Wieder mal ein gebrochenes Stuhlbein

Stichel

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Ich habe 6 etwa 80-jährige Stabellen aus einem Hartholz. Nun ist während des Sitzens plötzlich das hintere rechte Bein oben an der Verankerung splitterig gebrochen.

Die Beine sind oben in Löcher der Gratleisten eingesteckt, von oben geschlitzt und vor dem Einschieben der Gratleisten verkeilt. Nachdem die Beine und die Gratleisten immer gewackelt haben, habe ich die Verklebungen vor etwa 12 Jahren mit Epoxyharz neu gemacht, bei Beinen mit viel Spiel zusätzlich vor dem Kleben alte Lappen aufgewickelt. Auch die lotternden Lehnen konnten so dauerhaft fixiert werden. Diese Art der Verklebung war ein Erfolg und ich kann diese Art der Reparatur nur empfehlen.

Nun hätte der Bruch dieses hinteren Stuhlbeins beinahe zu einem bösen Unfall geführt und ich frage mich daher, ob ich eine Reparatur mit gutem Gewissen wagen darf. Was mich dazu ermutigt ist die Tatsache, dass der Bruch splitterig ist und folglich eine grosse, verzahnte Fläche fürs Kleben hat. Als Ursache des Bruchs dürfte neben der Holzalterung (Versprödung) insbesondere die Schlitzung der Beine zu einer dauernden übermässigen Belastung geführt haben, die schliesslich zum abreissen geführt hat: auf den Nahaufnahmen sieht man deutlich in der Mitte der Bruchstelle etwas wie eine Wand (dunkler gefärbt), welche von der Schlitzung des Beins herrührt.

Fragen:
1. Darf ich in Anbetracht der grossen Splitteroberfläche, die wohl wunderbar ineinander passen wird (siehe letztes Bild), eine erneute Verklebung verantworten?
2. Welchen Kleber verwenden? Ich meine, Weissleim (Wasserbasis) würde besser in das spröde Holz eindringen als Epoxidharz (höhere Viskosität als Wasser). Aber Epoxidharz hätte eben den enormen Vorteil, dass es auch die offenbar vorhandene Lücke im Bereich des Schlitzes auffüllen und verbinden würde. Denn Epoxidharz hat praktisch keinen Schwund.
3. Wie soll ich die Verklebung während der Aushärtung am besten zusammenpressen? Sieht für mich schwierig aus, ist aber möglicherweise nicht mal nötig. Also einfach "Einklopfen" des Stuhlbeins in das Loch der Gratleiste?

Ich wäre dankbar für Eure Ratschläge und Tipps.

Stichel
 

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dermike

ww-robinie
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Hallo,
kleben nur mit Epoxy, Weißleim taugt da nichts.
Wenn eingeklebt, von oben mit ca. 15 mm Bohrer ca. 10 cm aufbohren und die ganze Geschichte mit einem 15 mm Rundeisen verstärken. Das Rundeisen ebenfalls mit Epoxy einkleben.
Ohne Verstärkung kann das zwar auch funktionieren, aber das Risiko ist groß, dass der nächste abstürzt und das will ja keiner.

Gruß

dermike
 

welaloba

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Hallo Stichel,
das mag zwar wunderbar zusammen passen - Ich würde nicht riskieren, das Bein so wieder zusammenzuleimen, auch nicht mit noch so gutem Leim. Also entweder neu machen oder mit möglichst dickem eingebohrtem Buchedübel innen schienen.
Ich hatte Kneipenstühle mit gleich über dem Sitz abgebrochenen Drechsellehnen aus Eiche, die habe ich mit eingebohrten 15 mm Eisenstangen stabilisiert. Die habe ich in der Tat erst mit Leim zusammengeschoben, dann mit sauberem Japansägenschnitt wieder abgenommen und dann die Eisen eingebohrt und verleimt.
Brachial, aber hält.
Gruß Werner
 

Besserwisser

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Ich würd da auch nix leimen. Die tragenden Fasern sind einfach hin, da hilft kein leimen mehr.
Meine Variante wäre diese:
Bein unter Bruchstelle sauber absägen. Achsial eine starke Bohrung einbringen. Einen neuen Zapfen drechseln (lassen), einleimen, Loch in Gratleiste freispuhlen, neu einklopfen.
Alles andere scheint mir vergebene Liebesmüh.
 

Stichel

ww-pappel
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Vielen Dank für Eure Antwort!

