Krenov in Europa - Wo lernt man kunstvollen Möbelbau?

Spannemann

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Es ist ja bekannt und hier auch schon erörtert worden, daß es in anderen Ländern eine sehr hohe Kultur des handwerklichen Tischlerns gibt, die in Deutschland usf. fehlt, weil (!) es hier ein sehr geregeltes Ausbildungs- und Ordnungssystem gibt und sich das Handwerk sehr in die industrielle Richtung entwickelt hat.

Berühmt ist das "College of the Redwoods" mit J. Krenov. Diese Bildungsstätte ist in Nordamerika nicht die einzige. Aus Europa hört man schon weniger dergleichen; die Makepeace-Schule in England ist inzwischen wieder geschlossen. Dänemark und Italien stehen auch in dem Ruf, handwerklich noch die Nase vorn zu haben.

Aber: Wo gibt es heute in Europa solche Fortbildungsmöglichkeiten, unabhängig von Betrieben, die man sicherlich mitunter findet. Ich bin Geselle und möchte mich in feiner handwerklicher Möbeltischlerei fortbilden, aber zu diesem Zwecke nicht gleich nach Kalifornien umsiedeln müssen.
 

derdad

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Lieber Spannemann!

Ich glaube du verwechselst etwas. Gerade in Mitteleuropa wird die Handwerkskunst sehr hoch gehalten. In kaum einem anderen Land ist die Ausbildung so hochwertig wie hier. Es kommt immer drauf an was jeder draus macht.
Durch das andere Ausbildungssystem, im besonderen in den englishsparachigen Ländern, haben sich dort Colleges und High Schools entwickelt die ganz spezielle bereiche ausbilden. Ob sie so umfassend sind wie unsere Lehrausbildung, darüber lässt sich streiten.
Künstlerische Handwerksausbildung wird bei uns meist in den versch Fachschulen sehr hochgehalten. Auch Volkshochschulen bieten immer wieder Kurse an.

In Österreich findest du z.B. in Hallstatt ein gute Schule

http://schulen.eduhi.at/hallstatt/

gerhard
 

carsten

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Hallo

die Frage ist denke ich weniger das handwerkliche Können als das Design für das Kernov steht. Das Wissen und Können wie Kernov zu arbeiten sollte eigentlich jeder Schreiner mit Ausbildung in Deutschland haben. Er verwendet hauptsächlich traditionelle handwerkliche Verbindungen aber das in einer Perfektion die eben einiger Übung bedarf. Das ist aber in Deutschland fast nicht mehr mgl., da dafür der breite Markt fehlt. Einzelkämpfer und Individualisten können evtl davon leben aber das ist dann weniger Handwerk als vielmehr Künstlerdasein.
 

Spannemann

ww-buche
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Großer Unterschied!

Nanu! Ich dachte aus den anderen Forumsbeiträgen, die Kritik am hiesigen Handwerk wäre einhelliger. Ich meine aber, daß Ihr nicht recht habt.

Wir haben hier das Diktat der Maschine und damit den Zwang zu weitgehend geometrischen Formen. Die in Amerika sind Virtuosen der Handarbeit und können mit wenig techn. Aufwand jede beliebige Form herstellen.

Wer lernt heute noch einen sicheren (nicht bloß angedeuteten) Umgang mit Handwerkzeugen? Z. B. eine Oberfläche fertigmachen ohne Schleifpapier? Ich meine fast, über den "Zinkenkult" hinaus gibt es nicht mehr viel.

Ich habe übrigens an der "großartigen" Berufsfachschule Berchtesgaden gelernt. Da wird schon noch einiges gemacht, was in vielen Tischlereien (also auch in deren Ausbildung!) nicht mehr vorkommt. Trotzdem ist das nur ein kleiner Einblick.

Die Bilder der Schule in Hallstadt sprechen für sich. (Siehe unten.) Das ist Industrie und hat mit Handwerkskunst nicht mehr viel zu tun.

Aber wir wollen hier keinen Streit anzetteln. Weiß einfach jemand etwas im Sinne meiner obigen Frage?
 

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derdad

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Mein lieber Spannemann!
Ich traue mir zu sagen, dass in Amerika die Möbelherstellung weit mehr industrialisiert ist als bei uns. Nur, das was bei uns hier bekannt wird (Krenov, Tage Frid, Sam Maloof, etc.) sind ein paar wenige Vertreter des Handwerks, die sich in Amerika durchsetzen konnten, und bekannt wurden. Bei uns ist jeder kleine Handwerksbetrieb im Stande, diese Möbel herzustellen. WENN ES JEMAND ZAHLT. Und nicht weil sie den Umgang mit den Werkzeug nicht mehr beherrschen. Ich glaube kaum dass ein Krenov vom "Kunden im Ort" leben kann. Hier muss der Tischler aber von den Kunden in seiner Umgebeung leben. Es gibt einige wenige, die es geschafft haben nur exklusive Möbel herzustellen, und davon leben zu können.
Das, worüber wir hier oft diskutieren, und womit die wenigsten einverstanden sind, ist die Rückständigkeit der Innungen und Kammern, aber nicht prinzipell die Ausbildung.

