wasserbasierte Systeme - warum solche???
Hallo Winfried,
ich lehn mich jetz hier mal etwas weiter aus dem Fenster. Ich bin kein Chemiker. Ich bin Händler (oder Krämer?!) - hier mal meine Sicht, die mir sicherlich Gegenwind bringen wird:
Der Druck, wasserbasierte Systeme auf den Markt zu bringen kommt von der Lösemitteldiskussion her. Die EU-VOC-Richtlinien zwingen die Hersteller zu lösemittelfreien Produkte.
Leider wird kein Unterschied zwischen natürlichen und künstlich geschaffenen Stoffen gemacht. Lösemittel ist Lösemittel ob Citrusterpene oder 2-Butanon, bzw. 2-Ethyl-1-hexanol.
Die Richtline fordert ab dem Jahr 2010 nochmal schärfere Grenzwerte. Gleichzeitig ist es "natürlich" schick, wenn man lösemittelfrei vermeindlich die Umwelt rettet.
Ein andere Lösungsansatz wegen dem Regelungsdruck ist es, die Öle immer mehr als "High Solid" anzubieten - also ohne oder nur mit sehr geringen Lösemittelanteilen. Auch dadurch erreicht man diese Grenzwerte.
Diese ganze Regelungswut hat aber gravierende Nachteile:
1. Naturharze lassen sich nicht im Wasser lösen. Es kommen verstärkt Alkydharze zum Einsatz (allein der Chemiemüll für die Herstellung läßt mich erschaudern).
2. Wasser braucht immer toxische Konservierer - oder die Farbe ist kaum lagerstabil.
3. Zweifelhafte Emulgatoren werden verwendet um Öl mit Wasser in Gleichmarsch zu bringen.
4. High Solid Öle werden verkauft .... und in den technischen Merkblättern dann darauf hingewiesen, dass es sich für eine ordentliche Anwendung doch dringend empfiehlt, noch den Terpentinverdünner (gerne auch auf Naturbasis) mit zu kaufen und das ganze für den Erstanstrich zu mischen. Der Kunde wird zum Chemielaborant verdonnert, weil es der Hersteller nicht mehr ordentlich vorbereitet liefern darf. Ein Verdünner ist kein Anstrichmittel und kann problemlos solo mit 100% VOC-Anteil unter die Leute gebracht werden.
5. Wasser läßt Holz quellen, sperrt ab und so werden die Beschichtungen immer oberflächlicher. Z.B. dringen die Pigmente kaum mehr in die Faser ein. Die Qualität der Anstriche bei Holz leidet.
So mal auf die Schnelle - da gibt es noch eine Reihe weiterer Gedanken...
Jetzt zur Sache:
Es macht durchaus Sinn, bei dieser Anwendung wassergebunden zu arbeiten. Öl feuert ja an, lässt also die weisse Farbe erst mal vergilben und macht das Holz vor dem Weißpigment noch dunkler als es (bei hellen Hölzern) eh recht ist. Insofern ist ein Anstrich ohne anfeuernde Öle eine bessere Lösung. Voraussetzung: keine beanspruchten Oberflächen. Das Bienenwachsbalsam Aqua ist so wischbeständig wie eine gute Wandfarbe - mehr eben nicht. Für eine Holzdecke geht das aber problemlos.
Wassergebunden läßt die Holzfasern aufstehen. Deshalb ist entweder ein sehr feiner Schliff vorher nötig oder aber man läßt den Altanstrich und rauht diesen allenfalls nur ein wenig an. Wenn der Schliff fein genug war, kann man den Anstrich nach der Trocknung sogar noch auf Glanz polieren.
Grüße aus Frangn
Frank von Natural-Farben.de