Fahrwerk Eigenbau für Hobelmaschine (JET)

willyy

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Hallo Holz-Gemeinde,

für meine neue Hobelmaschine brauche ich ein Fahrwerk, weil die Maschine nur zum Gebrauch vorgeholt wird und dann wieder in die Parkposition zurück muß. Meine Konstruktion könnte für mehrere Leute und Maschinen interessant sein, deshalb stelle ich das vor.

Es gab hier schon einige Fahrwerke, aber ich habe spezielle Anforderungen.
Deshalb ein paar Gedanken dazu vorab:

==== Grundgedanken ====

Die einfachste Methode, vier Lenkrollen unter ein Brett zu schrauben und die Maschine drauf zu stellen, wollte ich nicht machen.
Einer der möglichen Parkplätze ist vor der Kreissäge, aber damit das sinnvoll ist, müssen die Tische der Hobelmaschine unterhalb des Tisches der Kreissäge bleiben. Mit dem Brett auf Rollen kommt die Maschine mind. 10 cm höher, was für mich unbrauchbar ist.

Eigentlich bin ich auch ein Fan davon, wenn die Maschine im Gebrauch auf ihren eigenen Füßen steht und nur zum Fahren angehoben wird.
An einem Hebemechanismus habe ich lange hinüberlegt, was mir dann letztlich doch zu aufwendig war.
Man hätte dieselbe Lösung wie bei meiner Kreissäge machen können, wo man alle 4 Rollen einzeln runter dreht,
aber die Hobelmaschine bewege ich wesentlich öfter, so dass das ein wirklich alltagstauglicher und praktischer Mechanismus werden muß. So viel Kurbelarbeit wollte ich hier nicht haben.
Die Kreissäge habe ich in den letzten 3 Jahren 2x im Raum gedreht. Dafür ist das OK.

Letztlich bin ich dann zu einer Konstruktion gekommen, die flexibel ist, anpassbar und auch für andere interessant sein könnte.
Beim Aussuchen der Rollen habe ich den Fokus darauf gelegt, drehbare Rollen zu finden, deren Durchmesser möglichst groß ist,
damit ich die Maschine zur Not auch mal in den Nachbarraum fahren kann. Eine Schwelle mit ein paar mm spürt man wesentlich weniger, wenn die Rolle groß ist.
Gleichzeitig sollte die Rolle bzgl. Bauhöhe möglichst gut unter bzw. zur Maschine passen.

+ + + + Höhenausgleich + + + +
Das besondere an dem Aufbau ist, dass man mit geeignetem Unterlegen an zwei Stellen die Maschine höher oder tiefer legen kann. Oder anders herum, bei einer Sollhöhe der Maschine kann man nahezu beliebige Rollen verwenden. Dazu gibt es am Ende noch ein Bild.

==== Die Rollen ====
Gefunden habe ich dann diese 65 mm Rollen bei lenkrollenshop.
https://www.lenkrollenshop.de/nylon-schwerlast-lenkrolle-65-mm-zny4-65.html

Erst beim Auspacken ist mir dann aufgefallen, dass die Rollen mit der Bremse nur die Rolle selber blockieren und nicht den Drehkranz. Ich wußte vorher gar nicht, dass es das gibt, weil bisher alle gebremsten Rollen immer beides blockiert haben.

Außerdem ist mir aufgefallen, dass der Kunststoff, aus dem die Rollen sind ziemlich hart ist. Für die Maximalbelastung von 500 kg ist das auch sinnvoll. Als "normale, bekannte" Rollen gibt es einmal die weißen, harten Polyamidrollen und einmal die grauen, weichen, die meist als Geräte oder Apparaterolle bezeichnet wird.
Wenn man diese beiden als Extreme auf einer Skala von 1 bis 10 annimmt, wäre meine Rolle etwa bei 7-8, wenn die harte Rolle bei 10 liegt.

Wegen dieser beiden Eigenschaften, harte Rolle und nicht blockierter Drehkranz bin ich etwas am Zweifeln, ob das am Ende so gut funktioniert wie gedacht.
Ich sage deshalb explizit dazu, dass das ein erster Versuch damit wird, und ich berichte dann, wie gut das geht.
Wie oben beschrieben hat man die Möglichkeit die Höhe zustellen und auf andere Rollen zu wechseln.

