Fingergezinkte Schubladen

flo20xe

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Keine Ahnung ob das aus der Schweiz kommt. Vielleicht ja in der Schweiz eingeschlagen und dann nach Italien exportiert?
 

brubu

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Ja das war nicht ganz ernste gemeint, aber Italien importiert schon sehr lange viel Holz aus der Schweiz.
Gruss brubu
 

kberg10

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Moin,

wenn gefräßt werden muss dauert es natürlich länger
als wenn gefräst wird.
Alleine die Ausrisse nachzuarbeiten dauert Ewigkeiten!
Das mit den Ausrissen kann man gut vermeiden indem man einen Packen mit 8 oder 12 Stück in einem durchfräst, natürlich Beilagebrett verwenden.
 

teluke

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Ich Zinke auf der Tischfräse :

Das mache ich auch, aber mit nur einem 10er Nutfräser.
Dauert halt länger weil ich die Fräshöhe halt, je nach Schubladenhöhe, ein paar Mal verstellen muss.
Toll ist an der Kombination der Falzfräser unten. Damit bekommst Du dort eine sehr saubere Kante.
Ich muss da sehr genau einstellen.

Die Hauptarbeit, wenn man das so macht, ist das Einstellen.
Passt alles kann man dann sehr schnell und sehr genau Schubladenseiten produzieren (habe heute morgen drei Stück gemacht).
Ich spanne auch immer bis 16 Seitenteile + ein Beilagebrett auf einmal ein.
Auf die Art könnte man sicher die Schubladenseiten für 100 Schubladen/Tag fräsen.

Verleimt sind die dann auch schnell.
Meist spanne ich die nichtmal ein.
Dadurch dass das alles so sauber passt geht das gut.
Leim angeben, dorthin stellen wo sie trocknen sollen und dort die Winkel prüfen (und dann die Finger weglassen bis sie fest sind.

Daher verstehe ich nicht so ganz warum die Schreiner ihre Schubladen nicht mehr selbst bauen.

Bei Deiner Fräserkombination sind das, wenn ich das richtig abschätze, 8er Fräser?

Ich habe schon mehrfach die Finger auf der Tastatur kaum stillhalten können um mir 7 identische 10er Fräser mit passenden Zwischenringen zu bestellen um Schubladenseiten in einem Durchgang zu fräsen.
Bisher hat aber immer der Geiz obsiegt.
Ich mache zwar recht viele Schubladen, aber das geht ja auch mit einem Fräser sehr schnell.
Müsste ich damit aber mein Geld verdienen hätte ich längst so eine Kombination.

Gar nicht aber verstehe ich wenn jemand, der eine Tischfräse hat, solche Arbeiten nicht damit macht.
Der Schiebeschlitten ist da natürlich von Vorteil.

Ich habe so ein Set von Festool VS 600 GE mit Schablonenset SZO 14, SZO 20 und FZ 10 (habe mal geglaubt ich bräuchte das unbedingt).
Hat einen Haufen Geld gekostet und liegt nur noch unbenutzt im Regal.
Vielleicht will das mal jemand kaufen, dann ist das weg. Kostet neu um die 900€.
Sind Kopierringe für die OF1010 dabei.
Für die Hälfte packe ich das heute noch ein.
 

benben

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Deine Nutfräser sind wohl eher nicht spandickenbegrenzt/für Handvorschub (MAN) zugelassen? :emoji_thinking:

ziemlich stumpf sehen sie jedenfalls aus. Von der Geometrie sehen die einem Kreissägeblatt ja sehr ähnlich. Aber ganz ehrlich kenne ich mich da nicht aus, bei mir haben die alle einen Stempel.

Gruss
Ben
 

flo20xe

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Daher verstehe ich nicht so ganz warum die Schreiner ihre Schubladen nicht mehr selbst bauen.

Für das Geld wo ich beim Zulieferer eine komplette Lade bekomme hab ich noch nicht mal das Holz für die Schublade hergerichtet. Dazu kommt dann noch der Zusammenbau, Schleifen sowie die Oberflächenbehandlung. Das lohnt sich absolut nicht, selbst wenn´s der Lehrling macht.

