Lagerung und Aufhängung der Rollen von Bandsägen

Vaultdoor

ww-robinie
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Rollenlagerungen von Bandsägen gibt es in vielen verschiedenen Erscheinungsformen. Von Gleitlagern bis hin zu Nadellager findet sich alles an.
Aus Urheberrechtsgründen kann ich hier nur von meiner eigenen Bandsäge schreiben, wäre aber dankbar, wenn andere Nutzer hier noch weiteres Wissen beisteuern würden. Insbesondere Fotos von Lageraufhängungen und den zugehörigen Formaten der Maschinen wären sicherlich hilfreich.

Welche Schwierigkeiten bestehen bei der Rollenlagerung:
1. Radiale Druckkräfte - d. h. die Kraft kommt von einer Seite orthogonal zur Drehachse - dadurch entsteht eine einseitige Belastung der Lager
2. Eventuell hohe Drehzahlen, gerade bei den kleineren Maschinen

Zu 1.:
Die Zugkraft bei einer Bandsäge am Blatt beträgt ca. 250N/mm².
Bei einem Blatt mit 34mm Breite und 0.7mm Stärke wären dies
2*34*0.7*250N*mm²/mm²=11900N, d. h. ca. 1.2 Tonnen.
Bei einem 10mm Band mit 0.3mm Stärke sind es hingegen
2*10*0.3*250N*mm²/mm²=1500N, also 150kg.
Das müssen die Lager und vor allem der Maschinenständer dann ertragen. Sind die Lager zu klein dimensioniert, geht der Verschleiß schneller vonstatten. Es ist also vorteilhaft, hinreichend große Lager verbaut zu haben.

Bei meiner Rudolf Leonhardt sind die Rollen mit jeweils zwei Pendelkugellager aufgehängt.

IMG_20201207_212059.jpg
Hier nackig:
IMG_20201227_195329.jpg
Einmal vor und einmal hinter der Rolle befindet sich ein Lagergehäuse, welches selbst pendelnd in einer Gabel aufgehängt ist.
IMG_20201227_195341.jpg IMG_20201227_195404.jpg IMG_20201227_195417.jpg

Dadurch kann man die Rollen sehr genau in ihrer räumlichen Orientierung relativ zum Maschinenständer justieren. Sowohl Gabel, als auch Lagergehäuse bestehen aus Grauguss. Die Gabeln sind in einer vertikalen Führung eingelassen, die man mit einem Trapezgewinde in der Höhe verstellen kann. Hierdurch richtet man die Neigung der Rollen aus.

Hier die obere Aufhängung ohne Abdeckung:
IMG_20201226_162304.jpg IMG_20201226_162258.jpg
Man erkennt die Nutmuttern, welche die Kugellager arretieren. Solche Lager werden mit Nutmuttern auf geschlitzte Hülsen gedrückt.
Pendelkugellager zu verwenden ist hier die ingenieurstechnisch beste Lösung, denn:
1. Schiefstand der Welle verursacht keine Probleme. Die Pendelfunktion ist also sinnvoll.
2. Kugellager produzieren durch die geringe Kontaktfläche in den Laufflächen wenig Wärme. Das ist besser, als eine Rollenlagerung, zum Beispiel in Form eines Pendelrollenlagers.

Die Lagerung der unteren Rolle ist analog ausgeführt:
IMG_20201226_162245.jpg IMG_20201226_162251.jpg

Soweit ein erster Beitrag :emoji_thinking:
 
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Neven1534

ww-ahorn
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Hatte diese Überlegungen für meine BS40 mal Analog durchgeführt wenn auch nicht im Hinblick auf die Kugellager. Bei der BS40 werden Oben 2 normale Rillenkugellager verwendet unten ist das Laufrad mittels Passfeder direkt auf der Motorwelle befestigt. Der Motor wiederum ist ebenfalls mit Rillenkugellagern gelagert.

Was ich interessant fand:

1. Es ist eigentlich unmöglich ein breites und dickes Band so fest zu spannen dass es reißt, da die Zugfestigkeit der verwendeten Stähle über 700N/mm² liegen sollte. (Schwingungen Dynamische Belastung etc. mal außer acht gelassen) vorher wird sich wahrscheinlich trotzdem was anderes an der Maschine als das Blatt verabschieden :emoji_wink:

2. Die wenigsten Maschinen sind dazu in der Lage diese 250N/mm² "benötigte Bandspannung" zu erreichen und ich bezweifle dass diese in der Praxis wirklich nötig ist.

Hatte mal aus spaß für ein 20x0,65mm Band gerechnet (ist zwar eigentlich etwas zu groß für ne Maschine mit 40cm Rädern dafür aber dafür Guss Bonus) und bin zu dem Schluss gekommen dass sich vorher die 25-26mm Starke Motorwelle durch die Momentbelastung von Abstand Laufrad zum Kugellager Motor plastisch verformt bevor ich die 250-300N/mm² im Band erreichen würde.

Wenn man aber überlegt, dass nur am oberen Rad technisch gesehen ein halbes Auto bis ganzes Auto für die optimale Blattspannung hängen müsste denkt man vielleicht nochmal etwas anders über die Maschinenwahl.

(Bin gerade nicht in der Werkstatt aber ist bei einem 20mm breiten Blatt der Abstand von Zahngrund bis Blattrücken 20mm?
Ich vermute mal dieser ist etwas weniger ist, dadurch würde sich die benötigte Kraft natürlich nochmal reduzieren)

Mir noch Gedanken darüber zu machen ob die Lagerung der Laufräder Optimal ist hat dann selbst meine Motivation überstiegen.

