Notruf für geschnitzte Löwenfüße

Fusselfrei

ww-pappel
Registriert
13. Juli 2020
Beiträge
7
Ort
Aachen
Hallo zusammen,
Ich habe mich endlich an die Restaurierung meines alten Sekretärs gemacht.
Das schöne Stück ist schwer, in Einzelteile zerlegbar, mit Schnitzereien und dicken Löwenfüßen versehen. Ich schätze das Alter auf die Jahrhundertwende.
Ich habe den Sekretär im Onlinemarktplatz preiswert erstanden, obwohl er augenscheinlich schon einiges mitgemacht hat. Der Grundton des Sekretärs ist in einem dunklen tiefbraun. Darin möchte man nicht mal beerdigt werden. Also die Beschichtung runter und eventuell mit Leinölfirnis behandeln.
Der Rahmen des Fußteils hat gut auf Abbeizer und Messingbürste angesprochen. Der Holzton, der darunter liegt ist warm und viel heller, als die Beschichtung.
Sorgen machen mir aktuell die dicken geschnitzten Löwenfüße. Bei einem Teststück hat der Abbeizer überhaupt nichts gebracht.

Jetzt zu meiner Frage: Habe ich eine Chance, die Füße heller zu bekommen ? Sandstrahlen fällt weg, da sie untrennbar mit dem unteren Rahmen verbunden sind. Ich möchte nichts kaputt machen. In Frage kämen einpinseln, oder komplett eintauchen. Die Frage ist, in welcher Substanz ? Die geschnitzten Füße scheinen das Zeug, mit dem sie mal gebeizt worden sind, gut angenommen zu haben. Die Holzart ist dem Farbton und der Dichte nach, Buche ?

Die Füße sind sehr detailreich, was natürlich die Arbeiten daran nicht gerade erleichtert.

Weiß jemand Rat, oder hat das Selbe schon mal praktiziert ?

Danke schon mal vorab

Fusselfrei
 

magmog

ww-robinie
Registriert
10. November 2006
Beiträge
12.931
Ort
am hessischen Main, 63500
Guuden,

Paste aus Sägemehl und Acton anrühren in einen Plastikbeutel, und den Löwen darin einpacken,
nach 10 Min. Messingbürsteneinsatz.
Gefährlicher, dito mit Ameisensäurepaste.
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.446
Ort
Wuppertal
„Ich möchte nichts kaputt machen“ und „Abbeizer und Messingbürste“ bilden eine Kontradiktion.
Ohne Bilder gesehen zu haben: Buchenholz war damals NIE unbehandelt. Trotzdem wurde es wg seiner Härte oft für Tischbeine etc verwendet und dann farblich angepasst. Wenn du also abbeizt, was soll dann dabei rauskommen? Aber ich fürchte, dass das Möbel schon versaut ist.
Wenn dir das Teil so nicht gefällt, warum hast du er erworben?

Gruß

Michael
 

Fusselfrei

ww-pappel
Registriert
13. Juli 2020
Beiträge
7
Ort
Aachen
@ Michael
Ich weiß, dass ich mich als Laie in einem Fachforum auf dünnem Eis bewege. Daher sauge ich die Tipps und Tricks der Fachleute auf. Für mich ist es natürlich verwirrend, wenn der eine Fachmann Abbeizer und Messingbürste empfiehlt, während der andere dies verteufelt.
Ich bin handwerklich nicht gänzlich unbegabt und gehe meine Projekte eher besonnen an. Bin aber auch ergebnisorientiert unterwegs. Der Abbeizer und die Messingbürste haben ein gutes Ergebnis erzielt. Natürlich muss die Fläche noch einen Feinschliff erhalten, bevor an ein Finish gedacht werden kann. Ich werde zusehen, dass ich noch Bilder nachliefern.

Und mir hat der Sekretär von Anfang an gefallen, weil ich ahnen konnte, was unter der dunkelbraunen Brühe steckt, womit er einst eingefärbt worden ist. "Versaut" ist er durch Sonneneinstrahlung auf der Rückseite, einen Wasserschaden auf der Platte und durch abgelöste Farbe an einigen Stellen. Die Grundsubstanz des Möbels ist jedoch in Ordnung und er ist wurmfrei.

Und durch das Abbeizen verspreche ich mir, dass das Möbelstück in Gänze seinen ursprünglichen Holzton erhält.

@ Justus
Klingt gut machbar. Ameisensäure kenne ich aus meiner Imkerzeit. Ich probiere es aus.
 

carsten

Moderator
Teammitglied
Registriert
25. August 2003
Beiträge
18.542
Alter
50
Ort
zwischen Koblenz und Wiesbaden
Und durch das Abbeizen verspreche ich mir, dass das Möbelstück in Gänze seinen ursprünglichen Holzton erhält.