Wir bauen im Jahresverlauf auch immer wieder mal selber Schubläden, allerdings dann nicht gezinkt sondern gedübelt oder mit Lamello. Ist dann aber eine Lehrlingsaufgabe. Trotzdem immer noch wesentlich teurer in der Erzeugung. Sind dann aber i.d.R. entweder Laden mit Siphonausschnitt oder spezielle Holzarten oder wenn ich mal wieder verpeilt hab, rechtzeitig zu bestellen..... :emoji_laughing:

Abgesehen davon bin ich froh, dass wir in der Zeit wo man die Schubläden bauen müsste, was anderes machen können. Schubläden sind so ziemlich das Einzige was wir an klassischen Schreinerarbeiten "outsourcen"
 

teluke

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Das sind die drei Schubladen die ich heute nebenbei gemacht habe.

IMG_3827.JPG

Werden aber nicht als Schubladen genutzt werden sondern sind Schaukästen (nur 97mm hoch) in denen Weinflaschen ausgestellt werden.
Dazu werden sie schräg in ein Gestell eingebaut (das Gestell muss ich auch noch machen) und die Flaschen eingelegt.

Hier geht es aber lediglich um die Fingerzinkung.
 

teluke

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Für das Geld wo ich beim Zulieferer eine komplette Lade bekomme hab ich noch nicht mal das Holz für die Schublade hergerichtet. Dazu kommt dann noch der Zusammenbau, Schleifen sowie die Oberflächenbehandlung. Das lohnt sich absolut nicht, selbst wenn´s der Lehrling macht.

Wenn ihr die fertigen Schubladen so billig bekommt kann ich das natürlich verstehen.

Gut ist das aber nicht.

In ein paar Jahren wissen dann nur noch Bastler wie ich wie man sowas macht.
Im Handwerk selbst geht so Wissen verloren.
Heute macht das nur noch ab- und zu der Lehrling, in ein paar Jahren auch der nicht mehr.
Wenn er dann zum Meister wird und sich selbstständig macht dann ist das Wissen futsch.
Dauert halt noch ein wenig, ist aber ein schleichender Prozess.

Ich sehe das auch in meinem Handwerk.
Die Zulieferer nehmen den Handwerkern teilweise das Denken ab.
Nur die wenigsten können noch richtige Öfen (technisch richtig) konstruieren.
Die Industrie liefert Komponenten die praktisch einfach aneinendergebaut werden.
Die Fähigkeiten erschöpfen sich dann in der optischen Gestaltung.
Die technische Qualität bleibt dabei auf der Strecke.
 

Hondo6566

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Gut ist das aber nicht.
Warum? Ist es nicht egal ob ein Schreiner im Osten irgendwo diese günstig macht oder ob ein Schreiner das für viel Geld in Deutschland macht? Ist die Wertschöpfung höher dann kann der Schreiner in Deutschland auch überleben.
Klar wäre es schön wenn der Schreiner um die Ecke noch alles in Handarbeit machen würde und das zu bezahlbaren Preisen. Aber die Wahrheit ist eine andere. Dieser Schreiner hat sich entweder bereits totgeschuftet oder ist Pleite.

Noch ein Beispiel weil es grad so schön passt.
Mein Vater war nebenberuflich Kunstschmied. Er hat Fenstergitter, Tore, Lampen, etc. für Leute hergestellt, und das sehr professionell. Ich weiß noch gut als mein Vater mal für einen Auftrag die Stunden zusammengerechnet hat, die Zentner Schmiedekohlen, zugekaufte Nietbolzen, Schmiedeeisen etc. Als er merkte daß das ganz schön viele Stunden waren, hat er einfach die Hälfte von denen weggestrichen, damit der Kunde zufrieden war. Jemand der von seiner Hände Arbeit leben muss geht dabei drauf.
 

teluke

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Die Entwicklung ist deswegen nicht gut weil sie den Schreiner zum Ausführenden von Industrielösungen macht.
Er wird dadurch schleichend vom Erzeuger zum Monteur.

