Schellackpolitur, was für den ersten Versuch

ChrisOL

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Hallo,

Ich möchte gerne einmal Holz mit Schellack polieren, oder es zumindest ausprobieren.

Vielleicht stehe ich gerade auf dem Schlauch, aber was nutze ich für den Ballen, nein besser, was konkret besorge ich dafür?
Leinen, Baumwolle, Schafwolle, alles schön und gut. Nur so ohne jemals einen fertigen Ballen in der Hand gehabt zu haben, ist es schwierig festzulegen was man braucht.

Innen Wolle, dann ein Stück Baumwolle und aussen ein Leinentuch? So beschreibt es Lothar Jansen-Greef in seinen Videos sehr gut . Kann mir jemand sagen wie stark oder fein das Leinentuch sein soll?

Schellack, Isopropanol, Bimsmehl und andere Sachen habe ich schon länger in der Werkstatt.
 

Friederich

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Hallo Christoph, ein guter Ballen ist tatsächlich das größte Problem.
Innen Schafwolle oder Baumwolle. Baumwollfüllung gibts extra für diesen Zweck zu kaufen. Kann nur nicht mehr sagen wo. Vielleicht Kremer?
Als Bezug genügt Baumwollstoff aus altem Hemd etc. Leinen wird immer wieder empfohlen, seh darin aber keinen Vorteil, außer dass es länger durchhält. Früher hatte man wohl mehr altes Leinen als die anfangs noch recht teure Baumwolle im Haus.
Aber genügend alte Hemden, Bettlaken sind ja heutzutage kein Problem
Ein guter Ballen ist sehr kompakt, was sich meist erst nach längerer Benutzung ergibt. Neuer Ballen ist noch locker und gibt leicht zuviel Schellack ab, was dann eine Katatrophe ist.
Ich hab mir meinen duch Verfilzen von Schurwolle gefertigt. Heidenarbeit und nicht praktikabel; auch wenn er perfekt geeigent ist. Der massive Filzklumpen nimmt Unmengen Schelllack auf, die er nur gaanz langsam und dosiert abgibt.
Ein Tip um die gleichmäßige Abgabe zu verbessern: Nimm den Bezugsstoff doppelt.

Zwischen diese zwei Lagen geb ich das Bimsmehl, welches dann auch nur langsam abgegeben wird und keine "Bimsnester " verursacht. Nach einiger Zeit die zwei Lagen wenden, so dass die "eingebimste" Seite nach außen und unten kommt.
Polieröl brauchst du auch. Spezielles kaufen oder ein Babyöl. Das ist rein und nichttrocknend.
Man braucht davon sehr wenig; bzw. man sollte es äußerst sparsam anwenden.

Sonstige Mittelchen wie Abziehpolitur sind unnötig.
Auch mehrere Ballen wie manchmal empfohlen, für Grundpolitur, Deckpolitur... sind überflüssig.
Verschraubbares Glas besorgen um den wertvollen Ballen vorm Austrocknen zu schützen.
Sicherheitshalber noch einen Schuss Alkohol drübergießen, wenn man ihn längere Zeit nicht benutzt.
 

ChrisOL

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Hallo Ingo,

Die Videos kenne ich schon, wirklich gut gemacht. Er sagt z.B. Grobes und feines Leinen, nur hast du mal gesehen wie viele Abstufungen es bei Leinen gibt ?

Hier in Oldenburg gibt es ein Geschäft das Schellackflocken verkauft, Lamee, nur sind die Öffnungszeiten nicht kompatibel zu meinen Arbeitszeiten.
 

welaloba

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Hallo, was die Abstufungen beim Leinen angeht: Das lernst du am besten kennen beim Anwenden.
Das feinste Leinen ist das von alten Kopfkissen - oft ist das vielleicht auch nur Halbleinen, also mit Baumwollanteil.
Das wichtigste an diesem Stoff ist, dass er vielmals gewaschen ist und möglichst gar nicht fusselt.
Lauf über einen Flohmarkt und schau nach alten Stoffen, evtl. nicht bei Klamottenständen, sondern eher bei weißer (!) Bettwäsche.
Was Lamee angeht: Der versendet doch auch.
@ Friederich: Ich unterscheide ganz streng zwischen Bimsmehlballen zum Porenfüllen und einem Ölballen zum Deckpolieren.
Haben wir doch sogar im Video weiter oben gelernt, dass das Öl als Trennmittel dient.
Gruß Werner
 

ChrisOL

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Hallo Werner,

Danke für den Tipp mit der gebrauchten Wäsche. Für‘s erste habe ich bei L. Greef ein Starterset bestellt, dass er anbietet. Da gibt es zwei fertige Ballen, dann kenne ich das Ziel und weiß was mit grobem und feinen Leinen gemeint ist.

Lamee ist nur 2km von mir entfernt, da ist mir nicht wohl dabei online zu bestellen. Wird aber wohl auf online bestellen hinauslaufen.
 

uneven

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Hallo Friedrich!