Hallo

genau das ist häufig der Irrtum.
Das Holz war evtl nie dazu gedacht als soclhes sichtbar zu sein. Auch damals hat man schon Möbel / Holzobjekte deckend lackiert oder sehr dunkel lasiert. Und daher evtl auf Holzauswahl weniger Wert gelegt. Da wurde auch gefühlsmäßig mit tonneweise Spachtel gearbeitet, die dann unter noch mehr dunkler Suppe verdeckt wurde.
Ich war vor Jahren auf der gleichen Baustelle als die Verkleidung einer herrschaftlichen Treppe in einer Jugendstilvilla abgerissen wurde.
Der Bauherr hat die Handwerker der damaligen Zeit hochleben lassen, hat sich offensichtlich gefreut die Treppe wieder in ihrem alten Glanz erstehen zu lassen.
Um so größer war die Enttäuschung als die Unterseite der Stufen und auch die Innenseite der Wangen und Stoßbretter nahezu roh, teils wurmstichig und sogar von unterschiedlichem Holz waren. Durch Astrisse, Astlöcher und Holzrisse war die dunkle Lasur mit der das Holz fast deckend gestrichen war bis auf die Verkleidung der Unterseite durchgetropft.
Diese Treppe war nie gemacht worden um IHR Holz zur schau zustellen, die hat gelebt und fasziniert durch ihre teils filigranen Schnitzereien im Treppengeländer. Das Holz ansich war nur Mittel zum Zweck und als solches nie sichtbar.
 

Mathis

ww-robinie
Registriert
7. Juni 2007
Beiträge
3.110
Ort
Im Dorf in 'ner Stadt
Und durch das Abbeizen verspreche ich mir, dass das Möbelstück in Gänze seinen ursprünglichen Holzton erhält.
Falsch gedacht: Abbeizen bedeutet das Entfernen eines Lacküberzugs oder einer sonstigen Oberflächenbehandlung, aber keine Änderung des Holzfarbtons.
Auch wenn Beizen das Einfärben von Holz bezeichnet, bedeutet Abbeizen nicht die Entfernung von Farben im Holz.
Beizen ziehen fast immer ins Holz ein und sind nur recht aufwendig mechanisch zu entfernen (Schleifen, Ziehklinge, Hobel) oder mit chemischen Prozeduren mit Wasserstoffperoxid, was aber immer auch jede natürliche Holzfarbe zerstört.
Ich kann nur raten, das gar nicht erst zu versuchen, das Eregbnis wird immer shice aussehen.
 

Holzsinn

ww-robinie
Registriert
7. Mai 2012
Beiträge
913
Ort
Vaterstetten
Ich kann mich Mathis in allem vollständig anschließen.
Dunkel- bis mittelbraun um die Jahrhundertwende wurde so gut wie immer durch Nussbaum Körnerbeize in unterschiedlichen Konzentration erzeugt. Diese Beize färbt die Holzfasern ein, so wie Stoffarbe Stoff färbt. Das ist, ohne den geschnitzten Löwen als solchen unkenntlich machen zu wollen, nicht rückgängig zu machen. Vor allem weil Geschnitztes naturgemäß einen hohen Hirnholzanteil hat, bei dem die dunkle Beize besonders tief eingezogen ist.
Solche Wünsche habe ich in meiner 25 jährigen Kursleitertätigkeit schon sehr häufig gehört und die, die meinen Rat nicht hören wollten, haben selber gemerkt, dass sich wasserlösliche Beize einfach nicht vollständig entfernen lässt. Der Sekretär wird abgebeizt, -gewaschen oder -gelaugt einfach schmuddelig aussehen, weil die Beize aus den Faservertiefungen nicht zu entfernen ist.
Kannst du uns mal Bilder deiner Versuche schicken?

Melanie
www.holz-sinn.de
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.323
Ort
Hofheim / Taunus
Bei "Löwenfüße" fällt mir kein Möbel der Jahrhundertwende ein, eher die Protzkisten der 1920 / 30 er Jahre, ist aber auch egal.
Und wenn ich dann höre: " Also die Beschichtung runter und eventuell mit Leinölfirnis behandeln" rollen sich mir die Fußnägel.
Das Thema hatten wir schon bis zum Erbrechen, und immer wieder wurden absolut beratungsresistene Kandidaten beraten bis zum Abwinken.
Frohes Werkeln weiterhin und wo bleiben die Bilder?
Ansonsten war alles gesagt.
Es grüßt Werner
 

magmog

ww-robinie
Registriert
10. November 2006
Beiträge
12.931
Ort
am hessischen Main, 63500
Guuden,

ist schon klar, ist genau so ein Kulturfrevel wie die tollen abgelaugten Bauernmöbel.
Aber was der Bastler will ist alleine seine Seligkeit.

