Barocke Pracht - Das Gestell

dascello

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Welcome back, dear all!

Hier also ein Bild des Gestells, das ich nachkupferte:

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Es stammt auch einem Buch und zeigt ein frühes französisches Instrument, das 1943 in Rotterdam verbrannte.

Da ist also ein oberer Rahmen, bestehend eigentlich aus zwei Rahmen, getrennt von Holzklötzen wie griechische Abakoi, die auch die Beine verankern und einer Balustrade aus bei mir 75 handgedrechselten Balustern.

Darunter die teilweise als Doppelhelix gestalteten Säulen.

Dann ein weiterer Rahmen, im Englischen "Stretcher" genannt, der die Scherkräfte verteilt.
Darunter schließlich Füße in Form gedrückter Kugeln.
An den Abakoi dazu noch Zierelemente in Form niedriger Pyramiden.

Hier nun meine Fassung:

IMG_2166.JPG IMG_2153.JPG IMG_2167.JPG

Das Oberteil ist lackierte Pappel, umfasst von einer Profilleiste aus Esche.
Die Baluster und die Abakoi sind Esche, ebenso das profilierte Unterteil.

Mit dem Stretcher, auch aus Esche, verließ ich Frankreich und begab mich ins norddeutsche Rokoko:
IMG_2319.JPG IMG_2416.JPG

Die Beine hab ich letztes Jahr in einem anderen Thread ja schon gespoilert:

IMG_2254.JPG IMG_2264.JPG IMG_2282.JPG

Noch eine Info zur den kleinen Pyramidenförmigen Zierplättchen:

IMG_2462.JPG

Ömmmm....räusper.......
3D-gedruckt, gespachtelt, geschliffen & vergoldet. Haut mich!

Das war'S

Michael
 

Lorenzo

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Sag mal Michael, über welche Zeiträume reden wir denn beim Bau von nem Cembalo. Also grob, ich nehm mal stark an dass du keine Stunden zählst. Ich kann sowas schlecht abschätzen, würde aber raten dass man Vollzeit und wenns nicht das erste ist Für das Instrument plus Gestell und Kasten inklusive Verziehrungen immer noch mindestens 2, vielleicht eher 3 Monate braucht?
Wie ist das, wieviele Profis gibts da? Wie oft wird heute noch ein neues Cembalo geordert? Oder ist der Markt recht gut gefüllt mit spiel- oder restaurierbaren alten Instrumenten?
 

Dietrich

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Hallo Mchael,

unfassbar was Du uns hier zeigst, habe von Musik und Instrumenten Null Ahnung aber Holzhandwerks-mäßig ist das eine Mondlandung, allergrößten Respekt.
Dazu eine alte 1685 und eine DM 1000...Wahnsinn.

Gruß Dietrich
 

fahe

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Du bist völlig verrückt...:emoji_wink:

Nachdem Du ja schon einmal Details der Anfertigung der Beine gezeigt hattest, kann man nur den Hut ziehen.

Schon für nur eines davon hätte ich mir überlegt, wie ich einen kleinen Fräsmotor an die Bank gespaxt kriege. Aber... die Dinger auf Deine Art fast im Dutzend zu produzieren und dabei noch die oben gezeigte Qualität hinzubekommen, ist schon sehr großes Kino.

Ich wäre schon nach dem ersten halben schreiend aus der Werkstatt gerannt...:emoji_wink: Und selbst "nur" die 75 Balusterchen... Ich stelle mich ja gerne mal an die Drechselbank, weil das so schön beruhigend ist. Aber 75 Stück? Das erfordert doch tibetanische Geduld... oder eben Verrücktheit.

Danke fürs Zeigen.
 

Holzpassion

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Hallo Michael,
das nenn ich mal Kunsthandwerk, Chapeau! Wie schön zu sehen, dass Holz so viel weitere Aspekte der Bearbeitung ermöglicht. Aber auch mit "einfachen" Gerätschaften solche Kunstwerke zu schaffen lässt mich auf eine ausserordentliche Begabung schließen. Tolle Arbeit - und Dank für die Teilhabe. Deine beindruckende Lernkurve mit solch einem Ergebnis ist schon bemerkenswert.