===== Konstruktion =====
Für die Konstruktion werden nur Standard Aluprofile, Winkel und 2 Blechstreifen verwendet. Was man als Profil verwendet ist egal, wenn es stabil genug ist.
Es gibt die beiden "großen" Profilarten Item und Bosch, die sich minimal unterscheiden. Beim Kauf der Nutmuttern, Winkel und Zubehörteilen muß man im selben System bleiben.
Als Größe dachte ich, dass 30x60 als Querschnitt reichen muß. Bei Item gibt es auch einen Belastungsrechner, der mir das Bauchgefühl bestätigt hat.
Bei Item gibt es auch die schwere Ausführung, die von der Querschnittzeichnung mehr Fleisch hat als die Bosch. Deshalb war mir das sympathischer als Boshc und ich bin auf die Schwerlast Profile von Item gegangen:
https://aluprofile24.de/?cat=c32_Profil-Nut-6I-Aluprofile-Nut-6I--Aluminiumprofil-30x30-Nut-6.html

Die 30 mm Serie von Bosch hat Nuten für 8 mm Schrauben, die Item 30 mm Serie hat Nuten für 6er Schrauben.
Bestellt habe ich 2 lange Stangen mit 90 cm und 3 Querstreben mit 22 cm und die Doppelwinkel dazu.

1_Querstreben schneiden.jpg

2_Item_Querschnitt_Last.jpg

Die Querstreben haben Nennmaß und ich habe sie noch um 4 mm gekürzt, so dass ich links und rechts 2 mm Spiel habe.
Im BIld 2 sieht man das Profil nach dem Schnitt.

3_Zusammenbau.jpg

Beim ersten Zusammenbauen diente mein Zyklonsauger Schrank als dankbarer Tisch in der Garage. Die Winkel sind noch nicht festgeschraubt, sondern noch verschiebbar.
Die Muttern werden ausgerichtet und dann konnte man alles zusammen drauf setzen und die Schrauben eindrehen.

4_Muttern ausrichten.jpg

Beim festziehen habe ich mit einer Hand die Streben zum Profil gedrückt und mit der anderen die Schrauben angezogen. Trotzdem muß man höllisch auf Spalte aufpassen und mehrmals kontrollieren.

5_Spalte kontrollieren.jpg

6_Splate Kontrolle.jpg

Dann gehts ans Probeliegen in Bild 7+8

7_Probeliegen rechts.jpg
8_Probeliegen inks.jpg

Die Profile sind auf 87 cm abgelängt, so dass die Rollen knapp am Maschinenkörper vorbei gehen. Man könnte die auch auf den 90 cm belassen.

Dann kommt Vorbohren und bohren der Schraubpunkte für die Befestigung auf den Profilen. Mit einem Tropfen Bohröl geht das ganz gut.
Angezeichnet ist mit einem permanenten superfeinen Staedtler Lumocolor.
Die Metaller mögen es mir verzeihen, aber die Eisenspäne mit Öl mag ich in der Haus- und Holzwerkstatt gar nicht. Das Entfernen war mit den Finger kein Spaß.
Deshalb habe ich noch zwischendurch einen Magnetheber gebaut. Das hatte ich schon lange mal vor. Der Ringmagnet war schon länger gekauft, das Plastikrohr auch.

9_Vorbohren.jpg

10_Magnetheber.jpg

11_Bleche_gebohrt.jpg

Dann werden die Bleche mit Alkohol abgerieben und per Spraydose grundiert.

12_Bleche grundiert.jpg

Mit einer kleinen 6 cm Rolle werden die Bleche dann mit Hammerite Lack lackiert.

13_Bleche lackiert.jpg

Hier erkennt man die typische Hammerite Oberfläche. Glatter wird das nie.

14_Hammerite Lack.jpg
 

willyy

ww-robinie
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Die Rollen heben die Maschine rechnerisch 2-3 mm an. Das ist mir ein bissl knapp, deshalb kommen noch 3 mm Bleche über die Rollen.
Die werden hier noch zurecht gebohrt. Die Ecken sind rund gefeilt.
15_Alublech.jpg
16_Alubleche bohren.jpg

Bevor man alles zusammenbauen kann fehlen noch Aussparungen an den Profilen. Beim Drehen würden die Bremshebel mit dem Profil kollidieren. Die Rollen sind knapp ans Profil gesetzt, damit sie nicht zu weit von der Maschine weg sind und mir im Weg stehen.

Nach 9 cm Sägeweg mit der Bügelsäge ist Schluß und man muß das Sägeblatt drehen. Das ginge einfach, wenn der hintere Zapfen auch einfach zum Rausnehmen gedacht wäre.
Bei mir ist der scheinbar absichtlich gestaucht gewesen und ich mußte ihn mit einem Durchschlag überreden, dass er mal kurz die Freiheit genießen soll.

17_Zapfen Bügelsäge.jpg

18_Bilderhaken_Säge.jpg

Mit einem Bilderhaken als Zwischenlösung kann dann entspannt mit gedrehtem Blatt weitersägen.

