Schubkastenführung traditionell

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Hallo, in der deutschen Fachliteratur ist ja relativ eindeutig, wie eine korrekte traditionelle Schubkastenführung auszusehen hat. Laufleiste, Streifleiste, Kippleiste oder alternativ Laufleisten in genuteten Seiten. Jedenfalls sollte um gar keinen Preis der Schubkasten einfach nur in der Schranköffnung laufen, da dann ja in der Regel Längs- auf Querholz läuft (bzw. offenbar nicht läuft, jedenfalls nicht gut).

Schaut man stattdessen bei den amerikanischen Profis, z. B. Michael Pekovich, wird da selten so ein Tamtam gemacht. In seinem Schränken läuft der Schubkasten oft direkt auf einem quer gemaserten Zwischenboden, als wäre es das normalste der Welt.

Meine Frage ist, unter welchen Bedingungen man hier entspannt bleiben kann, z. B. bei bestimmten Holzarten oder solange bestimmte Größen nicht überschritten werden?

vielen Dank und viele Grüße
Stefan
 
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Na es soll schon ein Schmuckstück fürs Wohnzimmer werden. Pekovich baut so auch Hängeschränke fürs Wohnzimmer, nicht nur seine Werkzeugkiste. Ich finde die Optik ohne die Führungsleisten klarer, weil man ohne Spalte auskommt. Man baut den Schubladenkorpus exakt für die Öffnung und hobelt dann ein paar Zehntel weg, bis er flutscht. Man spart sich nebenbei auch noch ein paar Arbeitsschritte. Wenn das ganze dann aber nach einer Woche nicht mehr läuft, ist halt auch Mist. Vielleicht hat ja jemand Erfahrung mit solchen „einfachen“ Schubladen.
 

IngoS

ww-robinie
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Hallo,

kommt doch auf die Möbelkonstruktion an. Bei Brettkonstruktion können die Böden gleichzeitig die Aufgaben von Lauf- und Kippleiste übernehmen.

IMG_20220626_191712.jpg

IMG_20220626_191725.jpg

Bei Stollenmöbeln baut man üblicher Weise die Friese in Rahmenbauweise. Da ergibt sich dann automatisch bei den Leisten Langholz.
Meines Erachtens ist beides in Ordnung. Zumindest habe ich beides schon öfter gemacht und seit vielen Jahren keine Probleme.

IMG_20220626_191908.jpg

IMG_20220626_191928.jpg

Probleme gibt es öfter, z.B. bei Massivholzkommoden, wenn an die Seitenwand einfach die Laufleisten angeschraubt, oder noch schlechter, angeleimt werden. Dann liegt Querholz auf Langholz, was zu Rissen an der Seitenwand führen kann.

Gruß Ingo
 
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Danke Ingo. Bei dem Nachttisch oben läuft die Schublade direkt auf dem quergemaserten Boden, richtig? Ist das Buche? Und die gleitet gut? Ich will so einen Werkzeugschrank ähnlich wie oben auf dem Bild bauen. Etwas größer aber. Ich habe Führungsleisten in genuteten Schubladenseiten auch in Erwägung gezogen. Dann kann man mehrere Schubladen effizient übereinander unterbringen ohne jeweils einen Zwischenboden. Wie würdest du die Führungsleisten denn an den massiven Seitenwänden des Schrankes befestigen? Vorne fest verschraubt, hinten ein Langloch damit die Seitenwand arbeiten kann?
 
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carsten

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Hallo

was mir auffällt bzw eher einfällt. Wenn man Videos über die Restaurierung alter Möbel sieht sind häufig Schubkästen dabei und fast immer ist ein "Problem" die abgenutzte Laufleiste.
Bei der "deutschen" Konstruktion ist also dieses Teil als austauschbares Opfermaterials ausgelegt. Nicht unbedingt die schlechteste Konstruktion.
Bei einer Werkzeugkiste zählt zudem jedes eingesparte Gramm Gewicht. Und die Lebensdauer ist meist auch begrenzt , auch wenn man das bei solchen Werkzeugkisten gern vermeiden würde.
 

joh.t.

