Raue Stellen nach Ölen

chips

ww-ahorn
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Liebe Forumskollegen,

vor Kurzem habe ich für eine Kundschaft eine große, massive Nussbaumtischplatte wiederaufbereitet indem ich sie geschliffen (120 - 180 - 320) und geölt habe (Öl: Auro pur solid).

Nach dem Schleifen habe ich einmal satt geölt, eine halbe Stunde einziehen lassen, dann nochmals geölt, wieder
20min einziehen lassen u. dann alle Überstände komplett abgenommen.

Das Ergebnis war dann (in der Werkstatt) sehr zufriedenstellen.

Als ich die Platte dann aus der Werkstatt (Temperatur ca. 17-18°C) zur Kundschaft brachte, habe ich schon bemerkt wie aus den Poren vereinzelt minimale Ölspuren sichtbar wurden. Soweit so gut - kannte ich in diesem kleinen Ausmaß schon und war gleich wieder weggewischt.

(Die Platte hat zu diesem Zeitpunkt 3 - 4 Tage getrocknet).

Jetzt war ich grad bei der Kundschaft u. mußte leider feststellen, daß vorallem dort wo das Holz grobporiger ist viele kleine Öltröpfchen ausgetreten sind, die natürlich ausgehärtet sind u. somit ist die Oberfläche unregelmäßig und rau.

Ich habe ja jetzt schon sehr viel geölt (allerdings mit einem anderen Öl) und hatte dieses Phänomen :emoji_wink: in dieser Ausprägung noch nie.

Was meinen die Ölspezialisten wie ich das am Besten wieder richtig gut hinkriege?

Soll ich nur mit Verdünnung drüber gehen oder leicht anschleifen u. an Ort u. Stelle neu ölen? Was meint Ihr.

Vielen Dank
Harald
 

Yggdrasil

ww-birnbaum
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Hab die Auro-Öle auch lange Zeit verwendet, bin aber mitlerweile davon ab.
Es kann bei grobporigen Hölzern schon vorkommen, dass im Laufe der Trocknung insbesondere bei Wärmeeinwirkung Öl hervortritt. -Lässt sich dann aber noch leicht wegwischen.
Ich denke Du hasst zu viel Material aufgetragen.
Grundsätzlich sollte ein Öl nur einmal aufgetragen werden, bis die Oberfläche gesättigt ist.
Dann wisch ich es trocken und lass es härten. In der Regel stellen sich dann noch ein paar Fasern auf, die dann nach dem kompletten Härten schön abgeschliffen werden. Und das war das Problem bei Auro. Das Härten dauerte einfach zu lang. Ich find den ökologischen Ansatz echt gut, kann es aber nicht mit meinem Werkstattalltag vereinbaren, wenn die Grundierung auf z.B. Eiche (mit eben jenem Öl) zwei Wochen zum Härten braucht! Ob es vernünftig ausgehärtet ist merkst Du direkt beim Schleifen (mit so 'nem Schwamm oder bei größeren Flächen mit 240er Abranett). -Es staubt oder es schmiert.
An Deiner Stelle würd ich nun sachte schleifen bis es glatt ist, wenn es denn schon geht. Dann für die Endbehandlung verdünne ich mir das Öl 1:2 bis 1:1, bei Auro mit diesem Orangenterpen, Nr. 117 glaub ich. Das ist dann schön dünnflüssig und lässt sich gut wegwischen. Aber Achtung: Es zieht dann sehr schnell an. Also immer nur kleine Flächen mit 'nem getränkten Lappen einölen und sofort nachwischen, bis es sich richtig trocken anfühlt. So hab ich immer eine echt schöne Oberfläche hinbekommen, mit der entsprechenden Wartezeit, auch mit Auro.

Gruß,

Sebastian
 

chips

ww-ahorn
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Servus Sebastian,
vielen Dank für deine Einschätzung!

Ich glaube auch, dass die relativ große Temperaturdifferenz dazu geführt hat das Öl austreten zu lassen (Werkstatt 17-18 Grad, Wohnung mit direkter Sonneneinstrahlung auf den Tisch wohl um die 26Grad)

Habe ansonsten immer mit dem Mafi-Bodenöl gearbeitet und diesen Effekt in dieser Ausprägung nie gesehen!
Bin auf Auro umgestiegen weil eine meiner letzten Kunden auf ein Öl mit Volldeklaration bestanden haben und ich den ökologischen Ansatz von Auro auch gut finde.

Im Prinzip habe ich ja eh nur einmal geölt, der zweite Durchgang diente nur, Stellen zu erreichen die noch nicht voll imprägniert waren.

Seit dem ölen sind nun 1,5 Wochen vergangen, bis zu meinem "Ausbesserungstermin" werdens wohl gute 2 Wochen sein. Ich hoffe das das Öl dann schon so trocken ist um es gut schleifen zu können.

Ich denke ich werde so vorgehen wie du geschrieben hast - klingt plausibel.