Dem "Schreiner im Osten" wird das dann ebenso ergehen wenn eine Maschine diese Arbeit übernimmt.
Der "Schreiner im Osten" muss sicher schon heute nicht mehr wissen was ein Formatkreissäge und eine Hobelmaschine ist.
Vermutlich stehen solche Sachen gar nicht mehr in der Schubladen-Fabrik.
Schreiner lernen muss er für den Job ganz sicher auch nicht.
Er muss nur noch wissen wo er automatisch vorkonfektionierte Teile hinlegt und vielleicht schauen dass das Leimfass nicht leer wird.
 

wasmachen

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Hier ham se n Fernheizwerk neu errichtet.
Die Verrohrung in der Straße von Polen geschweisst.
So weit, so gut.
Dann kam n Erweiterungsteil. Hat die polnischen Kollegen ned so gejuckt, is ja ned rentabel wegen so n paar Hütten....

Dann such mal n anderen. 2 Probleme dabei:
1. Macht hier ja keiner mehr, da das seit Jahren immer die 'Ostler' machen, weil:
2. Die, die es noch könnten haben besseres zu tun als da 'reinzupfuschen'.
3. Die anderen klnnens gar nicht mehr.....

Diese Entwicklung ist ja in der Holzbranche noch nicht so stark wie z.b. im Metallbereich.
Wenn n Schlosser findest, ist der auch schon stark 'Ausführender' anderer (Industrie-)Gewerke.
Er montiert das Geländer. Der eine oder andere schweisst es, zumindest wenns komplex ist. Oberflächenbehandlung? Streichen = Nein
Spritzen = eher Nein, vll im Freien
Verzinken = Auswärts geben
Pulvern = Auswärts geben

Er 'darf' dann das verzinkte, gepulverte und total verzogene 'etwas' vor Ort geradebiegen und anschrauben. Und natürlich die Macken ausbessern....
 

Johannes

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Die Entwicklung ist deswegen nicht gut weil sie den Schreiner zum Ausführenden von Industrielösungen macht.
Er wird dadurch schleichend vom Erzeuger zum Monteur.

Dem "Schreiner im Osten" wird das dann ebenso ergehen wenn eine Maschine diese Arbeit übernimmt.
Der "Schreiner im Osten" muss sicher schon heute nicht mehr wissen was ein Formatkreissäge und eine Hobelmaschine ist.
Vermutlich stehen solche Sachen gar nicht mehr in der Schubladen-Fabrik.
Schreiner lernen muss er für den Job ganz sicher auch nicht.
Er muss nur noch wissen wo er automatisch vorkonfektionierte Teile hinlegt und vielleicht schauen dass das Leimfass nicht leer wird.

Hallo,
das ist natürlich richtig was du da schreibst, aber gleichzeitig ist es falsch. Die handwerklichen Fähigkeiten haben sich immer schon geändert. Sonst hättest du keine Kreissäge sondern müsstest alles mit der Steinaxt machen oder würdest noch in der Höhle sitzen und Bilder in die Wände ritzen.
Es ist schon seit über 2000 Jahren so, daß es überliefert ist, das wir "alten" uns über den Verfall der Sitten unserer Nachkommen beschweren.
Glücklicherweise gibt es heute genügend Menschen, die soviel Freizeit haben, das sie die Handwerkskünste für die Nachwelt erhalten können.

Es grüßt Johannes
 

teluke

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Eigentlich denke ich dass es schon richtig ist was ich schreibe.

Bei den alten Ägyptern hat der Schreiner das Holz für die Schubladen mit der Bronzesäge geschnitten.
Der Mittelalter-Schreiner mit der Handsäge mit Stahlsägeblatt.
Der Neuzeit-Schreiner dann mit der Kreissäge.

Es haben sich also weniger die Arbeitstätigkeiten geändert sondern die Werkzeuge (technischer Fortschritt).

Was aber jetzt kommt ist ein Paradigmenwechsel.
Der Schreiner macht die Schublade gar nicht mehr, das übernimmt eine automatisierte Fremdfertigung.
Er baut sie nur noch ein.