Also, ich unterscheide auch Bimsmehlballen und den Polierballen. Gelingt dir mit einem einzigen Ballen, ich meine einem, mit dem du Poren gefüllt hast, eine vollkommen geschlossene Politur? Das muss ich versuchen, ich kanns noch nicht glauben. Werde dann berichten.

@ Christoph: Meiner Erfahrung nach ist ein Pollierballen keine Wissenschaft. Ich nehme alte Wollsocken, mit denen tue ich mich am leichtesten. Beim Porenfüllen kommt dickes Leinen drauf, bei der Deckpolitur verwende ich feine Baumwolle, ein altes ausgedientes Bettlaken.
Meine Ballen halten ziemlich lange, denn je älter sie sind, desto besser finde ich sie. In einem Glas halten die lange, wenn sie hart sind, braucht es ja nur Spiritus.
Viel Spaß bei den ersten versuchen und abwaschen kann man auch 100 mal, es braucht einfach am Anfang Geduld und dann bekommt man ein Gespür dafür, wie das geht. Aber es ist nicht das Buch der sieben Siegel.


Lg

Uneven
 
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Friederich

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Hallo Friedrich!
Also, ich unterscheide auch Bimsmehlballen und den Polierballen. Gelingt dir mit einem einzigen Ballen, ich meine einem, mit dem du Poren gefüllt hast, eine vollkommen geschlossene Politur?
Klar, warum denn auch nicht? Das beeinträchtigt den Ballen ja keinsterweise, dass man damit auch Bimsmehl aufgebracht hat.
Das Bimsmehl sitzt ja im Bezugsstoff. Und selbst den wechsel ich nicht aus solange er nicht durchgewetzt ist.

Meine Ballen halten ziemlich lange, denn je älter sie sind, desto besser finde ich sie.
Ein eingearbeiteter Ballen ist goldwert. Er wird immer kompakter und die Lackabgabe infolgedessen immer gleichmäßiger.
Lebensdauer eigentlich unbegrenzt.
 

uneven

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Hallo Friederich!

Da geht mir grad ein Licht auf. Wir haben unterschiedliche Begriffe, ich denke, du verstehst unter Ballen nur das Innenleben, also Schafwolle und mein Begriff für Ballen beinhaltet auch die Außenschicht, sprich "Fetzen" rundherum.
Bei meinem Ballen, wie ich ihn halt verstehe, braucht es zwei. Bei deinem Ballen, so wie du ihn verstehst, braucht es einmal einen "Bimsfetzen" und dann einen Ölfetzen. Innenleben bleibt das Gleiche.

Bitte sag, dass ich das jetzt richtig verstehe.

LG

Uneven
 

Friederich

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Ja, unter Ballen verstehe ich tatsächlich nur das Innenleben. Der Lappen außenrum ist nebensächlich.
Meiner ist allerdings auch ganz anders aufgebaut. Ein solider Filzklumpen mit dauerhafter Form.
 

Holzsinn

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Ich gebe regelmäßig Oberflächenbehandlungskurse bei dictum in München und Restaurierungskurse bei der VHS am Harras in München. Bei beiden gehört eine vereinfachte Schellackmattierung für Laien zum Kursinhalt. Nur mal so zur info
Gruß Melanie Kirchlechner
www.holz-sinn.de
 

ChrisOL

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Hallo Melanie,

Danke für das Angebot. Ich komme aus Oldenburg, bis nach München sind das gut 800km :emoji_frowning2:

Material für zwei Ballen habe ich nun zu Hause, Schellack, Bimsmehl und Alkohol auch. Am Wochenende werde ich mit einem Stück aus Kirsche und Esche einfach Mal anfangen und testen.
 

Komihaxu

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Die echte Schellackpolitur ist wohl eine hohe Kunst.

Aber grundsätzlich ist Schellack echt super einfach zu verarbeiten. Eine "Matterierung" bekommt jeder hin, der Alkohol unfallfrei in ein Joghurtglas schütten kann und sich beim Streichen den Pinsel nicht ins Auge sticht.
Ich habe das an meinem Werkzeugschränk äußerst dilettantisch probiert.

Schellackplättchen, Alkohol, Joghurtglas und ein alter Pinsel waren alles, was nötig war.
1. Einmal stark verdünnt aufgestrichen
2. nach 2 Stunden Schliff mit 180er Körnung.
2. Zweiter Auftrag, etwas weniger verdünnt.
3. Zwischenschliff (ganz sanft per Hand) mit 300er Körnung wieder nach 2 Stunden.
4. Letzter Auftrag am ersten Tag.
5. Über das Wochenende habe ich mehrmals am Tag noch einige Male Schellack dünn aufgetragen. Immer wenn ich gerade nichts anderes zu tun hatte.