Ich glaube in deinem Fall tritt wieder das alte Phänomen auf "Woanders ist Alles besser". Das sagen meist jene die in ihrem Mauseloch sitzen, und wenig anderes gesehen haben.

gerhard

P.S.: du hast geschrieben Italien hat HANDWERKLICH die Nase vorn. Dann hast du noch nie Möbel aus Italien genau angesehen.
 

holzz

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In Frankreich bei den "Compagnons du Devoir" hab ich damals (1990) Schreinerarbeiten und Schreiner arbeiten sehen, die an Kunstfertigkeit bis heute durch nichts ähnliches mir bekanntes übertroffen wurden. Dort besteht der Tischlerberuf übrigens noch aus zwei Zweigen, dem "normalen" Tischler und dem Kunstschreiner (Ebenist). Kontakt über viele deutsche Handwerkskammern, Stichwort: "Tour de France" Schau mal rein:

http://www.compagnons-du-devoir.com/_datas/doc/220206_175235.pdf


Fortbildungen:
http://www.compagnons-du-devoir.com/_datas/doc/030106_102619.pdf
 

derdad

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Hi!
Es gibt bei uns in Österreich auch den Tischler, genauer gesagt Bau- und Möbeltischler, und den Kunsttischler.

gerhard
 

MaHo

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Hi,
kannst du dein "kunstvoll" etwas eingrenzen,bitte.
Oberflächen->Restaurator
Massivholzmöbel in modernem Gestaltungsgewand->entsprechende Gestaltungschule z.Bp. Garmisch-Patenkirchen(dort hat auch Franz Karg (Buch"Massivholzmöbel")gewirkt).

macht dich selbstständig!dann kannst du dein traum ausleben!?

will hoffen,das du nicht gleich auswandern tust:emoji_wink:oder zumindest nach der spez.ausbildung im Ausland wieder zurückkommst:emoji_slight_smile:
 

Spannemann

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Danke, das ist doch schon mal was Konstruktives!

Daß aus Italien die Mehrzahl der zusammengeschossenen und braungestrichenen Kaufhausmöbel kommt, ist mir auch klar. In jedem Land ist Kunsthandwerk heute wohl eine Nische.

Gleichwohl gibt es in Deutschland m. E. das Problem des Purismus in der Gestaltung, d. h. selbst ambitionierte Gestalter tendieren zu schlichten, geometrischen Formen, die eben sehr maschinengängig sind. In diese Richtung gehen auch die meisten Veröffentlichungen zur Gestaltung wie auch die Praxis in Garmisch (ich hab's mir mehrfach angesehen). Gestaltung wird weniger als handwerkliche Frage, sondern eher als rein formal-künstlerische Frage betrachtet und man kommt (wie auch an den "Gestaltungsschulen") durch diese vorweggenommene Einschränkung zu dem Schluß, das sei schon zu machen.

Klar, letzendlich arbeitet auch Krenov nur mit Säge, Hobel(n) und Stechbeitel. Das heißt aber trotzdem nicht, daß man damit alles machen kann, nur weil man mit denen schon mal herumgewerkelt hat.

Ich will auch gar nicht bestreiten, daß das meiste tatsächlich durch Übung und Überlegung erlangt werden kann. Das ist aber mit vielem anderen auch so, und trotzdem gibt es dafür Aus- und Fortbildungsstätten. Ist doch auch schöner, wenn man was gezeigt bekommt und sich darüber austauschen kann, als wenn jeder in seinem Winkel das Rad neu erfindet...

Es wurde ja auch schon an verschiedener Stelle zugegeben, daß viele in Deutschland von "Fine Woodworking" profitieren. Also gibt es in dieser Richtung Fortbildungsbedarf! Ob die Meisterschule in Hallstatt mit dem einfachen Zapfen da mithalten kann...?
 

derdad

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Hi!

Der "einfache Zapfen" symbolisiert klassisches Handwerk. So wie eine Zinkenverbindung auch.
Fast alle Möbel und ihre Konstruktionen basieren auf ein paar einfache simple Verbindungen. Das was dann daraus wird, liegt am Einzelnen. Kreativität und Design lässt sich nunmal nur bis zu einem bestimmten Maß lernen. Das sieht man ja an den beinahe identischen "Designermöbeln", die Absolventen entsprechender (Hoch) Schulen immer wieder zustande bringen.
Das wirklich große Problem ist, meiner Meinung nach, der Markt. Jeder Tischler würde lieber ein prachtvolles Massivholzmöbel bauen als einen geraden Einbauschrabk aus Spanplatten. Aber leider muss man das produzieren, das man verkaufen kann. Und beim Verkauf spielt neben Qaulität und Design leider auch der Preis eine nicht zu verachtende Rolle. Je "kreativer" ein Möbel ist, umso mehr Arbeit steckt meist auch darinnen, meist Handarbeit. Dass aber Handarbeit sauteuer ist, werde ich dir nicht zu erklären brauchen.

Bei meiner Meisterprüfung (und nicht nur bei meiner) war ein Teil der Prüfung, eine Konstruktionszeichnung von einem Möbelstück, das man man auf einem Foto bekommen hat, anzufertigen. Richtige Maße, richtige Proportionen, richtige Konstruktion, richtige Holzliste. Sobald ein Tischler eine Zeichnung samt Konstruktionsdetails hat, ist es keine Schwierigkeit mehr dies auch anzufertigen. Und das muss jeder meister können, sonst schafft er die Prüfung nicht.

Dein angesprochenes Problem liegt deshalb nicht in den Konstruktionen, sondern im Design. Und dazu siehe oben.

gerhard
 

MaHo

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Hi,Spannemann
willst du etwa Rokoko-Möbel bauen:emoji_grin:(das konnten sich nur Könige und Fürsten als endkunden leisten-wer hats bezahlt:rolleyes:das dumme Volk)
das sich Gestalter und Designer sich nach techn. Maschinen richten und ihre Form kreieren,ist mir neu.
Aber selbst wenn so wäre- gewisse Grundlagen scheinst auch du zu brauchen->Ausbildung Gestalter od.a. ,oder eben doch sich das autodiktatisch beibringen(wenn du das andere schon so abtust und gering schätzt)
kannste mal ein Link zu Krenov s Arbeiten zeigen-glaub,der kocht auch nur mit Wasser
hatte mal ein Buch von ihm-haute mich nicht vom Hocker.
zeig doch mal ein Beispiel(Bild),was dich so angeilt.
man sollte auch nicht alte Stilepochen re-designern.
wenn man die Latte zu hoch legt,erreicht man schlecht sein Ziel-werd Gestalter oder Meister-dann wird sich zeigen-wo sich neue Wege eröffnen.
in Dresden gibt doch ne berühmte Werkstatt "Hellerau"oder so ähnlich- ist dort deren Ruf verblaßt?!