Herzliche Grüße

Uwe
 

dascello

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Hallo Mchael,

unfassbar was Du uns hier zeigst, habe von Musik und Instrumenten Null Ahnung aber Holzhandwerks-mäßig ist das eine Mondlandung, allergrößten Respekt.
Dazu eine alte 1685 und eine DM 1000...Wahnsinn.

Gruß Dietrich
Und eine BAS 315, eine HC260K, dazu ein Tellerschleifer und eine schwenkbare Tischbohrmaschine, beides aus China, fast alles 400 V.
Aber du hast Recht: Standard-Hobbygeschirr, nix Dolles das alles.

Es geht mir auch gar nicht darum, eine perfekte Werkstatt vorzeigen zu können.
Schöne Dinge will ich machen, die ich dann auch stolz zeige.

Schön'n A'm'nd

Michael
 

dascello

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Sag mal Michael, über welche Zeiträume reden wir denn beim Bau von nem Cembalo. Also grob, ich nehm mal stark an dass du keine Stunden zählst. Ich kann sowas schlecht abschätzen, würde aber raten dass man Vollzeit und wenns nicht das erste ist Für das Instrument plus Gestell und Kasten inklusive Verziehrungen immer noch mindestens 2, vielleicht eher 3 Monate braucht?
Wie ist das, wieviele Profis gibts da? Wie oft wird heute noch ein neues Cembalo geordert? Oder ist der Markt recht gut gefüllt mit spiel- oder restaurierbaren alten Instrumenten?
In Stunden kann ich das gewiss nicht ausdrücken.

Die Profis brauchen für sowas in der Tat einige Monate Vollzeit. Und dann wird die Deko auch oft aushäusig gemacht (z.B. von besagter Jessica in Köpenick).
Selbst für ein voll dekoriertes Teil gibt es dann kaum mehr als 30 k€. Aber die Jungs sind viiiiel besser als ich.
Reich werden die Kollegen nicht.
Der Markt ist in der Tat sehr klein, besonders gerade jetzt.
Keiner hat mehr Geld dafür.
Also: Gottseidank nur zum Spaß!
 

Paulisch

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In Stunden kann ich das gewiss nicht ausdrücken.

Die Profis brauchen für sowas in der Tat einige Monate Vollzeit. Und dann wird die Deko auch oft aushäusig gemacht (z.B. von besagter Jessica in Köpenick).
Selbst für ein voll dekoriertes Teil gibt es dann kaum mehr als 30 k€. Aber die Jungs sind viiiiel besser als ich.
Reich werden die Kollegen nicht.
Der Markt ist in der Tat sehr klein, besonders gerade jetzt.
Keiner hat mehr Geld dafür.
Also: Gottseidank nur zum Spaß!
Ich glaube das Geld ist da, aber das Gefühl für Werte nicht.
 

dascello

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Ich glaube das Geld ist da, aber das Gefühl für Werte nicht.
Doch schon!
Aber das Cembalo ist ein Nischeninstrument. Wenn sich ein ausgebildeter Pianist da dran setzt, ist er meist nach zwei Minuten frustriert. Ich selbst kenne natürlich einige richtig gute Cembalist:innen, aber auch gaaaaanz viele, die das nicht können. Auch deshalb ist der Markt winzig.
 