Pampe aus angelöstem Spülmaschinenreiniger kann auch abbeizen.
 

Fusselfrei

ww-pappel
Registriert
13. Juli 2020
Beiträge
7
Ort
Aachen
Ja doch ! Wenn ich dann heute irgendwann mal Feierabend habe, dann mache ich Fotos und stelle sie ein. Noch ein wenig Geduld, bitte bitte. :emoji_slight_smile:

Und nein ! Ich sehe das Möbelstück eher als schönen Gebrauchsgegenstand, bei dem es sich lohnt etwas Zeit und Arbeit zu investieren. Es ist viel zu schade für den Sperrmüll, aber das macht es noch lange nicht zum Weltkulturerbe, welches keinesfalls farblich verändert werden darf.
Schätze, da hat jeder seine eigene Philosophie...

@ Werner
Merke schon, dass hier meinungs- und geschmackstechnisch ein eher rauher Wind weht. Sollte sich hier durch meine bescheidene laienhafte Anfrage jemand angepiekst fühlen, so tut mir das leid.
Und wenn ich dem verdammten Ding zum Schluss ein Leopardenmuster oder Zebrastreifen verpassen möchte, so kann man mir auf meine Anfrage antworten, oder sie einfach ignorieren. Ich werde es nie und nimmer schaffen den Geschmack jedes einzelnen zu treffen, der hier unterwegs ist.

...und gegen aufgerollte Fußnägel hilft ebenfalls Aceton und Messingbürste. :emoji_wink:
 
Zuletzt bearbeitet:

Fusselfrei

ww-pappel
Registriert
13. Juli 2020
Beiträge
7
Ort
Aachen
Sooo, anbei ein paar Fotos. (Ich gelobe Besserung)
Auf dem 2. Bild sieht man linksseitig die von mir abgebeizte und gebürstete Flanke und rechtsseitig die noch mit dunkler Beize, Lack,....was auch immer behandelte Flanke.
Auf Bild 3 ist der Grundholzton zu sehen, weil dort der Knochenleim nachgegeben hat. Den amputierten Zeh werde ich natürlich wieder anleimen.
Bild 5 zeigt die Tischplatte, die am meisten gelitten hat. Hier weist das Furnier Kränze auf, ist durch Sonneneinstrahlung verschossen und die Beschichtung hat sich stellenweise gelöst. Die Vorbesitzer sprachen von einem Wasserschaden im Haus.
DSC00028.JPG DSC00029.JPG DSC00030.JPG DSC00031.JPG DSC00032.JPG DSC00033.JPG
Wenn ich auf meinem Weg feststelle, dass unter der Deckfarbe mit Spachtel kaschiert wurde, dann bleibt mir eh nichts anderes übrig, als wieder eine dunkle Beize, oder eine andere dunkle deckende Beschichtung aufzubringen. DANN soll es so sein. Mein Ziel wäre halt, die jetzige dunkle und zum Teil schadhafte Beize zu entfernen (so gut es eben geht) und das Gesamtbild etwas heller zu gestalten. Wir haben daheim verschiedene Holztöne (dunkle Kolonialmöbel und helle Akazie), aber der Sekretär sollte lieber einen mittelbraunen Farbton erreichen. Laut der bereits behandelten Rahmenflanke scheint das möglich.
Den Stilbruch und eventuelle Fußnägelveränderungen muss ich wohl hinnehmen. (Nichts für ungut Werner :emoji_wink:) Ich bin aber für jeden helfenden Hinweis und Rat dankbar, der mich zu einem helleren ganzheitlichen Ergebnis führt.
Dafür danke ich schon mal herzlich im voraus.
 
Zuletzt bearbeitet:

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.323
Ort
Hofheim / Taunus
Hallo nach Aachen - Herr Fusselfrei, nimm das mal nicht persönlich - ich melde mich morgen wieder, muss jetzt noch mal weg.
Werner
 