PS: es steht dir frei,die beste fortbildungstätte aufzusuchen
es gibt berühmte cluster(ansammlung von spez.Know How) eben auch in USA nicht an jeder Ecke(region)
 

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Hallo,
die Qualität der handwerkliche Ausbildung im holzverarbeitenden Handwerk ist sicherlich in den deutschsprachigen Ländern ohne gleichen.
Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es meines Erachtens doch einige. Neben den klassischen Weiterbildungen (Meister, Techiker Ingenieure, Gestalter usw) bieten auch die Kammern einiges an.
Du kannst natürlich auch für viel Geld an "workshops" teilnehmen um dich von bekannten Meistern ihres Faches in dernen Geheimnisse einweisen zu lassen (siehe Programm der Fa. Dick o. a.).
Gruß Georg
 

derdad

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Hi!
Ich hab mir jetzt die homepage von diesem Krenov angesehen.
Ich dachte der macht was aussergewöhnliches.:eek: Hab aber nichts gefunden. O.K. die Stücke sind nicht schlecht, und proportional sehr gut (obwohl, unser Entwurfszeichenlehrer in der Meisterklasse hätte sicher gesagt:"dieses Kästchen hat ja Angst. Das wackelt ja schon wenn man es anschaut"). Mir gefallen die Stücke.
Aber mindestens jeder Meister, und der Großteil der Gesellen kann diese Stücke vom Foto weg nachbauen. Da sind keine geheimnisvollen Verbindungen versteckt. Alles nur solide Tischlerarbeit. Zumindest in Mitteleuropa, in Amerika mag das anders sein.

gerhard
 

Spannemann

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Verbindungskult, Zinkenfetischismus?

Glaubt Ihr wirklich, daß es immer nur auf die Verbindungen ankäme? Nur weil das heute überall so erzählt wird? Der Krenov dübelt eh' vieles nur zusammen.

Viele Menschen sind ziemlich blind für das exakt gleiche; man denke nur an Altbausanierungen und staune, bei welchen Unterschieden und Wandlungen hin zum Primitiven immer noch erzählt wird: Das wurde genau nachgebaut. Naja, vier Füße statt drei...

Das Spektrum der Handwerkskultur reicht weit über Krenov hinaus, der sollte nur ein griffiges Beispiel sein.
 

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Hallo,
die mir bekannte englischsprachige Literatur bzgl. Holzhandwerk ist interessant bezüglich der Darstellung und Vermittlung handwerklicher Fähigkeiten und sicherlich lehrreich für den angehenden Gesellen. Die fertigungstechnischhe Umsetzung finde ich jedoch haarsträubend. Von manchen Maschinen (z.B. Tischfräse) habe manche Autoren noch überhaupt nichts gehört. Eigendlich unglaublich das diese Leute von ihrer Arbeit leben können und sie könnten es bestimmt auch nicht wenn sie nicht karismatische Erscheinungen wären.
Etwas verkaufen zu können und sei es auch noch so ein alter Zopf ist die wichtigste Eigenschaft die heute ein wirtschaftlich erfolgreicher Handwerker zu beherrschen hat.
Gruß Georg
 

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Tach ...
Also ich selbst bezeichne mich (in deutschland fragt mich dann aber immer gleich jeder, wo das von der Handwerkskammer oder andersweitig amtlich bestätigte Zertifikat ist, welches mich als solcher aussweist ...) als Kunsttischler, bassierend auf meinen Erfahrungen in der französischen Ebanisterie .... Ich habe vor mehreren Jahren an einem EU-Austauschprogramm teilgenommen, welches über die Handwerkskammer vermittelt wird. Es wurde mir ein einmonatiker Sprachkurs in Frankreich bezahlt und dann wurde ich an eine Ebanisterie in der möbelgeschichtlich nahmenhaften Rue de Foubourg St. Antoine (welche leider nur noch von Möbelgeschäften besiedelt ist) An anderthalb tagen in der Woche bin ich an die Schule "Bone graine" gegangen, wo ich zum "technischen Zeichner für Mobiliar" ausgebildet wurde. Man sollte sich allerdings nicht zusehr als kreativer Künstler betrachten sondern ersteinmal die Möbel entsprechend der ausgehändigten Skitze konstruieren. Mann muss auch die benötigten Ornamente (meist handelt es sich um frnz. Stielmöbel) in der Skitze richtig erkennen und sie dan Maßstabsgeträu in der zu damaligen Zweit als estätisch empfunden Proportionen abbilden. Hast du einmal dies technik des Zeichnen erlernt, bist du in der Lage, jede nur erdenkbare Konstruktin zu konstruieren. In Frankreich ist der Beruf Ebanist hochangesehen und Die Frauen verbinden damit sofort verklährte, romantische Vorstellungen, welches das Leben in der großen unangemessen versüßt ....:emoji_slight_smile:
Unter den Kunsttischlern, welche vor 200 Jahren in Paris geschaffen haben, und bis heute einen Einfluss auf den Möbelbau haben, befinden sich auch einige deutsche (Riesener, Öbener o. Boule (Schweiz)), welche ihr kreatives potential schon damals nicht in Deutschland verwirklichen konnten, da ihnen die Handwerkskammer bei jeder Abweichung von der Tradition, in den Nacken gefallen is. (hat sich bis heute nicht viel geändert ....:emoji_slight_smile:
aber auch die Compagnion du devoir sind eine gute Alternative, da du nicht nur praktische erfahrungen in ganz Frankreich sammelst, sondern auch in verschiedene Schulen zur Weiterbildung geschickt wirst
 

edelres

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Krenov - Tage Frid - Sam Maloof

Anmerkungen, Beobachtungen An- und Einsichten eines "Nichtschreiners" bezueglich James Krenov, Tage Frid und Sam Maloof.

