Füße und Beine sind ab. Ging mit einer ganz feinen Japansäge ohne Beschädigung. Die Dübel sind ausgebohrt: an den Füßen war es in der Drehmaschine kein Problem, die Beine waren leider wenige Zentimeter zu lang, so dass ich mir eine Konstruktion mit Hinterzange und Bohrständer überleben musste, um genau senkrecht bohren zu können - hat aber auch sehr gut geklappt. Die obere Platte ist wieder sauber zusammengeleimt (habe zum besseren Halt 2 Dominos gesetzt). Obere Platte, Füße und Beine sind bereits wieder schwarz hochglänzend behandelt. Ich habe hierfür schwarz gefärbten Schellack von Lignocolor mit 2 Teilen Alkohol verdünnt.
Leider habe ich jetzt das Problem, dass ich an der Bodenplatte 4 Stellen habe, die ich einfach nicht zum glänzen bekomme. Habt ihr eine Idee, was ich hier falsch mache? Nach dem Porenfüllen mit Bimsmehl habe ich schon bestimmt 30-40 Schichten Schellack aufgetragen, aber diese Stellen bekommen einfach keinen Glanz. Immer wenn ich fast zufrieden bin, geh ich wieder 2 Schritte zurück und ich habe fast das Gefühl, dass ich die Politur wieder abreibe. Ich verwende immer 5ml im Ballen und alle 2-3 Ballen 1-2 Tropfen Polieröl. Ich hoffe ihr erkennt auf den Fotos was ich meine. Wer kann mir hierfür einen Tip geben, was ich falsch mache.

Danke und Grüße
Steffen
 

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Steffffen

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welaloba

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Hallo, so lange die Fläche nicht gleichmäßig geschlossen ist, darf kein Polieröl zum Lack. Es wirkt dann auch in minimaler Konzentration als Trennmittel zwischen Holz und Schellack. Versuche, die Stellen zu entfetten, zunächst mit Alkohol, sonst mit Aceton, dann schwarz beizen, dann mit feinem Pinsel vorsichtig in mehreren dünnen Schichten beilackieren. Gut trocknen lassen, vorsichtig beischleifen - Korn 240 - 320. Wenns Würmchen gibt, weiter trocknen lassen.
Zum Schluß weiterpolieren ohne das große Augenmerk auf die "Stellen".
Viel Erfolg.
Werner
 

Steffffen

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Hallo Werner,

vielen Dank für deine Hilfe, ich hab den gewünschten Glanz jetzt doch noch erreicht :emoji_slight_smile::emoji_muscle:
Der Hocker ist inzwischen fertig... anbei mal ein vorher/nachher Vergleich :emoji_sunglasses:

Gruß
Steffen
 

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Steffffen

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Hallo zusammen,

vielen Dank für das Lob!

Insgesamt kann ich sagen, dass ich wohl bei noch keinem Projekt so viel neues gelernt habe (vor allem die Shellackpolitur). Auf jeden Fall hat es mir riesigen Spaß gemacht, den Hocker zu restaurieren.

Es hat sich aber auch mal wieder gezeigt, wie wichtig es ist, vor dem Verleimen einen Probezusammenbau durchzuführen. Dabei habe ich gemerkt, dass die Mittelsäule 2mm kürzer war, als die 4 Beine. Wahrscheinlich war die obere Platte deshalb auch zerbrochen, weil die Kraft nicht über die Mittelsäule nach unten geleitet wurde. Ich musste deshalb die 4 Beine nochmal in die Drehmaschine einspannen und diese um 2mm kürzen, damit alles passt. Ich habe dabei zum Glück das finish nicht mehr verletzt.

Grüße
Steffen
 
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