Hallo zusammen,
ich bin in leitender Funktion in einer Tischlerei mit ca. 30 Mitarbeitenden und beschäftige mich intensiv mit der Optimierung unserer Prozesse – u. a. Projektmanagement, Digitalisierung und Fertigung.
Unser Leistungsspektrum ist breit: Fenster, Haustüren, Treppen, Innenausbau, Möbel, Küchen, Außenbereich und viele Sonderlösungen im gehobenen Segment.
Konstruiert wird bei uns fast alles in TopSolid Wood, mit Ausnahme der Treppen (Compass) und Standard-Dreh-Kipp-Fenster.
Maschinell sind wir sehr gut ausgestattet, u. a. mit einer HOMAG BOF 211 und einer Centateq P310 (5-Achs) – bei der ich besonders viel Potenzial für Spezialteile sehe, vor allem mit einem präzisen digitalen Aufmaß.
Definitiv ein guter Ansatz.
1. Laserscanner – Empfehlungen gesucht
• Welche Scanner (Stativ / mobil / SLAM) eignen sich für den Innenausbau?
• Erfahrungen zu Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Handling & Preis-Leistung?
Für euren Anwendungsfall ganz klar stationäres 3D-Laserscanning. Mobile Laserscanner eignen sich vereinfacht gesagt für große Flächen und einfache Geometrie. SLAM ist die Technologie (Algorithmus) hinter den meisten mobilen Scan-Lösungen.
Du wirst das bekommen, wofür du zahlst. Die Großen Hersteller (FARO, Leica, Riegl, Trimble, Z+F, ...) haben für jeden Geldbeutel etwas im Angebot. Die abgefragten Eigenschaften (Genauigkeit Zuverlässigkeit und Handling) steigen linear mit dem Preis. Es gibt allerdings auch Derivate, Geräte im falschen Kleid und Kleinhersteller. Eine Übersicht über verschiedene Scanner gibt es im Laserscanning-Forum oder bei Laserscanning-Europe.
Am Ende lohnt es sich eventuell etwas mehr Geld auszugeben, wenn man dafür einen brauchbaren Scanner, eine gute Software und somit ein zuverlässiges Gesamtpaket erhält. Ein schneller und Effizienter Arbeitsablauf ist mehr Geld wert, als ein paar gesparte Euros in der Anschaffung.
2. Punktwolken → TopSolid / Compass
• Wie hoch ist der reale Aufbereitungsaufwand?
• Welche Software nutzt ihr zur Registrierung?
• Welche Formate funktionieren am besten?
• Wo liegen typische Stolperfallen?
Zu TopoSolid/Compass kann ich nichts sagen.
Der reale Arbeitsaufwand hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein typisches 5 bis 10 Standpunkte-Projekt sollte heute jeder halbwegs vernünftige Scanner in 10 bis 30 Minuten erfassen und je nach Software in 10 Minuten bis einer Stunde auf dem Auswerterechner sein.
Wir nutzen sowohl die Software des Scanner-Herstellers, als auch eine Zusatzsoftware von einem Drittanbieter. Je nach Anzahl der Scans und Erfahrung des Auswerfers ist das aus meiner Sicht die beste Lösung. Ich hatte vorhin ein Kundengespräch, dort kommt ein FARO-Scanner mit Autodesk ReCap zum Einsatz. Ich kenne diese Vorgehensweise, nutze sie aber aus verschiedenen Gründen nicht. Für den Kunden aber a) bezahlbarer und b) ausreichend. Zeitlich sicher nicht optimal, aber gut darstellbar.
Am besten funktionieren die nativen Herstellerformate, sofern diese von der Auswertesoftware unterstützt werden. Ansonsten geht meist E57 (Neutrales Format) oder ein ASCII-Format. Beide Dateiformate sind meist um ein Vielfaches größer als die Binärformate der Scan-Hersteller.
Je nach Software-Lösung kommt bspw. eine fertige Punktwolke für AutoCAD oder Microstation aus der Scanner-Software raus, oder man muss den Zwischenweg über einen Konverter gehen. Hier dauert es je nach Software kürzer oder länger, oder man braucht eine zusätzliche Lizenz für eine einfache Aufgabenstellung.
Stolperfallen gibt es viele. Diese fangen in der Aufnahme an, gehen über die Referenzierung, Bereinigung der Daten, den Export und die Auswertung. Man lernt recht schnell, dass ein Laserscanner Ecken und Kanten nicht direkt misst, sondern diese aus Flächen abgeleitet werden müssen. Ebenso lernt man recht schnell, dass Datenqualität vom Preis abhängt und ein Scanner der laut Hersteller nur fünf Millimeter Genauigkeit hat, diese auch liefert. Große Punktwolken sind auf manchen Rechnern langsam und nicht jede Software kann mit der Punktwolke mehr als nur Anzeigen.
