Wo sind die Altgesellen?

schorsch

ww-robinie
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Hallo,
wie lange kann man als Schreiner in seinem Beruf arbeiten?
Ich persönlich kenne wenige die 50 Jahre oder älter sind und noch als Schreiner arbeiten, mal abgesehen von den Selbstständigen. Wenn ich mir auf den meisten Schreiner-Homepages die Bilder der Belegschaft ansehe, habe ich das Gefühl es handelt sich um ein Bild von einer Betriebssichtigung einer Berufsschule. Wo ist die gesunde Mischung, wo die Altgesellen mit ihrerer Erfahrung und Können. Braucht man diese im CNC-Zeitalter nicht mehr? Ist man mit 50 dem Stress und dem technischen Fortschritt nicht mehr gewachsen, oder kann man auf Dauer von diesem Beruf einfach nicht leben?
Gruß Georg
 

Tischler-Kalle

ww-robinie
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Huhu,

das ist eine sehr interessante Frage.
Ich kenne auch nur wenige, die 50 oder älter sind und noch im Handwerk als Angestellte arbeiten. Vielleicht liegt es an den stetig steigenden Anforderungen oder dem technologischem Fortschritt. Vielleicht scheuen die "Alten" die Techniken. Oft hört man doch den Spruch: "das haben wir früher nur so gemacht, warum heute anders". Liegt es daran, dass die "Alten" ihren Horizont nicht erweitern wollen? Ich weiss es nicht.
Vielleicht meldet sich der Ein- oder andere der Ü50 noch zu diesem, für mich sehr interessante Thema
 

GertG

ww-robinie
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Über den beruflichen Lebenslauf dreier Schulkameraden, die Tischler gelernt haben, kann ich berichten:

Einer hat nach der Lehre in einem nahegelegenen Betrieb als "Altgeselle" (ca15 Jahre nach der Prüfung) gearbeitet. Nach dessen Insolvenz, die sich über mehrere Jahre hinzog (toll für die eigene Lebensplanung) hat der Bekannte den Betrieb seines Onkels in der Nachbarschaft übernommen. Auch da war nach acht Jahren finanziell Schluß und der Betrieb wurde aufgelöst (liquidiert; keine Insolvenz)
Der Mann arbeitet jetzt in der kaufmännischen Abteilung einer Fertighausfirma in der Kalkulation.
Der Bursche war in der Schule und später im Handwerk richtig gut.

Der Zweite dagegen war eher so lala.
Nach der Lehre wurde sein Arbeitsverhältnis nicht verlängert.
Ein paar Jahre Akkord in einer Fensterbaufirma als Monteur unterwegs.
Dann, bis heute, Hausmeister bei einer kleinen Wohnungsbaugesellschaft.

Der Dritte, ein lustiger Vogel (im Zeugnis würde stehen: "erfreute sich großer Beliebtheit im geselligen Kreis" ) machte nach der Gesellenprüfung Z4 beim Bund, von dem er mit einem Alkoholproblem und einer nicht vermittelbaren Arbeitsauffassung zurückkam. Nach vielen Jahren an der sozialen Kante Entzug und, schau schau, Meisterprüfung. Trotzdem nach der Lehre nie wieder im erlernten Beruf gearbeitet. Ist heute Lagerverwalter eines großen Maschinenbaubetriebs.


Irgendwie alles nicht so prickelnd... :emoji_frowning2:
 

Ekahard

ww-buche
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Na ja so schlecht würde ich die Sache nicht sehen. In meinem Betrieb habe ich 12 Angestellte. 3 Altgesellen um die 50 Jahre , 2 Azubis, der Rest so um die 30 Jahre. Da wir von der Struktur recht modern aufgestellt sind, ist die körperliche Belastung nicht so hoch wie in kleineren Betrieben. Und ich denke das ist der springende Punkt. Als die heute 50 jährigen ihre Ausbildung gemacht haben, musste ganz anders gebuckelt werden. Viele von den " Jungs " haben probleme mit dem Rücken.
@ Kalle
Meine Altgesellen arbeiten jeden Tag an den modern Maschinen ( CNC, Plattensäge, Breitband usw) und scheuen sich auch nicht etwas neues zu lernen. Im Gegenteil, wir bekommen eine neue CNC und die Jungs sind sauer wenn Sie nicht mit zum Lehrgang kommen.

Alles in allem kann glaube ich kein Betrieb auf die Erfahrung verzichten. Auch ich als Tischlermeister mit 34 Lenzen lerne jeden Tag noch was von den " Alten " und nehme es auch gerne an.

Gruß Jürgen
 

schorsch

ww-robinie
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Hallo,
viele aktive Mitglieder in diesem Forum sind so um die 40 Jahre. Wie sieht dann eure Perspektive aus? Ich selbst bin Anfang 40 und selstständig, also werde ich auch noch in 30 Jahren, so es meine Gesundheit zulässt in der Werkstatt stehen.
Gruß Georg
 

DerHolzspan

ww-kiefer
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In unseren Betrieb bin ich der älteste Geselle (mit 38) und mal ehrlich, ich hab erst einen in den fast 21 jahren, die ich im Handwerk bin, als Kolegen gehabt, der in Rente ging.

