Wieso reißt der alte Klüpfel plötzlich?

Knotenstock

ww-birke
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moin,

ich habe ein Problem mit einem reißenden Klüpfel. Wirtschaftlich ist das Dilemma zu verkraften – der Grund für meinen Foreneintrag ist eher, dass ich es technisch gerne nachvollziehen würde.
Der Klüpfel ist handgedrechselt aus Eiche, vermutlich 1928. Mein Nachbar, ein älterer Herr, gab ihn mir. Er hatte ihn von seinem Vater geerbt, der Schiffszimmermann war. Und nun nach 100 Jahren nehme ich ihn in die Hand, und er bildet etliche Risse gleich am ersten Tag. Die Risse wurden größer und nach 2-3 Tagen stellte ich ihn über Nacht in Wasser, da er anfangs womöglich einfach zulange in der Sonne gearbeitet hatte. Er reißt jedoch langsam weiter.

Das Ding wird einige Jahrzehnte reglos in Nachbars Werkstatt gestanden haben. Kann das arme Holz sowas wie einen Schock erlitten hat, durch plötzlichen Temperatur- und Feuchtigkeitswechsel sowie die mechanische Beanspruchung?

Ich weiß, ziemlich spekulative Angelegenheit. Mir geht’s, wie gesagt, vorallem darum zu erfahren, ob die Risse durch andere Einflüsse enstehen könnten, als durch Austrocknen?



Gruß
Niclas
 

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magmog

ww-robinie
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Guuden,

Du hast die Ursache erkannt! Nur ein Schock war es nicht,
das Nachtrocknen ging über das Hirnholz einfach an den Enden
wesentlich schneller als im mittleren Bereich.
Enden ölen oder lackieren.
 

seschmi

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Drechsler packen ihre Werkstücke zum Trocknen auch ein, entweder in Papier(tüten) oder in Kartons mit frischen Spänen.

Ziel ist das Gleiche wie beim Streichen der Enden: Der Feuchtigkeit soll Zeit gegeben werden, sich innerhalb des Teils zu verteilen.

Dein Klüpfel hatte sich 90 Jahre in höherer Luftfeuchtigkeit akklimatisiert. Jetzt trocknet er an den Hirnseiten schnell nach, die Feuchtigkeit im Kern wird aber brauchen, bis sie nachkommt. Daher schrumpft er außen schneller als innen, Risse sind die Folge...
 

Knotenstock

ww-birke
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Danke euch. Okay, also letztlich doch klassische Trocknungsrisse.

Seschmi, ja, diese und andere Methoden kenne und verwende ich auch – jedoch nur um frisches Holz zu trocknen. Ich hätte gedacht, dass ein Holzwerkzeug, das fast 100 Jahre alt und zumindest die ersten Jahrzehnte offensichtlich ordentlich beansprucht wurde, irgendwann etwas träge wird. Und nicht mehr ganz so schnell auf Feuchtigkeitsschwankungen reagiert…

Aber das tut es eben nicht, sondern es quillt und schwindet eben für immer. Schade um Nachbars alten Klüpfel. Streng genommen tut er seinen Dienst aber unverändert – und seit dem o.g. Foto sind auch keine weiteren Risse entstanden. Trotz Arbeit in der Sonne.

Gruß
Niclas
 
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