Färben von Rattangeflecht

derdad

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Wien/österreich
Hallo Forenfreunde
Eine Forennutzerin hat mich per PN gefragt wie sie ein Rattangeflecht am besten färben kann. Ich habe hier meine Erfahrungen und meine Methode zusammengefasst, da es vlt auch für and3re interessant ist.
Rattan zu färben ist etwas tricky, wie du bereits festgestellt hast. Die dünne, nur wenige zehntel mm dicke Schale ist hart und dicht und nimmt kaum Farbe auf. Der Kern der Rattanstangen ist hingegen sehr offenporig und saugt die Farbe förmlich auf. Die Schale ist die Glanzseite, der Kern die rauhe Seite von Sesselflechtrohr. Also hat man bei einer Stuhlrückenlehne die Schale auf der Sichtseite und die Ke4nseite am Rücken.
Wenn man normale Holzbeize nimmt wird die rauhe Seite immer viel dunkler als die Glanzseite. Die Rispen (die kleinen Unterbrechungen auf der Glanzeite) werden auch dunkel. Mit Wasserbeize hab ich die schlechtesten Ergebnisse erzielt. Spiritusbeizen und Lösungsmittelsbeizen (Spritzbeizen) sind besser.
Nach vielen, vielen Versuchen, und Erfahrung aus Tischlerei und Hobbymalerei, kam ich auf die Idee sehr verdünnte Acrylfarbe zu verwenden. Die gleichen Farben die man in jedem Mal- und Hobbygeschäft, und Baumärkten bekommt. Die Farben dringen weniger ein und haften auf der Oberfläche. Dadurch bekommt man bei Glanzseite und rauher Seite auch den gleichen Farbton und Helligkeit.
Den entsprechenden Farbton gibt es aber nicht aus der Tube, sondern man muss die Farbe zusammenmischen. Umbra natur, Umbra gebrannt, Siena Natur, Siena gebrannt, lichter Ocker, und irgend ein gebrochenes Weiss, sind die Farben, die ich am meisten brauche. Für ein, zwei Flächen tut es eine kleine Schachtel für "Hobby Picassos" um €5,- im Bastelladen. (die Farbbezeichnungen sind evtl dann etwas anders)
Die Farbe lässt sich am besten mischen wenn man nur wenig Wasser nimmt. Die Konsistenz soll die von "Eierlikör" sein. Zum eigentlichen Auftrag verdünne ich die Farbe zu einer Konsistenz von einer Melange (Milchkaffe), oder altem Port.
Mit einem relativ steifen, breiten Pinsel (1½' bis 2'. 40 bis 50mm) trage ich die Farbe gleichmäßig und dünn auf. Zuerst die Rückseite fertig machen, dann die Glanzseite. Das geht in einem Durchgang. Großflächig arbeiten. Am Schluss beim Verschlichten zwischen die Fäden die Farbe einarbeiten. Wenn die Farbe beginnt zu trocknen ist Schluss, sonst bekommt man eine fleckig Fläche.
Beim ersten Auftrag eher zu dünn/hell auftragen, als gleich die fertige Fläche haben wollen. Zwischen den einzelnen Aufträgen warte ich immer mindestens über Nacht.
Als Abschluss kommen bei mir noch dünne Schichten Acryl Klarlack (ich hab den Fussbodenlack von Bona).
Dies ist gedacht um die Abriebfestigkeit und den Glanz zu erhöhen. Auf der Rückseite gebe ich 1 Auftrag. Auf der Glanzschicht 2x. Denn Lack verdünnen ich beinahe mit der Hälfte mit Wasser.
Beim 1. Auftrag "lege" ich den Lack nur ganz dünn auf. 1 Pinselstrich neben den nächsten. Nach dem Trocknen (15 min reicht in der Regel), ist die Fläche fixiert und der 2. Auftrag ist kein Problem.
Durch die Oberflächenspannung des Klarlacks kann es sein, dass manche 8eck Löcher mit einem Lackfilm überspannt werden, deshalb blase ich die ganze Fläche mit einem normalen Haarföhn heiß ab.
Noch zur Vorbereitung: Ich klebe die Flächen rundherum mit Abdeckband ab (bei heiklen Oberflächen das rosa Qbdeckband von Tesa). Dadurch kann ich großzügig und rasch arbeiten. Acrylfarbe lässt sich nach dem Trocknen nur mehr schwierig entfernen.
Manche Kollegen arbeiten auch mit KH-Lacken. Das hat zwar den Vorteil, dass der Lack glänzend ist und man ihn auch wieder vom Holzrahmen abwischen kann, macht stört jedoch die lange Trocknungszeit und der Geruch.
Bitte das ganze Prozedere auf einem Probegeflecht ausprobieren. Speziell die Farbe. Man hat mit dem Färben schnell ein schönes Geflecht irreperabel versaut.
Im allgemeinen rate ich den Kunden vom Färben von Rattangeflechten ab, da dadurch die "Atmung", der Feuchteaustausch mit der Umgebung, unterbunden wird und sich die Lebenszeit dadurch verkürzt.
Färben mit pigmentierten Ölen hab ich noch nicht getestet. Es ist immer die harte, nicht saugende Schale das Problem.
Ich hoffe meine Erläuterungen waren verständlich und wünsche viel Erfolg.
Gerhard
 
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