Biedermeier / Gründerzeitkommode

Tarbais

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Hallo zusammen,
ich konnte einer alten Kommode nicht widerstehen und möchte
sie restaurieren.
Da ich durch meine Recherchen öfters auf dieses Forum gestoßen bin, habe ich herausgefunden, dass hier doch einige erfahrene Restauratoren unterwegs sind und mir bei der Altersbestimmung behilflich sein könnten.
Bei antiken Möbeln bin ich doch noch etwas "Neuling".
Was mich etwas irritiert ist die Stärke des Furniers- etwa 1mm.
Anbei einige Bilder
(Die grässlichen Jugendstilbeschläge habe ich bereits entfernt)
zwei Schlösser scheinen original zu sein, die Stulpen sind noch aus Eisen (der Schlüssel passt zwar, gehört nicht dazu)
ich freue mich und bedanke mich im Voraus für eure Einschätzungen
DSC_0042.JPG DSC_0080.JPG DSC_0086.JPG DSC_0066.JPG DSC_0049.JPG DSC_0077.JPG DSC_0020.JPG DSC_0011.JPG
 

dascello

ww-robinie
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In meinen Augen neobarock, ca. 1860, Mahagoni, norddeutsch.

Schönes durchgehendes Furnierbild. Glückwunsch, muss aber ins Umfeld passen.

My two cents

Michael
 

welaloba

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Hallo, du zeigst die eingelaufenen Schienen - es gibt Zeitgenossen, die diese mit Autospachtel füllen, andere bauen sie aus und ergänzen das fehlende Holz mit Buche. Ausbauen kann schwierig sein, meistens gehts ohne Flurschaden. Die Streifleisten (neben den Schuladen sollten vorn und hinten etwas Luft haben, meist sind diese für gesprengte / gerissene Seitenflächen verantwortlich.
Was die Schilder angeht: Es könnten ursprünglich Lederschilder drauf gewesen sein, das gibt das Foto aber nicht wirklich her. Ein jüngeres (Junie) Schloss könnte Vorlage sein für ein weiteres, zu ergänzendes. Wenn du das Dornmaß nennst, schau ich in die Schublade, ob ich ein passendes finde.
Gruß - auch an Michael - Werner
PS: Michaels Einschätzung passt so.
 

Fletch

ww-kastanie
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Schönes Teil.
Tip: Den Schellack, wenn es geht, nicht schleifen sondern mit der Ziehklinge Vorsichtig abnehmen.
Die Gleitleisten werden ziemlich sicher nach hinten herausgehen, dazu muss natürlich die Rückwand raus (sehr gefinkelt). Evtl. Ablösungen des Furnieres mit Fischleim od. Knochenleim wieder anleimen. Hoffe ich konnte dir ein bisschen helfen.
 

Tarbais

ww-pappel
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vielen Dank für eure Einschätzungen,
Die Laufleisten möchte ich ausbauen und entweder Buche oder Eiche aufsetzen und bei den Schubladen werde ich das fehlende Holz wieder aufleimen.
(auf keinen Fall wird nur herumgespachtelt, wäre eine Schande für den Schrank)
Aber es wird bestimmt nicht einfach die Rückwand auszubauen, Der Rahmen ist mit Knochenleim und zusätzlich mit einigen dicken Nägeln befestigt. Doch die Füllung muss etwas nach oben geschoben werden und ein Schwundriss an der Seite muss auch wieder zusammengefügt werden.
DSC_0045.JPG
bei den Beschlägen habe ich mich für Horn entschieden, die Schilder werde ich mir selbst zurecht schnitzen, auch wenn es die bereits fertig zu kaufen gibt.
Ich weiß zwar nicht ob die Abdrücke unter den Jugendstilbeschlägen von den Originalschildern sind, aber die gefallen mir.
DSC_0008.JPG Unbenannt.PNGhornschild.PNG-001.jpg
Alle vier Schlösser funktionieren noch (hatte mir für die Funktionsprüfung der älteren Schlösser einen Rohling zurechtgefeilt), aber bei Einem der Älteren ist bereits ein Stück von dem Führungsriemchen ausgebrochen. Doch das Riemchen ist ja eigentlich nur dazu da, das der Schlüssel passt. Im Einlass des einen Schlosses fand ich sogar noch das abgebrochene Bärtchen des Originalschlüssels.
Da ich die beiden alten und die beiden neueren Schlösser wieder verwenden möchte, habe ich schon gesehen, dass es Schlüssel (- einmal mit hohlen Holm und einmal mit massiven) in der selben Gestalt/Design gibt. Den massiven Schlüssel müsste ich dann 5mm länger bestellen, dann sehen sie von Außen gleich aus.
Trotzdem,- danke für dein Angebot Werner :emoji_slight_smile:
Ich bin nur noch am rätseln, ob man Horn nicht einfach nur auf Holz kleben kann, ich möchte ungern weitere Löcher im Holz /Furnier haben. Halten müssen die Schilder ja eigentlich nichts ?!
 

