Qualitätsunterschiede je nach Holzalter?

Philipp

ww-birnbaum
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Bin zwar kein Profi, nachdem sich dieses Unterforum aber mit "Fragen zum Thema Holz, Holzbe- und verarbeitung" beschäftigt, stelle ich meine Anfrage aber mal (neben einem anderen Forum) auch hier rein:


Liebe Hobbyschreiner,

mich würde einmal interessieren, inwieweit das Alter des Holzes einen direkten Einfluß auf seine Qualität hat. Sprich, ist Holz, das seit Jahrzehnten trocken ablagert, qualitativ höherwertig als solches, das nur einige wenige Jahre Lufttrocknung auf dem Buckel hat – vorausgesetzt, die jeweilige Feuchte ist gleich?
Ich bin nämlich am WE auf Eschenholz gestoßen, das schon seit über 30 Jahren lagert und frage mich, ob es sich lohnt, hierauf zuzugreifen, oder ob es deutlich jüngeres Holz vom Holzhändler aus der näheren Nähe genauso tut. Mir ist klar, daß andere, individuelle Faktoren wahrscheinlich wesentlich wichtiger zu betrachten sind, so daß man Holz natürlich nicht nur hinsichtlich seines Alters beurteilen kann, dennoch würden mich Einschätzungen, Theorien und Erfahrungen zu Holz und Alter sehr interessieren.

Danke schon einmal für Eure Hinweise und viele Grüße

Philipp
 

carsten

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Hallo

so altes abgelagretes Holz ist der Traum jedes Schreiners. vorausgestzet es wurde all die Jahre korrekt gelagert. Durch die spezielle Hygroskopie des Holzes ( Holz gleicht sich seiner Umgebungsfeuchte an) ändert sich das Volumen. Dadurch das dieser Vorgang über die Jahre oftmals durchlaufen wird beruhigt sich das Holz sprich selbst bei gleicher Holzfeuchte verringert sich die Maßänderung über die Jahre immer weniger. Es arbeitet weniger und hat weniger innere Eigenspannung.
Solches Holz ist insbesondere im Musikinstrumentenbau sehr gesucht, wobei ich nicht weiß ob Esche da viel Verwendung findet. Gerade nen Freund der da fit ist gefragt " Ne Esche ist da eher weniger bis gar nicht gesucht." ABER er hat mich an einen Orgelbauer verwiesen Waldkircher Orgelbau | German Organ Company die würden das öfter einsetzen, was mir der Herr auch bestätigt hat. Wenn es wirkich erste Wahl ist schick dem doch mal ne Mail am besten mit Bild/ern, vielleicht erzielst du da mehr als du für gutes technisch getrocknetes Holz für deinen Schrank bezahlen würdest. So lange abgelagertes Holz ist heutzutage schon fast ne Rarität.
Auch angehende Meister suchen gerne für ihr Meisterstück so abgelagertes Holz.
 

robs

ww-ahorn
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Hi,

sorry, aber ich muss jetzt einfach mal gegen die Meinung vieler Holzfachleute argumentieren:

Lange abgelagertes Holz hat nicht unbedingt technische Vorteile gegenueber richtig, technisch getrocknetem Holz. Im Gegenteil, bei der technischen Trocknung hat man alle wichtigen Parameter unter Kontrolle

- Trockengefaelle speziell ueber FS Punkt
- Anfangsfeuchte- Endfeuchte
- Konditionierungsbedingungen am Ende der Trocknung
- Reversible Luftstroemung
- Holzfeuchtegradient ueber dem Querschnitt (wichtig bei Hoelzern ueber 40mm Staerke)

- Holzfarbe( gerade bei Esche, wenn einheitlich helles Holz verlangt saegefrisch in die Kammer!)**

Bei Freilufttrocknung bzw Ablagerung hat man weder Temperatur, noch Luftfeuchte noch Luftgeschwindigkeit unter Kontrolle.
Moegliche Folgen:
-Verschalung
-Verwerfen
- Oberflaechenrisse, Hirnrisse
-Pilz und Insektenbefall
- Verfaerbungen

Eine Aenderung des Sorptionsverhaltens stellt sich u a ein bei einem Abbau hydrophiler Bestandteile, und\ oder bei einer Aenderung des Kapillarsystems des Holzes.
Dies wird technisch erreicht durch thermobehandeltes Holz (zb, FWD Verfahren Quellungsminderung von Spanplatten, U=20-30%, T = 220C).