@Besserwisser: Das Bein hat in der Aufnahme in der Gratleiste einen Durchmesser von 32 mm. Ich befürchte, dass ich den vorgeschlagenen Zapfen nicht stark genug machen könnte: sein Durchmesser ist doch ein Kompromiss - stärkerer Zapfen contra schwächere Restwand des Beins. Wie stark würdest Du den Zapfen machen, was für Holz? Dann müsste ich auch in der Gratleiste im richtigen Winkel das Aufnahmeloch bohren. Bin zwar praktisch, aber wohl doch nicht genügend gut ausgerüstet (einen so grossen grossen Bohrer, wohl so 15-22 mm, habe ich nicht)

@welaloba: Du machst einen ähnlichen Vorschlag. Wie dick sollte der Buchendübel denn sein? Oder würdest Du die Eisenstangen auch in diesem Fall vorziehen? Was für Leim hast Du denn in Deinem Fall mit den eingesetzten Eisenstangen verwendet? Die Reparatur mit Eisenstange hätte den Vorteil, dass ich das Loch in der Gratleiste nicht so gross wie im Falle eines Holzdübels machen müsste. Denn wegen der Festigkeit von Eisen kann der Durchmesser des Dübels kleiner gewählt werden. Allerdings wird die Druckbelastung auf die restliche Beinwand höher, denn das Bein steht ja schräg! Ausserdem muss der Spalt zwischen Beinende und Gratleiste vollständig aufgefüllt werden, sonst lottert das Bein herum.

Stichel
 

raziausdud

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Hallo,

Mit einem Stuhl nach vorne fallen, mag vielleicht noch glimpflich ausgehen, da sind ja die Beine (des Sitzenden) und die Hände (ev. auf dem Tisch). Nach hinten möchte ich niemals fallen. Deshalb:

Da es ein hinteres Bein ist, würd ich da keine Experimente machen. Außer:
a) Bein neu
b) wenn die Neigung der Beine gleich ist, und wenn Du die Gratleisten heraus bekommst, das Bein nach einer von meinen Vorschreibern genannten Methode reparieren und die Gratleisten tauschen, wenns passt. So kommt hinten nach vorn. Und dann hoffen, dass nie jemand auf den Stuhl steigt ...

Herzliche Grüße
Rainer
 

welaloba

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Hallo, die Eisenstangenlösung hatte ich schon beschrieben. Erst das gebrochene Bein mit Leim zusammenstecken, dann von ganz oben weit genug durchbohren und das Eisen einleimen, zB. mit PU Leim. Da du wahrscheinlich keine passenden Bohrer hast, geht der Weg zum Profi oder zum Flohmarkt.
Gruß Werner
 

Stichel

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Vielen Dank auch für diese Antworten.
@welaloba: Würde eine 10 mm Stange, 5 cm ab Bruchstelle ins Bein, genügen oder was würdest Du vorschlagen? Ist halt recht schwierig von der Oberseite her im richtigen Winkel durchzubohren, so dass ich etwa in der Mitte des Beins bleibe. Das ist in diesem Fall noch schwieriger, da ich die Gratleisten ebenfalls im Sitzbrett verleimt habe, also von der Oberseite des Sitzbretts durchbohren müsste.
Nach den grossen Bedenken von raziausdud bleibt möglicherweise nur noch der Ersatz durch ein neues Stuhlbein, Sache für den Fachmann. Wobei das aushöhlen des Lochs in der Gratleiste auch noch als Problem bleibt.

Nun habe ich mir den Stuhl und auch die anderen 5 genauer angesehen. Die Ursache des Bruchs ist meines Erachtens zum Teil auf die sehr tiefe Schltzung des Beins zurückzuführen, siehe beiliegendes neues Foto. Der fast 2 mm breite Schlitz geht bei diesem Bein auf einer Seite etwa 1 cm über die Gratleiste hinaus. Bei anderen Beinen zum Teil noch mehr. Das ist ein Schwachpunkt.

Was meint Ihr zu folgender Reparatur: Aufleimen eines Kragens von ca 10 mm auf die Gratleiste um das Bein (quadratische Holzplatte 55x55 mm mit Loch). Dann das Bein zuerst wieder einleimen (wohl doch Epoxy um auch den Schlitz aufzufüllen!). Nach Härtung dann den Spalt zwischen Bein und Kragen mit Epoxy ausgiessen?

Stichel
 

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raziausdud

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Hallo nochmal,

zu meinen "großen Bedenken": ich muss zugeben, dass ich sicher ehr ängstlich als über-mutig bin. Schon ein wackelnder Stuhl ist mir ein Graus. Und Du verstehst sicher, dass ich hier keinen Rat geben will, der mir nicht zu annähernd 100% ungefährlich erscheint.

