Altes Tischchen reparieren/restaurieren

abakus2k

ww-kiefer
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Hallo zusammen,

bei meinen Eltern im Keller steht dieser alte Tisch, bei dem leider ein Bein abgebrochen ist. Außerdem ist die Oberseite der Tischplatte schon ein bisschen angeschlagen und hat den einen oder anderen Wasserrand. Den würde ich jetzt gerne wieder herrichten.

Von Holzbearbeitung an sich habe ich gut Ahnung, nur speziell an das Thema Möbelbau/Restaurierung habe ich mich noch nicht herangetraut. Wie würdet ihr das angehen, damit das Ergebnis ansehnlich wird? Kriegt man das als Möbelanfänger überhaupt hin?

Noch konkreter:
  1. Wie bekomme ich die Tischoberfläche wieder schön hin?
  2. Wie bekomme ich das Tischbein fachgerecht wieder angeleimt? Ich habe es schon mal hingehalten, bekomme es aber nicht passgenau eingesetzt, vermutlich muss dafür etwas mit einem Stechbeitel abgetragen werden.
Vielen Dank für jede Hilfe!

PS: Weiß jemand, was das für ein Holz ist?
 

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dascello

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Das Ding ist schön. Warte auf Werner (welaloba) und Melanie (Holzsinn). Die wissen was zu tun ist. Der Zustand scheint gar nicht mal so schlecht.....

Gruß

Michael
 

Mathis

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Im Dorf in 'ner Stadt
Ich hoffe, ich zerstöre jetzt nicht deine Illusion:
Das Teil ist nicht alt, um 1960 ca. in Italien zusammenstoppelt und meist sind diese Möbel von katastrophaler handwerklicher Qualität.
Das Holz wird einfacher Nussbaum sein, ich kenne diese absolut typische Art, kleine Stückchen bunt zusammengewürfelter Furniere so stümperhaft schlecht aneienander zu fügen sehr gut. Manchmal sind diese Stückchen Furnier sogar mit vielen kleinen Nägeln angeheftet worden und nach Trocknung des Leims dann wieder rausgezogen worde, der Laie glaubt dann Wurmlöcher zu sehen und hält das Stück für alt...
Die Art der Fußbefestigung sagt alles über die Qualitätsstufe. Das Furneier auf der Platte ist hochgekommen, weil es nicht vernünftig geleimt wurde, und die Fugen sind riesig.
Für den Fuß würde ich PU-Leim nehmen, die Furniere kannste eventuell etwas mit einem !mäßig warmen! Bügeleisen und einem Stück nassem Stoff darunter wieder etwas glätten, und die Lackierung der Platte sieht nach Nitrolack aus, der Wasser abbekommen hat- der muss ohnehin runter und neu gemacht werden.
Berufsbedingt schaudert es mich kräftig, wenn ich diese Italo-Pseudo-Barockmöbel von 196-70- sehe, ich kenne kaum schlechter gebaute Dekomöbel.
 

abakus2k

ww-kiefer
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Hallo und danke dir!

1960 ist für mich schon alt :emoji_grin: Aber ja, der Tisch ist tatsächlich aus Italien, der stand ewig in einem Ferienhaus, bis man ihn dann nach Verkauf des Hauses mitgenommen hat. Nichts destotrotz hat er dadurch einen gewissen emotionalen Wert und ich würde den gerne soweit aufhübschen, wie möglich.

Den alten Leim vom Fuß sollte man wahrscheinlich so gut wie möglich entfernen bzw. nacharbeiten, bis man wieder einen guten Formschluss hat, oder? Gibt's ein Patentrezept, um den Nitrolack zu entfernen? Und gibt's danach irgendwelche wasserbasierten Lacke, die man gleichwertig auftragen könnte?

Vielen Dank und Grüße
 

marcus_n

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Hallo abakus:
Zum Entfernen des Lackes kannst du dir ja folgendes Video angucken:
Schleifen vermeiden!
Bevor du diesen Fuß neu anleimst, muss der alte Leim auf alle Fälle runter. Da muss aber schon bei der Herstellung was schiefgelaufen sein. Da is ja viel zu viel Leim drauf. Eine Leimfuge kann nur dauerhaft halten, wenn sie dünn und gleichmässig ist. Also vorsichtig den alten Leim runtermachen. Ersteinmal mit heissem Wasser prüfen ob er sich auflöst, falls nicht bleibt nur noch Stechbeitel und Schleifpapier. Zum Einpassen könntest du auch noch Holzdübel setzen. Das kann ich aber so aus der Ferne nicht beurteilen. Die Bruchstellen jedenfalls vorher so zurichten, dass alles gut bei der Verleimung passt. Gut spannen. Spätere Bruchkanten kann man mit Holzkitt ausspachteln und kaschieren.
Diese Furnier was auch immer Oberfläche sieht tatsächlich übel aus. Das kann man erst beurteilen, wenn der Lack ab is. Und wenn das tatsächlich ein Möbel aus den sechzigern ist, würde ich da auch nicht zuviel Liebesmüh reinstecken. Der Aufwand da erst die passenden Furniere zu besorgen ist viel zu groß und zu teuer (es sei denn du hast schon irgendwo was herumliegen).
Da müsstest du Fotos nachliefern, wenn die Oberfläche vom Lack befreit ist.
Gruß
 

welaloba

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Also vorsichtig den alten Leim runtermachen. Ersteinmal mit heissem Wasser prüfen ob er sich auflöst, falls nicht bleibt nur noch Stechbeitel und Schleifpapier.
Das schafft so gut wie niemand. Ich gehe an Ponalschichten, die runter sollen, mit Abbeizer bzw. auch erst mit Heißluftfön. Zu der Platte: Wenn du viel Glück hast, sind keine Furniere lose. Wenn doch, schleicht sich der gelöste Lack (nach der oben empfohlenen Methode) unter die Furniere. Die leimst du dann nicht mehr. Also erst prüfen, ob alles fest ist.
Auf gutes Gelingen.
 

abakus2k

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Hallo und danke für eure Tipps! Sobald ich Zeit habe, werde ich mich mal ans Kleben wagen, vorher muss ich aber noch die Stechbeitel in Form bringen. Ich werde euch über den Fortschritt auf dem Laufenden halten.
 