Hier in den USA gab(gibt?) es von gewerkschaftlichen Bestrebungen abgesehen, keine handwerkliche Ausbildung, mit festgesetzter Lehrzeit. Im amerikanischen Schulsystem, wurde das Arbeiten im Umgang mit Holz, Metall, Kunststoff usw gelehrt. Die Schulen waren mit entsprechenden Werkstaetten und Fachlehrern ausgestattet. In der Holzbearbeitung wurde das Wissen und Koennen(?) dem deutschen ersten Lehrjahr entsprechend vermittelt.

Wie alles in der Welt, ist das einzig Bestaendige der stete Wandel! Aus was fuer Gruenden auch immer wurden in den letzten 30 Jahren die Schulwerkstaetten geschlossen. Zu meinem groessten Bedauern, in meiner unmittelbaren Nachbarschaft wurde eine mir zur gelegentlichen Nutzung zugaengliche, Traumschreinerwerkstatt aufgeloest, mit Maschinen der dreissiger Jahre bestueckt. Z. B. Eine Dickte mit ca 95 cm Durchlassbreite, einer Bandsaege (raumhoch mit 5 PS Motor).Die Maschinen waren in der damaligen Zeit(dreissiger Jahre) den deutschen ueberlegen, Hier industrielle Ansprueche Maschinengroessen in Deutschland Handwerk kleiner Betriebe usw.

Es drohte auf Grund der Einsparungen im Schulsystem, jegliche praktische handwerkliche Ausbildung zu verschwinden.

Diese Entwicklung voraussehend und Menschen mit Tatkraft, Willen und Ausdauer, verdankt die Sparte Fine Woodworking des College of the Redwoods ihr Entstehen. In den sechziger Jahren wurden privat 3,5 Millionen Dollar gesammelt (inflationsbereinigt heute 25 Millionen) Dieser finanzielle Grundstock ermoeglichte eine Ausbildungsmoeglichkeit zu schaffen, welche durch das Wirken von James Krenov eine im englisch sprechenden Raum Art von Beruehmtheit erreichte. Auf Grund des Erfolges haben sich Colleges der Nachbarlandkreise an bzw damit zusammengeschlossen. Des weiteren bietet das College verschiedene, ein bis vierwoechige, sowie Wochenend Klassen an in welchem der Schwerpunkt auf nur ein Gebiet begrenzt wird, z. B. Werkzeugschaerfen, Hobelbau usw. Diese Klassen stehen dem breiten Publikum zur Verfuegung, der Erfolg dieser Klassen ist so hoch dass diese schon oft am ersten Einschreibetag belegt sind.

Ich habe Krenov persoenlich erlebt und seine Ausbildungspraxis beobachtet. Ich schaetze ihn auf Grund seiner Lebensphilosophie sehr hoch. Sein Bestreben war (ist) dem Schueler eine Sicht zu vermitteln eigene Ideen zu entwickeln und diese mit entspechendem Material, Werkzeugen, Technik usw in die Wirklichkeit zu bringen. Sein Bestreben war/ist die Kreativitaet aus dem Schueler herauszulocken. In einer schon liebevollen Art (*)liess er sich von einem Schueler erklaeren was er durchfuehren will, auch wenn es Unsinn war, brachte er den Schueler dahin dies selbst festzustellen, und so aus sich selbst den richtigen Weg zu finden. Er lehrte in der Weise, erst die Idee mit Pappe und Styropor in ein moeglichst 1:1 Modell zu bringen. Nun brachte er den Schueler dazu falls noetig es zu einem harmonischen Gesamteindruck zu bringen. Nun hatte die Idee eine Stufe der Wirklichkeit erreicht. Der naechste Schritt war wie die Idee nun in Holz Gestalt annehmen kann. Dabei konnte der Schueler das Material und die Techniken dieses Endziel zu erreichen auswaehlen. Er sagte nicht zu dem Schueler welche Verbindungen die besten in diesem Falle waeren, sonder lies sich vom Schueler erklaeren wie er sich die Ausfuehrung denkt. So war der naechste Schritt die entsprechenden Holzverbindungen 1:1 mit minderwertigem Holz anzufertigen. Das geniale in Krenovs Ausbildung ist, dass er nicht in den Denkprozess befehlsmaessig eingreift, sondern der Schueler erfasst selbst was geht und was nicht geht. Der Umgang mit den Werkzeugen, Hobel, Handsaegen. Stecheisen und die dazu notwendigen Fertigkeiten erlernen sich quasi von selbst im Fluss der Ideenverwirklichung. Schritt fuer Schritt begleitet Krenov den Schueler bei der Durchfuehrung, treten Schwierigkeiten im Umgang mit den Werkzeugen auf, erklaert er wie er es machen wuerde, das kann ein Nachschaerfen des Stecheisens sein oder dass das Stueck Holz in welches ein Schlitz eingestemmt wird, zu diesem Zweck besser zwischen zwei Holzern in die Vorderzange zu spannen ist.
(*) Auf meine Kindheit zurueckblichend haette ich mir einen solchen Grossvater gewuenscht.
Ich stimme damit ueberein, dass seine Buecher nicht das aussagen koennen. Er wurde von Schuelern geradezu gedraengt, das erste Buch zu schreiben, es besteht mehr oder weniger aus dem den Lehrstoff begleitenden Unterrichtsaufzeichnungen. Ohne die persoenliche Interaktion (deutsch?)als Erlebnis mach das geschriebene wenig Sinn.

