Holzregal Schadstoffarm

oldnobody

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Hallo liebe Profis, durch diverse Plattformanbieter (Tylko, Pickawood etc.) für Konfigurationsmöbel animiert, bin ich zu dem Entschluss gekommen, einen örtlichen Schreiner mit der Anfertigung eines Bücherregals zu beauftragen. Neben dem individualisierten Design gefällt uns insbedondere die Idee, nachhaltiges, geringverarbeitetes und schadstoffarmes Holz aus dem Wald hinterm örtlichen Berg zu verwenden - wir wohnen mit einem kleinen Kind im Haushalt. Soweit die naive Idee. In der Realität musste ich feststellen, dass auch die örtlichen Schreiner überwiegend grossindustriell verarbeitetes Holz aus dem internationeln Holzmarkt verwenden. Ich will trotzdem bei der lokalen Strategie bleiben, hoffe aber, in dieser Community ein paar Anhaltspunkte für meine Entscheidung zu finden.

Einfach gefragt: Worauf achten?

Konkret gefragt:
- Sind die Angaben zum Formaldehyd- und sonstigem Schadstoffausstoss der grossen Holzanbieter (z.B. https://www.metsawood.com) geeignete Kriterien bei der Holzauswahl?
- Ist Massivholz aus Nachhaltigkeits- und Gesundheitsperspektive immer die bessere Lösung als Multiplex?
- Sind Hölzer, die vom Holzanbieter mit der Eignung für den Aussenbau beworben werden, für Inneneinrichtungen geeignet?

Freue mich aber alle Einschätzungen und Hilfestellungen und danke für Eure Aufmerksamkeit.

Julia
 

carsten

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Hallo

zuerst müsste man mal unterscheiden ob du Holz oder einen Holzwerkstoff haben willst.
Natürlich gewachsenes Holz enthält die Schadstoffe, die es vor Ort aufgenommen hat, übrigens auch Formaldehyd. Selbst der menschliche Organismus stellt es in sehr geringem Maße her. In Verruf geraten in Formaldehyd in den frühen Jahren der Spanplattenherstellung. Hierdurch wurden Raumluftkonzentrationen erreicht, die gesundheitlich schädlich sind. Die heutigen Spanplatten enthalten nur einen Bruchteil des damaligen Gehaltes. Dieser gilt nach heutigen, bekannten Gesichtspunkten als unbedenklich. Kosmetika und Reinigungsmittel enthalten bisweilen deutlich mehr. Was hilft, ist: Lüften. Ganz einfach. Das ist auch dem sonstigen Wohnkomfort absolut dienlich. Sollte im Haus geraucht werden, ist jede weitere Überlegung hinfällig.

Wenn du auf regionale Werkstoffe Wert legst, bleibt eh nur Massivholz. Holzwerkstoffplattenproduzenten im Raum Braunschweig kenne ich auf Anhieb keine. Die verlinkte Seite befasst sich nur mit Holzwerkstoffplatten und Nadelhölzern.
Holz bzw Holzwerkstoffe, die für den Außenbereich optimiert wurden, würde ich nicht so ohne weiteres IM Haus einsetzen.
Ich würde mir einen örtlichen kleineren Schreiner suchen, der sich evtl. auf regionales Holz spezialisiert hat.

Ob jetzt Massivholz nachhaltiger ist als Holzwerkstoffplatten, da könnte man vermutlich gar trefflich und darüber diskutieren. Am nachhaltigsten finde ich ein Möbel möglichst lange zu nutzen.
 

WinfriedM

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Holz aus der unmittelbaren Umgebung ist oft schwer zu bekommen, wenn du nicht gerade in einer Gegend lebst, wo es zahlreiche Sägewerke und Holzwirtschaft Vorort gibt. Aber Holz aus deutschen Wäldern zu bekommen, ist in der Regel recht einfach möglich.

In deutschen Wäldern findet man vor allem Buche, Eiche und ein paar Nadelhölzer. Ich hab hier schon einiges gekauft:
https://mondholz.org/index.htm

Tischler in deiner Umgebung sollte es da auch geben, die da ihre Quellen haben.

Buche aus deutschen und europäischen Hölzern bezieht der größte Buchenholzhändler in Deutschland, die Firma Pollmeier. Viele Tischler beziehen ihr Buchenholz daher.
https://www.pollmeier.com/de/Unternehmen/unser-material-im-ueberblick/Nachhaltigkeit
 

hobbybohrer

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Einfach gefragt: Worauf achten?
Konkret gefragt:
- Sind die Angaben zum Formaldehyd- und sonstigem Schadstoffausstoss der grossen Holzanbieter (z.B. https://www.metsawood.com) geeignete Kriterien bei der Holzauswahl?
- Ist Massivholz aus Nachhaltigkeits- und Gesundheitsperspektive immer die bessere Lösung als Multiplex?
- Sind Hölzer, die vom Holzanbieter mit der Eignung für den Aussenbau beworben werden, für Inneneinrichtungen geeignet
Hallo,
Gibt es in Braunschweig nennenswerte Forsten? Wenn nicht, ist der Harz nicht weit. In einer forstreichen Umgebung zu einem Sägewerk gehen und fragen, woher die ihre Stämme haben.
zu 1. - : Warum schaust Du, wenn Du lokal bleiben willst, bei einem internationalen Händler?
zu 2. -: Für Nachhaltigkeit ist massiv besser, für Gesundheit ist es eher egal. Aber warum fragst Du nach Multiplex, wenn Dir eine geringe Verarbeitungstiefe wichtig ist?
zu 3. -: Bei unbehandeltem Holz ist das richtig.