Holzsinn

ww-robinie
Registriert
7. Mai 2012
Beiträge
913
Ort
Vaterstetten
Egal aus welcher Zeit das Teil jetzt wirklich ist, für mich sieht das trotzdem nach Nussbaum Körnerbeize plus Schellack aus. Schellack kann man besonders sanft mit Alkohol entfernen. Ich hab dazu ein Video im Netz:https: //www.youtube.com/watch?v=iPw3YP3-cOo&t=216s
Bei den Füßen und der sonstigen Konstruktion sehe ich eigentlich kein Problem, den Schellack runter zu bekommen, die Beize verschwindet so aber, wie schon mehrfach erklärt, nicht. Die kriegt man nur meachanisch weg.
Mehr Kopfzerbrechen würde mir die Platte bereiten: die dunklen Verfärbungen sind womöglich Stockflecken und die kriegt man nie ganz aus dem Holz raus. Auch sieht es so aus, als hätte sich das Furnier hinten an der Tischplatte aufgewölbt. Das wieder hinzukriegen, ist nicht ganz einfach.
Ich würde mir in der Größe der Tischplatte eine möglichst dünne edelfurnierte Multiplexplatte zuschneiden lassen und sichtbar mit versenkten Linsenkopfschrauben aus Messing aufschrauben. Ich kann nicht genau erkennen, ob das Holz Eiche oder Nussbaum ist. Ich tippe bei der Stilrichtung aber auf Eiche. Folglich sollte die Multiplex dann mit demselben Furnier belegt sein. Empfehlungen zum Farbaufbau gebe ich besser erst, wenn diese Möglichkeit in Frage kommt.

Melanie
www.holz-sinn.de
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.323
Ort
Hofheim / Taunus
Das Furnier auf der Platte könnte auch Nussbaum sein, das wird nicht wesentlich heller als an einer Stelle zu sehen. Die Zargen sind wahrscheinlich Buche, die aufgeleimten Applikationen sind so nicht zu definieren. Das Furnier auf den Türen ist wieder was anderes, das war wahrscheinlich so hell gewünscht, als Kontrast sozusagen. Sicherlich wäre es denkbar, die dunkel überlackierten Partien vom Lack zu befreien, aber man solte nicht hoffen, dass gebeizte Partien heller werden, das war schon mehrfach gesagt. dann stellt sich für Ralf die Frage: Wie eine neue Oberfläche herstellen? Leinölfirnis ist hier einfach nicht das Mittel der Wahl. wenn ich das zu tun hätte, würde ich wohl wieder Schellack auftragen, das darf dann auch ein gepinselter heller wachshaltiger Schellack sein, den man mit Schleifvließ von Hand glätten kann, anschließend als Finish eine dünne Lage Wachs ausbürsten.
Gruß Werner
PS: Wenn die Platte freigelgt ist, können wir weiterreden.
 

Fusselfrei

ww-pappel
Registriert
13. Juli 2020
Beiträge
7
Ort
Aachen
Liebe Leute, zunächst mal vielen Dank für die Einschätzungen und Anregungen. So hab ich mir das gewünscht. Ich werde den Sekretär behutsam nackig machen und die Erfolge (so sie sich verwirklichen lassen) dokumentieren. Sollte ich wunschtechnisch an die Grenzen des machbaren stoßen, so können dann spätere Generationen aus meinen Fehlern lernen. :emoji_wink:

@ Justus
Ich werde mal die Apotheke meines Vertrauens plündern.

@ Melanie
Die Platte sieht zwar übel aus, aber das Furnier ist noch vollflächig fest. Das ist wohl dem Blitzlicht geschuldet.
Der Sekretär und ich werden dann mal unter Alkoholeinwirkung versuchen den Schellack zu entfernen.

@ Werner
Heller Schellack klingt prima. Das wird noch mal Thema, wenn ich so weit bin. Zunächst mal steht "Jugend forscht" bei den Löwenfüßen an.

Euch ne schöne Restwoche...
Gruß Ralf
 

uli2003

ww-robinie
Registriert
21. September 2009
Beiträge
13.467
Alter
57
Ort
Wadersloh
Der Farbton ist doch gar nicht so dunkel. Wenn der Lack herunter ist, würde ich mit nicht zu starkem H2O2 mit etwas Ammoniakzusatz vorsichtig versuchen aufzuhellen.
Aber mehr als 12,5%iges Peroxid bekommst du in der Apo eh nicht.
Eiche wird schnell strohig, da musst du aufpassen.
Wichtig ist - alles gleichmäßig behandeln. Nicht an der einen Ecke so, an der anderen Fläche was anderes probieren. Dann hast du am Ende eine gescheckte Kuh.
 

Fusselfrei

ww-pappel
Registriert
13. Juli 2020
Beiträge
7
Ort
Aachen
Ich denke, Carsten und Werner haben da schon ganz Recht. Erst mal abwarten, was sich unter der Beschichtung zeigt und ob da nicht die eine oder andere böse Überraschung lauert. Erst dann kann ich mir weiter Gedanken machen. Schritt für Schritt...
 
Oben Unten