Ich frag mich auch manschmal, was in 10-15 Jahren ist. Macht der Rücken noch mit, gibts den Betrieb noch, finde ich noch mal was neues?


http://img.webme.com/pic/d/derholzspan/header10.jpg
 

Eurippon

ww-robinie
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Ich glaube die Mischung der Altersklassen ist abhängig davon, wie lange die Firma schon existiert. Gibt es einen Betrieb schon 30 Jahre oder länger, so arbeiten dort auch Tischler Ü50. Logisch, die haben dort vor 20 Jahren angefangen zu arbeiten und sind - weil zum Stamm gehörend - geblieben.
Dies ist bei uns so. Es gibt genügend Altgesellen (sechs, davon zwei Ü60), ein paar Vierziger, ich gehöre zur überwiegenden Dreissigerfraktion, und ein paar Zwanziger.
Frisch gegündete Unternehmen unterliegen einem anderen Druck, da ist Flexibilität im Punkt Kündigungsschutz, Montagebereitschaft und Gehalt gefragt. Auch die Gefahr von Dauerkranken ist ein Faktor.

Ein anderes Problem ist die wirtschaftliche Sicherheit in dem Job. Früher war es kein Thema in diesem Beruf in Rente zu gehen. Das ist die letzten Jahre anders geworden. Viele haben da noch rechtzeitig den Absprung in bequemere Arbeitsverhältnisse gewagt und auch geschafft.
Mit den vermehrten Firmenpleiten in den letzten Jahren verschwanden auch einige Altgesellen als "nicht vermittelbar" von der Bildfläche. Die machen heute vermutlich was anderes oder sind in Frührente.
 

Eichenlaubwald

ww-pappel
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Ich stimme meinem Vorredner zu.
In meinem Betrieb, in dem ich Azubi bin, sind alle Altersklassen vertreten. Wir sind ein alteingesessener Betrieb, der aus jedem Jahrzehnt einen oder mehr Mitarbeiter hervorgebracht hat und überwiegend in der näheren Umgebung arbeitet.

Jedoch sehe ich durch andere Mitauszubildende auch, dass dies nicht überall der Fall ist. Gerade neue Betriebe setzen verstärkt auf jüngere Gesellen und Azubis. Da sie weniger den alteingesessenen Kundenstamm haben, müssen diese Betriebe oft auf Montage gehen. Dies ist mit jungen Arbeitnehmern oft leichter zu bewältigen, da sie teilweise noch keine Familien haben.
 

Mich985

ww-ulme
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Hier ist ein Altgeselle:emoji_grin::emoji_grin::emoji_grin:

Ich bin in meiner letzten Firma erst 26 Jahre alt gewesen und hatte mit meinen vier Berufsjahren mehr auf dem Buckel wie der Meister und die drei anderen Mitarbeiter...nur der Chef war älter.
...nun stimmt das Verhältnis aber wieder, anderer Betrieb und Leute mit Erfahrung.

Ich habe meinen alten Chef mal gefragt warum er auf so junge Tischler setzt.
Antwort: Die sind flexibler, geringere Kosten und sind nicht so oft krank. Kann man alles glauben muss man aber nicht.

der Micha
 

Mich985

ww-ulme
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Stimmt, ich bin auch kein Altgeselle...
da fehlt mir noch eine Menge Erfahrung und das Alter.

Wollte nur mal kurz schreiben wie manche Firmen arbeiten um ein paar Euros beim Lohn zu sparen. Aber keine Angst durch unsere "Erfahrung" haben wir Chefs Gewinn schnell wieder weg gemacht und ne Menge gelernt:emoji_grin::emoji_grin::emoji_grin:.
 

MaHo

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Hi,
bin anfang vierziger . von geburt chronisch krank (Gott spielt russisches Roulett). trotzdem Tischler-Lehre und 17 Jahre berufserfahrung im Tischlerhandwerk hinter mich gebracht .Dann als chronisch Kranker vollends in die Scheiße gelaufen ,soll heißen,nur noch bedingt einsatzfähig, als Fenstermonteur nix mehr.
da ich nicht von oben runterklatschen möchte, übe ich jetzt andere Tätigkeiten aus ,die mit Netto-Löhnen unter 1000 € vergütet werden:rolleyes:.
wenigstens kann ich nebenbei noch ein paar Mäuse sammeln und tischlerwerkeln geht entspannter und kreativer zu:emoji_stuck_out_tongue:.
Fazit Zukunft: Optimismus schwindet -Pessimismus steigt langsam und stetig.
@Alle: Machts besser.
Gruß Marc
PS: Wenn alle jüngeren und auch viele ältere Betriebe nur noch auf junges ,williges,flexibles Arbeiterfleisch setzen .wie sieht dann deren zukünftiges Handeln bzw. Überleben aus ansicht des rasanten demografischen Wandels ?
 

Weid

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Hallo zusammen

Bin mit 50 der Alte im Betrieb und Rückenprobleme sind bei mir auch normal.
Viele gehen aber in andere Berufe wenn die Probleme mit der Gesundheit
beginnen.

@ Kalle das ist so nicht richtig. Ich bin z.B dafür da mit Fachwissen und können
den Jungen das fürchten zu lehren. Gerade CNC ist doch ne feine sache.
Und neues ist oft Spielerei gegen das früher gemachte. Das heisst einfacher
auszuführen warum soll man da was gegen haben zB. Holzverbindungen.
Und das Schöne ist die jungen spitzen die Öhrchen wenn es darum geht das haben wir früher so gemacht.
Aber da kommst du auch noch hinter. Altgesellen brauchen für ein Ojekt halb so lang wie du Wetten. (Wir guken das Futter gerade in die Öffnung.:emoji_slight_smile:)

Die Michung aus jung und alt ist das richtige mittel für einen Erfolgr. Betrieb.

Gruß aus Köln
Jupp
 
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