Möbeltüren mit Konterprofil und runden Innenecken

Kingstyler

ww-ulme
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Ich plane gerade einen Schlafzimmerschrank in Eiche und bin bei der Suche nach Inspirationen auf folgendes Türdesign gestoßen. In dem Bild kann man ganz klar erkennen, dass es sich um Rahmentüren mit Konterprofilen handelt, die der Optik nach ca 13-16mm breit sind. Was bei diesem Design jedoch interessant ist, sind die runden Innenecken.

LV-851-8__25843.jpg

Nun zu meiner Frage: Wie fräst man sowas (ohne CNC)?

Bei normalen geschwungenen Profilen würde ich das ganze einfach mittels Türenkontersatz und Anlaufring auf der Tischfräse fräsen. Aber aufgrund der abgerundeten Innenecken laufen die Enden der quer liegenden Rahmenteile zu extrem filigranen Spitzen zu, die wahrscheinlich schon wegfliegen, bevor die Messer des Fräsers überhaupt erst in ihre Nähe kommen. Desweiteren wird die Situation dadurch verkompliziert, dass,anders als bei den beiden endseitig gelegenen Rahmenteilen, beide Längsseiten des mittleren Querstücks geschewungen sind, wodurch die Fasern des Holzes, beim Fräsen der Konterprofile im Hirholz auf der Rückseite keinen Support mehr haben und ausbrechen. Alles in allem, kann man das ganze auf der Tischfräse also imho vergessen.

Die ideale Vorgehensweise wäre wohl: Erst auf einem Frästisch/Tischfräse mit High Speed Spindle und einem Schaftfräser die geraden Profile der seitlichen Rahmenteile fräsen. Dann die geschwungenen Konturen der Querteile auf der Bandsäge schneiden und diese auf einer Schablone bündig fräsen. Die Schablone müsste dabei über Elemente verfügen, die ein ausreißen am Hirnholz verhindern. Nun verleimt man den Rahmen und fräst die geschwungenen Längsseiten der Querstücke mit dem Schaftfräser und einer Oberfräse. Dadurch werden die Spitzen im Bereich der runden Innenkanten unterstützt und können nicht wegbrechen. Die Füllung der Tür legt man nun einfach in einen Falz auf der Rückseite und fixiert sie mit Holzleisten + Senkkopfnagler.

Mein Problem hier ist jedoch, da ich lediglich über eine Tischfräse (ohne Schaftfräserspindel) verfüge, was das Fräsen der Konterprofile im Hirnholz der quer liegenden Rahmenteile extrem erschwert.

Wie würdet ihr das ganze angehen?
 

dascello

ww-robinie
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Lieber Königsstilist,

Der gezeigte viertürige Schrank weist einerseits Lisenen der Gründerzeit, als auch Türen des Neo-Rokoko auf, das ganze zumindest in edler Wurzelholzoptik und wohl industriell erstellt. Das handwerklich nachzubauen ist eine Aufgabe, Chapeau!

Allerdings: So beim kurzen Nachdenken kommt mir kein historisches Original in den Sinn, das in dieser Weise mit runden Innenecken gestaltet ist. Bei "Stilmöbeln" wie dem Gezeigten schon. Aber alle, die ich bisher sah waren zuerst verleimt und dann erst mit Schablonen und Fräsern profiliert. Oft so, dass man denen ansieht, dass das Design dem industriellen Vorgehen geschuldet ist. Man mag das nun "Melange" nennen, ich finde das meistens eher nichsodoll. Aber darum geht es hier ja nicht.


Gruß


Michael
 

Holz-Christian

ww-robinie
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Servus, das ist kein Konterprofil, würde auch keinen Sinn machen.
Das sind gedübelte Rahmen bei denen beim Verleimen die Querfriese noch eckig sind.
Die Schweifungen werden erst nach dem Verleimen ausgefräst, sonst würde die auslaufenden Ecken wegbröseln.
Ohne CNC lässt sich die Form mit Oberfräse und Schablone ausfräsen.
Das Profil dann mit Oberfräser und Anlaufkugellager.
Innen einen Falz zum einlegen und einleisten der Füllungen vorsehen.

Gruß Christian
 

Kingstyler

ww-ulme
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Danke für die wie immer exzellenten und raschen Antworten.

Grundsätzlich hat DasChello recht. Oft finden sich bei industriellen Stilmöbeln bunt zusammengewürfelte Merkmale verschiedener Stile. Der Grund hierfür dürfte wohl sein, dass es dem Laien egal ist ob sein Möbel historisch korrekt ist, solange es optisch ansprechend und funktionell ist. Historische Reproduktionen haben definitiv ihren Reiz und ich habe Respekt vor jedem der über das hierfür nötige Fachwissen und handwerkliche Geschick verfügt. Trotzdem steht auch für mich das optische Erscheinungsbild über der historischen Korrektheit, vor allem, weil es Spaß macht mit verschiedenen Merkmalen zu experimentieren ohne dabei an historische Standards gebunden zu sein.

Jetzt zu den technischen Aspekten. Die Idee mit Oberfräse und Schablone gefällt mir und ich wäre selbst wohl in 100 Jahren nicht darauf gekommen, weil ich immer die rigide Assoziation zwischen Massivholz und Konterprofil im Hinterkopf hatte. Ich werde das Design definitiv einbauen und bin gespannt ob es gleich beim ersten mal funktioniert.

Auch wenn ich Eiche geölt verwenden werde, würde es mich interessieren, welche Holzarten in dem Bild verwendet wurden um den hell dunkel Kontrast im Bereich der mit Wurzelholz-Füllungen zu erreichen. Da es sich um ein Möbel aus dem Ami Raum handelt, tippe ich mal auf Nussbaum plus irgendein auf dunkel gebeiztes Laubholz.
 
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