ww-robinie
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Hallo

was mir auffällt bzw eher einfällt. Wenn man Videos über die Restaurierung alter Möbel sieht sind häufig Schubkästen dabei und fast immer ist ein "Problem" die abgenutzte Laufleiste.
Bei der "deutschen" Konstruktion ist also dieses Teil als austauschbares Opfermaterials ausgelegt. Nicht unbedingt die schlechteste Konstruktion.
Bei einer Werkzeugkiste zählt zudem jedes eingesparte Gramm Gewicht. Und die Lebensdauer ist meist auch begrenzt , auch wenn man das bei solchen Werkzeugkisten gern vermeiden würde.
Ob DIESE Werkzeugkiste jemals RICHTIG in professionellen Händen genutzt wird wage ich sehr gut zu bezweifeln.
Ich glaube da wird vieles für die Optik hergestellt.


Wo das dann endet wer weiß...

Für Möbelbau von Spannagel, Der Möbelbau, was Konstruktion angeht.
 

IngoS

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Auf dem Foto sind die Schubladen breiter als tief.
Das verkantet nett.

Hallo,

Schon komisch, was du über meine Schubladen weißt.
Beim Küchenschrank die ist praktisch quadratisch, die im Nachttischen ist nur etwas breiter als tief und die verkantet auch nach Jahren nicht, auch wenn man schräg schiebt.

Ich grübel gerade, hast wohl nicht mich gemeint, sondern das inzwischen gelöschte Bild vom TE.

Gruß Ingo
 

joh.t.

ww-robinie
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Hallo,

Schon komisch, was du über meine Schubladen weißt.
Beim Küchenschrank die ist praktisch quadratisch, die im Nachttischen ist nur etwas breiter als tief und die verkantet auch nach Jahren nicht, auch wenn man schräg schiebt.

Gruß Ingo
Sorry Ingo, ich meinte diese amerikanische Werkzeugkiste.
Auf dich bezog ich mich nicht.
 

IngoS

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Danke Ingo. Bei dem Nachttisch oben läuft die Schublade direkt auf dem quergemaserten Boden, richtig? Ist das Buche? Und die gleitet gut? Ich will so einen Werkzeugschrank ähnlich wie oben auf dem Bild bauen. Etwas größer aber. Ich habe Führungsleisten in genuteten Schubladenseiten auch in Erwägung gezogen. Dann kann man mehrere Schubladen effizient übereinander unterbringen ohne jeweils einen Zwischenboden. Wie würdest du die Führungsleisten denn an den massiven Seitenwänden des Schrankes befestigen? Vorne fest verschraubt, hinten ein Langloch damit die Seitenwand arbeiten kann?

Der Nachttisch ist Eiche.
Mit hinten Langloch kann man machen. Dann muss die Leiste aber recht biegesteif sein.
Zum Teil einnuten würde helfen. Klassisch eingraten.
Gegen vorzeitigen Verschleiß wirken Leisten und Schubladenseiten aus Hartholz und öfter Mal schmieren.

Gruß Ingo
 

PurplePony

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Wenn dir gute Funktion wichtig ist, dann halte dich doch einfach an die deutschen Konstruktionen.

Die Amerikaner verkaufen das ganze netter im Internet.
Eine Handwerkstradition im Holzhandwerk ähnlich dem der Deutschen oder Italiener haben die nicht.
Die können andere Dinge besser (Burger zum Beispiel).

Ist es nicht. Das ist aus der Handwerkstradition entstandenes Wissen.
 

welaloba

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. Jedenfalls sollte um gar keinen Preis der Schubkasten einfach nur in der Schranköffnung laufen, da dann ja in der Regel Längs- auf Querholz läuft (bzw. offenbar nicht läuft, jedenfalls nicht gut).Stefan
Hallo Stefan, ich kanns nicht lassen mit den Fotos. Ich zeige Schubladen, 34 x 19 x 9 cm bzw. die Öffnungen dazu bei meinem Sekretär von ca. 1790.
Ich möchte behaupten, die laufen einwandfrei auf ihren von unten mit Holzstiften aufgenagelten Böden. Die Laden hinterlassen gewisse kleine Spuren i Gehäuse, was aber zu vernachlässigen ist.