Ist halt die Frage in wie weit es Sinnvoll ist das noch weiter auszuführen oder ob man das Blatt einfach nach Gefühl spannt und mit der Maschine arbeitet und einfach zufrieden ist ohne alles zu hinterfragen.

Viele Grüße
 

Vaultdoor

ww-robinie
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Es ist eigentlich unmöglich ein breites und dickes Band so fest zu spannen dass es reißt

Das ist immer so eine Sache. Es sollte auch unmöglich sein, eine Fahrradkette am Fahrrad durch Muskelkraft zum Reißen zu bringen. Und es geht doch. Alles schon erlebt. Das Eine ist die Theorie, das Andere die Praxis.

Die wenigsten Maschinen sind dazu in der Lage diese 250N/mm² "benötigte Bandspannung" zu erreichen und ich bezweifle dass diese in der Praxis wirklich nötig ist.

Das müsste man in Sägewerken erfragen, die bei ihren Maschinen mit Messgeräten die Bandspannung überprüfen, schätze ich. Wir Hobbyleute gehen da nach "Gefühl". Ich zupfe mein Band an und wenn es einen netten Ton macht, dann haut die Spannung ganz gut hin. Das habe ich gerade heute wieder gemerkt, als ich dann mal ein 2mm-Furnier eines Fichtenholzbretts abgetrennt habe. Das Blatt ist absoluter Müll, aber ich habe keine Vibrationsmuster im Schnitt, nur die Riefen von der Schränkung. Das ist für mich die korrekte Bandspannung. Und nein, ich bin beim Vorschub nicht eingeschlafen.

Wenn man aber überlegt, dass nur am oberen Rad technisch gesehen ein halbes Auto bis ganzes Auto für die optimale Blattspannung hängen müsste denkt man vielleicht nochmal etwas anders über die Maschinenwahl.

Sowas klingt natürlich immer heftig, aber im Grunde ist das alles nur halb so wild. Wenn du mit einer Drehbank bei, sagen wir, 5mm Zustellung einen Stahlrundling abdrehst, ist der Druck auf die Wendeplatte auch nicht ohne. Und wir reden hier von ein paar Quadratmillimetern, wenn überhaupt. Trotzdem passiert da nichts. Und auf das Getriebe dieser Drehbank geht der ganze Arbeitsdruck und wird sogar noch wegen der Übersetzungen bis auf den Motor vervielfacht. Trotzdem verbiegt sich da nichts und wir reden hier von ein paar Tonnen Druck auf die Zahnräder.
Dieser Druck von 1.2t, den ich oben vorgerechnet habe, verteilt sich ja erstmal auf die beiden halben Rollenflächen und schlussendlich auf die Wellen der Rollen.
 

U.Tho

ww-robinie
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Gehe ich da recht in der Annahme, das Gleitlager höhere Kräfte aufnehmen können - einfach nur durch die große Fläche?
 

Neven1534

ww-ahorn
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auf welcher Basis erfolgt die Annahme dieses Wertes?

Batucada

Ist natürlich ein grober Wert PI mal Daumen. Die Gestaltfestigkeit der Sägeblätter kann ich auf Wunsch mal mit ein paar genaueren Annahmen unter Berücksichtigung von Kerbwirkung Oberflächenrauheit etc. durchrechnen.

Die Werkstoffkennwerte hab ich mal von mehreren Herstellern von Sägeblättern die dazu im Internet Angaben gemacht haben übernommen:
"das Trägerband aus hochlegiertem Federbandstahl" klick Hochlegierter Federbandstahl hat i.d.R eine Zugfestigkeit von RM >> 1000N/mm²
Bandsägeblätter aus Schwedenstahl ist wahrscheinlich vielen ein Begriff laut Wiki verbirgt sich dahinter ein X46Cr13 Stahl -> RM = 1000N/mm²

Auch generell habe ich denn Eindruck dass zumindest das Trägermaterial bei den meisten Bandsägeblättern aus einer Art Federstahl gemacht wurde der von der Zugfestigkeit dann ebenso bei 1000N/mm² aufwärts liegt.

"Gehe ich da recht in der Annahme, das Gleitlager höhere Kräfte aufnehmen können - einfach nur durch die große Fläche?"
-> kann man so pauschal nicht beantworten wobei ich mir nicht vorstellen kann dass die Flächenpressung das in dem Fall Problematische ist.

Viele Grüße
 
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Batucada

ww-robinie
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Die Werkstoffkennwerte hab ich mal von mehreren Herstellern von Sägeblättern die dazu im Internet Angaben gemacht haben übernommen:
"das Trägerband aus hochlegiertem Federbandstahl" klick Hochlegierter Federbandstahl hat i.d.R eine Zugfestigkeit von RM >> 1000N/mm²
Bandsägeblätter aus Schwedenstahl ist wahrscheinlich vielen ein Begriff laut Wiki verbirgt sich dahinter ein X46Cr13 Stahl -> RM = 1000N/mm²
Der Link bezieht sich auf (copy&paste) Bandsägeblätter Bi-Metall M42 für Stahl / Metall / Edelstahl
in erster Linie wären die Angaben für Holz von Interesse, das nur nebenbei.

X46Cr13 entspricht 1.4034 und hat laut der Datenbank Total Materia eine Zugfestigkeit von ≤800 MPa. Womit die Annahme schon nicht mehr so großzügig ausfällt.

Bei meinen Recherchen ist es mir bisher aber noch nicht gelungen, genauere Werkstoffangaben zu den Sägeblättern zu finden, deshalb hätte es mich schon interessiert, wo du die Angaben herbeziehst.

Batucada
 
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