Holzverbindungen in einen 100 Jahre alten japanischen Haus

Gelöscht FrankRK

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Wahnsinn! Dieses 100Jahre alte Haus kann man zerlegen und an einen anderen Ort wieder aufbauen. Ich tippe mal ,dass das zum aller größten Teil mit Hand hergestellte Verbindungen sind, heute absolut unbezahlbar.

 

KalterBach

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Diese Häuser werden in Japan heute noch traditionell noch gebaut. Geldbeutel muss schon etwas weiter auf sein, aber diese Tradition wird gepflegt. Auch durch einen geringen Anteil an Maschineneinsatz.

Daneben gibt es auch staatliche Betriebe die nach Tradition bauen und vor allem unterhalten.

Dazu gibt es einige gute Fernsehbeiträge und YouTube-Videos.
 

Lico

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Ich hab von Tempeln gelesen, die aus irgendwelchen religiösen Gründen alle paar Jahrzehnte ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Gibt da wohl so eine Kaste von Handwerkern, die machen nichts anderes und alles von Hand, weil die Verwendung von Maschinen dabei nicht erlaubt ist. Weiß dazu jemand näheres?

Lico
 

carsten

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Hallo,

wow,
was mich erstaunt ist, dass die Verbindungen sogar recht einfach zu zerlegen sind. Viele Verbindungen ähneln vom Prinzip denen in Europa.
Zapfen und Schlitz. Meist nur vielfältiger, filigraner, genauer und nicht selten auch mit einem schon fast künstlerischem Anspruch gefertigt.
Bei europäischem Fachwerk habe ich das nur selten gesehen, dass es so einfach zu zerlegen ist. Da habe ich immer das Gefühl das bewusst etwas feuchteres Holz verarbeitet wird/ wurde und der Prozess des Trocknens bewusst zur besseren Passung mit eingeplant wurde.
Zur Entfernung eines Holznagels braucht es schon recht deutliche "Gewalt" und nicht selten auch den zerspanenden Einsatz eines Bohrers.
 

Lorenzo

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Je nach Region gibt es zwei große Einflußfaktoren: warm-feuchtes Klima, sehr viel Regen. Dort hat man versucht Hirnholz möglichst immer zu verstecken. Da sind schon ganz schön aufwändige Verbindungen rausgekommen. Und der zweite Faktor sind Erdbeben. Die Häuser mussten gut zu reparieren sein, daher lösbare Verbindungen. Der Zen Buddhismus hatte auch großen Einfluß auf die Art und Weise wie man das eigene Handwerk ausübt. Streben nach Perfektion und Harmonie im Gegensatz zu Wirtschaftlichkeit. Und die Kundschaft war gewillt das zu bezahlen, haben sie ihren Beruf ja mit der gleichen Philosophie ausgeübt.
@Lico : so isses! Manche Tempel werden umgesiedelt, andere werden zerstört und es wird ein komplett neuer gebaut (Hier ist der Hintergrund der, die Natur in ihren Zyklen nach zu empfinden. Der alte Tempel muss vergehen,um Platz und im Prinzip auch Material zur Verfügung stellen für einen neuen) und wieder andere werden kontinuierlich in Schuss gehalten und stehen seit Jahrhunderten, sehen aber aus wie aus dem Ei gepellt. Das is je nach Funktion des Tempels und der jeweiligen Ausrichtung des Buddhismus anders. Und es gibt eben noch viele Handwerker die komplett traditionell nur mit Handwerkzeugen arbeiten. Selbst deren Werkzeuge müssen handwerklich hergestellt worden sein. Das erhält viele Handwerkstraditionen am Leben.
 
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Gelöscht FrankRK

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Ich muss zugeben, dass das so in dem Ausmaß für mich neu war! Wenn jemand von euch ein Link hat wo man die Herstellung eines solchen Hauses sieht, nur her damit, dass würde mich stark Interessieren!
 

sonquatsch

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Ich hab von Tempeln gelesen, die aus irgendwelchen religiösen Gründen alle paar Jahrzehnte ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Gibt da wohl so eine Kaste von Handwerkern, die machen nichts anderes und alles von Hand, weil die Verwendung von Maschinen dabei nicht erlaubt ist. Weiß dazu jemand näheres?

Lico
Hallo Lico,
es handelt sich um Shinto Schreine (bei Shinto Anlagen spricht man nicht von Tempeln sondern Schreinen.) Hier mal ein Link:
https://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Bauten/Ise_Izumo/Schreinanlage_Ise
 

tomkaes

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Wenn ich mir die japanische "Bau"-holzqualität ansehe, kann man als deutscher Zimmerer/Bautischler nur weinen vor Neid. :emoji_cry:
 

uli2003

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Schreibst bitte mal die Adressen der Handwerker hier rein. Deutschland und das Handwerk tickt anders!
Das Problem wird die ausreichende Anzahl Handwerker sein um den Bau in angemessener Zeit fertig zu stellen.

Wenn jemand seinen Bau aus astreinem Holz, passend getrocknet und gehobelt und mit handwerklichen Verbindungen zusammengesetzt haben möchte - warum nicht? Das braucht natürlich Zeit.

(Mal abgesehen von statischen Nachweisen etc.. - das kommt alles on top).
 