Überlege Dir nochmal, was Dir wichtig ist. Such Dir einen Ökotischler, zeichne einen Entwurf und überleg Dir eine Holzart. Dann geht mit mit all dem zu dem Tischler. Der macht Dir ein Angebot und dann lass es fertigen. Ikea wird billiger.
Grüße Richard
 

seschmi

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Am sinnvollsten dürfte Massivholz sein. Seit es Menschen gibt, verwenden die Massivholz zum Bau von Häusern und Möbeln. Da kann man davon ausgehen, dass der Mensch daran inzwischen gut angepasst ist.

Ein anderes Thema ist die Oberfläche: Dafür gibt es aber Naturölhersteller, die ihre Inhaltsstoffe komplett deklarieren und da eine hohe Vertrauenswürdigkeit haben.

Was klar sein muss: Geruch und Allergien gibt es auch bei Natur. Hier gibt es viele Kommentare, dass Naturöle anfangs riechen. Ist so, ist aber Natur. Natur stinkt, wie jeder weiß, der neben einem Biobauern wohnt. Allergien gibt es auch mehr gegen Natur (Gräser, Birke, Beifuß) als gegen Chemie.

Wenn Du zu einem Schreiner gehst und ein Regal aus Massivholz machen lässt und mit einem entsprechenden Naturöl behandeln, ist das sehr schadstoffarm. Nachhaltig ist so ein Möbel auch, bei ordentlicher handwerklicher Verarbeitung kann es hundert Jahre und länger genutzt werden, mein Küchenschrank ist deutlich älter.

Schwieriger ist „lokal“. Da hilft nur, den Schreiner zu fragen, ob er das hinkriegt. Vielleicht reicht aber auch „einheimisch“ - wenn die Buche einmalig 200 Km transportiert wird, macht das die Ökobilanz auch nicht kaputt. Da kauft man viele Sachen, die viel weiter herkommen. Denk mal an Klamotten aus Baumwolle. Oder Deinen Fernseher. Oder dein Auto.

Ich verwende nur noch Holz, das weniger als 100km von hier gewachsen ist - aber das ist auch Hobby, das Beschaffen ist meine eigene Arbeitszeit. Ein Tischler will natürlich bezahlt werden, da musst Du mal schauen, ob Du ihn dafür bezahlen willst, beim lokalen Sägewerk Bohlen zu holen, trocknen zu lassen etc. Gehen tut alles, was bezahlt wird - auch ein Möbel aus einem ganz bestimmten Baum ist machbar, machen viele hier aus dem Forum, ist aber viel Arbeit, die bezahlt werden will, wenn’s der Profi macht.

Fazit: Geh zum Tischler und lass ihn ein Regal aus einheimischen Massivholz bauen, einheimisch im Sinne von „aus dem eigenen Land“. Wenn das Holz dann 300km gefahren wurde, macht das die Ökobilanz auch nicht kaputt. Kläre vorher, wie die Oberfläche behandelt werden soll. Dann kriegst Du ein Regal für Generationen, das ist dann auch nachhaltig.
 

FredT

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Und die nächste/übernächste Generation hat dann schon eine komplette Einrichtung, keinen Platz und/oder einen ganz anderen Ästhetikanspruch, und kann es wenigstens noch im Sperrmüll umweltgerecht entsorgen... :emoji_fearful:
 

agnoeo

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Und die nächste/übernächste Generation hat dann schon eine komplette Einrichtung, keinen Platz und/oder einen ganz anderen Ästhetikanspruch, und kann es wenigstens noch im Sperrmüll umweltgerecht entsorgen...

Lass es uns gar nicht probieren, es könnte ja vielleicht auch nicht klappen. :emoji_wink:


zum Thema Oberfläche: Schellack, Tungöl und Milchfarbe (milk paint) sind Produkte die auch professionell mit noch vertretbaren Aufwand verarbeitet werden können sollten (reines Leinöl hast eben doch eine längere „Trocken“zeit) - oder den Teil selber machen, ist keine Raketen Wissenschaft und Schellack muss man auch nicht unbedingt französisch polieren, kann man auch streichen uns ggf mit Wachs nachpolieren.

Gruß, David
 

FredT

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Du hast mich leider nicht verstanden. Der Einwand ging in Richtung "für Generationen". Damit plane ich nun schon gar nicht mehr, denn bei mir ist in spätestens 35Jahren der Drops gelutscht. Länger muß es also auch planungsmäßig nicht halten.
 

oldnobody

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Ich danke Euch allen für die Einschätzungen und die kenntnisreichen Ausführungen. Es sollte den Berufsstand des unabhängigen Holzberaters geben, da es das aber nicht tut, freue ich mich sehr über die Unterstützung, die ich hier erfahren habe.

Julia
 
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