Vielen Dank!
Harald
 

Yggdrasil

ww-birnbaum
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Lass dann mal hören ob's hinghaut hat.
Mafi kenn ich nun nicht. Bin dann irgendwann bei Biofa gelandet. Die deklarieren auch voll. Es gibt auch ein Öl mit Lebensmittelzulassung.
Einziger Unterschied - und das ist glaub ich die Gewissensfrage bei den ökologischen Herstellern - es werden als Lösungsmittel Isoaliphate, also Erdölderivate anstelle von Orangenterpenen, was rein pflanzlich ist, eingesetzt.
Was ich bei Auro echt toll fand waren die wasserverdünnten Öllasuren für Außen. Tolle Oberfläche! Und auch brauchbare Haltbarkeit - hab's auf meiner Büro(-außen)-tür getestet. Einziger derber Haken: Wegen der Emulsion in Wasser machen alle Hölzer mit problematischen Inhaltsstoffen Ärger: Eiche, Lärche, Kiefernkern, usw., also alles was eigentlich für Draußen gut ist. Dafür gabs dann die "Spezialgrundierung". Aber wehe du schleifst die (natürlich farblose) beim Zwischenschliff aus versehen irgendwo durch. Dann kriegst du Verfärbungen und vor allem Trocknungsverzögerungen und kannst von Vorn anfangen. Sehr schade das ganze, weil es leider in der Praxis einfach nicht taugt.
Bei den Ölen hingegen, wenn man sich auf die längeren Trockenzeiten einstellen kann, eine schöne Sache.

Gruß, und gutes Gelingen

Sebastian
 

WinfriedM

ww-robinie
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Mehrmals Ölen ist schon in Ordnung oder sogar Bedingung: Beim ersten Ölen zieht dir Öl während des Trocknens noch ins Holz und dünnt die Oberfläche aus. Das Holz ist nach dem ersten Ölen aber schon gut gesperrt. Das zweite Ölen - nach Trocknung und kurzem Zwischenschliff - sättigt dann nochmal die Oberfläche gut. Außerdem braucht es ja eh den Zwischenschliff zum Glätten und danach muss einfach nochmal Öl drauf.

Beim Auro Pursolid würde ich auch evtl. verdünnen, wenn du nur oberflächlich schnell überarbeiten willst. Das Öl verteilt sich so einfach besser.

Persönlich hab ich mit dem Pursolid noch keine Trocknungsprobleme gehabt, aber meine Gebinde sind auch älter. In den letzten 3-5 Jahren wurden bei fast allen Naturfarbenherstellern die Kobalt-Trockner verbannt. Gab schlechte Presse diesbezüglich. Das führt nun zu längeren Trocknungszeiten.

Ich würde ähnlich vorgehen, wie beschrieben: Erstmal noch 1-2 Wochen warten, bis wirklich nichts mehr aus der Tiefe nach oben zieht. Dann Oberfläche nochmal bereinigen: Entweder mit Korn 320 Schleifpapier oder mit Ziehklinge. Dann nochmal Öl mit Lappen aufpolieren und Überstand zügig nach 5 Minuten abnehmen. Das sollte es dann schon sein. Weil bei diesem Auftrag so gut wie kein Öl mehr tief eindringt, ist ein erneutes Ausschwitzen nicht mehr zu erwarten. Allerdings: Von der ersten Ölung kann durchaus auch 4-6 Wochen nochwas ausschwitzen. Vielleicht doch noch etwas länger bis zur Überarbeitung warten.
 

ölfisch

ww-robinie
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Hallo zusammen,
ich kenne den Effekt.

Das "trocknen" des Öls geschieht unter Zuhilfenahme von Luftsauerstoff. (Oxidative Trocknung)
Im Prinzip ist das Holz wie ein Schwamm der sich vollsaugt. Die Oberfläche trocknet recht schnell und schließt das unoxidierte Öl in den Poren darunter ein.
Beim weiteren oxidieren (nach und nach gelangt dort auch Luftsauerstoff hin, unter die getrocknete Schicht) vergrößert dabei das Öl sein Volumen und drückt sich, leider teiloxidiert, als "zähe Pampe" durch die Poren nach oben. ☹️
Der Klassiker bei Gesellenstücken.
Was ganz gut geht: mit Schleiffies und einem BISSCHEN Öl das ganze einzupolieren. (Exzenter) Wenn noch nicht zu sehr getrocknet.
Wir polieren so Esstische und Küchenarbeitsplatten, die sind dann deutlich beständiger gegen Wasser und (warum auch immer ‍♂️) gegen Hitze.
Wenn die "Pickel" zu hart sind kann man sie schleifen. Zur not geht auch eine Ziehklinge oder ein Cuttermesser zu schaben und dann schleifen.

Aber falls das Öl in den Poren noch nicht durchgehärtet ist, können wieder Pickel entstehen, bis alles oxidiert ist.
(Das ist bei den Gesellenstücken gerne ein Problem, es muss ja zum Ende meisten schnell gehen und die Zeit drängt dann doppelt.)

