Vorteile einer echten Hinterzange zu zweiter "Vorderzange"

Jona

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Hallo,

wie in einem früheren Thread erwähnt bin ich dabei eine eigene Hobelbank zu planen.
An der Plattenbauvariante von Heiko Rech ist anstatt einer "echten" Hinterzange eine zweite Vorderzange angebracht.

Ich Frage mich derzeit, welche Nachteile diese Konstruktion birgt, denn bisher fallen mir nur Vorteile (leichtere Konstruktion, mehrere Bankhaken und damit breitere Bretter möglich einzuspannen...) ein.

Da ich nun auch bei einigen fertigen Hobelbänken (z.B von Sjöbergs) Vorderzangen an der Seite gesehen habe bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich tatsächlich eine "echte" Hinterzange bauen möchte.

Ich denke die meisten werden denken: "Bau doch was du eher benötigst", womit sie auch recht haben.
Da ich aber die Einspannmöglichkeiten auf Grund von mangelnder Erfahrung nicht kenne wende ich mich an euch :emoji_slight_smile:

Vielen Dank im Voraus,
LG,
Jona
 

khkb

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Moin Jona,

ich bin zwar kein Profi, aber habe eine kleine Ulmia Hobelbank mit 'klassischer' Hinterzange, die auf die rechteckigen, ebenso 'klassischen' Bankhaken arbeitet. Der wichtigste Unterschied, den ich sehe, ist der, dass man mit diesen Bankhaken und der klassischen Hinterzange deutlich höhere Drücke aufbauen kann, als mit den doch vergleichsweise zierlicheren runden Bankhaken mit 19 bzw. 20 mm Durchmesser, die zudem auch oft noch aus Alu gefertigt sind im Vergleich zu den soliden Stahlbankhaken der klassischen Form.

Ich meine, Dietrich hätte hier mal formuliert, dass man, wenn man schon runde Löcher in die Arbeitsplatte bohrt, diese besser 30 mm dick machen solle, um "ordentliche" :emoji_wink: Haltekräfte aufbauen zu können.

Ich gehe mal davon aus, dass gestandene Tischler, die auch noch richtig gelernt haben, an einer Hobelbank zu arbeiten, noch mehr dazu beitragen können.
 

derdad

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Einen schönen Tag.
Hobelbänke sind Arbeitshilfen, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. Mit unserer mitteleuropäischen Handwerkstradition halten wir noch immer an den alten Formen fest. Auch wenn sie manchmal überholt sind. Die Vorderzange wurde gebraucht um Bretter zu fügen, Zinken zu schneiden, etc. Die Hinterzange mit den Bankhaken um Bretter zum Aushobeln zu spannen, etc. Alles Arbeiten die Jahrhunderte so gemacht wurden, und dadurch die Hobelbank ihre Richtigkeit hatte. Eine klassische Hobelbank ist schön, für unsere jetzige Arbeitsweise aber nicht mehr unbedingt zu gebrauchen. Ich kenne viele Tischlereien in denen man keine klassische Hobelbank mehr findet.
Man braucht sicherlich eigene seitliche Spannvorrichtung, diesmüssen jedoch keine klassischen Hobelbankzangen sein.
LG Gerhard
 

IngoS

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Hallo,

wenn ich ein Stück Kantholz senkrecht in die Vorderzange einspanne, verkantet die bewegliche Backe. Das Holz wird um so schlechter gehalten, je stärker ich zudrehe, weil die Verkantung zunimmt. Man müsste auf der anderen Seite der Zange ein passendes Ausgleichsstück mit einspannen, damit das nicht passiert.
Bei der Hinterzange gibt es dieses Problem nicht.
Die heutigen leichteren Hobelbänke werden oft mit 2 Vorderzangen ausgestattet, weil so die Konstruktion einfacher und dadurch billiger ist.

Gruß

Ingo
 

derdad

Moderator
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Hallo,

wenn ich ein Stück Kantholz senkrecht in die Vorderzange einspanne, verkantet die bewegliche Backe. Das Holz wird um so schlechter gehalten, je stärker ich zudrehe, weil die Verkantung zunimmt. Man müsste auf der anderen Seite der Zange ein passendes Ausgleichsstück mit einspannen, damit das nicht passiert.
Bei der Hinterzange gibt es dieses Problem nicht.
Die heutigen leichteren Hobelbänke werden oft mit 2 Vorderzangen ausgestattet, weil so die Konstruktion einfacher und dadurch billiger ist.

