Restauration einer geerbten Kommode

Pyrox

ww-kiefer
Registriert
26. Januar 2016
Beiträge
48
Hallo liebe Woodworker,
ich habe vor ca. 1,5 Jahren von meinen verstorbenen Großeltern eine Kommode geerbt - seitdem steht sie in meiner Wohnung. Mein Opa war Architekt und hat von Kunden häufig Scheunenfunde etc. bekommen die er dann restauriert hat. Leider habe ich ihn nicht mehr in einem Zustand kennengelernt, in dem er mir noch Wissen hierzu weitergeben konnte, die Kommode gehört aber zu diesen Stücken.
Deshalb möchte ich ihr jetzt den nötigen Respekt zukommen lassen und schauen, dass sie möglichst in diesem Zustand bleibt.

Ich habe einige Bilder angehängt. Meine Einschätzung ist, dass es sich um Massive Kirsche(?) handelt mit Schubladen-Innenteilen aus Kiefer oder Fichte, alles handgezinkt. Wenn jemand das Holz zuordnen kann wäre ich dafür dankbar, da das von meiner Seite eine reine Schätzung ist. Auch das etwaige Baujahr würde mich interessieren wenn man den Stil zuordnen kann. Alle Beschläge sind aus Messing, die Schubkästen sind auf Holzleisten geführt.

Die Schubladen Innenseiten sind nicht behandelt. Eine der Schubladen hatte Stockflecken als ich sie bekommen hatte, hier waren angeschimmelte Brettspiele gelagert. Ich habe nichts weiter behandelt, hatte mir aber überlegt die Schubladen-Innenseiten mit Schelllacklösung zu pinseln um sie zu versiegeln um eventuelle Schimmelsporen einzuschließen.
An der Außenseite sind mehrere Problemchen: Wie auf den Bildern erkennbar haben die massiven Seitenteile im Mark jeweils einen Riss - sollte dieser auf irgend eine Weise stabilisiert werden, oder ist das unproblematisch? Rein optisch stören sie mich nicht, solange das Möbelstück dadurch nicht beeinträchtigt wird auf Dauer. Auf der Seitenansicht ist auch zu sehen, dass die vordere auf Gehrung gesägte Ecke der Oberseite die Ohren hochzieht, kann und sollte man sowas wieder richten?
Der letzte Punkt ist die Oberflächenbehandlung der gesamten Kommode, ich würde schätzen dass sie mit irgend einer Art Lack lackiert ist. In der Vergangenheit hat sie leider wohl auf der Oberseite Wasserflecken abbekommen wie zu sehen ist. Ich habe diese schon vor ca. einem Jahr einmal mit Renuwell versucht etwas zu kaschieren, hat aber nicht dauerhaft funktioniert. Wenn hierzu jemand Ideen hat wär ich auch dankbar.
Ansonsten schaut euch einfach das schöne Stück an, ich denke hier sieht man noch richtig gutes Handwerk in einem hoffentlich noch ziemlich gutem Zustand.
DSC02592.jpg DSC02593.jpg DSC02594.jpg DSC02595.jpg


Viele Grüße
Stefan
 

Hondo6566

ww-robinie
Registriert
27. April 2017
Beiträge
3.821
Ort
Ortenaukreis
Hallo,
schönes Stück, deine Einschätzung bez. Kirsche und Kiefer teile ich auch.
Ich würde aber wegen des Risses gar nichts machen - das Möbel hat seine 80-100 Jahre geschätzt auf dem Buckel und entsprechenden Charme.
Die Oberfläche der Platte würde ich mit 99% Alkohol reinigen - wäre Schellack drauf wäre der dann natürlich weg, aber so wie man sieht ist da keiner drauf. Anschließend mit einem farblosen Wachs behandeln auf Bienenwachsbasis. NICHT mit Schleifen anfangen, das wird dann nur schlechter.
 

InstantMuffin

ww-esche
Registriert
26. August 2018
Beiträge
549
Ort
NRW
Ich würde gar nichts daran machen. Das ist so in einem sehr guten Zustand. Die Risse sind dem Holzbild nach zu urteilen nicht vermeidbar.
Im Zweifel ab zum Profi.
 

Pyrox

ww-kiefer
Registriert
26. Januar 2016
Beiträge
48
Schön dass ihr meine grundlegende Einschätzung teilt und nichts weiter machen würdet :emoji_stuck_out_tongue: - ich würde im Leben nicht anfangen hier zu schleifen auf der Oberfläche! Alkohol habe ich da, werde ich mal an einer unauffälligen Stelle testen. Auf der Oberseite würde es mir hauptsächlich darum gehen, dass die Wasserflecken nicht mehr so stark auffallen, aber auch die stören mich nicht so stark.