Das ist halt bei porigen Hölzern (Nussbaum, Eiche) und Öl (Leinöl) mit geringem Anteil an flüchtigen Stoffen, die Platz machen könnten für das oxidierte Öl (fast) üblich.
Ich kenne das von Leinos, Faxe und Auro.
Ölen mit Volldeklaration braucht Zeit.

PS: Leider sind die Pickel ein super "Stopfen" für die Poren darunter, und es bleibt lange "flüssig".

Gruß M.
 

Rasputin

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Guten Morgen,

Ich würde in deinem Fall die Tröpfchen mit einer frisch geschärften Ziehklinge abnehmen, alles mit einem sehr feinen Schleifvlies (400 o.Ä.) anschleifen und dann nochmal dünn mit einem Lappen ölen. Evtl. danach mit Rosshaar auspolieren. Ich denk, das geht auch vor Ort bei der Kunschaft.
 

chips

ww-ahorn
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Liebe Kollegen!

vielen Dank für eure Einschätzungen und die vielen guten Tipps.
Es ist schon immer wieder erstaunlich wieviel geballtes Wissen sich unter den Usern befindet!! - Vielen Dank fürs teilhaben lassen.
Ich habe viel gelernt.

Ich werde jetzt erstmal noch 1-2 Wochen trocknen lassen, dann leicht anschleifen (320-400er Abranet) und mit verdünntem Öl mit einem Pad neu einmassieren, dann die Überstände sorgfältig abnehmen.

Ich werde berichten wies funktioniert hat.

Liebe Grüße
Harald
 

anselmh

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Ich kann vieles hier bestätigen (auf Basis der neueren, kobaltfreien Gebinde): Das Auro PurSolid ist ein (wie ich persönlich finde) schönes, natürliches Öl. Es trocknet unregelmäßig und je nach Holzart nicht unbedingt schnell (zw. 2 und ~14 Tagen). Wenn ein Zweitauftrag gewünscht ist, dann am besten beim ersten recht wenig nehmen oder besser noch etwas verdünnen, wie oben beschrieben. Mir ist es bei Hartholz schon passiert, dass der erste Auftrag zu viel war und ich alles nochmal überschleifen musste (180 + 240). 320-400 (nicht Abranet) kann ich nicht unbedingt empfehlen, da dringt oft zu wenig Öl ein, 180 oder 240 reicht meist aus.

Für den Nachbesserungsfall ist je nach Fläche die Ziehklinge wirklich interessant, sonst musst du halt wirklich nochmal schleifen. Am besten nur noch vorsichtig mit nem getränkten Lappen ölen und direkt 5-10 Minuten danach abwischen, das gleiche dann nochmal ein 20-30 Minuten danach. Das sind meine Erfahrungen damit. Sicher nicht das einfachste Öl, aber das ist halt auch bei Öko-Produkten oft so. Es gibt aber auch Alternativen im Öko-Bereich, ich habe damit allerdings wenig Erfahrung—höre aber ganz gutes aus Anwendersicht.
 

chips

ww-ahorn
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Liebe Kollegen,
ich möchte euch berichten wie es mit dem Nussbaumtisch weitergegangen ist:

Ich habe nach dem Posting noch ca. 1 Woche gewartet, bin dann zur Kundschaft und habe die Tischplatte mit einer Ziehklinge von den kleinen Pusteln befreit.
Danach habe ich leicht mit 320er angschliffen und mit AuroPursolid 1:1 verdünnt mit Orangenterpen eingelassen, 10min einziehen lassen u.gleich vollständig den Überstand abgenommen.

--> Oberfläche danach samtig weich - großartig.

- aber leider wieder nur ein paar Tage und der gleiche Effekt ist wieder aufgetreten - zwar in deutlich geringerer Ausführung aber doch.

Dann hab ich wieder ca. 2,5 Wochen gewartet, bin wieder hin u. hab die Prozedur wiederholt, nur habe ich das Öl nun sogar mehr verdünnt.

--> derzeit schauts so aus als ob der Tisch fast perfekt ist. - es gibt aber kleinere Stellen die wieder ganz leicht (!!) rau sind. - aber ich glaube das kann ich wegpolieren.

Liebe Grüße
Harald
 

WinfriedM

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Ich arbeite regelmäßig seit Jahren in der Kombination Ami-Nuss und Livos Kunos Objektöl. Bisher gabs keine Probleme mit solchen Ausschwitzungen. Wir lassen die erste Ölung aber nicht zu lange ziehen: 20 Minuten, danach abwischen und trocknen lassen.

Du hattest bei deiner Vorgehensweise ja bei der ersten Ölung recht intensiv gearbeitet, womit viel Öl tief ins Holz gezogen ist.

Nur mal so als eine Idee, wie du es künftig optimieren könntest. Ansonsten grundsätzlich einplanen, dass man nach 6 Wochen noch einmal überarbeitet. Bis dahin sollte das Öl wirklich trocken sein und nichts mehr ausschwitzen.
 
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