Eine gleiche Entwicklung wurde von Tage Frid an der Ostkueste der USA eingeleitet.
Tage Frid, war 1948vom Crafts Council der USA, angeworben worden, ein Programm Holzbearbeitung an der School for American Craftsmen einzurichten.. damals in der Alfred Universitaet im Staate New York Nach 14 jaehriger Arbeit wechselte Frid an das Rochester Institute for Technology.(RISD) Im Staate Rhode Island, Hier gruendete er die Fachrichtung Moebelbau/Entwurf in der Sparte Industrial Design. Unter seinem Wirken wurde an dieser Uni eine europaeischen Mustern aehnelnde Schreinerausbildung, besser einer Ausbildung im Umgang mit Holz gelehrt. Auf Grund seiner Vorbildung als Schreinermeister und Absolvent der Koeniglichen Akademie fuer Design in Kopenhagen, konnte er sein Wissen und Koennen fuer 23 Jahre dort Lehren. Er war einer der ersten Mitarbeiter der Zeitschrift Fine Woodworking und in diesem Verlag veroeffentlichte er Lehrbuecher ueber das Arbeiten/Umgang mit dem Werkstoff Holz. Der Wert dieser Buecher besteht darin, dass sie fuer eine Gruppe geschaffen wurden, welche keinen Zugang zu einer Berufslehre europaeischen Zuschnittes hatten. Auf Grund seiner Begabung und der Vermittlun seiner Ideen an seine Schueler, erlangte das RISD Weltbekanntheit. Ich begenete Tage Frid auf einer Ausstellung, wo er auf dem Stand der Tauton Press seine Buecher zeichnete.

Sowohl Krenov als Frid, waren die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Der bleibende Wert beider liegt im Weiterleben ihrer Ideen und Lehre in ihren Schuelern.Im Umkreis beider entwickele sich ein Apostel aehnlicher Anhang. Es gibt noch mehr Schulen auf welchen Design und Umgang mit Holz gelehrt wird, welche jedoch im Schatten der Entwichlung standen, bzw keinen so charismatischen Lehrer fanden.

Keiner von Beiden haette in Deutschland mehr als oertliche Bedeutung erreichen koennen, da in Deutschland die Nachfrage dafuer gar nicht bestand.

Im Gegensatz zu beiden sehe ich das Wirken von Sam Maloof. Ich besuchte eine Einweisung in sein Design in seiner Werkstatt. Er ist der geniale Designer. Seine Kenntnisse in der Holzbearbeitung hat er selbst erlernt in der Entwicklung und Verwirklichung seiner Ideen. Ob bei Stuehlen oder Tischen, seine genialen und dauerhaften Holzverbindungen, sind als solche nicht zu Erkennen. Die gleiche Idee der Holzverbindung wurde von ihm weiterentwickelt und zieht sich wie ein roter Faden durch seine Werke. Dabei benutzte er das Lammelieren des Holzes sowohl kuenstlerisch als auch konstruktiv. In der Verwirklichung seiner Kunst ist er sowohl Schreiner als auch Holzbildhauer. Die Moebel werden roh auf der Bandsaege vorbereitet, die Verbindungen mittels Lehren mit der Oberfraesse hergestellt. Nun werden die Moebel verleimt, der Rest ist „sweat and elbow grease“ auf gut deutsch, „Schweiss und Ellenbogenfett“. Ich wuede sagen 80 % besteht aus Handarbeit mit Raspeln, Schabhobeln und Ziehklingen. Seine Produkte haben einen Nachfragewert erreicht, so dass ein Schukelstuhl von ihm 36 tausen.—USDollar Vorauskasse kostet bei drei Jahren Wartezeit (bezieht sich auf Stand 1998) Eine grosse Rolle von Sam Maloofs Erfolg ist seine persoenliche Ausstrahlungskraft. Er versteht es mit seinen Darstellungen und Ausfuehrungen die Zuhoererschaft zu fesseln. Ein Vorteil fuer ihn war auch die Wahl des Ortes und Lage seiner Werkstatt in welcher er sich niederliess. Die naehe Hollywoods war auch kein Nachteil. Er besass eine Buehnenpraesentz um welche ihn mancher Schauspieler beneidete. Diesen Eindruck als Kuenstler gesehen zu werden bekaempfte er vehement, immer das handwerkliche in den Vordergrund stellend.

Ueber das Grundstueck, auf welchem sich Haus und Werkstatt befinden ist eine Autobahn seit x Jahren geplant und bis auf seine Grundstuecksnaehe fertiggestellt. Er hat seinen Besitz, dieser ist als ein Nationalerbe ernannt, in eine Stiftung eingebracht, nach seinem Ableben, werden Haus und Werkstatt an einen schon jetzt vorbereiteten Platz gebracht. Er weigerte sich umzuziehen. Doch auf Grund seiner Beruehmtheit wagte es kein Politiker dies mit Gewalt zu erzwingen.

Es ist auch hier wie in Deutschland, vor dem Gesetz sind alle gleich, manche etwas „Gleicher“