Die Aenderung des Kapilarsystems kann bei Freilufttrocknung durch Rissbildung entstehen. Der Abbau hydrophiler Bestandteile u.a durch Braunfaeule(Abbau von Hemicellulose und Cellulose, => Sorptionsisothermen verschieben sich nach unten)

So viel zur Theorie.

Nun die Praxis:
Ich verarbeite monatlich 250-300 m3 Eichenholz aus Europa( BRD, Frankreich) in Indonesien. Anfangs habe ich auch traditionell nach lange abgelagertem Schnittholz gesucht. Min. 1 Jahr luftgetrocknet. Bei 90% der Ware traten die oben genannten Effekte auf(Verschalung, Oberflaechenrisse, Verfaerbungen).

Nebendem verwende ich auch recycled Teak Holz, d. h Holz aus abgerissenen Hauesern( Boeden, Balken..) Das alter des Holzes ist zwischen 10 und 100 Jahre alt. Hier sind zwar farbliche Unterschiede verglichen mit frischem technisch getrocknetem Teakholz vorhanden, jedoch sind keinerlei technische Vorteile im Anwendungsbereich erkennbar.

Fuer bestimmte Anwendungen mag lange abgelagertes Holz eine Wertsteigerung bedeuten, im industriellen Bereich ehr nicht. Meine Meinung.

Zurueck zu Philipps Fragestellung:

Ich denke, dass 30 Jahre gelagertes Holz( wenn Fachgerecht gelagert) eine nostalgische Komponente hat, die gerade beim Hobbyschreiner hohen wert besitzt. Ich selber wuerde fuer mich privat das alte Holz aus nostalgischen Gruenden vorziehen, weil dieses schon eine "Geschichte" erzaehlen kann, aber wenn Du mich nach Qualitaet des Holzes fragst, denke ich faehrst du mit juengerem Holz genausogut und bestimmt billiger.

Nebenbei: Qualitaet ist ein Mass fuer die Uebereinstimmung von Vorhaben und Ausfuehrung.


Gruss aus Indonesien

Robert






** Prof. Truebswetter Daempfen und Trocknen, Rahmenskriptum , Rosenheim und Seminar-Vortraege am Lehrinstitut, Rosenheim, 1985
 

carsten

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Hallo

klar ist die technische Trocknung steuerbarer abe rdennoch verlangen gerade Instrumentenbauer nach einwandfreiem lange luftgetrocknetem Holz. Für den Möbelbau ist das kammergetrocknete absolut i.O.. Der Verfasser des genannten Skriptes ist mir übrigens auch wohl bekannt. Vieles des in RO gelehrten zielt fast nur auf die industrielle Fertigung und läßt individuelle Sonderfälle wie eben den Instrumentenbau außer acht. Klar das dort andere Anforderungen gelten, durch mgl geringen Einsatz ( auch und gerade der Zeit) das maximum rauszuholen. Die gesteuerte Trocknung garantiert da unbestritten deutliche Vorteile. Durch die natürliche Jahrlange Trocknung entstehen da neben dem Faktor Zeit durchaus auch höhere Verluste durch vermehrte Risse, Verfärbungen, die Gefahr des Befalls durch Pilze, Insekten. Das kalkuliert der Instrumentenbauer auch ein. Meine Aussagen bezogen sich hinsichtlich des luftgetrockneten Holzes auch auf den Fall das es sich um Holz 1. Wahl handelt und die Lagerung all die Jahre sachgerecht war und die Tatsache das das Holz eben schon 30 Jahre lagert. Für die heutige auch Schreinermäßige Fertigung spielt das, man könnte fast sagen leider, keine Rolle mehr. Nostalgische Gefühle sind am Markt nicht gefragt. Zudem sterben die alten Sägewerksmeister mit dem Wissen von Generationen über das natürliche Trocknen von Holz langsam aus. Ich merke ich verliere mich in sentimantaler Nostalgie. Gruß in den fernen Osten.
 

Tyrannosaurus

ww-fichte
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wenn jemand bedarf hat, ich hab noch 25-30 jahre alte eichenholzbohlen von meinem opa in der "holzschipf", weder verworfen noch sonderlich rissig. ich lass mir gerne gute preisvorschläge machen :emoji_slight_smile:
 
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