Lorenzo

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Ich find das total interessant, ich hab so ein paar Einblicke bekommen dadurch dass ich für das Deutsche Dirigentenforum ein paar Jahre lang Fotos gemacht hab.
Meistens waren das Meisterklassen, also Dirigenten die Stipendiaten über eine Woche bis zu einer Aufführung begleitet haben. Ein paar von den Kursen wurden von Reinhad Goebel gegeben, der ist spezialisiert auf historische Aufführungspraxis. Also quasi auf der Suche nach Anhaltspunkten in der Notation um rauszufinden wie die Musik wohl tatsächlich gespielt wurde als sie topaktuell war.
Das war immer superinteressant! Und sauwitzig weil der Goebel schon echt n Unikat is :emoji_grin: Ich war da öfter mal im Goldenen Saal in Augsburg, und da waren ab und zu auch Cembalitst/innen dabei von der Bayerischen Kammerphilharmonie.
Was ich zum Thema Cembalo mitbekommen hab: Es musste sehr oft nachgestimmt werden, und wenn das Fenster aufgemacht wurde, dann wurde das Instrument abgedeckt, wohl weil es sonst besonders aufwendig geworden wäre es neu zu stimmen. Wohl sehr empfindlich die kleinen Diven.
Ich mag den Klang extrem gern! Haben in den Stücken die ich gehört hab aber keine Hauptrollen gespielt.
Und seit meiner Kindheit ist Tanz der Vampire unser Weihnachtsfilm, da kam auch ein Ball vor, bei dem der schwule Sohn von Graf von Krolok das Cembalo spielt :emoji_wink:

Was auf jeden Fall auffällt: Dein Cembalo ist deutlich aufwendiger verziert!
_DSC2865.jpg _DSC2951.jpg _DSC3025.jpg _MG_3863.jpg _MG_7205.jpg _MG_7218.jpg _MG_7233.jpg DSC_0440.jpg DSCF7381.jpg DSCF7482.jpg _MG_7275.jpg _MG_7171.jpg _MG_7932.jpg
 
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dascello

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Danke, Lorenzo!
Da sitzt mein Freund Christian Rieger am Cembalo, daneben am Bass Eberhard Maldfeld, auch ein Weggefährte. Christian ist jetzt Prof in Essen und hat schon in mehreren meiner Hauskonzerte gespielt. Mit Eberhard durchlebte ich zuletzt vor ca zehn Jahren eine Matthäuspassion. Vor etwa vierzig Jahren spielte ich im goldenen Saal mal Mozarts Klarinettenquintett.

Seufz…..

Und danke!
 

Lorenzo

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Nix zu danken Michael! Es freut mich sehr wenn die Bilder dich genauso dazu gebracht haben in Erinnerungen zu schwelgen, wie mich deine Bilder. Und immer wieder zeigt sich: die Welt ist riesig und klein zur gleichen Zeit!
Danke dass du uns teilhaben lässt an der kleinen Welt des Instrumentenbaus.
 

Mitglied 59145

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Ich bin weder musikalisch noch gefällt mir solch ein Instrument, bin quasi ohne jeden Bezug.

Was aber dahinter steckt lässt mich dir doch den höchsten Repekt aussprechen!
Wirklich eindrucksvoll wie du da rangehst und was du für Ergebnisse erzielst!

Tolle Arbeiten!

Gruss
Ben
 

WoodyAlan

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Alter Schwede, und ich ärgere mich wg der Schleifarbeit einer schnöden E-Gitarre….
Meine Hochachtung Michael!!!
 

Kingstyler

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Einfach nur: Respekt!

Die Beine sind so richtig auf nem Niveau, dass ich nicht mal hinbekommen würde, wenn ich alle Maschinen der Welt hätte. Vor hast du das noch dazu mit relativ einfachen Maschinen gemacht (keine CNC Drehbank oä.). Wirklich schön.
 

dascello

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Einfach nur: Respekt!

Die Beine sind so richtig auf nem Niveau, dass ich nicht mal hinbekommen würde, wenn ich alle Maschinen der Welt hätte. Vor hast du das noch dazu mit relativ einfachen Maschinen gemacht (keine CNC Drehbank oä.). Wirklich schön.
Ginge das überhaupt mit CNC?
Drechselmaschine war schon im Einsatz….
 

Paulisch

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Klaro, simultan kann man schon ziemlich alles fräsen/drehen. Ist mit Cam aber keine ganz so hohe Kunst mehr.
Mit freundlichen Grüßen
 

Holz-Christian

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Servus, ich schließe mich uneingeschränkt der allgemeinen Bewunderung an!
Respekt vor der Detailliebe, dem Schwierigkeitsgrad und der sauberen Verarbeitung!

Aus Deinen Schilderungen schließe ich das Du mehrere Instrumente beherrschst.
Cello, Cembalo, Klarinette?
 
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