Hallo zusammen!
… Ich würde persönlich gar nicht zur Polizei gehen, bringt in der Regel nichts.
Das kann ich so nicht bestätigen.
Seit dem 1. Juli 2017 heißt es in § 73 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs: „Hat der Täter … durch eine rechtswidrige Tat … etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.“ Und zwar zu Gunsten des Geschädigten. Vor dem 1. Juli 2017 war das anders. Da
konnte das Gericht das tun, und auch nur auf Antrag. Jetzt
muss es. Soweit ich das bislang beobachten konnte, funktioniert das auch.
Wenn man sich als Geschädigter ein paar Minuten Zeit nimmt und online bei der Polizei eine Anzeige erstattet, dann wird die Polizei in der Regel versuchen, zunächst einmal festzustellen, wer der Täter war. Pedder hat ja schon darauf aufmerksam gemacht, dass falsche Identitäten benutzt werden. In vielen Fällen ist es leider so, dass die Ermittlungen ins Leere laufen, sei es, dass die Täter erfundene Personalien und gefälschte Papiere nutzen, sei es, dass sie wie in dem bei #34 verlinkten Video Personalien real existierender Menschen kapern, sei es, dass sie sich im Ausland befinden und nicht ausgeliefert werden. In diesen Fällen führt die Anzeige zwar zu nichts. Ob man dann mit einem Mahnbescheid oder der Einschaltung eines Anwalts mehr erreichen würde, erscheint fraglich.
Wenn die Polizei einen Täter zu fassen bekommt, dann kommt es in der Regel auch zu einer Anklage und zu einer Verurteilung. Das Gericht verurteilt den Täter dann nicht nur zu einer Strafe, sondern zieht zu Gunsten der Geschädigten auch die ertrogenen Beträge ein.
Für den Anzeigeerstatter ist das eine charmante Lösung.
Die Staatsanwaltschaft als Strafvollstreckungsbehörde treibt das Geld für ihn ein und kehrt es an ihn aus, ohne dass er selber einen Titel erwirken, einen Anwalt einschalten oder einen Gerichtsvollzieher beauftragen muss.
Sein Aufwand hält sich in Grenzen, wenn er in seiner Anzeige alle wesentlichen Dinge benennt und der Polizei die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zur Verfügung stellt. Sollte die Polizei noch Fragen haben, lässt sich das häufig schriftlich klären. Es kann sein, dass er zur Gerichtsverhandlung als Zeuge geladen wird, was lästig sein kann, wenn diese in Flensburg stattfindet, er selber aber in München wohnt. Die ihm dadurch entstehenden Kosten werden ihm aber - wenn auch nicht luxuriös - vom Staat ersetzt. Mit etwas Glück beschränkt sich sein Aufwand darauf, die online-Anzeige zu erstatten und am Schluss der Staatsanwaltschaft mitzuteilen, auf welches Konto sie das eingezogene Geld überweisen soll. Kostengünstiger und einfacher geht es wohl kaum.
Natürlich bleibt es jedem unbenommen, daneben auch zu versuchen, auf dem Zivilrechtsweg etwas zu erreichen.
Ich würde jedenfalls nie von einer Anzeige absehen.
Viele Grüße
Heike, die als Juristin beruflich gelegentlich mit solchen Fällen zu tun hat