Aus meiner begrenzten Uebersicht und der tag taeglichen Arbeit mit Sitzmoebeln, schaetze ich das es kaum fuenfzig Designer sind welche in den letzten hundert Jahren wirklich sowohl vom Kunstlerisch praktischem als auch handwerklichem wirklich neues und bleibendes hervorbrachten. Oft waren es Zufaelle , welche einmaliges hervorbrachten. Das beste Beispiel ist Charles Eames in Archtektur und Design ausgebildet, konnte keinen Stuhl/Sessel finden welcher wirklich praktisch und bequem war. Enweder war ein Design praktisch und nicht bequem oder es war bequem unpraktisch und haesslich. So entwarf er fuer sich selbst einen Sessel mit Fusstuetze. Im zweiten Weltkrieg war Eames damit beschaeftigt, Holzeinbauten in Flugzeugen zu konstruieren. Aus Festigkeits und Gewichtsgruenden wurde dafuer formverleimtes Sperrholz von ihm entwickelt und verwendet. Die Holzkonstruktionen waren perfekt auf den Anwendungszweck zugeschnitten. Doch die im Flugzeug auftretenden Schwingungen und Belasungen konnten mit der damals vorhandenen Befestigungstechnik des Nietens oder Schraubens aufgefangen werden. Schweissen kam nicht in Frage und Verklebungen loesten sich unkontrolliert. Da kam Eames auf die Idee das Holz Flaechig auf Aluminium aufzuvulkanisieren. Geniale Idee, durch die dadurch moeglich gewordenen grossflaechigen elastischen Verbindungen konnten sowohl die Lasten als auch die Schwingungen in den Griff gebracht werden.

So konstruierte er seinen Liegestuhl, fuer mich der Inbegriff der Bequemlichkeit, sowohl im Sitzen oder Liegen perfekt. Die Formverleimten Sperrholzteile, erlaubten ein ansprechendes Design. Durch das Verbinden von Sitz und Rueckenlehne durch vulkanisieren ist eine aesthetische, flexible praktische Verbindung geschaffen worden.
Ich fuehle mich direkt privilegiert, dass ich ca 10 solcher Stuehle restaurieren durfte.

Bezueglich Moebelbau in unserer Zeit gwann ich den Eindruck, dass es hier nicht anders ist als in Deutschland. Es gibt Nachfrage nach Qualitaetsmoebel, doch diesem kleinen Marktanteil steht mehr handwerkliches, kuenstlerisches Potential gegenueber. Aus einem Umkreis von ca 100km, hier in einem sehr hohen Anteil der Bevoelkerung in den oberen Einkommensklassen. Kenne ich Schreiner welche bei jeder deutschen Herausforderung mithalten koennen. Hier ist ein Kunstschreiner in meiner Naehe, Einmannbetrieb oberste Preisklasse z. B. Damenschreibtisch sehr gutes Design und feinste Ausfuehrung „dreissigtausen Dollar ausgebucht auf ca zwei Jahre im Voraus.

Zu meiner Woodorkersvereinigungen gehoeren auch einige Schreiner welche gerade so ihren Lebensunterhalt verdienen. Bei einem stellte sich unerwartet Nachwuchs ein, die Kosten konnte er nur durch den Verkauf von einigen Maschinen decken. Ich bin mit einigen sehr gut vertraut, da es mir am Anfang genauso ging/ schwerfiel genuegend Geld fuer meine Leistungen zu verlangen. Ich kann auch nicht sagen woran es liegt, dass sie nicht so erfolgreich sind wie Andere. Auch hier gibt es ihrer Ansicht nach zu wenige Kunden welche sich handwerklich gefertigte Moebel leisten koennen. Mit dieser Einstellung ist auch kein Unterschied zwischen hier und Deutschland.


Zur Fachliteratur:

Als Beispiel moechte ich die Zeitschrift Fine Woodworking aus dem Tauntonverlag anfuehren. 1975 wurde diese Zeitschrift gegruendet. Die zugrundeliegende Idee bestand darin, dass die Zeitschrift aus Beitraegen bestand/besteht in welchen Woodworker ihre Leistungen/Erzeugnisse vorstellen und beschreiben. Ueber einen Zeitraum von dreissig Jahren ist erstaunliches ge- und beschrieben worden. Dem Verlag steht ein Riesenreservoir von Woodworkern zur Verfuegung welcher den gesamten englishen Sprachraum umfasst. Doch auch hier gibt es Kritik aus der Leserschaft, die einen beschweren sich darueber das die Artikel zu hoch geraten sind und andere darueber dass nicht genuegend herausforderndes geschrieben(veroeffentlicht) wird.

Wie schon im Mittelalter in D beschrieben „Allen recht getan ist eine Kunst die Niemand kann“

Der gleiche Verlag , startete ein Magazin auf der gleichen Idee basierend, „home furniture“ Dieses Magazin war auf den beruflichen Woodwoerker (Schwerpunkt feine Moebel und high end Inneneinrichtungen) ausgelegt. Leider wurde das Magzin mit dem 15. Heft eingestellt. Der Verlag konnte nicht genuegend Handwerker gewinnen um dies fort zu fuehren. Meine persoenliche Ansicht ist die, „fine woodworking“ spricht einen Kreis von Leserschaft an, welche Schoenheit und Ideen bewundern, den Gelegenheitsbastler (nicht herabwuerdigend gemeint) als auch den Vollprofi ansprach. Fuer „home furniture“ war von vorneherein der Kreis der Leser als auch der Beitragsschreiber wesentlich geringer. Aus diesem Grund wurde das Magazin eingestellt, bzw in „fine woodworking“ zureuck eingeliedert.

Die andere Seite des Erfolges besteht darin, dass die Werbung, zwar nicht vermieden werden kann, doch kein Beitrag wird durch Werbung zerstueckelt. Als deutschprachiger Leser finde ich dies umso besser, da bei anderen Magazinen die Werbung so geschickt (raffiniert hinterhaeltig)in den Text eingschoben ist, dass mir bei Durchlesen eines Artikels, erst nach einigen Zeilen auffaellt dass das ja nur Werbung ist. Ich habe zwei Verlagen per Einschreibebrief mitgeteilt mir keine Zeitschriften (umsonst) zu schicken, wertlose Zeitverschwendung so etwas zu lesen.

