Entlohnungsmodelle im Schreinerhandwerk

checker-bert

ww-ahorn
Registriert
4. Januar 2004
Beiträge
113
Ort
Chiemsee
tag zusammen,


in letzter Zeit beschäftige ich mich als Arbeitgeber mehr und mehr mit motivierenderen Entlohnungsmodellen. Ich möchte aus den Arbeitnehmern kleine "Unternehmer" machen, -Menschen schaffen, die zielorientiert arbeiten. Mir fällt auf, dass dies sogar nicht mehr in der Gesellschaft verankert ist. Gleichzeitig bin ich außerdem der Meinung dass für eine mitdenkenden und eingearbeiteten Facharbeiter die 20.-€ Marke irgendwo greifbar werden muss. Hinz und Kunz bekommt das bei der Industrie und so ganz nebenbei kostet auch Fluktuation nicht nur Geld, sondern obendrein auch noch Zeit und Nerven, nicht selten zu Lasten der Qualität.
Im Grunde möchte ich zwei Faktoren neben einem Grundlohn in die Berechnung einfließen lassen: Grundlage kann der gesetzliche Mindestlohn sein. Diesen dann mit einem Faktor zu den prod. Stunden multipliziert (das ergibt selbst im schlechtesten Fall schon mal den Tarif) und dann obendrein noch eine Umsatzbeteiligung. Ziel ist es, einen Bruttojahresverdienst von 40Tsd. Euro wenigstens in Aussicht stellen zu können. Und je nach dem wie sehr der Mitarbeiter "mitmacht" dieses Ziel auch greifbar zu machen. Zur Info: der Tarif liegt bei uns derzeit bei einem Jahresbrutto von 31724.-€. Es wird schwierig sein, mit all den heute notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten die ein Schreiner heute zu leisten hat auf Dauer geeignetes Personal zu finden. Nicht weil man damit verhungern müsste sondern eben vielmehr der Tatsache geschuldet, dass es in anderen Branchen mit mehr Gemütlichkeit das Geld schlichtweg leichter verdient sein dürfte.

Was haltet ihr davon und welche anderweitigen Entlohnungsformen kennt ihr aus eurer Praxis? Bitte auch eine Info ob ihr Arbeitnehmer oder Arbeitgeber seid.
danke
 

flo20xe

ww-robinie
Registriert
8. Dezember 2006
Beiträge
1.731
Alter
43
Ort
Oberbayern
Ich (Arbeitgeber) sehe das grundsätzlich genau so wie du, und stelle mir solche Überlegungen auch schon seit längerer Zeit.

Für die Anforderungen die heute an einen gut qualifizierten MA gestellt werden muss dieser, so er sie auch erfüllen kann, auch entsprechend entlohnt werden.

Insofern finde ich deinen Ansatz schon ganz gut, allerdings finde ich, gerade in unserer Region muss der Tariflohn zwingend die Mindestgrundlage darstellen.

Die Idee mit der Umsatzbeteiligung finde ich auch gut. Die Frage ist halt, wie lässt sich sowas sinnvoll abwicke

Grundsätzlich liegt das Problem imho auch darin, dass der am Markt durchsetzbare Stundensatz generell einfach nicht hoch genug ist. Da müssten halt alle mal an einem Strang ziehen......
 

Ebil

ww-fichte
Registriert
27. Juni 2015
Beiträge
21
Ich bin AN aus einer anderen Branche kenne mich aber natürlich mit meiner Gehaltszusammensetzung aus. Da du ja weiter weg vom alten modell denkst kann ich dir mal sagen wie es bei uns ist.
Das monatliche Gehalt setzt sich aus Grundgehalt + Leistungszuschlag zusammen.
Es wird sich 1-2 mal im jahr mit dem Chef zusammengesetzt und der AN wird bewertet, hardskills, softskills usw. Je nachdem wie gut man bewertet wird gibt es einen Leistungszuschlag aufs Grundgehalt.
Zusätzlich gibt es eine Umsatzprämie die sich am Umsatz (abzüglich steigender kosten) des unternehmens orientiert (ist klar =D).

Speziell der Leistungszuschlag ist glaub ich für dich nicht schlecht.
- Motiviert AN
- Kann Produktivität steigern
- mehr Zufriedenheit
- Der AN hat die möglichkeit ein von dir gesetztes gehaltsziel (40k) zu erreichen.
 

Holzfummler

ww-robinie
Registriert
16. Januar 2013
Beiträge
1.957
Ort
Berlin
Hi,
ich AN seit rd 30 Jahre und im QM unterwegs bekomme Leistungszulage etc. Fühle mich aber nicht als Unternehmer. Warum: bin im großen Konzern, habe aber keine Steuerungsmöglichkeiten, bin nur "Indianer" und Aufgaben- und Terminempfänger.

Mehr Geld ist nur ein kurzer Motivator. Frag mal deine Mitarbeiter, was sie auf Arbeit anders machen würden und warum. Vielleicht will der eine, dass man seine Vorschläge berücksichtigt, der andere flexible Arbeitszeiten, der nächste eine zusätzliche Qualifikation. Geld ist ein Gleichmacher, vielleicht will der eine oder andere es nicht oder in anderer Form. Vielleicht so, dass die Steuer nicht gleich 50 Prozent davon frisst.

Willst du "Unternehmer" dann lass sie unternehmen, nur, wie willst du dich positionieren? Setze den Rahmen, flexible aber deutliche Grenzen. Kommuniziere mit deinen Mitarbeitern. Wenn du ein Team brauchst, dann bilde eine Team und feiere gemeinsam die Erfolge, auch mit Boni-Zahlungen.

Ist ein großer Gebiet, da kann man Vieles falsch machen und ist schnell enttäuscht.
Gruß
Thomas
 

ministry

ww-robinie
Registriert
15. März 2013
Beiträge
955
Ort
Gera
ich möchte mal eine ganz andere Sichtweise einbringen ...

habe Soziologie studiert, Zwischenprüfungshausarbeit zum Thema "Subjektivierung von Arbeit".
Das ist genau das, worum es hier geht.

Arbeitskraftunternehmertum hat nicht nur positive Auswirkungen.
Diese Entgrenzung der Arbeit hat natürlich einerseits die Möglichkeit, MA zu motivieren, andererseits baut es natürlich Druck auf, der sich nicht unbedingt positiv auswirken muss.

der Begriff "Subjektivierung" wurde übrigens von Baethge 1998 geprägt, Mode ist es auch seit dieser Zeit.

Es ist ein zweischneidiges Schwert, mit dem sehr verantwortungsvoll umgegangen werden muss, sonst geht es nach hinten los.
 
Oben Unten