19_Profile aussägen.jpg

Dann noch zwei Bilder, dass sich mein Eisenschraubstock und die Aufsatzwerkbank bisher nicht gegenseitig stören.

20_Profile feilen.jpg
21_Profile feilen.jpg

Im Gegenteil, man benutzt abwechselnd das was besser paßt. Der Schraubstock geht nach hinten auf, die Vorderzange nach vorne.
Zwischen der festen vorderen Schraubstockbacke und der Schürze der Aufsatzwerkbank sind ca. 7 cm Platz, so dass das für vieles reicht.

Ich habe dann nochmal überlegt und mich entschlossen, alles zu zerlegen und alle Schrauben mit einer lösbaren Schraubensicherung nochmal zu verschrauben.
Das geht auch ganz gut, man kann alle Schrauben durch die Winkel stecken und dann in einem Rutsch an jede einen Tropfen geben.
22_Schraubensicherung.jpg

Das fast fertig aufgebaute Fahrgestell, wieder auf dem Zyklonsauger. Das war insofern praktisch, weil ich die Rollen an die Bleche vormontiert hatte und die Rollen dann frei sind, wenn man die Bleche auflegt und die Muttern dazu ausrichtet und verschraubt.

23_fertig.jpg

24_Rolle_Profil.jpg
25_Profilende.jpg

Auf Bild 25 sieht man nochmal, wie man ausgleichen kann. Die Maschine liegt auf der Oberkante der Profile auf. Wenn man auf den Rollen unterlegt, kommt die Maschine höher. Wenn man zwischen weißem Blech und Profil unterlegt, kommt die Maschine tiefer. Das bedingt passend längere Schrauben, versteht sich. Der Drehbereich der Rollen, der sich mit den Profilen stört wird dann größer, weil die Profile tiefer liegen.

Dann noch eine letzte Überlegung: Wenn die Maschine auf Metall aufliegt, dann könnte ich mir vorstellen, dass es vibrieren kann und ein Geräusch oder ein Klappern im Betrieb gibt.
Außerdem ergibt Metall auf Metall keine gute Reibung und die Maschine könnte beim schieben auf dem Gestell rutschen.
Deshalb habe ich mit Pattex noch dünnes Leder aufgeklebt. Die Endpositionen des Maschinenkörpers hatte ich beim Probeliegen schon markiert.

26_Leder.jpg

27_mit Maschine.jpg

Hier ist das Endprodukt. Die Tische sind noch nicht montiert. Die Maschine hat aktuell 6 mm Bodenfreiheit.
Die weißen Bleche mit den Rollen stehen um 2,5 cm vor der Maschinenfront raus. Ob mich das später stört, werden wir sehen.
 

moriko

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Hallo Thomas,

habe ich es überlesen…? Willst Du nun auf Rollen hobeln oder das Fahrgestell entlasten?

Eigentlich bin ich auch ein Fan davon, wenn die Maschine im Gebrauch auf ihren eigenen Füßen steht und nur zum Fahren angehoben wird.

Gruss Marco
 

willyy

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Hallo Marco,

die bleibt jetzt auf dem Fahrwerk stehen und zum Hobeln mache ich die Bremsen rein. So wie bei den anderen Fahrwerken (Brett auf 100 mm Lenkrollen) , nur mit dem Vorteil für mich, dass sie tiefer steht.
 

Martin45

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Ich finde du hast da eine sehr saubere Arbeit abgeliefert. Sowas ist ja mit Heimwerkermitteln auch nicht immer ganz einfach oder selbstverständlich.
 

willyy

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eine sehr saubere Arbeit abgeliefert.
danke Martin, aber ehrlich gesagt war das nicht schlimm und geht nicht auf meine Kappe.
Die "Bleche" sind 5 mm dick und die habe ich auf Maß bestellt. Die waren Laser geschnitten. Meine Möglichkeiten zu Hause Metall zu bearbeiten sind recht beschränkt, deshalb auch die Profile.
Meine Arbeit war Löcher anzeichnen, bohren, senken, lackieren. Die Profile kann ich auf der Kreissäge zuschneiden.

Gerade weil evtl. auch andere keine gescheite Metallbearbeitung machen können, habe ich das hier vorgestellt.
 

bello

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Hallo,

das scheint mir eine gute Lösung. Ich habe kürzlich unter meine ADH ein Holzmann Standardfahrgestell untergesetzt und dann gleich festgestellt, dass das unvorteilhaft in einer kleinen Werkstatt ist. Dort müssen alle vier Rollen drehbar sein.
 
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