Das Einzige was ich mir selbst zutrauen würde an der Kommode wäre die Behandlung der Schubladen mit Schelllack, aber dazu war ich bisher zu faul ehrlichgesagt. Ich wollte nur mal andere Meinungen ob irgend ein Mangel hier eine Maßnahme erfordert um den Zustand so zu erhalten. So wie sie ist passt die Kommode mir grundlegend sehr gut.

Man sieht hier im übrigen auch schön, wie man eine Massivholzplatte mit gehrungsverleimten Leisten umgeben kann ohne dass es sperrt - einfach die Rückseite zur Wand offen lassen und die Platte nur einschieben. Die ganze obere Platte ist übrigens auch mit Zinken am Korpus befestigt. Den Aufwand mit Handwerkzeugen möchte ich mir garnicht vorstellen.
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Die Kirsche, die in Wirklichkeit ein Nussbaum ist.
Wenn der Opa restauriert hat, kann es natürlich gut sein, dass er Nitrolack aufgetragen hat, was aus der Ferne nicht zu sagen ist.
Die Wasserflecke würde ich mit sehr kleinem spitzem Pinsel leicht retuschieren mit dünnem Schellack.
Die gerissenen Seitenflächen rühren bei diesem Modell Gründerzeit (um 1880 - 1900) - Kommode meistens daher, dass die Laufschienen für die Schubladen vorn und hinten anstoßen. Das Seitenteil schrumpft irgendwann und reißt, weil die Schienen im Inneren nicht nachgeben. Könnte ich auch mit leben.
Ob Schellack drauf ist, würde ich nicht wagen zu beurteilen. Ich würde aber sicherlich nicht anfangen, mit Alkohol abzuwaschen. Reinigen geht immer erst mal leicht feucht und gleich wieder gut trockenreiben.
Die Schubladeninnenflächen erst mit Alkohol auswaschen, falls es Schimmel gab. Anschließend mit Schellack (100 Gramm pro Liter Alkohol ) streichen ist angebracht. Schimmelsporen einschließen ist keine gute Idee, der Schimmel, sofern vorhanden, muss vor dem Schellackanstrich mit Alkohol getötet werden.
Wenn gewachst werden soll, ist farbloses Wachs nicht das Mittel dere Wahl, da das früher oder Später ziemlich weiß aus dem Poren lacht.
Und ja, wie schon gesagt, nicht dran machen ist immer noch die beste Methode.
Gruß Werner
 

Pyrox

ww-kiefer
Registriert
26. Januar 2016
Beiträge
48
Nussbaum und Kirsche habe ich tatsächlich auch geschwankt, ich hatte zu Kirsche tendiert weil es doch sehr rötlich ist in der Farbe - ich hätte Nuss eher Richtung braun eingeschätzt. Liegt deine Zuordnung am Holzbild oder eher an der Farbe?

Danke für die Einordnung zur Gründerzeit, tatsächlich findet man sehr viele Kommoden dieser Bauart (meist in Weichholz allerdings) wenn man mal unter diesem Stichwort sucht. Das war scheinbar tatsächlich eine Art Standardbauweise damals.

Ich denke auch mit deiner Einschätzung, warum die Seitenteile gerissen sind hast du genau ins Schwarze getroffen - siehe angehängtes Bild: Die Auflagen für die Schubladen sind scheinbar als Verstärkung des Korpus gedacht und flächig an die Seitenwände geleimt. Wundert mich aus heutiger Sicht etwas, dass man das damals so gelöst hat. Trotzdem erstaunlich, was jemand mit dem richtigen Fachwissen aus einem einfachen Bild von außen erschließen kann. Hut ab!

photo_2020-04-23_17-35-04.jpg
Danke auch für die anderen Hinweise. Ich werde mir denke ich mal bei Gelegenheit die Schubladen vornehmen und im gleichen Zug die Wasserflecken versuchen zu behandeln - eilen muss ich mich wenigstens nicht bei dem Zustand und schon erreichten Alter des Möbels :emoji_stuck_out_tongue:
 

InstantMuffin

ww-esche
Registriert
26. August 2018
Beiträge
549
Ort
NRW
Das sieht nicht nach Knochenleim aus, da hat schonmal jemand verschändelt. :emoji_frowning2: Oder ist das von der Oberflächenpolitur durchgeflossen?
 

Pyrox

ww-kiefer
Registriert
26. Januar 2016
Beiträge
48
Kann denke ich nicht sein, der Schrank ist auf der Innenseite unbehandelt vom Anfassgefühl her. Dann hat da wer (Opa?) im Nachhinein an der Seitenwand festgeleimt :emoji_rage: Schweinerei. Könnte es auch ein modernerer Nachbau sein im gleichen Stil der mit regulärem Weißleim verleimt wurde? Seit wann wird eigentlich Weißleim weitverbreitet eingesetzt? :emoji_thinking:
 
Oben Unten