Die moderne Schreinerei ist technisch hochgerüstet wie nie zuvor (CNC, Plattensäge, Breitband und was weiß ich noch).
Das finde ich richtig so. Das ist technischer Fortschritt bei den Produktionsmitteln (wie von der Handsäge zur FKS).

Aber wenn er eine Haustüre macht kauft er nicht etwa das benötigte Holz und macht diese, nein er kauft einen Rohling und legt den in die CNC.
Wenn ein Häuslebauer beim Schreiner Fenster bestellt dann misst der die Rohbauöffnungen, bestellt die Fenster in der Fabrik und baut sie ein.
Das ist schlicht eine Montagearbeit, mehr nicht.

Ich glaube gerne dass das alles nicht aufzuhalten ist, wehre mich aber trotzdem dagegen.
Das ist die Ikeaisierung des Handwerks.

In meinem Gewerk mache ich das nicht mit.

Wenn von mir jemand einen Heizkamin möchte dann bekommt er garnichts.
Verkaufe und baue ich nicht.
Will aber jemand einen richtigen Grundofen dann ist er bei mir richtig.
Etwas anderes gibt es bei mir nicht (und ich muss trotzdem nicht am Hungertuch nagen).
Die benötigten Teile wie z.B. die Ofentüren sind alle selbst entwickelt und in der eigenen Werkstatt produziert.
 

flo20xe

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Theo, grundsätzlich gebe ich dir da schon recht was du schreibst bezüglich immer mehr Wandlung zu reinen Montagebetrieben. Und ich bin auch eher so gepolt, dass wir alles was möglich und sinnvoll ist auch selber herstellen. Kommt aber halt sehr auf die technische Ausstattung des Betriebes an. Die ist bei uns schon recht gut für einen Betrieb unserer Größe.
Bestimmte Sachen machen aber halt als Zukauf bei Spezialisten einfach mehr Sinn. Bei mir sind das neben Schubläden z.B. Bauteile aus Mineralwerkstoffen und Küchenarbeitsplatten, es sei denn, sie sind aus Massivholz. Zudem Fronten mit Sonderdekoren wo es sich wegen ein paar Teilen einfach nicht lohnt, eine ganze Platte plus passende Kanten zu kaufen oder der Aufwand für eine saubere Verarbeitung mit unseren Mitteln einfach zu groß ist. Es ist halt auch so, dass wir seit Jahren mit der Arbeit kaum hinterher kommen, da ist man dann auch mal froh, wenn man Auftragsspitzen mit Zulieferern abfedern kann.

Allerdings sehe ich einen Schubkasten jetzt nicht als die große schreinerische Herausforderung an wo viel Wissen verloren geht.
Im Endeffekt ist ja ein Schubkasten nur ein um 90° gedrehter Schrankkorpus, 2 Seiten (Schubkastenseiten), Boden und Deckel (Vorder- und Hinterstück) sowie Rückwand (Schubkastenboden).
Deswegen lass ich meine Lehrlinge auch immer wieder mal Schubladen bauen, Eckerverbinder dann aber mit Lamello. Wenn sie das können, dann kann er/sie auch einen Korpus in Plattenbauweise "händisch" also ohne CNC bauen. Dabei lernt er/sie auch noch das Herrichten von Massivholz und ggf. auch Herstellen von Leimholz.

Aber ansonsten sehe ich bei dem Thema jetzt da keinen großen Verlust an "KnowHow" wenn ich die Schubladen extern fertigen lasse. Zumal ich sagen muss die Qualität ist eigentlich beim zugekauften Schubladen besser als unsere eigene, zumindest was die Eckverbindung angeht. Fingerzinken machen optisch schon mehr her als nur stumpf gedübelt oder lamelliert. Oberfläche kann man jetzt drüber streiten, wenn wir die selber machen, ist die besser im Sinne von weniger Einschlüssen bzw. glatterer Oberfläche. Aber das fällt einen normalen Kunden eh nicht auf.
 

wasmachen

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...wo fängst jetzt an, und wo hörst auf?
Den Korpus und die Fronten kannst ebenso zukaufen. Das können automatisierte Betriebe vermutlich besser als ihr; gut, ich kenne eure Größe und Struktur nicht...