3. Mehrphasiges Aufmaß
Wir messen oft, bevor z. B. Böden oder Fliesen fertig sind und ergänzen dann kurz vor der Fertigung nochmal die tatsächlichen Raummaße in unsere variabel angelegte Zeichnung
• Funktioniert ein zweiter Scan später zuverlässig?
• Wie stabil lassen sich beide Punktwolken kombinieren?
• Welche Toleranzen berücksichtigt ihr?
Mit der richtigen Hard- und Software funktioniert ein zweiter, dritter, ... Scan ohne Probleme. Man kant diesen auf den vorherigen Scan referenzieren, sofern die gemessene Geometrie das ermöglicht. Sonst braucht es Hilfsmittel wie Zielzeichen. Allerdings sind Cloud2Cloud-Referenzierungen von Statistik abhängig und bei größeren Änderungen an der zugrunde liegenden Geometrie, liegt der nachfolgende Scan hat nicht da, wo der erste liegt. Die Frage ist, ob die angezeigte Ampel der Realität entspricht und wie Du das überprüfst. Grün = gut und lagerichtig kann sein, muss aber nicht.
Wir garantieren den Kunden
2 Millimeter absolut und können das dank der Auswertesoftware und den Protokolldateien auch belegen. Um zwei Millimeter garantieren zu können, muss der Scanner und das „Voodoo“ hinten dran halt auch funktionieren. Je nach Scanner, Software, Registrierungsmethode, Objekteigenschaften und Erfahrungsschatz gehe mal von 3 bis 5 Millimeter aus. Egal was die Ampel im Display zeigt oder welche Zufallswerte die Software anzeigt.
Ich kann unseren Scanner mit dem bekannten Gerät eins anderen Herstellers vergleichen und wenn der Kunde der Punktwolken geliefert bekommt sagt, dass der alte Scanner bessere Punktwolken erzeugt hat als der neue, dann hilft auch die Hochglanzbroschüre nicht. In der Herstelleranleitung steht das auch so drin, aber Chefs entscheiden und nicht der Kunde.
Wenn man einen Raum im Rohbau scannt und nachher ist die Wand verputzt ist, dann bekommt man den zweiten Scan niemals in ausreichender Genauigkeit auf den ersten Scan mit Cloud2Cloud referenziert. Dann braucht es Schachbrettmuster oder eine Software die auch mit Teilen der Punktwolke referenzieren kann.
Als Lektüre zur Genauigkeit empfehle ich die Anleitungen der Scanner. Die Stichworte sind Messgenauigkeit eines Einzelpunktes, Winkelauflösung und Signal-Rausch-Verhältnis. Eine absolute Genauigkeitsangabe in Millimeter wird man bei keinem Hersteller finden. Und alle die einen Millimeter garantieren, machen Marketing vom feinsten.
4. Vorplanung → Punktwolke
• Kann ich ein vorgezeichnetes Projekt in die Punktwolke importieren und exakt an die Realität anpassen?
• Funktioniert das gut in TopSolid?
• Ab welcher Punktwolkengröße wird es unübersichtlich?
Ja, jedes halbwegs brauchbare CAD-Programm kann entweder die Punktwolke oder die CAD-Grundlage verschieben. Jede bessere Registrierungs-Software kann die Punktwolken auf CAD-Elemente oder Werte aus der CAD ausrichten. Ggf. muss man noch etwas tricksen, aber ja, das sollte eine Software können.
Zu TopSolid kann ich nichts sagen. Ebensowenig ab wann das unübersichtlich wird. Mit unserer Software gehen bis zu mehreren Tausend Standpunkte in der Referenzierung und auch in der Punktwolkenaufbereitung. Die Dateigrößen sind meist von räumlichen Ausdehnungen und nicht von der Anzahl der Standpunkte abhängig. Dies ist dem internen Aufbau der Dateiformate geschuldet.
6. Stand der Technik – 2025
• Wie gut sind moderne Scanner?
• Sind mobile/SLAM-Scanner inzwischen präzise genug?
• Wo liegen die Grenzen?
Sehr gut. Je nach Preisklasse noch besser.
Kommt auf die Aufgabenstellung an. Ich sage immer: Statisches Scan ist so gut wie ein Fingernagel dick ist, mobiles Scannen, so gut wie der Finger dick ist. Genauigkeit ist das eine, Auflösung, Punktrauschen, scharfe Katen, usw. das andere. Es muss jedem klar sein, dass wenn ein Hersteller drei oder vier Geräte in der Produktlinie hat, dass die sich nicht nur beim Preis unterscheiden.
Heute Mittag hat mir jemand erzählt, dass er mit dem mobilen Messsystem besser als mit einem stationären Laserscanner messen kann und dass er mit dem System keine Grenzen kennt. Ich habe ca. 30'000 stationäre Scans im meinem Berufsleben gemessen und mehr als einen mobilen Scanner in den Händen gehabt. Die Grenzen sind klar erkennbar und ich sage, es kommt auf den Workflow und das Resultat an.
Die Grenze ist am Ende dort, wo technisches Verständnis auf Geld und Leidenschaft trifft.