Eine Empfehlung an Spannemann und Gleichgesinnte, wenn immer ich etwas wollte, suchte ich herauszufinden wo so etwas vorhanden ist. Einwaende dass es so etwas nicht gibt bestaerkten mich nur noch mehr danach zu Suchen. Ich sprach wildfremde Menschen darauf an, dass sie etwas Tun oder Ausueben, welches ich gut finde und von ihnen lernen moechte. Rueckblickend kann ich sagen dass die Reaktion auf meine Anfragen, Bitten ueberwaeltigend positiv ausfielen, sowohl in Deutschland als auch in den USA. Auf Grund einer solchen Anfrage habe ich hier einen guten Freund gefunden. Er konnte aus seiner Sicht nicht sehen wie Nachahmenswert/Beispielhaft sein Vorbild war. Ihr kommt nur weiter wenn ihr danach sucht, wo die Moeglichkeit besteht dass ihr euer Wissen und Koennen erweitert. Sucht sofort an anderer Stelle wenn euch von eurem Vorhaben abgeraten wird. Es kann vorkommen dass darauf feindlich reagiert wird. Dies Zeigt nur dass ihr an der falschen Stelle sucht.

Ich finde es richtig gut wenn jemand seine Meinung aeussert ueber die Unzufriedenheit seiner derzeitigen Situation, dies ist der erste Schritt zur Aenderung dieser. Nicht wie jener reagierte als im das Wasser auf den Kopf tropfte, er beschwerte sich bei jedem darueber, doch keiner scherte sich darum, bis er herausfand es gibt auch Stellen wo es nicht tropft, es soll aber auch Leute geben dies diese Stelle gar nicht finden wollen, weil es bequemer ist zu Jammern als Initiative zu ergreifen.

Ich finde die Fortschritte im Schreinerhandwerk sowohl auf der Maschinen- als auch Materialseite athemberaubend. Ein Schreiner in meiner Naehe hat eine neue Martin Tischkreissaege angeschafft(ca 30tausen und einige zerquetschte Dollar, Mit Millimetergenauer digitaler Schnitthoeheneinstellung, Winkeleinstellungen auf 15 Minuten genau, hab das mit einem praezisions Winkelmesser nachgemessen. Hier wird nun die Fantasie des Anwenders herausgefordert die Moeglichkeite schoepferisch zu nutzen. Eine amerikanische Redewendung, nur du siehst Grenzen, der Horizont ist unendlich!

Der Bedarf an Leistungen des Schreinerhandwerks wird sowohl in Deuschland als auch Amerika gedeckt. Dass deutsche Firmen = Handwerker in der Qualitaet als auch im Preis mithalten koennen kenne ich zufaellig. Die Wuerzburger Werkstaetten erhielten in den 80ziger Jahren einen Auftrag fuer die Umruestung eines Luxusschiffes der Cunnardlinie eine Offiziersmesse einzurichten. Der Umbau wurde in Hamburg durchgefuehrt , die Firma musste nach Vorgaben der Schiffswerft auf die Minute genau die Einbauzeiten einhalten. Von der Qualitaet und Preisangebot haette die Firma einen groesseren Auftrag erhalten koennen, war jedoch aus Gruenden der Personalstaerke und des Zeitrahmen begrenzt.

Vor einigen Jahren, wohnte ich anlaesslich eines Komposium von Conservatoren/Restauratoren in einem Hotel in Las Vegas. Zu meiner Ueberaschung hoerte ich, beim Voruebergehen, auf einer Baustelle laute deutsche Stimmen. Den Stimmen nachgehend fand ich deutsche Handwerker(Innenausbauer) welche in einem neuen Luxus-Casino-Hotel Inneneinrichtungen einbauten. Eine deutsche Architektengruppe hatte den Wettbewerb fuer den Innenausbau gewonnen. Sie vergaben die auszufuehrenden Arbeiten nach Qualitaet und Leistungsfaehigkeit. Die deutsche Firma (den Namen konnte ich nicht behalten) war eine der Handvoll von Betrieben welche solche Qualitaet liefern konnten. Der Vorarbeiter liess mir einen Teil der ausgefuehrten Arbeiten sehen. Hut ab, ich kenne Qualitaet und Koennen, doch haette ich es nicht fuer moeglich gehalten, dass eine solche Luxusqualitaet heute noch zu erhalten ist. Die zukuenftigen Spieler, welche durch diesen Luxus angelockt werden bezahlen dann dafuer.

In diesem Sinne guten Mut und Erfolg beim Finden.

mfg

Ottmar

PS: Wer die Berufung zum Moebelschreiner hat wird auch einer!
 

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Eurippon

ww-robinie
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Danke Ottmar für dieses sehr informative statement.

Ich selbst besitze ein Buch von Sam Maloof und bin von diesem Mann sehr beeindruckt. Ich beneide Ottmar sogar seines persönlichen Treffens mit ihm wegen.
Ich habe aus seinen Formen sehr viel Inspiration und Ideen geschöpft.
Meine Stubenwiege (hier im Forum ist auch ein Bild davon) versuchte ich Teile von seinen Formen mit einfliessen zu lassen.

Nun zum Thema:

Guten Möbelbau kann man in der heutigen Zeit nicht nur durch die Verwendung von traditionellen Verbindungstechniken bewerten. Gute Möbel zeichnen sich meiner Meinung nach durch drei vorrangige Faktoren aus:

Design
Verarbeitung/Qualität
Funktionalität

Bücher können nur Beispiele geben. Etwas nachzubauen ist in den meisten Fällen auch nicht sonderlich schwer. Die deutsche Tischlerausbildung sollte diese Grundkenntnisse zur Realisierung dazu ausreichend vermitteln.
Wichtiger ist jedoch das ständige Ausreizen der persönlichen Fähigkeiten bei eigenen Projekten. Nur von 50% Wissensausschöpfung wird keiner besser.

