Klavier, Schellack dünn überpolieren

SchellackNull

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Wir haben ein schönes Klavier, Baujahr ca. 1930, nach Auskunft des Klavierstimmers kaukasisch Nußbaum Furnier, sieht aus wie Wurzelholz.
Es ist insgesamt in gutem Zustand, aus 2-3 m Entfernung ganz gut anzusehen.
Es hat wohl irgendwann einen Feuchtigkeitsschaden erlitten. Vor allem das Furnier der großen Platte über der Tastatur hat sich etwas gehoben und dabei sowohl ganz feine als auch etwas stärkere Risse in der Schellack-Politur verursacht, Risse im Holz sind minimal. Die Abdeckung der Tastatur, Deckel zum Aufklappen, hat außen feine Kratzer und kleinere, leicht matte Stellen. Das Teil an dem das Scharnier des Deckels befestigt ist, ein Querholz mit großer Hohlkehle, hat entlang des Scharniers einen ca. 5mm breiten, dunklen Streifen, hier hat das Wasser den Schellack wohl stark beschädigt. Das Holz scheint an dieser Stelle aber intakt und eben, fühlbar ist fast nichts.
Der schwerste Schaden scheint mir im oberen Bereich der Hohlkehle zu sein, hier haben sich insgesamt etwa 8 größere Stellen, je ca. 1 - 2 cm2 von sehr dunklen Teilen des Wurzelholzes(?) gehoben. Politur (Lack?) ist aber noch darüber, wenn auch eingerissen. Offenbar hat hier jemand unsachgemäß gedrückt und jedenfalls auch feine, flächige, lange Kratzer hinterlassen.
Das Klavier wurde etwa 1964 von meinem Schwiegervater in einem renommierten Klavierhaus für etwa 1.500 DM gekauft und wurde m.E. für diesen Verkauf überwiegend mit Streichschellack überarbeitet, dabei wurde das Holz wohl etwas spektakulär angefeuert. Durch das Nachdunkeln ergibt sich jetzt eine recht unharmonische Farbgebung.
Ich habe nun vor, das Klavier mit der Reinigungsmilch(?) von Zweihorn zu reinigen um eine einigermaßen homogene Farbgebung zu erreichen. Vorher möchte ich aber die Risse schließen. Ich dachte an eine hauchdünne Schellacklösung von ca. 7% (93g Ethanol,7g Schellack)oder noch dünner ohne Öl so aufzutagen, daß ich eine Stelle nur einmal berühre. 2 Tage trocknen und dann mit Küchenpapier ein paar Tage poliere, dann die nächste Schicht. Nach ca. 10 Schichten müßte der Schellack so weit stabilisiert sein, daß ich mit sehr feinem Poliervlies den größten Teil des Lackauftrages wieder abnehmen kann und dabei auch die leichten Erhebungen beseitige.
Anschließend die Reinigung mit der Reinigungsmilch. Kann man auch dann anschließend das Holz noch etwas anfeuern?
Ich bin handwerklich geschickt und sehr geduldig, aber auf dem Gebiet der Schellackpolitur absoluter Laie. Diese geplante Vorgehensweise, trennen von auftragen und polieren, ist die Konsequenz meiner Internetsuche.
Aus welchen Gründen auch immer hänge ich sehr an diesem Instrument und würde das gerne selbst machen. Ist das realistisch?
 

welaloba

ww-robinie
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Hallo Schellacknull, aus deiner Beschreibung lese ich, dass das Klavier fleckig und scheckig ist dank Steichschellack - vom Klavierhaus aufgetragen. Die Schicht wirst du mit Zweihorn Hochglanzpolitur (10099) kaum wegbekommen - aber Wunder gibts ja immer wieder. Ich würde eher mit etwas robusteren Schleifpasten rangehen - in kleinen Versuchspartien. Ansonsten vorsichtig mit Alkohol anlösen und abnehmen. Wenn du Glück hast, ist die eigentliche Lackschicht eher so eine frühe Nitroangelegenheit, die einem leichten Alkoholangriff schon mal widerstehen kann. Von einem Hersteller bzw. dessen Nachfahr in Leipzsch bekam ich mal entsprechende Auskunft über deren 30er Jahre - Gehäuse.
Holz bzw. Furnier unter geschlossenen Lackschichten - egal ob Nitro oder Schellack, kann man eigentlich nicht "anfeuern". Hier kann ich mir nur vorstellen, den vorhandenen Lack bis aufs Holz anzulösen, das dürfte den Effekt haben. Will sagen, wo der Lack eher trübe aussieht, kann man u.U. durch Anlösen wieder etwas mehr Transparenz herstellen. Das ginge zB. mit "Dowanol PM"
Anschließend an den Arbeitsgang "Anlösen und lange durchtrocknen lassen" und Ergänzen fehlender Lackpartien (per Pinsel) wäre überpolieren angesagt. Das würde ich eher mit einer 10 - 15 % Lösung anstellen, dünner muss nicht sein.
Wenn du noch nie poliert hast, (jetzt kommt der Standardspruch) solltest du erst an was anderem üben. Das lässt sich auch nicht aus Büchern lernen, sondern nur durch Tun.
Ansonsten wären Bilder sowas von hilfreich. Aussagefähige Bilder. Keine per Mobiltelefon erzeugte Pixelhaufen.
Schönen Gruß und frohes Schaffen. Werner
 