Auch dein letzter Vorschlag erscheint mir "windig". Ich sehe immer die große Übersetzung des langen Hebels Stuhlbein auf die kurze Reparaturstelle. Rein gefühlsmäßig traue ich nur einer Reparatur mit eingebohrter Metallstange. Also: Reste in der Bohrung ausräumen, zerstörtes am Bein absägen, ein innen geschientes neues Bein-Oberteil anbringen, in Bohrung einleimen. Wenn Dir (!) der Stumpf in der Bohrung ausreichend erscheint, und Du beim Misslingen einen zweiten anderen/besseren Versuch einkalkulierts, dann machs mit innerem Schienen der beiden gebrochenen Teile.

Ich denke, dass das selbstverständlich ist: welche Reparatur Du auch wählst, mach am Ende einen Test mit höchst denkbarer Belastung ...

Zum exakten Bohren, probieres mal an einem Teststück: Du wirst staunen wie exakt man durch "Peilen" entlang der Längsachsen bohren kann. Nach jeweils 5mm das Werkstück immer um 90 Grad drehen, zum Peilen in der anderen Richtung/Ebene.

Herzliche Grüße
Rainer
 

welaloba

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Eventuell

Grüß dich, ich habe keine Ahnung, ob 10 mm Stahl ausreichen würden. Das läßt sich bei entsprechender Länge schon noch von Hand verbiegen, oder? Ähnliche Belastung gibts an der Stelle Stuhlbein oben. Für mich wäre die sicherste Lösung ein neues Bein aus Buche. Das Loch in der Gratleiste ausräumen sollte nicht so ein grosses Problem darstellen, ein ordentliches Hohlkehleisen wirds wohl geben - nachdem du vorsichtig gebohrt hast, so viel wie möglich...
Gruß Werner
PS: Das Bein kann man sich notfalls aus einem zugekauften Bucherundstab 40 mm zurechthobeln.
 

Stichel

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Grüss Euch, meine Berater,

Ich weiss nicht, aber aus meiner Sicht ist auch die eingebaute Stahlstange nicht ganz ohne Problem. Ich habe ja oben schon darauf hingewiesen, dass eine zu grosse Bohrung (also dicke Stange) zu einer Schwächung des übrig bleibenden "Holzrings" führt. Und die grössten Kräfte werden am Ende der Stange auftreten. Wenn die Verklebung hier zwischen Stangenende und Holz nicht extrem gut ist, kann doch der Holzring leicht abgeschert werden. Die Güte der Verklebung weiter oben Richtung Gratleiste dürfte weniger von Bedeutung sein. So jedenfalls mein Gefühl. Oder sehe ich das falsch? Daher meine Frage, ob ich es mit 10 mm Stahl wagen kann.

Klar bietet die Stahlstange im oberen (gebrochenen) Teil eine zusätzliche Verstärkung. Aber ich will ja damit nicht einen Bruch weiter unten provozieren.

Stichel
 

dermike

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Nimm mindestens 12 mm Rundeisen und bohre bis zur Sitzfläche durch. Der Metallbolzen ist also auf der Sitzfläche sichtbar. Mit Epoxydharz einkleben.
Bei mindestens 10 cm, besser 12 cm Bolzenlänge reicht das aus.
Da bricht nichts mehr ab.
und los geht's.


dermike
 

teluke

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Pécs
Wäre es hier nicht richtig alle Beine an allen Stühlen zu erneuern?

Wäre doch nur einmal aufwändig und danach wären alle Stühle wieder für viele Jahre sicher.
So bleibt dich das Risiko dass demnächst das nächste Bein bricht.

Ich hätte ein wenig Bauchweh wenn sich da eine feuchtfröhliche Runde gestandener Männer auf den Stühlen breitmachen würde.
 

welaloba

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Hallo Stichel,

Meine letzte Empfehlung war, ein neues Bein herzustellen. Dabei stellt es sich als Problem raus, dass du früher die Gratleiste mit Epoxy eingeleimt hast.
Da bliebe jetzt nichts anderes, als die Aufnahme in der Gratleiste sauber freizulegen und das neue Bein bündig einzupassen. Bei guter Holzauswahl hält das dann auch wieder 80 Jahre. Wenn dier auch das nicht möglich ist, bleibt immer noch der Weg zum Profi, wie auch schon erwähnt.
Fast off Topic:
Hierzulande sind diese Stuhlbeine etwas länger und reichen bis in die Sitzfläche. Davon ging ich aus, als ich davon sprach, von oben ein Eisen einzubohren. Das fällt hier natürlich aus.
Gruß Werner, der jetzt draussen ist aus dem Thema.
 
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