Vor allem, überleg mal andersherum: du würdest erst beginnen, und müsstest erst Halle mieten und Maschinen kaufen.
Ich behaupte mal, dass der Großteil nicht im entferntesten an eine Produktionsstätte herankommt, wo er sowas qualitativ und auch in Produktionszeiten hinbekommt, dass er da wettbewerbsfähig ist.

Wenn ihr seit Jahren schon mit der Arbeit nicht nachkommt , stellt sich auch die Frage warum ihr personell nicht gewachsen seids; oder andersherum: nicht ausreichend gewachsen.

Mit den Entwicklungen, die hier angesprochen werden, ist der Fachkräftemangel einfach hausgemacht. Die Industrie hat schon immer besser gezahlt, schafft ja aufgrund ihrer Größe auch die Kosten auf die Allgemeinheit umzuwälzen. Damit meine ich nicht den VK Preis. Sondern Förderungen, Produktionsverlagerungen, Pleiten, usw.

Im Grunde bin ich über die Entwicklung froh. Der Kunde wird zum Bittsteller, und die verbleibenden Handwerker bekommen dann Löhne, die ihnen zustehen. Doof ist nur, dass zuwenig nachkommen.... aber dann würde sich die Spirale auch umkehren.
 

teluke

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Die Schublade ist doch lediglich ein Symptom, dabei ging es nur um das Prinzip der Veränderung.

Heute wird noch der Türrohling auf die CNC gelegt, morgen wird sich selbst das nicht mehr lohnen weil die Hersteller die kpl. Maßtür so günstig macht dass nichtmal das mehr Sinn macht.
Dann ist das so wie mit den Fenstern oder den Schubladen.
Der Schreiner ist lediglich noch Besteller und Monteur.
Er braucht dann auch keine CNC mehr.

Gäbe es genug Arbeitskräfte könnte er sogar diese Funktion noch verlieren und zum reinen Subunternehmer werden.

Die Bereiche in denen wirklich Fachwissen nötig ist werden immer kleiner.
Ein Subunternehmer braucht nicht Schreiner zu sein um zu lernen wie man Fenster fachgerecht einbaut.
Für dieses Aufgabenfeld reicht vermutlich eine 4-wöchige Ausbildung beim Hersteller völlig aus.

Wir bewundern seit Tagen die Treppe von Christian.
Wie lange wird es noch dauern bis spezialisierte Hersteller (Industrie 4.0) auch solche Sachen in Losgröße 1 vom Band purzeln lassen?
In weniger Zeit als Christan für Konzeption und Planung gebraucht hat.
Das gilt auch für Maß-Einbauschränke usw.

Ich vermute nicht mehr lange.

Die Wertschöpfung wird zu den Herstellern verlagert.
Die Schreinerei (die bis dahin ein richtiger Hersteller und Spezialist für Losgröße 1 war) wird zum Montagebetrieb.
Vielleicht schickt dann der Hersteller auch gleich seine eigenen Montagetrupps.

Vielleicht bieten dann auch Baumarktketten das alles an.
Die brauchen dann lediglich noch einen Mitarbeiter der ein sicheres Aufmaß machen kann und einen guten Berater/Verkäufer.
Alles andere erledigt der Hersteller und der Schreinerbetrieb bleibt außen vor.
Die Wertschöpfung teilen sich Hersteller und Baumarkt auf.
Der Kunde nimmt das Angebot sicher gerne an.

Das Ganze gilt natürlich nicht nur für Schreinereien sondern, in unterschiedlichem Ausmaß, für alle Handwerkbereiche welche Investitionsartikel heute noch in der eigenen Werkstatt herstellen.

Spezialisiertes Fachwissen wird sich dann in bei den Herstellern konzentrieren.
Ich vermute diese Entwicklung wird sich nicht aufhalten lassen.

