Gültigkeit VDE-Vorschriften

odul

ww-robinie
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Salu,

wir hatten ja schon öfters Diskussionen zum Thema Strom. Da heißt es dann gleich immer: darf man nicht, geht nicht...

Jetzt ist die VDE ist ja keine staatliche Stelle. Und ihre "Schriftstücke" kann man noch nicht mal einsehen, die verkaufen die für teuer Geld.

Wie und in welcher Form erlangen die wo welche Rechtskraft? Und was ist wohl am ehesten verbindlich in einem Privathaus?

Ich habe deswegen mal bei meinem Energieversorger angerufen. Wurde 5mal weiterverbunden und außer Gestotter nix wirklich verwertbares erfahren.

Kann da jemand was fundiertes beitragen?
 

Komihaxu

ww-robinie
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Quelle:
https://www.elektrofachkraft.de/sicheres-arbeiten/vde-vorschriften-betrieb
Die einzige gesetzliche Vorschrift, die die VDE-Vorschriften, genauer gesagt die darin möglicherweise enthaltenen technischen Regeln nennt, ist § 49 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Hier wird eine gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik bei Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Elektrizität dann eingehalten worden sind, wenn die technischen Regeln des VDE e.V. eingehalten wurden. Diese gesetzliche Vermutung ist jedoch für sich betrachtet kein Anwendungsbefehl, sondern lediglich eine Beweislastregel.


Für denjenigen, der die VDE-Vorschriften eingehalten hat, spricht die Vermutung sorgfältigen und richtigen Handelns. Dies wird im Kontext strafrechtlicher Untersuchungen (§ 15 StG:emoji_sunglasses: sowie zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche (§ 276 BG:emoji_sunglasses: für die Feststellung schuldhaften Tuns oder Unterlassens von Bedeutung.

Auf deutsch:
Normen sind ein Mindeststandard - oft nichtmal ein sonderlich guter.
Wenn etwas passiert und kannst nachweisen, dass du nach Normen gebaut/gearbeitet hast, bist du erst mal fein raus. Beweislastumkehr.

Falls du nicht nach Norm baust und es passiert was, musst du nachweisen, dass das genauso gut (oder sogar besser) als Norm war. Das kann schwierig werden.
 

werists

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Wie und in welcher Form erlangen die wo welche Rechtskraft? Und was ist wohl am ehesten verbindlich in einem Privathaus?

1. Per Vertrag, denn die TAB (Technischen Anschlussbedingungen) des EVU sind Bestandteil des Versorgungsvertrags.

2. Durch die gängige Rechtssprechung. Die VDE wird als Stand der Technik angesehen und somit ist im Streitfall günstig sich darauf beziehen zu können. VDE oder andere Norm nicht eingehalten bedeutet selbst nachweisen zu müssen, dass das kein Problem verursacht.
 

odul

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Erst mal danke für eure Hilfe. Bei meiner Sucherei bin ich immer auf irgendwelchen kostenpflichtigen Artikeln aus Fachzeitschriften gelandet.

Habe einiges mal quer gecheckt. Ziemlich viel juristisches Geschwurbel und auch konträr (wohl auch abhängig von der Interessenlage des jeweiligen Autors).
 

seschmi

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Nach Gesetz gelten erst einmal ganz grundsätzlich Verträge, und der Grundsatz, dass ein Produkt oder Gewerk mängelfrei sein muss.

Erstens gilt, wie gesagt, der Anschlussvertrag des Energieversorgers. Der ist zwar kein Gesetz, aber wenn Du den nicht einhältst, kann der Energieversorger den Anschluss kappen. Dann kannst Du nur selbst erzeugten Strom in Deinem nicht VDE-Netz nutzen - meist eher frustrierend.

Zweitens die Sache mit dem „anerkannten Regeln der Technik“. So lange Du die einhältst (und das dokumentiert ist) geht ein Gericht erstmal davon aus, dass die Anlage in Ordnung ist, bis die Gegenseite (zB die Brandversicherung) das Gegenteil beweist, was meist nicht gelingt.

Entspricht Deine Anlage, dein Bauwerk oder sonst etwas nicht den „anerkannten Regeln der Technik“, musst Du beweisen, dass Du den Schaden nicht verursacht hast - meist schwierig, oft unmöglich.

Was genau die „anerkannten Regeln der Technik“ sind, entscheidet im Zweifel das Gericht. Allerdings sind dabei Normen und Richtlinien der Verbände meist die erste Wahl.

Ein Beispiel: Wenn Du jetzt ein selbst erfundenes 732 Volt - Vierphasen-Netz bei Dir zu Hause aufbaust, und die Hütte brennt ab, bist Du so lange schuld, bis Du hieb- und stichfest bewiesen hast, dass Du es nicht bist. Doof.

Wenn Dein Netz VDE-konform aufgebaut wurde (und das hoffentlich belegbar ist), und die Bude brennt ab, kannst Du einfach sagen: „An mir lag‘s nicht“ und bist aus dem Schneider. Im Notfall werden sich auch genug Gutachter finden, die beschwören, dass die VDE-Normen den anerkannten Stand der Technik darstellen und alles so richtig und sicher ist…
 

Martin45

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Jetzt ist die VDE ist ja keine staatliche Stelle. Und ihre "Schriftstücke" kann man noch nicht mal einsehen, die verkaufen die für teuer Geld.
BTW: Auch DIN-Normen, egal für was, werden nur für (teuer) Geld verkauft.

Anderes Beispiel bzw. Geltung, aber kein Gesetz: Die Berufsgenossenschaft/DGUV ist auch keine staatliche Behörde, wenn die aber was zum Arbeitsschutz vorschreiben ist das sozusagen "Gesetz".

Das ganze System in Deutschland ist wie eine Pyramide aufgebaut. Oben EU-Gesetze, dann Deutschland mit grundlegenden Gesetzen, wie das Arbeitsschutzgesetz, was natürlich noch recht "allgemein" gehalten ist, weil es ja für alle und jede Form von Arbeit gelten muss. Je weiter man in der Pyramide man nach unten kommt, je breiter, also vielfältiger und damit detaillierter auf einen konkreten Fall wird sie.
Man sieht es ganz gut hier:
https://www.ergo-online.de/fileadmi...Ebersicht_Arbeitsschutzrecht-1_97499cbded.png
Dort steht übrigens auch die VDE mit drin, um sich konkret auf deine ursprüngliche Frage zu beziehen.
Und nochmal der komplette Link, woher das Bild stammt und wo noch einige Erläuterungen vermutlich sind:
https://www.ergo-online.de/arbeitss...sschutzrecht/hierarchie-der-rechtsgrundlagen/

In deinem Fall koppelst du dein Hausnetz an das Netz des Energieversorgers, der die Stromleitung vor deiner Tür bereit stellt, also darf er dir auch vorschreiben, was er an sein Netz angeschlossen "duldet" und was er nicht duldet, d.h. er tut natürlich gut daran sich auch an den Stand der Technik zu halten, aber wenn er meint noch irgendwas besonderes darüber hinaus einzufordern, dann kann er das von dir verlagen.
 
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