Schreibtischplatte: Kunst- oder Acryllack?

Jo_

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Hallo zusammen,

ich würde gerne die dunkle Holzarbeitsplatte eines alten Schulschreibtischs (50er – 60er Jahre?) mit einem Buntlack lackieren. Aus Gründen der einfacheren Verarbeitung und vor allem der Robustheit (Kaffeetassen etc.) hatte ich erst zu einem Kunstharzprodukt tendiert, zögere aber nach einer kurzen Internetrecherche jetzt aber ein wenig wegen der Giftigkeit. Ich könnte den Schreibtisch nach dem Lackieren problemlos ein paar Wochen auf der überdachten Terrasse stehen lassen. Ist der ausgehärteter Kunstlack genauso unbedenklich wie Acryllack? Wie lange muss der Kunstlack dazu austrocknen? Würdet ihr trotzdem mit einem Acryllack arbeiten?

Schon einmal vielen Dank im Voraus!

Viele Grüße
Jo
 

hobbybohrer

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Hallo,
mal im Ernst: Glaubt irgendwer daran, dass ein Lack, der für Endverbraucher im Handel ist, "giftig" ist?
Es gibt doch Produkthaftung und verbindliche Richtlinien. Wie z.B. Benzin oder Essigessenz oder WC-Reiniger darf man auch Lack nicht verzehren. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels ist ein Lack auch für den vorgesehenen Gebrauch gefahrlos zu nutzen.
Im Übrigen lese man die Verarbeitungshinweise und Warnungen auf dem Behältnis.
Zu Deinem Vorhaben: Die alte Oberfläche muss gereinigt oder auch an- oder abgeschliffen werden. Dabei kann lungengängiger Staub entstehen oder auch Lösunsgmittel verdampfen, je nach dem, was Du gerade so machst. Da solltest Du eine geeignete Schutzmittel nutzen, Staubmaske, Atemschutz verwenden und oder im Freien oder unter Absaugung arbeiten.
Richard
 

uli2003

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Ein Acryllack ist ein Kunstharzlack. Und mit weitaus mehr organischen Verbindungen versehen als du denkst.
 

netsupervisor

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Ich würde generell immer mit 2k-Lacken arbeiten, aufgrund der schnelleren Aushärtung.
Meine Weisheit dazu ist: auch wasserlösliche Lacke kann man weder trinken, noch sind sie ungefährlicher als lösemittelbasierte Lacke. Nix davon ist bei korrekter Anwendung sofort gesundheitsbedrohlich. Unter Lackierer wird behauptet, Wasserlackstäube (beim Spritzverfahren) seien sogar noch gefährlicher als Lösemittel/Nitrolacke, da die Abstoßreaktion der Bronchen und Lunge hier keinen Gefahrstoff wittern.
 

derdad

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Ein Acryllack ist ein Kunstharzlack. Und mit weitaus mehr organischen Verbindungen versehen als du denkst.
Korrigiert mich, wenn ich mich irre aber Acryllack ist KEIN Kunstharzlack. Kunstharzlack wird mit Terpentin, Terpentinersatz, oder eben Kunstharzverdünnung verdünnt. Alles eine ölige Basis.
Acryl ist zwar auch künstlich hergestellt wird aber mit Wasser oder speziellen Acrylverdünnungen verdünnt. Acryl mit Kunstharzverdünnung wird eine "Schmiere"
LG Gerhard
 

uli2003

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Womöglich hat er Acryl mit Alkyd verwechselt. :emoji_wink:
Aber einem Forendinosaurier widerspricht man eben nicht. :emoji_thinking:
LG
Danke für die Blumen.

Nein, ich habe nichts verwechselt.
Alkydharzlacke sind natürlich auch Kunstharzlacke, genauso wie Dispersionsfarben und Nitrolacke und viele weitere, deren Lösemittel mineralischen Ursprungs sind. Und ja, in Acryllacken sind Mineralölbestandteile (..und nicht nur Wasser).
 

ChristophW

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und nicht nur Wasser
Wer denkt Wasser wäre harmlos kennt wohl leider folgende erschreckende Tatsachen über den auch in Fachkreisen DHMO genannten Stoff nicht!!