Gruß

Ingo

Aber nur bei einer deutschen Vorderzange. Nicht bei einer französischen. Da hast du einen parallelen Spannbacken.
LG Gerhard
 

IngoS

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Aber nur bei einer deutschen Vorderzange. Nicht bei einer französischen. Da hast du einen parallelen Spannbacken.
LG Gerhard

Hallo,

die Parallelführungen sind üblicher Weise nicht stabil genug um bei kräftigem Anziehen das Verkanten zu verhindern. Es gibt ja extra Vorderzangen mit 2 Spindeln, die das Verkanten verhindern.
Bei einer deutschen Vorderzange kann man immer im Druckpunkt der Spindel spannen. Da verkantet nichts.

Gruß

Ingo
 

Jona

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Hallo,

vielen Dank für die Antworten.
Schön ist es auch immer, eine Diskussion mit Meinungsverschiedenheiten zwischen Profis zu sehen. Man hat dann gleich das Gefühl es eh Falsch zu machen, das nimmt den Druck :emoji_wink:
Oder um es netter auszudrücken: es gibt wohl viele Wege nach Rom und die meisten scheinen die richtigen zu sein!

Für die Vorderzange habe ich mir schon folgende Mechanik gekauft:
https://www.feinewerkzeuge.de/pdf/vorderzangenfuehrung-300654.pdf
Wenn es die Vorder-Hinterzangenvariante wird, würde ich einfach nochmal die gleich kaufen.
Ich denke es kommt auch stark auf die Größe der verwendeten Backe an ob es verklemmt oder nicht. Eine 40cm Back tendiert nunmal nicht so sehr dazu wie eine 65cm Backe.

Ich finde die klassische Hinterzange einfach sehr schön, noch mehr die "moderne klassische" ohne das L-Stück.
Hier scheiden sich ja auch irgendwie die Geister ob man dort was Spannen darf oder nicht. Zumindest hat mich der Liebe Verkäufer ganz verdutzt angeschaut als ich gemeint habe: "Das ist ja nicht zum spannen sondern nur ein Artefakt aus den alten Holzkonstruktionen" ^^

Die einzige Sache bei der ich nach wie vor das Gefühl habe eine seitliche Vorderzange wäre angenehm ist, wenn man ein großes Brett Plan Hobeln möchte. Hier könnte man z.B. drei Bankhaken nutzen und so eine bessere Spannung erreichen.

Ich hoffe um weitere Diskussionen, wie ich mich letzlich entscheide werde ich natürlich mitteilen.

LG,
Jona
 

heiko-rech

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Hallo,

auch nun über zwei Jahren bin ich immer noch sehr zufrieden mit meiner Hobelbank und auch mit den beiden Vorderzangen. Als ich den Entwurf für die Bank gemacht habe, ging es mir darum eine Hobelbank zu entwerfen, für deren Bau man keine Hobelbank und keine voll ausgestattete Schreinerei braucht. Theoretisch kann man diese Bank mit Handkreissäge und Akkuschrauber bauen. Und das mit überschaubarem, finanziellem Aufwand (Etwa 600 Euro). Mit ihren etwa 150kg. Eigengewicht gehört sie auch nicht mehr zu den leichten Hobelbänken. Inzwischen ist sie durch einen Unterschrank nochmal deutlich schwerer geworden. Der Einfachheit geschuldet sind dann auch die beiden Vorderzangen.

Das Argument, dass die klassischen, eckigen Bankhaken größere Kräfte Aufnehmen können mag zwar stimmen, aber wer braucht das? Der Druck, den man mit einer Vorderzange (als Hinterzange) und 19mm Bohrungen samt Messing-Bankhaken aufbringt reicht vollkommen aus, um ein Werkstück zum flächigen Hobeln zu halten. Es soll ja nur gegen Verrutschen gesichert werden, da braucht es keinen hohen Druck.

Die runden Löcher erlauben dafür den Einsatz von Niederhalten, das geht bei den klassischen, eckigen Löchern nicht.

Gegen das Verkanten der Zangen nehme ich das hier:
https://www.feinewerkzeuge.de/viserackstop.html
Funktioniert bestens und kann man auch selbst bauen, wenn man möchte.

Zum Zinken ist mir eine Aufsatzzange (Moxon Vise) viel lieber als die Vorderzange. Inzwischen habe ich auch eine sogenannte "Joinery Bench", daran arbeitet es sich auch sehr angenehm. Beides, also Aufsatzzange und Joinery Bench (etwa 1,1m hohe Bank mit integrierter Aufsatzzange) sind und waren bei den deutschen Schreinern scheinbar recht unbekannt. Eigentlich schade, schonen sie doch den Rücken und erlauben ein sehr entspanntes Arbeiten.

