HPL einseitig

horsthorst

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Hallo zusammen,

ich möchte Euch mal etwas zu physischen Prozessen beim Beschichten fragen.

Es geht um den Korpusbau aus 20 mm Multiplex, bei dem nur die Außenseiten mit HPL belegt werden sollen. Da ich nun keine guten Möglichkeiten zum flächigen Beschichten habe (Pressen), hatte ich überlegt, größere Plattenstücke beim Schreiner einseitig beschichten und zusägen zu lassen.

Würde das aber denn so gehen? Denn eigentlich soll man ja immer beidseitig beschichten. Durch die Korpuskonstruktion würde sich eigentlich nichts verzeihen, ABER: besteht die Gefahr, dass sich die einseitig beschichteten zugesägten Stücke in dem Zeitraum (einige Tage) verbiegen, in denen sie noch nicht in der Korpuskonstruktion fixiert sind? Wie viel Zeit zur Verarbeitung verbliebe mir dabei?

Danke und beste Grüße,

Jan
 

carsten

Moderator
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Hallo

Zeit bleibt gar keine, weil es nicht funktioniert.
Kollege hat das diese Woche unfreiwillig "getestet"
Er hatte schlicht und einfach nur einseitig Leim angegeben.
Ist dann schon rund geworden als er die Presse aufgemacht hat.
In dem Fal lies es sich beheben in dem die andere Seite dann auch noch Leim "abbekommen" hat und das Werkstück über Nacht in der Presse abkühlen und aushärten konnte.
 

DZaech

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Hallo Jan


Man kann schon einseitig belegen, allerdings ist das relativ heikel. Wir machen das ab und zu, z.b nötig bei "L-förmigen" Platten z.B. bei Schreibtischplatten oder Ablageflächen die vorne aufgedoppelt sind mit einer hohen Massivholzkante. Auch die meisten Tische für die Bestuhlung von Mehrzweckhallen/Turnhallen o.ä. Sind meist nur einseitig belegt (diese weissen Tische mit einer ~70mm hohen Buchenkante). Die werden aus 25mm Spanplatte gefertigt und einseitig belegt. Dort hält die hohe Querkante den Verzug sehr gut auf.

Trotzdem, wenn irgendwie möglich würde ich es vermeiden. Wenns wirklich nicht anders geht ist es möglich wenn man nicht zu viel Leim aufträgt, und das Teil dann kalt presst. Es muss in der Presse bleiben bis der Leim komplett ausgehärtet und trocken ist. Wenn noch Feuchtigkeit vom Leim vorhanden ist führt das unweigerlich zum Verzig der Teile. Etwa 3Std Presszeit sind nicht verkehrt.



Gruss David
 

Sägenbremser

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Hallo Jan

mit dem einseitigen Beschichten wird das wirklich
nur mit langen, kalten Pressgängen funktionieren.

Aber eine Beschichtung der fertig verleimten Korpen
ist auch möglich. Habe schon vor 40 Jahren sehr viel
und wirklich grosse Elemente für den rauen Kantinen
+Grossküchenbereich mit Pattex Spezial/ HPL in der
belastbaren Form hergestellt. Trägerplatte war zu der
Zeit natürlich Stäbchentischlerplatte, im Innenbereich
nachträglich mit DD Lack beschichtet.

Eine grosse Essensausgabe habe ich vor 4 Jahren noch
auf dem Flughafen Orly im Mitarbeiterbereich angetroffen.
Sehe auch immer noch Thekenanlagen in Textilreinigungen
die aus dieser Zeit stammen und auch in dieser Bauform er-
stellt worden sind. Das nur einmal zum Thema Langzeittest
für Kontaktklebestoffe bei materialgerechter Verarbeitung.
Kontaktdruck wurde zu der Zeit wirklich mit der Patexrolle,
viel Körpereinsatz und guter Ablaufplanung sicher gestellt.
Das wird sich in der Form auch in der heimischen Werkstatt
auch heute noch so leisten lassen.

Der Vorteil bei dieser etwas aufwendigeren Fertigung ist der
zuvor fast fugenlose Korpusaufbau mit einer sicheren und so
auch hoch belastbaren Lackierung und einer nachfolgenden
Aussenbelegung die bei sorgfältiger Bearbeitung auch wirklich
sehr fugensicher erfolgen kann. Genau das waren so auch die
Vorgaben von MKM- Grossküchentechnik zu der Zeit gewesen.

Gruss Harald
 

uli2003

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Die Biegungen bei HPL sind nicht vorhersehbar. Ich habe schon Platten einseitig beschichtet, die blieben schnurgerade, ich habe auch schon HPL mit Gegenzug verarbeitet, das hat sich gebogen wie eine Schüssel.