The figures are astonishing - DHMO has been found in over 95% of all fatal cervical cancers, and in over 85% of all cancers collected from terminal cancer patients. Despite this, it is still used as an industrial solvent and coolant, as a fire retardant and suppressant, in the manufacture of biological and chemical weapons, in nuclear power plants

https://www.abc.net.au/science/articles/2006/05/17/1631494.htm?site=science/greatmomentsinscience
 

WinfriedM

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Nein, ich habe nichts verwechselt.

Fachlich der Begriff Kunstharzlack eigentlich immer nur für Alkydlack bzw. Alkyd-PU-Lack verwendet. Zu einem Acryllack oder Nitrolack sagt niemand Kunstharzlack.

Das schreibt Alpina:
https://alpina-farben.de/artikel/grundwissen-lack/
Ich würde schon dabei bleiben, wie Begriffe benutzt werden.

Zurück zum Thema: Ich würde eine lösemittelbasierten Lack verwenden, weil beanspruchbarer, gerade bei einem Schreibtisch. Die Lösemittel heute sind recht unproblematisch, wenn man nicht gerade 40 Jahre täglich damit lackiert. Und nach 2 Tagen sind 95% davon verflogen. Nach 2 Wochen dürften die zu 99,9% raus sein. Was dann noch riecht, sind ein paar Aldehyde, die unproblematisch sind. Nach 2-3 Monaten riecht man in der Regel gar nichts mehr.
 

uli2003

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Technisch und fachlich ist ein Acryllack durch seine Mineralölbestandteile ein Kunstharzlack.
Mittlerweile mag es Rezepte geben, welche ohne diese auskommen.
Umgangssprachlich sind es Wasserlacke.
Inwieweit die Bindemittel jetzt natürlich sind, darüber kann man philosophieren.

Zum Problem des TE:
Ich tendiere bei hohen Belastungen auch zum 2K Lack.
 

derdad

Moderator
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Danke für die Blumen.

Nein, ich habe nichts verwechselt.
Alkydharzlacke sind natürlich auch Kunstharzlacke, genauso wie Dispersionsfarben und Nitrolacke und viele weitere, deren Lösemittel mineralischen Ursprungs sind. Und ja, in Acryllacken sind Mineralölbestandteile (..und nicht nur Wasser).
Dass in vielen Acryllacken Mineralölbestandteile sind ist unbestritten, sie werden jedoch nicht Kunstharzlack genannt. Denn dann müsdte so ziemlich jeder moderne Lack als Kunstharzlack bezeichnet werden.
LG Gerhard
 

Jo_

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Hallo zusammen,

vielen Dank für die Aufklärung!

Gibt es irgendwo eine gute Möglichkeit sich einen geeigneten 2K Lack in KLEINEN Mengen (für die Schreibtischplatte brauche ich ja nur sehr wenig) in seiner Wunsch RAL-Farbton anmischen zu lassen?

Viele Grüße
Jo
 

WinfriedM

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@uli2003 Konnte ich mir schon denken, dass du dich auf die Wikipedia beziehst. Für mich ist das Unsinn, was dort steht bzw. es entspricht nicht dem, wie die Begriffe verwendet werden. Wobei genau genommen der Wikipedia-Artikel sich auf "Kunstharzfarbe" und nicht auf "Kunstharzlack" bezieht.

Frag irgendeinen Farbenprofi, was Kunstharzlack ist. Da wird niemand sagen, dass ein wasserbasierter Acryllack ein Kunstharzlack ist. Zumindest in meinem Umfeld, was ich kenne, ist das so.

Leider kann ich dir keinen definitiven Nachweis erbringen, weil der Begriff wohl nie scharf definiert wurde. Er wird aber von Farbenherstellern einheitlich genutzt für lösemittelhaltige Alkydlacke.

Schönes Beispiel von Zweihorn: "Wasserlacke - die Alternative zu Kunstharzlacken"
https://www.zweihorn.com/de/service/maler-und-lackierer.html?L='
 

uli2003

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Die Differenzierung geschieht über den Begriff 'Kunstharz'. Kunstharze sind synthetische Harze aus Mineralölen. Naturharze sind natürliche Harze aus beispielsweise natürlichen Ölen.
Die polymerisierte Schicht eines Acryllackes ist ein reines Kunstharz. 'Wasserlack' bezeichnet nur den Großteil des Lösemittels und nicht der Bindemittel.