DSC_2698.jpg DSC_2700.jpg DSC_2701.jpg DSC_2702.jpg DSC_2704.jpg DSC_2705.jpg DSC_2706.jpg DSC_2707.jpg
 

Heener

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Außer dass bei den Bodenschüben mehr Reibung als bei Leisten da ist, kann man das so machen.
Man braucht halt mehr Material, was wohl einer der Hauptgründe für die Leistenkonstruktion ist?
 
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Interessant. Könnte mir auch vorstellen, dass durch die große Auflagefläche des gesamten Bodens sich keine Seitenkante eingraben kann. Wie hast du das Alter des Schrankes ermittelt?
 

IngoS

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Hallo,

dass Längsholz auf Querholz schlechter läuft, als Längs auf Längs, glaube ich nicht.
Den geringsten Verschleiß wird man bei der Gleitpaarung Hirnholz auf Hirnholz haben.
Alte Landwirtschaftliche Gleitkolbenpressen (da läuft der Kolben auf Führungsschienen, ähnlich einer Schublade) hatten Hirnholzgleitflächen.
Hirnholz wäre ja bei den Schubladenseiten schwer zu verwirklichen, könnte aber bei einem massiven Korpus leicht und problemlos eingefügt werden. Mal ein ungewöhnlicher Ansatz für dauerhafte Holzführungen.

Gruß Ingo
 

ChrisOL

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Ich habe hier auf die Schnelle beide Varianten gefunden. Einen Unterschied kann ich beim einschieben nicht feststellen. Wenn du mit Streif und Kippleisten arbeitest musst du vorne eine Blende vor den Schub setzen. Geht alles.
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Eine Werkzeugkiste ist doch ein gutes Übungsobjekt. Lass dich nicht verrückt machen und fang einfach an.
 

welaloba

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Interessant. Könnte mir auch vorstellen, dass durch die große Auflagefläche des gesamten Bodens sich keine Seitenkante eingraben kann. Wie hast du das Alter des Schrankes ermittelt?
Das ergibt sich aus der ganzen Gestaltung und meiner Erfahrung. Der Sekretär hat unten hinter zwei Türen nochmal drei große Schubladen in identischer Machart. Alles eindeutig Louis Seize.

IMG_20220627_224024.jpg IMG_20220627_224048.jpg IMG_20220627_223943.jpg
 

heiko-rech

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Hallo,
ich habe in meinem Werkzeugschrank und in vielen anderen Möbeln auch Schubladen ohne Leisten und Führungen verbaut. In meinem Schreibtisch sind große Schubläden aus Massivholz mit klassischer Führung (Streif-, Lauf-, Kippleisten). Bei solchen Konstruktionen muss man damit rechnen, dass man in der ersten Saison nacharbeiten muss. Manchmal sogar mehrmals. Nach einem Jahr ist aber spätestens Ruhe, dann haben die Laden das richtige Spiel.

Gruß
Heiko
 
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Vielen Dank für die vielen guten Tipps! Ich denke, ich fange einfach mal an mit meinem rollbaren Werkzeugschränkchen aus Eiche fürs Wohnzimmer. Der Entwurf steht. Drei Schubladen übereinander sind geplant. Die unterste der drei Schubladen könnte direkt auf dem Zwischenboden gleiten. Die beiden darüber mit Führungsleisten in genuteten Seitenwänden. Die Außenmaße (65 cm breit x 35 cm tief) ergeben sich aus der Länge meiner längsten Kataba und der Breite der Nische, wo das Schränkchen geparkt wird. Um alle meine Handwerkzeuge unterzubringen komme ich auf 6 Etagen und 63 cm Höhe.

Eine Frage noch: Die drei Schubläden wären damit ja breiter als tief (61x35 cm), Höhe: 6 und 8 cm. Was kann man vorbeugend gegen potentielles Verkanten tun? Ich habe mal gelesen, dass je weniger Spiel die Schubladen haben, desto weniger neigen sie zum Verkanten. Also „einfach“ ganz akkurat auf Maß einpassen? Und ich denke mal zwei Griffe links und rechts sind besser als einer in der Mitte?
Die Schubladenbreite halbieren möchte ich ungern. Durch die zusätzlichen Seitenteile bei 20 mm Materialstärke und die senkrechte Trennung gehen ja pro Schublade gleich wieder 6 cm Breite verloren.

Gruß
Stefan
 
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