Ich hole mal das eine oder andere mit in diesen Faden.
Etwas Grundsätzliches:
Die Bundesrepublik hat 16 Bundesländer inkl. der Stadtstaaten. Ihre Wälder sind sehr unterschiedlich geprägt hinsichtlich Struktur (Alter, Baumarten, Standorte), Besitzartenverteilung (Bund, Land, Körperschaften wie Städte, Gemeinden, Kirchen, Privatwald, Treuhandwald, Privatwald) ihren Forstverwaltungen, deren Strukturen beruhend auf politischen (Bürger-)entscheidungen usw. usw. Das bedingt, dass man in solchen Foren oftmals aneinander vorbeispricht, weil der eine nichts von den Verhältnissen im Bundesland des anderen weiß. Da werden dann oftmals Äpfel mit Birnen verglichen und der dritte mag eher Pflaumen. Wir hatten hier in der Vergangenheit ja schon öfter mal das Thema Wald und Forstwirtschaft und ich musste feststellen, dass von mir per link gegebene Hinweise auf die jeweiligen Regelungen kaum wahrgenommen wurden. Das ist bedauerlich. Deshalb werde ich auch keine links mehr heraussuchen, google ist jedermanns Freund und jeder kommt unproblematisch an die notwendigen Infos, so er denn will. Die Seiten der Landesforstverwaltungen können schon abendfüllend sein. Man muss sich nur darauf einlassen. Dazu kommen zig Internetseiten zum Thema, auch offizielle.
Ich schreibe hier aus sächsischer Sicht. Das kann sich durchaus von dem unterscheiden, was
@Ben Benson hier schreiben wird. Nichts ist so bunt wie der Wald.
Zum letzten Absatz: ich sehe bei uns in der Gegend vermehrt, dass nach dem Einschlag der Fichtenmonokultur die gleiche Fläche mit Birken bepflanzt wird. Man tauscht eine Monokultur gegen die andere.
@Ben Benson @Túrin gibt es dafür gute Gründe, wisst ihr da was dazu?
Bestes Beispiel ist der Wald an meiner Grundstücksgrenze. Der größte Teil ist mittlerweile eine Birkenkultur, direkt an der siedlungsgrenze. Was das fur Allergiker bedeutet und dass die Not amused sind, kann ich da verstehen. Mal vom Pollendreck an Fassaden etc ganz zu schweigen….das Zeug ist wochenlang überall um an und im Haus. Ebenso die Samen.
Hinsichtlich der Bepflanzung mit Birke gibt es gut Gründe. Vielleicht ist es eine Frostlage, und man möchte für die folgende Bestandesgeneration von frostempfindlichen Baumarten, bspw. Rotbuche, einen schützenden Vorwald schaffen. Die Birke lässt sehr viel mehr Licht auf den Boden, verhindert Vergrasung und Verunkrautung (Brombeere!) und bietet damit auch für die folgende Bestandesgeneration einen guten Start. Sie ist positiv zu bewerten hinsichtlich der Humusbildung mit leicht zersetzlicher Streu. Warum man das grade dort tut, wo Du das gesehen hast:
@ChrisOL , her mit der Kristallkugel. Nein, warum fragst Du nicht einfach nach, warum man die Birken gepflanzt hat. Hinweis dazu im ersten Absatz.
...Es gibt aber immer mehr seriöse Wissenschaftler, die genau das Gegenteil behaupten.
Es soll sogar vor der Existenz des Menschen schon Wälder gegeben haben
Ich weiß, das ist unfairer Vergleich. Die meisten Wälder werden ja als Plantagen bewirtschaftet und sollen Geld einbringen. Ich bin gespannt, ob dieses Geschäftsmodell noch lange so funktioniert wie es das in der Vergangenheit getan hat. Es ginbt ja erste Anzeichen, dass das nicht der Fall sein wird und viele Waldbesitzer gehen auch schon erfolgreich andere Wege...
Ja, natürlich gibt es dort immer mehr seriöse Wissenschaftler. Du wirst es nicht glauben, die finden sich sogar in den Landesforstverwaltungen. Und tatsächlich haben wir in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Erkenntnisgewinn zu verzeichnen. Da spielen auch solche Forstverwaltungen wie die von Hatzfeldsche eine Rolle, weil auch dort oft forstliche Forschung stattfindet. Ich hatte mir vor über 15 Jahren mal deren Brandenburgischen Betriebsteil angesehen, den sie vor rund 20 Jahren gekauft hatten, rund 6.500 ha. Beeindruckend, und das was da passieret, machen wir auch zum Teil in den eigenen Wäldern. So weit geht das garnicht auseinander. Denn die Zeiten der Plantagenwälder sind vorbei. Hier hat man schon vor dreißig Jahren angefangen, Kiefer und Fichte mit standortgerechten Laubhölzern voraus zu verjüngen. Zumindest im Landeswald, im PKWald (Privat- und Körperschaftswald) gepuscht durch Fördergelder, EU und Land. Vor dreißig Jahren, nicht erst gestern. Das sind allerdings Prozesse, die so manch ein eifriger Waldläufer nicht mitbekommt, weil das alles sehr langsam und kleinflächig vonstatten geht. Und wenn dann in einem Hieb der letzte Teil des Oberstandes abgeräumt wird, weil die Verjüngung Licht braucht, gibt es kurz darauf erboste Leserbriefe von Leuten, die sich ihre Kenntnisse beim letzten Waldspaziergang erworben haben. Die Kolleginnen und Kollegen setzen schon seit Jahren entsprechende Pressemitteilungen in der Lokalpresse ab, um die Dinge zu erklären. Es werden auch Waldspaziergänge angeboten, um die Leute zu informieren "Ach so ist das, ich dachte immer ..."