Hier kannst du nur probieren, das sicherste ist die beidseitige Beschichtung mit gleichem! Material.
 

Sägenbremser

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Hallo Uli

ist ja in einem Forum mit Heimanwendern etwas
"gefährlich" wenn der Profi solch persönliche Ansicht
zu einem doch sehr verbreiteten Werkstoff kund tut.

Bei den Mengen HPL die jeden Tag auf wechselndem
Trägermaterial durch die Furnierpressen laufen, wäre
diese unbestimmbare Aussage wirtschaftlich schon das
Ende dieses stabilen, anwenderfreundlichen Materials.

Die Ursache für Verformungen bei beidseitiger Belegung
mit HPL Werkstoffen wird wohl nicht im homogenen und
sehr gut messbaren Werkstoff selber liegen, eher sind da
der Wasseranteil im Leim, Temperaturdifferenzen in der
Pressenführung und Fehler in der Nachkonditionierung,
für diese Verformung des Verbundelements verantwortlich.

Gemessen an den schwerer kontrollierbarer Materialien
wie Holzfurnier, Linoleum, Leder und Papieren ist gerade
die Verlässlichkeit von HPL einer der besten Eigenschaften
die ich immer von dem Werkstoff erwarten konnte. Denke
das ich in 40 Jahren Tischlerleben schon deutlich mehr als
ein Fussballfeld von diesem Material verkleben mußte und
die marginalen Fehlerpartien waren fast immer den oben
angeführten, fehlerhaften Parametern anzulasten gewesen.

Bleiben tut dabei aber immer der materialgerechte Umgang
mit der Trägerplatte, aus der müssen freies Wasser und die
Wärme möglichst gleichmässig abgeführt werden können.

Gruss Harald
 

uli2003

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Hallo Harald,
das ist keine persönliche Ansicht :emoji_slight_smile:
Ich bin ja nun auch nicht mehr der jüngste, hab aber erst 35 Tischlerjahre auf dem Buckel :emoji_wink:
Hast du schon einmal eine gerade Arbeitsplatte gesehen?
Ich habe schon viel krummes HPL gesehen, von Schranktüren mit einseitig 1mm HPL, die mit mitgeliefertem 0,7ner Gegenzug völlig rund wurden, dies mit 1mm Gegenzug wiederholten, und erst beim Belegen mit dem gleichen Material gerade blieben..
Über Metall-HPL das nur ohne Gegenzug gerade blieb.

Immer erfolgreich ist - beide Seiten gleich.

Grüße
Uli
 

Sägenbremser

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Hallo Uli

das wir das in den letzten Jahrzehnten wie auch immer
und mit wechselndem Erfolg so durchgeführt haben war
nicht unbedingt mein Grundanliegen. Mehr fand ich deine
Aussage etwas "salopp" für diesen bewährten Werkstoff.

Auch wenn es kaum in diesem Forenteil wirklich noch rein
passen würde, ich habe da deutlich andere Erfahrungen mit
diesem Werkstoff sammeln können.

Eher finde ich es interessanter wie der Fragesteller das jetzt
in der für ihn praktikableren Form weiterführen möchte.

Liebe Grüsse, Harald
 

ölfisch

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Denke
das ich in 40 Jahren Tischlerleben schon deutlich mehr als
ein Fussballfeld von diesem Material verkleben mußte und
die marginalen Fehlerpartien waren fast immer den oben
angeführten, fehlerhaften Parametern anzulasten gewesen.

Das ist ein wirklich schönes Bild. Seit einigen Jahren gibt es das ja auch in Fotoprint "Wiese" – wenn ich mich richtig erinnere.

Was allerdings noch überbaut nicht zur Sprache kam war: wie grade muss es denn sein?

Jan hat ja nur geschrieben das er es für Korpen nutzen möchte. Wie sehen die denn aus?
Vater des Gedanken ist hier: "So grade wie nötig" nicht "so grade wie möglich".

Und zu dem verbiegen und der Zeit: Sofern die Korpen verleimt werden hat noch keine Zwinge gegen eine geschüsselte Platte verloren.

Gruß M.
 

tirogast_2018

Gäste
@ Harald:
Deine Aussagen zu diesem Thema mögen zwar an sich fallweise richtig sein,
sorgen aber für unnötige Verwirrung bei einem Laien.
Ist ja schön wenn du uns Absatzweise deine langjährige Erfahrung mitteilst,
aber ein guter Rat an den Laien lautet hier für mich die gängige Praxis
mitzuteilen, und die lautet nun mal beidseitig beschichten, mit möglichst
gleichem Werkstoff.
 
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