Biesemeyer oder nicht - das ist hier die Frage.

RockinHorse

Gäste
Eine in den USA beliebte Art des Parallelanschlages ist der sogenannte "Biesemeyer-Fence". Nun hat mich ein User innerhalb eines anderen Themas auf diese Variante hingewiesen. Für den Selbstbau und unter bestimmten Voraussetzungen ist diese Variante sicher eine gute Idee. Nun hab' ich mich aber gegen diese Variante entschieden. Meine Wahl fiel auf eine Lösung basierend auf einer klassischen Grundidee: die Führung mittels eines Rundprofils.

Ursprünglich hatte ich selbst den Biesemeyer-Fence angepeilt und hatte mir einige Bookmarks auf verschiedene Internet-Publikationen gelegt. Es gab hernach einige Gründe, warum ich mich gegen das Biesemeyer-Prinzip entschieden habe.

Einer der gewichtigsten Gründe gegen Biesemeyer bestand in der latenten Unsicherheit, die Parallelität über die gesamte Länge der Führung auch garantieren zu können. Eine blanke gezogene Welle hat nach der Herstellung von sich aus weniger Abweichungen von der idealen Linie als ein 4-kant-Rohr, egal in welcher Machart dieses gefertigt wurde.

Die exakte Führung durch eine Welle mit den entsprechenden Lagern, die auch während des Einstellvorgangs mit geöffneter Klemmung vorliegt ist, ein weitere Pluspunkt auf der Pro-Liste.
 

tract

ww-robinie
Registriert
25. Oktober 2010
Beiträge
1.770
Einer der gewichtigsten Gründe gegen Biesemeyer bestand in der latenten Unsicherheit, die Parallelität über die gesamte Länge der Führung auch garantieren zu können. Eine blanke gezogene Welle hat nach der Herstellung von sich aus weniger Abweichungen von der idealen Linie als ein 4-kant-Rohr, egal in welcher Machart dieses gefertigt wurde.

dazu gibt es Lineale, mit denen man das sehr schnell vor Ort prüfen kann :emoji_wink:

Ein blankes Rundmaterial, welches in 3m-Stangen hergestellt wird, muß man ebenso auf mögliche Verformungen prüfen, da sowas ja mittels Kran (auf dem Weg vom Hersteller bis zum Kunden) hin und hergepackt wird.
Wenn man sicher gehen möchte, dann muß man geschliffenes Material verwenden.


In der Praxis sind die Abweichungen bei einem Rechteckrohr aber i.d.R. vollkommen irrelevant. Habe eben nochmal geprüft - Lineal auf Umschlag, bei 1m Länge geht nirgends die 0,1mm Fühlerlehre durch. Durch die Breite des Anschlags (bei mir ~ 300mm) relativiert sich das bei der Biesemeyerkonstruktion in der Summe ja zudem nochmals.
Wenn mir jemand erklärt, sowas müsse noch genauer für eine Säge sein, mit der man Holz sägen möchte, ............ :emoji_wink:


Der Knackpunkt ist eigentlich die Flexibilität des geklemmten Anschlags in der Weite.
Deshalb sind die Dimensionen bei hochwertigen Konstruktionen ohne hintere zus. Klemmung auch so massiv und auch recht breit (und selbst bei alten, recht massiven Maschinen findet sich eine zus. hintere Klemmung https://www.maschinensucher.de/bilderuploads/1826213-2.jpg )
Da die Biesemeyerkonstruktion zudem mittels Winkelstahl an die Maschine montiert wird, bietet die Idee in sich an dieser Stelle schon mal eine gute Voraussetzung für Stabilität.
Auch Kunststoff hat eigentlich nichts in dem Klemm-Mechanismus zu suchen, im Originalpatent drücken die Einstellschrauben auf angeschweißte Bleche
http://patentimages.storage.googleapis.com/pages/US4206910-2.png
 

RockinHorse

Gäste
In der Praxis sind die Abweichungen bei einem Rechteckrohr aber i.d.R. vollkommen irrelevant.

Ich verlass' mich da weniger auf gefühlte Abweichungen sondern viel mehr auf die genormten Toleranzen. Bei einem Vergleich der Qualitäten eines handelsüblichen Rechteckstahlrohrs nach EN10219 versus einem handelsüblichen Rundstahl nach DIN671/EN10278 erkennt man sehr schnell, wo die Ausssicht auf Erfolg die besseren Chancen hat.

Der Rundstahl nach DIN671/EN10278 liegt im Toleranzfeld h9, dem gegenüber verhält sich das oben genannte Rechteckstahlrohr so wie ein Feinmechaniker (Rundstahl) gegenüber einem Grobschmied (Rechteckstahlrohr). Bei dem hier in Betracht gezogenen Rundstahl handelt es sich noch nicht einmal um eine "geschliffene" Qualität, bei einem Durchmesser von 25 mm beträgt die zulässige Abweichung nach oben (NULL) Millimeter, die zulässige Abweichung nach unten ist auf -0,052 mm limitiert. Meine Welle, die ich verwende, hat eine h6-Qualität und somit eine zulässige Abweichung nach unten von -0,013 mm.