Sinnvoll ist jedoch das gezielte erlernen von speziellen Techniken. Sei es Oberflächenbehandlungen oder das nahezu unausschöpfliche Potenzial von Holzbearbeitungsmaschinen. Allein mit der Oberfräse kann man Sachen machen wo ich ins Staunen komme. Das Problem in den Formen liegt meist in der Realisierung solcher. Wer alle Möglichkeiten der Werkzeuge kennt kann somit auch kreativer sein.
Wer nur ein Brett gerade sägen kann, wird auch nur viereckige Möbel bauen.

Viele moderne Werkstoffe bieten immer neue Bearbeitungsmöglichkeiten. Gute Möbel müssen nicht nur aus Massivholz mit trad. Verbindungen bestehen. Gestalterisch interessanter ist es ja Werkstoffe miteinander zu kombinieren und diese durch die Verwendung von wieder lösbaren Verbindungen das Möbel Kundenfreundlicher zu machen. Einen massiven Knüppel will ja auch keiner haben.

Alles in allem kann man sich bei "Meistern" nur grobe Richtlinien holen, den richtigen Möbelbau erlernt man durch Fleiss...
 

raftinthomas

ww-robinie
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mensch ottmar,
ich bin immer wieder fasziniert von deinen beiträgen. wobei das wort beitrag eigentlich zu profan ist....
zum thema denke ich, dass es auch hier in deutschland ne menge fähiger leute gibt, die sich das kunsthandwerk als hobby nebenbei leisten (können, dürfe oder müssen). in unserer gesellschaft ist es oftmals einfach wichtig, einmal den richtigen namen (marke) zuhaben, danach läufts mehr oder weniger von alleine. da gilt ganz besonders im künstlerischen bereich wie zb musik (e und u), malerei, bildhauerei aber auch für architektur und kunsthandwerk. daneben gibt es noch 10 mal so viele leute, die gleichwertige (oder sogar bessere) arbeit abliefern, aber heinfach nicht den bekanntheitsgrad haben.
etwas zum wort design: ich mags es nicht, es ist einfach überstrapaziert und wird für jeden scheiss verwendet. ich bevorzuge das wort gestaltung, denn schon der wortstamm verdeutlich den prozess des "gestalt annehmens".
und ich übersetzte mir dieses wort immer als "kompromiss" zwischen erscheinungsbild und pragmatischem nutzen. nur wenige dinge unserer welt besitzen wirklich nur eine der beiden eigenschaften.
zur "deutschen" handwerkstradition: sicherlich steht man sich da auch immer ein wenig selbst im weg, wenns darum geht, was neues auzuprobieren. auf der anderen seite muss man auch nicht denselben fehler zum 2000.mal wiederholen. ich denke dabei an die ach so geschätzten antiquitäten, die immer wieder reissen werden, weil sie fachlich einfach müll sind. oder zb gartentische aus fernost, bei denen die aussenrahmen einfach kopfholzverleimt sind. sieht toll aus, hält aber nur 8 wochen..
 

MaHo

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Hi,
@ottmar:wow,was für ein Statement:emoji_wink:
hast du nicht manchmal Heimweh ?:emoji_grin:

ich bin froh,hier zu leben(allenfalls frankreich würd mich reizen) :emoji_slight_smile: wegen der guten Ausbildung,
alles autodiktatisch erlernen zu müssen,wär doch ne einsame,langweilige geschichte.
dennoch lebenslanges lernen erfordert von jedem einzelnen viel ab-ergibt aber auch völlig neue Horizonte .
alles kritisieren gehört auch zur Selbstanalyse:emoji_wink: ,dann muß man aber auch zu neuen ufern gehen:emoji_stuck_out_tongue:

sicher wäre Lehren durch denken lernen seitens der Schüler erstrebenswert-aber wohl eine nicht sehr verbreiterte lehrmethode hierzulande .

@eurippon:"einen massiven Knüppel will ja keiner haben"Massivholzmöbel müssen nicht althergebrachtes sein.
seitdem ich gründlich recherchiert(Bücher,www) habe,gingen in mir völlig neue lampen auf:emoji_wink:
Materialmix-gut und schön:emoji_slight_smile: aber metallische verbindungen heranziehen-wo angeblich keine Holzverbindungen passen-ist meines erachtens wenig sportlich.

das tischlerische Können hängt ja auch von der vielfältigkeit des Ausbildungsbetrieb ab,
sowie von der Beziehung Meister<->Auszubildender ab.
dann natürlich vom weiteren berufsweg,lebensweg etc.
der erfolgreiche,verwöhnte Weg ist eben nur ein sehr schmaler Grat:rolleyes:

@spannemann: ich kann immer noch nicht ganz ersehen,wonach du suchst :emoji_grin:
wenn du mehr Handarbeit suchst,nur zu !
apropos maschinen-deine kritk nach geometrischen formen: die CNC bearbeitung ist ,was neue formen angeht,noch nicht über zweidimensionalität hinaus gekommen in der masse,obwohl sie das zeug dazu hätte.
 

ungehobelt

ww-birke
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hallo spannemann,

das hört sich für mich so an als ob du erstens schon längst das nötige rüstzeug im gepäck hast um "feine" möbel zu bauen und zweitens auch sehr genau weißt welchen stil du bevorzugst. warum legst du nicht einfach los?
ist das typisch deutsche vielleicht erst die richtigen titel auf den angesagten schulen einzuheimsen, bevor man stolz und mutig eigene lebens-und möbelentwürfe machen kann? oder das denken, dass es irgendeinen tollen hecht (sorry, aber meistens reden wir hier doch nur von tollen kerlen auf schwarzweiss fotos...) im angelsächsischen raum gibt der wirklich richtig gut ist- und nur der....
ich glaube das lernen und fortbilden hört nie auf und wenn du hellwach bist wirst du feststellen, dass es jeden tag passiert und meist von menschen von denen du es gar nicht erwartet hast.
let`s go!

grüße aus lilalippe
 
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