Am Ende muss denke ich jeder für sich selbst entscheiden, welche Art Hobelbank wohl die richtige ist.

Gruß

Heiko
 

Orgelbauer

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Moin Jona,
Heiko hat es schon sehr treffend umschrieben,
es gibt nicht "DAS oder DIE".
Es braucht auch ein wenig Vorstellung, was will ich machen.
Im Übereifer hab ich meine alte "Deutsche Hobelbank" verkauft ... und mir was Neues a-la-Festo abgekupfert.
eine Werkbank (Hobelbank mag ichs nimmer nennen) aus Küchenarbeitsplatte mit (zuvielen) 20er Löchern drin und 2 "Vorderzangen".
Bankhaken sind Alu-Stangen in verschiedenen Lägen (üT) 10, 20, 30, 50 und 70mm: Übertisch-DM = 25mm (rund) und im Tisch-DM = 20mm - bei fester Länge (uT) von 40mm.
...
ein Nachteil einer sog. Vorderzange, sie spannt schlecht große Platten senkrecht, da muß dann immer noch was mit (als Gegenpart) eingespannt werden.
da ist "meine alte deutsche Vorderzange" wesentlich vorteilhafter gewesen.
Auch haben sich die umlaufenden Profile bei der neuen Werkbank und meiner Art zu werkeln nicht wirklich bewährt... Wie so oft - hinterher ist Mann immer schlauer :emoji_slight_smile:

In diesem Sinne, schau Dir doch mal verschiedene Hobelbänke und Werktische "in Echt" an.
Übrigens - die bessere Arbeitshöhe hab ich mir a) bei der alten Hobelbank durch untergesetzte Balkenenden und heute b) mit längeren Tischbeinen erlaubt.
da brauchts dann keinen neumodischen Krams aus Übersee (frechgrins)

Grüße
Klaus
 

tritom

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Dietrich

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Hallo,

ich hatte ja 2005 gleich 2 Hobelbänke mit einem befreundetem Kollegen zusammen gebaut, ich hatte vor es besser und stabiler zu machen als es bei vielen Bänken zu sehen ist, die damals noch erhältlichen Diefenbach Bänke und die Epple Bänke hatten es mir angetan. Diese beiden Bänke, hier die schweren 230cm sog. Meisterbänke hielten auf div. Messen jedem noch so kritischem Blick stand. Die berühmten Ulmias übrigens nicht, allein der Versatz im Bereich der Vorderzange und die sichtbaren Schraubenköpfe an den Seiten störten.
Irgendwo las ich das eine deutsche Hinterzange "Lehrlingssicher" sei, also auch Mißhandlungen vertragen würde, woanders sagte man mir mit einer deutschen Hinterzange und Eckbankhaken könnte man eine Axt einstielen...ich habe es nie ausprobiert, mich aber für die klassische deutsche Hinterzange entschieden.
Und gleich mußte ich die erste Einschränkung hinnehmen, eine robuste deutsche Vorderzange mit 2-zölliger Holzgewindespindel scheiterte gleich an 2 Tatsachen, die enorme Bautiefe von mehr als 1m und der Preis des 50mm Holzgewindesets der in Richtung 1000€ tendierte.
Also eine französische Vorderzange, wie bei Epple mit 2 Spindeln und Kettentrieb.
Um es gleich zu sagen, ja sie ist stabiler als alle anderen franz. Vorderzangen, aber bei weitem nicht zu vergleichen mit der deutschen Hinterzange, die sehr lange stählerne Zwangführung und die unmittelbar daneben laufende Zugkraft der Spindel ist einfach unerreicht, die robusteste Zange die ich je betätigt habe.
Übrigens erlaubt sie mit robusten Bankhakenlöchern ausgerüstet auch arbeiten über der Bank mit einem Zugeisen.
Man braucht lediglich ein paar Bankhaken in länger mit Spitzen auf der Spannfläche, das braucht man mit anderen Zangen erst garnicht versuchen.
Meine Bank ist jetzt gut 14 Jahre im Einsatz und bisher ist mir keine über den Weg gelaufen die ich eintauschen möchte.

Damals hatte ich den Bau umfangreich dokumentiert:

https://www.holz-seite.de/projekte/projekt-hobelbank/

Gruß Dietrich
 
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