SchellackNull

ww-pappel
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Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich habe schon einige deiner Beiträge gelesen, daher freue ich mich, daß Du auch auf dies Anfrage geantwortet hast.
Im Augenblick kämpfe ich noch etwas mit der Seite. Ich habe die Anfrage als Gast geschrieben, habe mich mittlerweile registriert, kann aber auf den Text nicht mehr zugreifen. Ich schaffe es auch nicht Bilder hochzuladen. Deshalb hier eine E-Mailadresse: < uraltsurfer@yandex.ru >. Ich könnte dir die Bilder als Anhang schicken. Zwar habe ich keine besonders gute Kamera, aber ich denke man sieht die Mängel einigermaßen. Mit der Farbtreue ist es so eine Sache.
Aber noch einmal zum Kern. Ursprünglich hatte ich vor, den Lack(?), die Politur(?) mit einem Reinigungs- oder Poliermittel etwas aufzufrischen. Um zu verhindern, daß etwas hinter die Oberfläche kriecht, wollte ich zuerst die Risse schließen.
Mit der unharmonischen Farbgebung kann ich notfalls leben. Keinesfalls will ich die ganze Oberfläche abnehmen. Ein Neuaufbau übersteigt meine Fähigkeiten bei weitem.
Bei der Frage Schellack oder Nitro bin ich jetzt unsicher geworden. Die obere Frontabdeckung ist möglicherweise nicht Original. Alkohol löst jedenfalls die Oberfläche an, Benzin nicht. In der Familie gibt es eine Apotheke, die würden für mich sicher einen Test zur eindeutigen Bestimmung durchführen, wenn ich nur wüßte welchen. Bisher habe ich die Oberfläche seit fast 6 Wochen täglich mit Küchenpapier poliert. Allein dadurch wurde sie schon recht blank.
Vielleicht kannst du auf den Bildern etwas erkennen. Wenn das keine Zumutung ist, kannst Du sie auch gerne an deien Antwort anhängen, wenn das geht.
 

gleiter

ww-robinie
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Ich glaube Du mußt erst ein paar Beiträge schreiben um übers Forum Bilder hoch laden zu können.

Extern hochgeladen und hier eingebunden sollte aber doch möglich sein?

Hier braucht es wirklich gute Bilder.

Gruß, André.
 

SchellackNull

ww-pappel
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Vielen Dank für den Hinweis, aber ich denke jetzt klappt es mit dem Hochladen.
In der Vergrößerung kann man die Mängel m.E. erkennen.
Im Augenblick plane ich folgende Vorgehensweise:
1) Oberflächenbeschaffenheit klären
2) Risse schließen (stabilisieren, Schutz gegen Hinterkriechen)
3) reinigen
4) fein schleifen
5) Polierschicht
 

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welaloba

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Hallo, danke für die Bilder. Damit ist mein letzter Beitrag ziemlich hinfällig. Für mein Hinsehen fällt jegliches Schleifen bei diesem Klavier aus. Der Tastaturdeckel steht vielleicht meistens offen, damit ist die Hohlkehle mit dem hochgequollenen Wurzelholz nicht mehr sichtbar. Wenn wir da mit Schleifen anfangen, kann das sehr problematisch werden in der Hinsicht, dass das geschliffene Teil überhaupt nicht mehr zum Rest passt.
So bleibt nur noch zu sagen: Wenn du sowieso keine neue Oberfläche aufbauen willst, was hier auch nicht aber auch gar nicht nötig ist, solltest du es beim Reinigen lassen. Wenn du an wachshaltige Schellackmattierung rankommst, nimm dir mal irgendein "lackiertes" Brett und arbeite dich in den Vorgang des Ballenauftrags ein. Wenn du das wirklich gut drauf hast, kannst du dich auch an das Klavier wagen. Je dünner der Lack-Auftrag, desto besser.
Noch mal zusammengefasst: Reinigen, aber vorsichtig, Mattierung auftragen, wenn die Fertigkeit erlangt ist. Viel Freude an dem schönen Teil.
Gruß Werner
 

SchellackNull

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Hallo Werner,
wenn sich hier einer zu bedanken hat bin wohl ich das und zwar für die meinen "Fähigkeiten" und dem Klavier sehr gut angepassten Ratschläge.
Problematisch an diesem Teil ist vor allem die obere Abdeckung und die Hohlkehle. Die Unterseite des Tastaturdeckels ist handwerklich derartig perfekt und noch intakt, daß ich da nur verschlimmbessern kann.
Bei Aurelio habe ich sowohl Zweihorn Hochglanzpolitur 10099 als auch wachshaltigen Schellack gefunden, wobei letzterer noch Zeit hat.
Was aber meinst Du mit vorsichtig? Dünn und ohne großen Druck anwenden? Ich nehme an, daß ich nicht mit dauerhaften Verfärbungen rechnen muß.
Handelt es sich Deiner Ansicht nach um eine Schellackoberfläche?
Chemische Nachweise für Cellulose habe ich gefunden und übermittle sie Dir gerne, aber wahrscheinlich kennst Du sie längst.
Wenn ich Deine Ausführungen richtig interpretiert habe, kommt es auch nicht wirklich darauf an.
Viele Grüße:
Eberhard
 

welaloba

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Hallo Schaellacknull, habe eben gesehen ,dass ich auf dein letztes Posting nicht mehr geantwortet habe. War wohl was dazwischen gekommen. Was ist denn aus dem Klavier geworden?
Und ja, der Lack ist, wie ich das in den Fotos sehe, wohl Nitrolack aus der Zeit.
Gruß Werner
 
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