Die Qualitätsdaten eines Rechteckrohres nach EN10219:
  • Geradheit: 0,15% bezogen auf die Länge - bei einer Länge von 1m kann die mögliche Abweichung 1,5 mm von der Ideallinie betragen.
  • Rechwinkligkeit: +/- 1°
  • Wölbung der Seitenflächen: 0,8%, mindestens jedoch 0,5 mm
  • Toleranz der Wanddicke: +/- 10% bei Wanddicken < 5 mm
  • Abmessungstoleranz: +/- 1%, mindestens jedoch 0,5 mm
  • Verdrillung: +0,5mm/m

Bei diesen zulässigen Toleranzen beglückwünsche ich jeden, der eine Lieferung erhält, die mit besseren Daten aufwarten kann. Wenn die Grenzen voll ausgeschöpft sind, halte ich das Material für ungeeignet, es wäre aber nicht eimal ein Grund zur Reklamation.

Wohl bemerkt, beide Materialien sind handelsüblich, die für jeden Hobbyisten erreichbar sind.
 

tract

ww-robinie
Registriert
25. Oktober 2010
Beiträge
1.770
Der Rundstahl nach DIN671/EN10278 liegt im Toleranzfeld h9, dem gegenüber verhält sich das oben genannte Rechteckstahlrohr so wie ein Feinmechaniker (Rundstahl) gegenüber einem Grobschmied (Rechteckstahlrohr). Bei dem hier in Betracht gezogenen Rundstahl handelt es sich noch nicht einmal um eine "geschliffene" Qualität, bei einem Durchmesser von 25 mm beträgt die zulässige Abweichung nach oben (NULL) Millimeter, die zulässige Abweichung nach unten ist auf -0,052 mm limitiert. Meine Welle, die ich verwende, hat eine h6-Qualität und somit eine zulässige Abweichung nach unten von -0,013 mm.


huii - klingt gut, nur sind im Fall der Biesemeyer-Lösung die sog. Form- und Lagetoleranzen relevant, Passung ist egal.

Ob das Vierkantrohr 80,4mm oder 79,8mm misst, spielt keine Rolle. Es dürfte sogar an einer Seite kleiner sein als auf der anderen - solange die zur Säge gewandte Kante gerade ist und sich der Schlitten noch festklemmen läßt.

Geradheit:
0,15% bezogen auf die Länge - bei einer Länge von 1m kann die mögliche Abweichung 1,5 mm von der Ideallinie betragen.
Bei diesen zulässigen Toleranzen beglückwünsche ich jeden, der eine Lieferung erhält, die mit besseren Daten aufwarten kann.

ja ja, die schöne Theorie :emoji_wink:

Ich habe hier sogar warmgefertigtes Rohr verwendet, was noch schlechtere Toleranzen zuließe.

Aber weißt Du was toll an der Industrie ist? Die fertigen dermaßen gut, daß sie deutlich besser als die möglichen Toleranzen einer Normung sind. Weil sie die Sachen ja bestmöglich verkaufen möchten.


Schon mal mit Alu-Nutprofilen gearbeitet?
Nun, dann schau mal in den item-Katalog.
So ein 40er Nutprofil (als Beispiel) darf bis zu einer Länge von 1000mm in sich um 1mm verdreht und zugleich bei dieser Länge um 0,7mm durchgebogen sein. Außerdem in der Profilansicht um 0,4mm aus dem Winkel (also zu einer Raute). Dazu darf dann noch das Außenmaß 39,8mm bis 40,2mm betragen und die Nutlage ist auch nochmals mit +/- 0,2mm toleriert.

Deiner These nach beglückwünscht Du somit auch jeden, der Profile bekommt, die keine 'Banane' darstellen.
Meiner Erfahrung nach sind auch diese Profile doch schon so ein 'kleinwenig' besser als das was die Toleranzen zuließen.


Aber zurück zum Stahlrohr:
ich denke niemand der sich so einen Anschlag bauen möchte wird zum Stahlhandel gehen und eine ganze Stange kaufen. Weil die nämlich 6m lang sind. Somit ist der Gang zu einem örtlichen, metallverarbeitenden Betrieb naheliegender. Dort hat man normalerweise auch entsprechende Lineale. Also geht man hin, schildert was und wozu man braucht, zockelt mit einem Mitarbeiter und Lineal los, sucht was passendes heraus (und nicht das, wo schon 'zig mal mit dem Stapler rübergegurkt wurde), zahlt einige Euro und die Sache ist erledigt.
So wie man auch ein 'ordentliches' Kantholz kaufen würde: man sagt was und wozu man dieses braucht und kauft das dann und nicht das erste Holz was einem entgegenfällt.
 
Oben Unten