Ein paar Nischen werden aber verbleiben.
 

keks010982

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Theo hat da schon nicht ganz unrecht... Bin ja planungstechnisch eher bei den Zimmerern unterwegs. Lohnabbund incl. Werkplanung wird immer mehr an uns vergeben. Hab gestern noch mit einem Zweimann Betrieb telefoniert die bis vor 3 Jahren nur das Holz bei uns gekauft haben und alles von Hand selbst abgebunden haben... Inzwischen bekommen die sogar die einfachsten Dachstühle abgebunden auf die Baustelle geliefert. Warum? Weil's einfacher ist, die Auftragslage so hoch ist das sie es sonst einfach nicht schaffen, Fehlerquote bei komplizierteren Konstruktionen viel geringer --> keine Nacharbeit auf der Baustelle usw...
Ein Grat- oder Kehlsparren am Computer planen und durch die Abbundanlage rumpeln lassen ist eine Sache von weniger als einer halben Std. Von Hand anreißen und ausarbeiten geht kaum unter 2Std. Da ist die Dachplanung aber noch nicht dabei... Allein eine vernünftige Software für die Planung kostet ja schon 10.000€ plus - von Hand zeichnen ist ja nicht mehr so ganz zeitgemäß und dauert ja auch viel zu lange. Ich brauche für einen kompletten normalen Dachstuhl mit 2 Gauben und 2 Dachfenstern Satteldach vielleicht 4 Stunden für die Werkplanung abbundfertig incl. Montagepläne wenn die Statik und Baueingabeplanung passen.
Die Zeiten wo es noch detaillierte Werkpläne von Architekten gab anhand derer der Zimmerer ohne eigene Planung arbeiten könnte sind leider vorbei.
Und das ist bei weitem kein Einzelfall... Es kommen immer mehr Betriebe, besonders kleinere, die komplett auf Lohnabbund umstellen. Erst lassen die die komplizierten Sachen machen und dann, wenn sie feststellen, dass es günstig einfach und zuverlässig klappt, alles. Bei manchen ist es inzwischen sogar so schlimm, dass die sich furchtbar aufregen wenn sie auf der Baustelle eine Säge auspacken müssen weil man in der Planung eine vor Ort Anpassung geplant hat oder einen Schleifer weil eine Schwalbenschwanzverbindung etwas stramm geraten ist... Da wird es dann echt traurig.
Ist diese Entwicklung aufzuhalten? Ich denke eher nicht. Es gibt viel zu wenig gute Auszubildende, viel zu wenig Betriebe die noch gut ausbilden...
Ein fertig abgebunden es Dach mit Montageplänen kann ein Affe montieren. :emoji_grin: Wer schon Mal Lego nach Anleitung gebaut oder ein Ikearegal zusammengebaut hat, schafft auch das Dach aufzurichten. Alles nummeriert und für unbedarfte gibt's sogar eine Montagereihenfolge dazu wenn gewünscht...

Ich find die Entwicklung auch nicht besonders Toll - andererseits verdiene ich mein Geld damit... Hmmm.

Gruß Daniel
 

wasmachen

ww-robinie
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Nichts hinzuzufügen.
Selbst im Aufmaßbereich gibts schon Themen, wie du das ohne Expertise machst.
3D Vermessung vom Raum.
Dann Lasergeführte 'Bohrlochanzeichnung', am Laserpunkt bohrst du.

Die Vermesserei könnte selbst immer mehr über Bilder passieren.
N Kumpel arbeitet bei ner Firma, die so ne 3D SW hat, die aufgrund von Bildern ein 3D Modell berechnen kann.
Hat spasshalber mit dem Handy 100 Bilder von nem Motorblock incl Anbauteile gemacht. Einfach frei drumherumgegangen, wahllos geknipst. 1 Referenzlänge angegeben.
Das Ergebnis in 1:4 von nem 3D Drucker ausdrucken lassen. Und ja, die Dimensionen passen....
Das ist jetzt aber nicht der Entwicklungsgrund dieser SW, sondern n Nebenprodukt. Zeigt aber, was möglich wird und ist...
 
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