Insgesamt waren es geschätzt 5-7 Schichten. Alles mit einem ranzigen alten Pinsel, kein Ballen oder ähnliches. Jetzt hat der Werkzeugschrank aus Birkenmultiplex einen durchaus nett schimmernden Glanz mit einer gewissen "Tiefe". Von Hochglanz noch weit entfernt, aber viel besser als erwartet.

Edit:
Zum "Porenfüllen" habe ich etwas gemacht, was dem Profi vermutlich die Nackenhaare aufstellt:
Ich habe nach dem 300er Schliff einfach den feinen Schleifstaub auf der Oberfläche belassen und mit eingepinselt. :emoji_innocent:
 

Friederich

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Hir mal ein Bild von meinem Ballen. Aus Schafwolle "gefilzt" mit Heißwasser und Seife.
Nimmt Unmengen Schellack auf und gibt ihn ganz langsam und dosiert wieder ab.
Das Vorgehen war nicht besonders praktikabel, aber das Ergebnis ist perfekt.


DSCN0322.JPG DSCN0325.JPG
 

uneven

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Hallo Friedrich!

Also, dein Ballen gefällt mir, die meinen schauen aber recht ähnlich aus. Ich habe jede Menge Filzwolle, so einen wie du einen hast, möchte ich auch haben. Ich werde mir demnächst einen machen. Gut abgeschaut ist halb gewonnen, wie ein altes unevensprichwort sagt.

Liebe Grüße

Uneven
 

Friederich

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Zum Polierballen noch eine Anekdote:
Ein ehemaliger Chef hatte mal einen Rumänen eingestellt. Der hatte einen ganz kuriosen Ballen mitgebracht und polierte sehr routiniert. Anscheinend war das damals in Rumänien noch ein ganz gängiges Verfahren.
Nchdem er meinen Ex-Chef schmählich hintergangen hatte (krankgemeldet und währenddessen bei der Konkurrenz gearbeitet), hat er sich nicht mehr getraut, seinen Ballen abzuholen. Der ist jetzt immer noch dort und wird gehütet wie ein Augapfel.
Der Ballen war wohl aus Filzstoff genäht (etwa in Form einer kurzen Socke), und dann mit wahrscheinlich Wolle ganz fest ausgestopft. Er lag perfekt in der Hand und sah aus wie von Colani designed.
Wenn man jetzt nur noch das Schnittmuster hätte, wär das wohl der paktikabelste Weg zu einem idealen Ballen.
 

ChrisOL

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Moin,

Ich bin nun etwas weiter mit den beiden Testbrettern. Heute habe ich zum fünften Mal mit Schellack und Bimsmehl die Poren gefüllt.

Einen gewissen Glanz kann man jetzt schon erkennen. Deckpolitur folgt noch.

Erste Erkenntnis, für eine feine Politur muss ich viel sauberer und penibler schleifen.

Ist es bei der Esche überhaupt möglich die Poren bzw Tracheen zu füllen?

Zweite Frage, ist es sinnvoll das Holz vorher zu Ölen um die Maserung mehr hervorzuheben?
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welaloba

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Moin,
Auch Esche kann man füllen, ebenso wie Rüster. Ist viel Geduld erforderlich.
Vorher Ölen: Aber nur mit Material, welches richtig aushärtet. Haben wir vor vielen Jahren als sinnlos + zeitraubend aufgegeben.
Gruß Werner
 

Friederich

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Ist es bei der Esche überhaupt möglich die Poren bzw Tracheen zu füllen?
Nicht wirklich. Sehr ungeeignet für Schelllackpolitur.
Selbst wenn man mit viel Mühe erstmal eine geschlossene Oberfläche hinbekommt- nach Tagen, Wochen, Monaten sacken die Poren doch wieder ein.
Beim Porenfüllen mit Bimsmehl muss man aufpassen, dass es keine "weißen Poren" gibt.
Das einzelne Bimsmehlkorn muss sozusagen immer von Schellack umhüllt sein, ohne dass es Zusammenklumpungen gibt. Diese erscheinen dann spätestens nach dem Trocknen weiß.

Vorgeschlagen wurde schonmal mehrmaliger Anstrich mit dünnem Hautleim, nebst Zwischenschliff.
Hab ich aber selber noch nicht ausprobiert.

Ölen ergibt auf dem rohen Holz erstmal mehr "Tiefe"-aber obs auch nach der Politur noch einen Unterschied macht, bezweifel ich.
 
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ChrisOL

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Mein Ballen entwicklet sich, unten ist der schon deutlich fester geworden. In den nächsten Tagen werde ich den für ein Projekt wieder nutzen.
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ChrisOL

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Hallo,

Es hat zwar gedauert aber die erste Oberfläche ist nun fertig mit Schellack poliert. Es ist schwierig im Bild festzuhalten. Aber hier sieht man schön die Spiegelung.

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uneven

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Hallo Christoph, das ist ja super. Gratuliere, Schellack polieren ist nicht das Buch der sieben Siegel. Lg Eva
 
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