Keilzink

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... da ist sehr schwer zu raten, finde ich. Was ich dazu sagen kann:
Ich kenne diesen Leim. Ich weiß nicht, unter welchem Markennamen der damals verkauft wurde, er ist aber wohl ein PVAc-Leim. Allerdings konnte der spaltfüllen verarbeitet werden, wodurch er sich bestens für so einen Pfusch geeignet hat. Ich hatte das an einem Rokkoko-Beistell-Tisch, bei dem die Zargen im Rahmen einer "Restaurierung" in den 1960ern mit groben Fichten-Keilen "verstärkt" worden waren. Und weil die nicht formlüssig gearbeitet waren, hat man kiloweise diesen Leim reingeschmiert. Anschließend hat man dann 4 Schichten Nitrolack drübergespritzt, bis sich Tropfnasen gebildet haben - auf einer Mahagoni-Fischgrätmarketerie. Ich habe fast geweint, als ich das gesehen habe - aber das nur am Rande. Das war auch so ein Fall, wo ich erst an Nitroverdünnung dachte, aber ich hätte dann so viel davon aufbringen müssen, dass das Furnier wohl irreparabel beschädigt worden wäre - wie Werner das ja beschrieben hat. Ich habe den Lack dann abgebeizt, mit Grüneck 2000. Das war mühsam, aber das Furnier hat es überlebt. Den Leim habe ich abgeschliffen, eine Sauarbeit. (Dabei habe ich an den Zargen natürlich alle alten Bearbeitungspuren "gelöscht".)
Bei dem gezeigten Stil-Möbel würde ich vielleicht den Leim lassen, wo er ist und den Fuß mit einem 2K-Epoxyd-Kleber wieder zusammenkleben. Die Marketerie der Platte ahmt eine Mode aus dem vorletzten Jahrhundert nach, wo man solche Mosaike zusammengesetzt hat, die an Steinplatten erinnern sollten. Bei dem gezeigten Möbel ist allerdings viel Füllstoff zwischen den Hölzern verwendet worden, und ich kann nicht sagen, ob der besser auf Nitroverdünnung reagiert oder auf den Abbeizer. Da kann einiges schiefgehen. Das Problem ist halt, dass man bei einem wirklich alten Möbel ziemlich genau wüsste, was da verarbeitet worden ist und wie man damit umgehen müsste. Bei einem solchen, relativ neuen Teil, kann man alles mögliche erleben.

Ich schließe mich Werners Wünschen an!
Andreas
 

Holzsinn

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Hallo,
ich kann mich allen Vorrednern nur anschließen, so eine Pseudoantquität ist deutlich schwerer zu restaurieren als echte alte Schätze. Ich versuche in solchen Fällen, den Lack zunächst mit einer Ziehklinge oder einem breiten senkrecht gestellten Stemmeisen zum Abplatzen zu bringen, bzw. wegzukratzen. Den fest sitzenden Lack schleife ich dann von Hand und wasche am Schluß mit Nitroverdünnung die Reste weg. Wenn das Furnier diese Säuberung einigermassen unbeschadet übersteht, ist der Auftrag einer neuen Oberfläche weniger püroblematisch.
Ich würde dann aber nicht mit Wasserlack, sondern mit Nitropolitur arbeiten.

Melanie
www.holz-sinn.de
 

Keilzink

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... auf gar keinen Fall, das gibt das Immissionsschutz-Gesetz nicht her!

Im Ernst: Wenn mir was gefällt, dann ist mir Wert oder Alter oder Musealität egal. Und dann wird das gerichtet und gepflegt. Irgendwie bewundere ich auch ein bisschen, was diese Italiener damals vom rein visuellen her hinbekommen haben - die Oberflächen wurden recht geschickt auf alt gemacht, und wenn es keine ganz großen Stilsünden gab, dann ist da oft auch ein Fachmann erstmal dran vorbeigelaufen. Und sie haben genaugenommen auch nicht gefälscht, auf einen genaueren Bilck hin kann man fast immer schnell erkennen, dass es sich um ein Stilmöbel handelt.

Erst vor ein paar Tagen habe ich ein Restaurierungsvideo von einem der profiliertesten Känale in dem Bereich gesehen, auf denen dieser Tom Johnson (aus Gorham, Maine!) für einen Kunden einen Biedermeier-Stuhl restaurieren sollte. Er wollte dann als erstes den Bezug abnehmen, und stellte erstaunt fest, dass man die ganze Sitzfläche herausnehmen konnte. Darunter war dann der Stempel "Made in Italy". Und der Stuhl war, soweit man das nach den Bildern beurteilen konnte, bis zum Holzwurm hin perfekt gemacht. (Am Rande: Was diesen Restaurator dann auch noch auszeichnet: Er gibt öffentlich zu, dass er drauf reingefallen ist.)

Von der Konstruktion her ist dieser Tisch, um den es geht, allerdings ein Graus, keine Frage. Aber das hat man ihm 40 oder 50 Jahre lang nicht angesehen, und das kann man wieder so hinbekommen. Wenn dann noch eine emotionale Bindung besteht ...

LG
Andreas
 
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