Des Bäckereiverkäufer*ins Kernaufgabe ist es, Kleinstmengen zu verkaufen.
Des Bäckereiverkäufer*ins Revier wurden in den letzten Jahrzehnten auch nicht in der Größe verdoppelt bis verdreifacht. Des Bäckereiverkäufer*ins bürokratischer Aufwand wird auch nicht von Jahr zu Jahr größer, Pflanzenschutzdokumentation, Zertifizierung etc. Der/dem Bäckereiverkäufer*in quatscht auch nicht seit Jahren vermehrt jede Biolehrerin in das Handwerk und schriebt Leserbriefe an die Zeitungen und ist der Meinung, alles besser zu können. Oder fordert am besten die Bäckerei schließen zu lassen und sich das Mehl einfach ohne menschlichen Einfluss entwickeln zu lassen.
Und wenn der/die Bäckereiverkäufer*in 1000 Brötchen an einen Kunden, oder an 500 Kunden zwei Brötchen verkaufen könnte, was würde er/sie wählen wenn die Bezahlung die selbe wäre?
Und muss der/die Bäckereiverkäufer*in seit drei Jahren zugucken wie der Backshop abbrennt, kann aber nichts dagegen tun als so viele Brötchen wie möglich auf den Flammen zu backen?
Die Unterstellung dass es uns zu gut ginge ist schon von einer gewissen Ahnungslosigkeit geprägt.
Dem ist nicht nicht wirklich etwas hinzuzufügen.
Das mit der Ahnungslosigkeit bestätige ich. Im Wortsinne, nicht mal eine Ahnung, aber auch oft nicht der Wille, sich zu informieren.
...Dieser Satz sagt sehr viel aus. Er klingt sehr überheblich. Und da haben wir ein weiteres Problem das die deutsche Forstwirtschaft meiner Meinung nach derzeit hat: Mangelnde Kommunikationsbereitschaft. Das Interesse der Bevölkerung am Wald und wie er genutzt wird ist nun einmal gestiegen. Da sollte die Forstwirtschaft Kommunizieren und nicht nur Aufklären. Es treffen immer mehr unterschiedliche Interessen aufeinander.
Und da gibt es noch einen Punkt, der mir persönlich zu wenig Beachtung findet:
Ein Großteil des deutschen Waldes ist Staatswald. Gehört also den Bürgern. Nun möchte aber der gemeine Bürger immer mehr wissen wie sein Eigentum verwaltet und bewahrt wird. Da ist die Forstwirtschaft auch in der Pflicht diese Informationen zu liefern. Ich würde mir zum Beispiel eine Sprechstunde beim Förster wünschen, so wie es bei Ortsvorstehern üblich ist. Jeder kann kommen und Fragen stellen. Oder Waldbegehungen, Infoveranstaltungen darüber warum nun wo gerodet wird. Zumindest bei uns gibt es das nicht. Das ist alles sehr verschlossen. Wenn die Forstwirtschaft weniger Kritik von Laien einstecken will, muss sie genau auf diese Menschen zugehen. Auf eine Art, die nicht überheblich wirkt...
Eine mangelnde Kooperationsbereitschaft kann ich nicht erkennen, im Gegenteil. Wir haben hier eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Es werden Wandertage angeboten, wo jeder mitlaufen und seine Fragen stellen kann. Einmal im Jahr gibt es Waldjugendspiele, wo Kinder der örtlichen Schulen durch die Revierleiterinnen und Revierleiter spielerisch an den Wald herangeführt werden. Die Kolleginnen und Kollegen haben alle Sprechtag. Über das Örtliche sind die Forstbezirke (in Sachsen gibt es keine Forstämter) telefonisch zu erreichen. Gib mal bspw. Forstbezirk Neudorf ein. Aber auch über unsere homepage sind Kontaktdaten abrufbar. Wer es wünscht, kann kommen und sich informieren. Sei letztem Jahr auch Instagramm und facebook. Die Kolleginnen und Kollegen sind oft bei den Sitzungen der Jagdgenossenschaften und tlw. Hegegemeinschaften dabei. Über die Kommunikation bringen wir die Informationen rüber und klären damit auf. Und da wirklich viele Leute von Forstwirtschaft schlicht keine Ahnung haben, kann man das wirklich nur Aufklärung nennen. Da hast Du sehr Recht, wenn Du den Staatswald als Bürgerwald bezeichnest. Dies ergibt für die Landesforsten die entsprechenden Verpflichtungen, die auch gesetzlich fixiert sind (Hinweis siehe oben). Tatsächlich muss man sich aber auch rühren, wenn man Informationsbedarf hat, dann ruft man den Förster oder die Försterin an und kommt zur Sprechstunde, die es bei uns selbstverständlich gibt, meistens Donnerstag nachmittags oder auch individuell vereinbart. Wenn das im Saarland anders ist? Nach kurzem Blick auf die Seiten: Es ist nicht so, wie Du schreibst
Jedes Bundesland gibt einen Landeswaldbericht/Geschäftsbericht heraus. Jedes. Da steht sie dann grade für das, was sie tut. Wie man daran kommt, solltest Du jetzt wissen. Bei Euch gibt es am 15. September den Tag des offenen Reviers. Das waren jetzt drei Klicks.
Wenn einem natürlich der eine oder andere Glaube hinsichtlich der Forstwirtschaft durch die Kommunikation mit einer Försterin oder einem Förster genommen wird, dann mag man da Überheblichkeit erkennen. Aber wie sag´ ich´s meinem Kinde?