Tarbais

ww-pappel
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Nein, keine Sorge- ich werde nicht schleifen.
Aber zu dem Thema Schellack will ich euch dies nicht vorenthalten :
meine erste Schellackpolitur habe ich vor kurzem an einem Versuchsobjekt- ein primitives Stilschränkchen ausprobiert.
stilm.PNG
Und zwar so wie man es nicht machen sollte !
Hatte noch nichts anderes da außer noch etwas Streichschellack von Clou (wo man nicht weiß was da noch alles so drin ist) und Isopropanol und anstatt richtiges Polieröl hatte ich nur Speise- Leinöl.
Zum Porenfüllen nahm ich anstatt Bimsmehl feinsten Glasstaub (den stellen wir in meiner Firma selbst her)
Und obwohl ich eigentlich kein Freund von Shabby Chic bin, gab es vorher noch etwas Kreide- und Goldfarbe aufs Furnier, da dies wirklich nicht mehr schön war.
Das Ergebnis:
DSC_0001.JPG DSC_0007.JPG
Die Oberfläche ist wie Glas, fest, trocken und es gibt keine Abdrücke
Aber meinen nächsten Schellack werde ich selber ansetzen.
 

welaloba

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Den Schellack würde ich erst mal in Ruhe lassen und eher reinigen und aufpolieren, statt neu aufbauen. Ganz abgeschabte Stellen lassen sich immer noch beipinseln - vor dem aufpolieren. Aber das macht ja jeder wie der denkt.
Dieses Möbel würde mit neuer Oberfläche nicht wirklich besser, und wäre jeder Patina beraubt.
Die Laufleisten der Schubladen müssen nicht zwangsläufig nach hinten raus, ich würde mal schauen, ob die Schlitze in den Traversen Richtung Mitte weitergehen, so lassen sich die Schienen meist ausbauen ohne Rückwand ausbauen. Schau genau!
Hornschilder kannst du bedenkenlos mit Fischleim befestigen, musst nur schauen, dass der Schlüssel genug Luft hat und nicht anstösst.
PS: Ich glaube zu erkennen, dass es eingelassene Messingschilder für die Schlüssellöcher waren. Bedenke also den Hohlraum der kleine Leimfläche bedingt. Evtl. füllen.
PS: Schwundriss Seite; Die Ursache findest du sicher, wie ich schon erwähnte, im Inneren des Möbels.
Gruß Werner
 

Mathis

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Im Dorf in 'ner Stadt
Tip: Den Schellack, wenn es geht, nicht schleifen sondern mit der Ziehklinge Vorsichtig abnehmen.
Um himmels willen nichts mit der Ziehklinge abziehen, die Politur ist doch halbwegs in Ordnung und ein Könner restauriert diese, so dass die alte Ausstrahlung erhalten bleibt.
Wenn denn überhaupt eine neue Oberfläche sein muss, kommt nur abwaschen mit Spiritus oder Abbeizer in Betracht.
 

Tarbais

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Leider werde ich nicht drumherum kommen die Schellackpolitur zu erneuern, denn an manchen Stellen ist sie gar nicht mehr vorhanden.
Ich werde sie mit Alkohol oder Spiritus entfernen.
Auch die Profilleisten werde ich neu anleimen müssen, da kann man teilweise schon durchgucken.
DSC_0001.JPG DSC_0009.JPG DSC_0026.JPG
Die Rückwand werde ich mir doch vornehmen müssen.
Auf der Seite mit dem Schwundriss sitzt sie noch dort wo sie hingehört, aber auf der anderen Seite schauen der Rahmen von der Rückwand und die Gratfedern der Laufleisten bereits hervor.
DSC_0054.JPG DSC_0057.JPG
Ich habe es mir nochmals genauer angesehen, hier sieht es so aus, als ob sogar die Traverse von hinten eingeschoben- und anschließend die Zierleiste aufgeleimt wurde.
Irgendwie eine eigenartige aber interessante Konstruktion
DSC_0071-001.JPG
Hinten schauen nur die Gratfedern raus, aber der Rest der Laufleisten wurden im Rahmen versenkt.
DSC_0061-001.JPG
 

Fletch

ww-kastanie
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Leider werde ich nicht drumherum kommen die Schellackpolitur zu erneuern, denn an manchen Stellen ist sie gar nicht mehr vorhanden.
Bei den Größeren Flächen mir Spiritus benetzen, plasikfolie drauf damit es nicht verdunsten kann. Dann Schellack abwischen. VORSICHTIG die Oberfläche vorbereiten, ja auch mit ziehklinge, neuen Schellack aufbauen. Es ist zweifelsohne ein sehr seeehhr ambitioniertes vorhaben, aber es geht. Lass Dir zeit dabei und überlege Dir jeden Schritt genau.
 