Lorenzo

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Die Frage is halt auch was man für eine angemessene Zeit für den Bau eines Hauses hält. Vor allem wenns so gebaut ist dass es bei einigermaßen pflegendem Umgang Jahrhunderte hält! Und dann kommt natürlich leider noch der Stolperstein: Statik und Isolierung... also nicht die an sich, sondern die schriftlichen Gutachten dazu

Im japanischen Fachwerk gibt es keine Diagonalen, die würden die K zu sehr versteifen und dann bei Erdbeben zum Bruch der Grundstruktur führen. Alles in Rechtecken ausgeführt, die können sich dann parallelogrammartig bewegen.

Auch interessante Videos macht Mr. Chickadee. Der arbeitet auch komplett von Hand. vom Baum fällen bis zum bezugsfertigen Haus. Macht er aber für sich, nicht geschäftlich.
Hier ein koreanischer Bodenaufbau:

japanische Art der Punktfundamente beim Fachwerkbau:

errichten eines Fachwerkhauses nach japanischer Bauart

Teilweise sind die mehrteilig, der macht auch noch andere lustige Sachen. Werkbankbau, kleine Möbel etc.

Is aber schon richtig was @tomkaes schreibt, die Holzqualität im japanischen Fachwerkbau ist schon sehr gut. Aber auch dort haben sich viele Techniken aus dem Umstand heraus ergeben dass die früher vorhandenen Querschnitte und Längen beim Baumaterial irgendwann nicht mehr vorhanden waren. Dafür gabs neu entwickelte Werkzeuge...

Wenn ich mir da unser Fachwerk ankucke, dann sind die Verbindugen schon gröber gearbeitet. Stabil sind sie trotzdem! Durch das Verarbeiten von nassem Holz hat sich durch Verzug alles noch zusätzlich verkeilt, und hier wurde mit anderer Füllung in den Gefachen gearbeitet, die mehr zur Statik beitragen als in Japan.
 
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tomkaes

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Durch das Verarbeiten von nassem Holz hat sich durch Verzug alles noch zusätzlich verkeilt, und hier wurde mit anderer Füllung in den Gefachen gearbeitet, die mehr zur Statik beigetragen haben als in Japan.

Wir haben echte Fachwerke nur aus abgelagertem (tlw. altem) Holz gezimmert;
die Füllungen sind unabhängig vom Material statisch nichttragend.
 

uli2003

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Wir haben echte Fachwerke nur aus abgelagertem (tlw. altem) Holz gezimmert;
Fachwerk wurde ja auch oft wiederverwendet. Sieht man schön an Nagellöchern, wo keine sein sollten :emoji_wink:

Mit der Zimmerei habe ich wenig zu tun. Das älteste Gebäude ist von 1673, was laut Stammbaum auch korrekt ist, ebenso eingeschlagen in die Balken überm Deelentor. Hinter diesem Tor ist nun mein Büro (allerdings ist das Tor mittlerweile ausgemauert..).
(Interessant jedoch - bis zu meinem Pa waren alle Generationen Zimmerer und keine Tischler. Mein Opa halb/halb, mein Pa nur noch Tischler.)
Das deutsche Fachwerk hält aber seit 1673 klaglos durch. Ganz so schlecht kann das statische Augenmaß der deutschen Zimmerer also nicht sein.
 

Lorenzo

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Ich will in keinster Weise sagen dass das hiesige Fachwerk minderwertig ist. Ich war mal auf nem Markt in Frankreich (arbeitstechnisch), genauer in Provins. Da stehen Fachwerkhäuser aus dem 12. Jahrhundert. Krumm und buckelig inzwischen, aber die komplette Innenstadt is noch erhalten. Unesco Weltkulturerbe. Und ein Besuch wert wenn man in der Nähe ist.
Es wurde überall so gebaut dass es zu den dazugehörigen Umständen passt, und lange hält.
Ich kenn mich mit der Statik sicher nicht so aus wie du Thomas, aber ein Flechtwerk mit Lehmfüllung, oder gar ausgemauerte Gefache tragen sicher mehr zur Statik bei als ne Shoji Wand :emoji_wink: Auch wenn sie in der Berechnung nicht berücksichtigt wird.
 

tomkaes

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Fachwerk wurde ja auch oft wiederverwendet. Sieht man schön an Nagellöchern, wo keine sein sollten :emoji_wink:
...
Ganz so schlecht kann das statische Augenmaß der deutschen Zimmerer also nicht sein.

Das Holz (Eiche) war viel zu wertvoll und in großen Dimensionen kaum neu beschaffbar.
Warum soll man sich mit frischem, nassen Holz abplagen, wenn abgelagertes, trockenes zur Verfügung stand?

Die mussten ohne schöner Wohnen / youtube keine Diskussionen mit ihren Kunden führen,
wo sie Kopfbänder / Streben / Diagonalen auf dem Schnürboden in die Wände einplanen dürfen. :emoji_wink:

Warum? Hier in D kannst du das alles exakt so haben. Du musst nur 'die Taschen weit genug aufmachen'. Gar kein Problem.

Ich habe für vieles technisch eine Lösung.
Das Problem macht der Kunde:
Kostenneutral! (Schönes Wort, oder?)
 

Holz-Christian

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Japanische Handwerkskunst in Ehren, aber hierzulande wird das spirituell verklärt übertrieben dargestellt.
Dank Dictum ectr.
Letztendlich kochten und kochen die auch nur mit Wasser.
 
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