Umgangssprachlich mag das wie du sagst gelten, unterscheidet man Lacke aber aufgrund der Herkunft ihrer Harze bzw. Bindemittel in natürlich und künstlich, ist es halt falsch.
 

hobbybohrer

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Hallo, für mich erscheint der Begriff „Wasserlack“ als ein vereinfachendes Marketing-Wort. Die exakte Unterscheidung ist da hilfreicher, aber in Zeiten der Schwarz-Weiß-Malerei reicht Vielen ja Wasser = gut und künstlich = giftig: Die Welt ist halt zu kompliziert für Otto Normalverbraucher.
Richard
 

uli2003

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Hallo, für mich erscheint der Begriff „Wasserlack“ als ein vereinfachendes Marketing-Wort.
Ich habe Anfangs nur auf die Frage des TE geantwortet, welcher ein Kunstharzprodukt gegen einen Acryllack gestellt hat, von dem er offensichtlich glaubt, es sei ein unbedenkliches, natürliches Produkt, weil Wasser drinnen ist.

Prinzipiell sind alle Farben, wenn sie denn einmal ausgehärtet oder getrocknet sind bzw. ausreagiert haben unbedenklich.

Zur Unterscheidung gibt's bei Lacken verschiedene Möglichkeiten. Einmal nach der Herkunft der Lösemittel, dann nach der Herkunft der Bindemittel.

Lösemittelhaltige Lacke mit Wasser als Lösemittel, lösemittelhaltige Lacke mit organischen Lösemitteln, lösemittelfreie Lacke.

Dann die Basis der Bindemittel: Kunstharze, Naturharze, Minerale, Reaktionskunststoffe.

Zu allen kommen dann Additive wie Füllstoffe, Sikkative, Emulgatoren, Filmbildungshilfsstoffe, Verdünner, Verdunstungshemmer, Fungizide, Stabilisatoren, Pigmente, Cyanate usw. in mehr oder weniger großer Menge.

Von daher ist es ganz schwer zu sagen, ob ein umgangssprachlicher "Buntlack oder Kunstharzlack" gesünder oder ungesünder ist als ein "Wasserlack".
Ebenso ist die Rezeptur aller Lacke entscheidend dafür, worauf sie angewendet werden dürfen.
Günstigen 'Baumarktlacken' werden häufig weniger Additive zugesetzt, was die Anwendung oft einschränkt.
 

netsupervisor

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Uli sieht das genauso wie ich.
Ich gucke noch etwas weiter, und zwar in den Abfall den diese Lacke bei der Reinigung hinterlassen. Lösemittelbasierte Lacke wasche ich mit Lösungsmittel, das kommt in den Abfallbehälter und wandert auf den Giftmüll. Hier verwende ich sehr sparsam alte verunreinigte Lösungsmittel zum groben vorreinigen, sauberes Lösungsmittel zum Finalreinigen.
Wasserlack-Werkzeuge reinigt man mit reichlich verfügbaren Leitungswasser im Spülbecken oder im Eimer, wo kommt da wohl der ganze Dreck dann am Ende an...
 

hobbybohrer

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@uli2003
Danke für die umfassende und klärende Darstellung. "gesund" ist m.E. immer fehl am Platze, es reicht, wenn ein Produkt nicht oder weniger schadet.
@netsupervisor
Die Lösungsmittel werden einer geordneten Entsorgung zugeführt und am Ende kontrolliert verbrannt.
Wenn ein technischer Hinweis erlaubt, das Werkzeug unter fließendem Wasser auszuwaschen, dann sind die Rückstände in der Kläranlage zumindest inert, oder auch abbaubar.
Richard
 

Bastelheiko

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Schwarze Wandfarbe z. B. kann man durchaus zu sich nehmen ohne gleich zu sterben.
Und wer es nicht glaubt, kann sich hier ja mal richtig informieren.
 
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