Tarbais

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Die Leisten sind ausschließlich geklebt, die Seitlichen sind massiv und die Vordere wurde furniert um das Pyramidenbild durchgängig aufzunehmen. Sogar die Applikationen an den Seiten und an den vorderen Füßen sind massiv Mahagoni.
Natürlich werde ich mir Mühe geben und mir auch genug Zeit lassen, ich mag das Schränkchen wirklich sehr.
Obwohl er in solch desolaten Zustand ist wirkt er neben allen anderen Möbel doch so anmutig.
 

Hondo6566

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Hallo,
ja in dieser Zeit und auch später wurde sehr viel genagelt, gerade bei nicht ganz so hochwertigne Möbel.
Die Laufleisten würde ich nicht mit Hartholz belegen oder daraus fertigen. Die sollen sich ja abnutzen und nicht die Schubladen. Schubladen zu erneuern macht viel mehr Arbeit als neue Laufleisten.
Bez. Schellack-Aufbau, da empfehle ich die YT-Videos von Lothar Jansen-Greef.
Bei dem kann man auch Grundsets kaufen.

Gruß Andreas
 

Tarbais

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Die Leisten des kleinen Stilschränkchens waren tatsächlich zusätzlich genagelt,- was mich eigentlich wundert, da doch Knochenleim allein eigentlich sehr gut hält.
Aber bei der Kommode konnte ich außer an der Rückwand (unten) und unter den Fächern in der ersten Schublade keine Nägel (auch keine verdeckten) finden.
Die Videos von Herrn Greefs kenne ich, habe mir gerade eins angesehen, wo er die Klebekraft von Knochen,- Haut und Hasenleim und Gelantine vergleicht.
Unglaublich, was allein normale Gelantine für eine Klebekraft besitzt.
 

Friederich

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Kannte bis jetzt nur die eingeschobenen.
Profilleisten "eingeschoben"? Da kann ich mir jetzt nichts drunter vorstellen.
Genagelt, mit feinen Drahtstiften, wurde schon des öfteren.
Zum Einen kann die Verbindug beim Arbeiten des Holzes etwas nachgeben, sa dass das Holz nicht reißt.
Und zum Andern erleichtert es spätere Arbeiten am Möbel ungemein. Gaz besonders eine Neupolitur.
 

Tarbais

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Danke, interessant wie einige Leute arbeiten, aber was mir nicht so gut gefällt, sind die Schlüssellöcher in den Rosetten und die Böden der Schubladen zum Schluss sehen aus, als wären sie aus Kunststoff.
 

Tarbais

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Inzwischen habe ich die Rückwand ohne größere Schäden entfernen können (war leider notwendig um die Laufleisten heraus zu bekommen und um den Schwundriss zu entfernen.)
die abgenutzten Flächen sind mit Holzstreifen und durch 4mm starke Buchenstreifen auf die ehemalige Höhe gebracht worden und unter den Schubladen werden,- nachdem ich das abgenutzte Holz ersetzt habe auch Buchenleisten zum Einsatz kommen.
Profilleisten wurden mit Wasser, Bügeleisen und Föhn und viel Geduld gelöst und wieder richtig (mit Knochenleim verleimt. (die 45° grad- Leisten waren mit Weißleim und teilweise mit Pattex verleimt !)
und zwischendurch habe ich versucht das unbehandelte Holz in den Schubladen und auf den Traversen zu reinigen. Erst mit Gallseife,- mit mittelmäßigen Erfolg, aber anschließend mit diesen Schmutzradierern- et voilà- mit großem Erfolg ! Diese Schwämmchen sind wirklich der Hammer um Schmutz aus den kleinsten Poren zu holen - egal aus welcher Oberfläche.
auf dem Bild- oberste Traverse: nur zweimal mit Schwamm feucht hin und wieder zurück gewischt !
DSC_0040.JPG
nicht wundern, oben, auf der vorderen Profilleiste habe ich den Schellack bereits etfernt, um die Schäden besser begutachten zu können
 
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